DAN/LG: Politprozesse gehen weiter
Zwei Polit-Prozesse beschäftigen zurzeit die Amtsgerichte in Lüneburg und Dannenberg: In Lüneburg („Keksprozess“) wird ein Aktivist angeklagt, weil er genießbare Lebensmittel vor ihrer Vernichtung als Müll bewahrt hat. In Dannenberg ( „Zaun-Prozess“9steht eine Aktivistin wegen einer Protestaktion vor dem Atommüll-Zwischenlager in Gorleben vor Gericht. In beiden Prozessen arbeiten die Strafverfolgungsbehörden eng zusammen. Am Montag den 13.12. wurde in Lüneburg und Dannenberg weiter verhandelt.
Fortsetzung: 20.12.2010 – 9:30 Uhr – AG Dannenberg
Fortsetzung: 20.12.2010 – 9:30 Uhr – AG Dannenberg
Hintergrund des Verfahrens in Dannenberg ist eine Aktion vor dem Brennelementezwischenlager in Gorleben anlässlich des Wendland-Sommercamps 2008 .
Der Angeklagten wird vorgeworfen, im Rahmen einer Demonstration gegen Atomenergie und die fragwürdigen Methoden der End- und Zwischenlagerung von Atommüll, durch einen Vorzaun vor dem eigentlichen Festungszaun des Zwischenlagers geschlüpft zu sein, und dann in einer "Ätsch, Euer Zaun funktioniert nicht"-Manier mit Kiefernzapfen Volleyball mit DemonstrantInnen vor dem Zaun gespielt zu haben. Die Polizei stürzte sich auf die Angeklagte, um sie zum Fahrzeug zu schleppen, dann zur Polizei mitzunehmen und dort einen Platzverweis zu erteilen. Obwohl selbst zur Auswertung der Polizeivideos in der Gerichtsakte steht, die Angeklagte hätte keinen Widerstand geleistet, bekam sie genau diesen Vorwurf. Und auch die Betreiberfirma des Atomklos war verbohrt und befand das Geschehen als Hausfriedensbruch. Nun wird seit Sommer 2010 in Dannenberg verhandelt. (Hintergrund siehe http://bewegung.taz.de/termine/prozess-gegen-atomkraftgegnerin)
Das Gericht hatte in der Vergangenheit auf Antrag der Angeklagten einen Aktivisten als Verteidiger bestellt, die Staatsanwaltschaft äußerte keine Bedenken. Nachdem dieser eine 6-monatige Haftstrafe wegen der Zerstörung eines Genfeldes in Gießen antreten musste (siehe: www.weggesperrt.blogsport.eu ), wurde dort wohl gehofft, die Sache habe sich nun eh erledigt, und die Angeklagte würde keine Unterstützung mehr bei ihrer Verteidigung erhalten. Als der Verteidiger dann doch zu dem Verfahren erschien, lancierte die Staatsanwaltschaft einen mit Absurditäten gespickten Antrag, die Genehmigung zur Verteidigung zurück zu nehmen. Siehe:
Diesem Antrag gab das Gericht am Montag statt. Doch die Angeklagte und ihre UnterstützerInnen waren nicht unvorbereitet: Zum einen beantragten sie einen Pflichtverteidiger aufgrund der neuen Situation, zum anderen stellten sie den Antrag, einen weiteren Aktivisten als Verteidiger zuzulassen. Während ersteres vom vorbereiteten Staatsanwalt Vogel einfach abgebügelt wurde, waren Gericht und Staatsanwalt sichtlich überrascht, dass ein weiterer Aktivist bereit war, die Verteidigung zu übernehmen. Denn das unausgesprochene Ziel des Ausschlusses des ersten Verteidigers war es ja gewesen, die Verteidigungsfähigkeit der Angeklagten herabzusetzen – was ja aber kaum als offizieller Ablehnungsgrund für diesen neuen Antrag herhalten konnte. Nach längerer Auseinandersetzung mit der Angeklagten und dem beantragten Verteidiger, wurde die Entscheidung auf den nächsten Verhandlungstag verlegt.
Bemerkenswert war, dass Richter Stärk nach jeder Pause mehr den Eindruck machte, angetrunken zu sein. Dies mündete gegen Ende des Verhandlungstages in einer schon deutlich gelallten verbalen Entgleisung gegen die Angeklagte.
Zuvor waren in der Pause einige offensichtlich gut vorbereitete Polizisten erschienen, um einen der Unterstützer mitzunehmen – denn er war zeitgleich in Lüneburg angeklagt.
