Unser 14. Dezember

la danza inmovil 18.12.2010 09:26 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Video über den 14. Dezember 2010 in Rom
Am 14.12.2010 gingen zehntausende Menschen auf die Straßen, um gegen die italienische Regierung zu protestieren.

"Die Erpressung der FIAT Arbeiter durch Marchionne, die Prekarität, die Obdachlosigkeit, die Grausamkeit gegen die Erdbebenopfer von L'Aquila, (...) die MigrantInnen und noch viele mehr, aber vor allem die SchülerInnen, die alle mit ihrer wiedererstandenen Fähigkeit sich zu artikulieren, zu organisieren, den Himmel zu stürmen, überrascht haben. Sie sind die ProtagonistInnen des 14. Dezember in Rom. (...) Die Unterdrückten dieses Landes haben sich getroffen, um zu zeigen, dass ihre Opposition nicht von den Spielchen abhängt, die in den Palästen der Macht gespielt werden. Um zu sagen, wie sind hier, wir sind voller Wut. Und die Macht hat auf die eintige Art und Weise reagiert, die sie kennt. Indem sie eine Mauer von Schlägern in schwarzen, blauen und grauen Uniformen aufgetürmt hat. Um die eigene Unantastbarkeit zu verteidigen. Es ist tautologisch, die Schläger schlagen, sie haben keine anderen Mittel." (der Autor)

 http://kanalb.org/clip.php?clipId=2619
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Ergänzungen

Alexis und ein paar Gedanken zum 14. in Rom

remember, remember... 18.12.2010 - 14:00
Hinweis zu den Untertiteln: Die Übersetzung des eingesprochenen Teils ist,des !4 Dezember von gelegentlichen Unterlassungen oder Anpassungen mal abgesehen, weitgehend in Ordnung, an einer Stelle [timecode 1.15-1.20] aber ganz klar falsch: Die Parole: "Vorwärts, es lebe unser Kampf, unsere Ideen werden nie sterben" lautet tatsächlich: "Alexis lebt und kämpft mit uns gemeinsam, unsere Ideen werden nie sterben". Gemeint ist Alexis Grigoropoulos, der am 6.12.2008 mit 16 Jahren in Athen durch Polizeihand starb.

Zur Aussage über die "wiederstandene Fähigkeit" sich zu artikulieren, zu organisieren usw. ist es wichtig, klar zu stellen, dass die Meinung extrem verbreitet ist, dass es am 14. Dezember zu etwas grundsätzlich "Neuem" gekommen ist. Ganz wesentlich, dabei, dass sich den Schülern und Studenten auch andere Betreffene von der Prekarisierung der Verhältnisse angeschlossen haben und dass die Masse der mehreren Zehntausend, die sich am 14. Dezember in Rom am Protest beteiligten gemeinsam Stand gehalten hat, als die Tumulte ausbrachen. Von Spaltung, keine Spur. Nicht alle haben aktiv gekämpft, aber alle haben die Taten derer, die kämpften, begrüßt. Als ein kurz darauf angestecktes Einsatzfahrzeug der Finanzpolizei abgedrängt wurde, das versuchte, auf dem Platz zu kommen, auf dem die Leute unweit des Parlaments versammelt waren, brach aus der Menge lautes Zustimmungsgetöse heraus. Der Versuch der Medien, die alte Mär von friedliche Massen in den Schatten stellenden "black bloc" scheiterte grandios, selbst das Oberhaupt der italienischen Polizei sprach von einer Manifestation regelrechten Zorns durch "Viele" von "Zehntausenden", die im Übrigen als ein ernst zu nehmendes, in allen europäischen Hauptstädte auftretendes Phänomen zu betrachten sei. Was er forderte, war mehr Geld für die Polizei - was er beklagte wiederum, dass die Polizei für die Politik und die Wirtschaft einspringen müsse. Am kommenden Mittwoch werden sich seine Leute anlässlich der voraussichtlichen Verabschiedung der Bildungsreform wieder mit den Scholern und Studenten befassen. Die Stimmung in der Bereitschaftspolizei ist, wie eimem interview mit einem Bereitschaftspolizisten in einer italienischen Zeitung zu entnehmen ist, angespannt bis aggressiv, der Innenminister ignoriert die klaren Anzeichen dafür, dass den Protagonisten der Tumulte die Zustimmung vieler erhalten und gibt sich offensiv und Repressionswütig. Die Direktionsorkane der Metallgewerkschaft Fiom, die am 14. Dezember mit dabei war, haben sich wegen der Tumulte distanziert. Dafür wollen am Mittwoch die Basisgewerkschaften zum Expliziten Zeichen der Solidarisierung mit auf die Straße gehen. Das "Neue" liegt jenseits der Breite des sozialen Zorns in der Fähigkeit der Protagonisten dieser Proteste, die Manifestation eines Prozesses und nicht eines Programms sind, Gruppenübergreifend ihre Stimme zu erheben und es scheint nicht so, dass der Rückzieher der Metaller dem einen wesentlichen Abbruch tun könnte. Die Gewerkschaft mag sich distanzieren; die Arbeiter werden ihre Probleme durch sie aber auch nicht los: die berüchtigten