Dort wird dem bei Polizei und Staatsanwaltschaft bekannten Politaktivisten vorgeworfen, er habe das Gelände einer Lebensmittelfabrik betreten, um zur Vernichtung bestimmte aber noch genießbare Kekse aus einer Mülltonne zu holen (sog. Containern). Dadurch soll er einen Hausfriedensbruch begangen haben. Auch hier die Anklage eine Lappalie, der politisch motivierte Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft aber enorm. Das zeigt sich schon darin, dass juristisch umstritten war, ob der Termin zur Hauptverhandlung formal korrekt angesetzt worden war – aber das Gericht wischte diese Zweifel einfach beiseite, und ließ den Angeklagten mit Zwang vorführen.
Auch die enge Zusammenarbeit der Justiz in beiden Fällen wird nicht nur dadurch deutlich, dass die Verhandlungstermine auf den selben Tag gelegt wurden, und die Vorführung aus Dannenberg offensichtlich längst geplant war. Auch der in Lüneburg Angeklagte hatte zunächst eine Aktivistin (die in Dannenberg Angeklagte) als Verteidigung beantragt und genehmigt bekommen – bis parallel zu dem gleichen Vorgang in Dannenberg, auch hier die Genehmigung unter fadenscheinigen Begründungen zurückgenommen wurde (aus dem Verfahren in Dannenberg sei bekannt, dass die dort Angeklagte chronisch krank sei, und daher nicht in der Lage, als Verteidigerin tätig zu werden).
Daher wurde auch hier die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beantragt, und vom darauf vorbereiteten Gericht abgelehnt. Auch hier wurde die Beiordnung eines weiteren Aktivisten als Verteidiger beantragt, was das Gericht offensichtlich überraschte. Nachdem der Beantragte lang und breit ausgeführt hatte, woher seine juristischen Kenntnisse stammten, behauptete das Gericht schlicht mit genau einem Satz Begründung, von dessen Eignung als Verteidiger nicht überzeugt zu sein – ohne auf seine Ausführungen mit einem Wort einzugehen. Beschwerden gegen diese Nichtzulassung und Befangenheitsanträge u.a. wegen der Verletzung der Fürsorgepflicht durch die Richterin zogen den weiteren Ablauf der Hauptverhandlung in die Länge, so dass die Richterin schließlich um 16 Uhr abbrach und einen neuen Termin ansetzte.
Zu den Fortsetzungen der beiden Verfahren ist ein solidarisches Publikum herzlich willkommen!
Das Verfahren in Lüneburg wird am 03.01. um 10 Uhr fortgesetzt.
Das Verfahren in Dannenberg wird am 20.12. und 10.01. jeweils um 9:30 Uhr fortgesetzt.
Siehe auch folgende Berichte: http://de.indymedia.org/2010/12/295938.shtml
und http://www.redglobe.de/deutschland/repression/4190-qkeksprozessq-geht-weiter-rechte-der-verteidigung-eingeschraenkt
Der Angeklagten wird vorgeworfen, im Rahmen einer Demonstration gegen Atomenergie und die fragwürdigen Methoden der End- und Zwischenlagerung von Atommüll, durch einen Vorzaun vor dem eigentlichen Festungszaun des Zwischenlagers geschlüpft zu sein, und dann in einer "Ätsch, Euer Zaun funktioniert nicht"-Manier mit Kiefernzapfen Volleyball mit DemonstrantInnen vor dem Zaun gespielt zu haben. Die Polizei stürzte sich auf die Angeklagte, um sie zum Fahrzeug zu schleppen, dann zur Polizei mitzunehmen und dort einen Platzverweis zu erteilen. Obwohl selbst zur Auswertung der Polizeivideos in der Gerichtsakte steht, die Angeklagte hätte keinen Widerstand geleistet, bekam sie genau diesen Vorwurf. Und auch die Betreiberfirma des Atomklos war verbohrt und befand das Geschehen als Hausfriedensbruch. Nun wird seit Sommer 2010 in Dannenberg verhandelt. (Hintergrund siehe http://bewegung.taz.de/termine/prozess-gegen-atomkraftgegnerin)
Das Gericht hatte in der Vergangenheit auf Antrag der Angeklagten einen Aktivisten als Verteidiger bestellt, die Staatsanwaltschaft äußerte keine Bedenken. Nachdem dieser eine 6-monatige Haftstrafe wegen der Zerstörung eines Genfeldes in Gießen antreten musste (siehe: www.weggesperrt.blogsport.eu ), wurde dort wohl gehofft, die Sache habe sich nun eh erledigt, und die Angeklagte würde keine Unterstützung mehr bei ihrer Verteidigung erhalten. Als der Verteidiger dann doch zu dem Verfahren erschien, lancierte die Staatsanwaltschaft einen mit Absurditäten gespickten Antrag, die Genehmigung zur Verteidigung zurück zu nehmen. Siehe:
Diesem Antrag gab das Gericht am Montag statt. Doch die Angeklagte und ihre UnterstützerInnen waren nicht unvorbereitet: Zum einen beantragten sie einen Pflichtverteidiger aufgrund der neuen Situation, zum anderen stellten sie den Antrag, einen weiteren Aktivisten als Verteidiger zuzulassen. Während ersteres vom vorbereiteten Staatsanwalt Vogel einfach abgebügelt wurde, waren Gericht und Staatsanwalt sichtlich überrascht, dass ein weiterer Aktivist bereit war, die Verteidigung zu übernehmen. Denn das unausgesprochene Ziel des Ausschlusses des ersten Verteidigers war es ja gewesen, die Verteidigungsfähigkeit der Angeklagten herabzusetzen – was ja aber kaum als offizieller Ablehnungsgrund für diesen neuen Antrag herhalten konnte. Nach längerer Auseinandersetzung mit der Angeklagten und dem beantragten Verteidiger, wurde die Entscheidung auf den nächsten Verhandlungstag verlegt.
Bemerkenswert war, dass Richter Stärk nach jeder Pause mehr den Eindruck machte, angetrunken zu sein. Dies mündete gegen Ende des Verhandlungstages in einer schon deutlich gelallten verbalen Entgleisung gegen die Angeklagte.
Zuvor waren in der Pause einige offensichtlich gut vorbereitete Polizisten erschienen, um einen der Unterstützer mitzunehmen – denn er war zeitgleich in Lüneburg angeklagt.
Dort wird dem bei Polizei und Staatsanwaltschaft bekannten Politaktivisten vorgeworfen, er habe das Gelände einer Lebensmittelfabrik betreten, um zur Vernichtung bestimmte aber noch genießbare Kekse aus einer Mülltonne zu holen (sog. Containern). Dadurch soll er einen Hausfriedensbruch begangen haben. Auch hier die Anklage eine Lappalie, der politisch motivierte Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft aber enorm. Das zeigt sich schon darin, dass juristisch umstritten war, ob der Termin zur Hauptverhandlung formal korrekt angesetzt worden war – aber das Gericht wischte diese Zweifel einfach beiseite, und ließ den Angeklagten mit Zwang vorführen.
Auch die enge Zusammenarbeit der Justiz in beiden Fällen wird nicht nur dadurch deutlich, dass die Verhandlungstermine auf den selben Tag gelegt wurden, und die Vorführung aus Dannenberg offensichtlich längst geplant war. Auch der in Lüneburg Angeklagte hatte zunächst eine Aktivistin (die in Dannenberg Angeklagte) als Verteidigung beantragt und genehmigt bekommen – bis parallel zu dem gleichen Vorgang in Dannenberg, auch hier die Genehmigung unter fadenscheinigen Begründungen zurückgenommen wurde (aus dem Verfahren in Dannenberg sei bekannt, dass die dort Angeklagte chronisch krank sei, und daher nicht in der Lage, als Verteidigerin tätig zu werden).
Daher wurde auch hier die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beantragt, und vom darauf vorbereiteten Gericht abgelehnt. Auch hier wurde die Beiordnung eines weiteren Aktivisten als Verteidiger beantragt, was das Gericht offensichtlich überraschte. Nachdem der Beantragte lang und breit ausgeführt hatte, woher seine juristischen Kenntnisse stammten, behauptete das Gericht schlicht mit genau einem Satz Begründung, von dessen Eignung als Verteidiger nicht überzeugt zu sein – ohne auf seine Ausführungen mit einem Wort einzugehen. Beschwerden gegen diese Nichtzulassung und Befangenheitsanträge u.a. wegen der Verletzung der Fürsorgepflicht durch die Richterin zogen den weiteren Ablauf der Hauptverhandlung in die Länge, so dass die Richterin schließlich um 16 Uhr abbrach und einen neuen Termin ansetzte.
Zu den Fortsetzungen der beiden Verfahren ist ein solidarisches Publikum herzlich willkommen!
Das Verfahren in Lüneburg wird am 03.01. um 10 Uhr fortgesetzt.
Das Verfahren in Dannenberg wird am 20.12. und 10.01. jeweils um 9:30 Uhr fortgesetzt.
Siehe auch folgende Berichte: http://de.indymedia.org/2010/12/295938.shtml
und http://www.redglobe.de/deutschland/repression/4190-qkeksprozessq-geht-weiter-rechte-der-verteidigung-eingeschraenkt
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Ergänzungen
Weiterer Text zum Verteidigerrauswurf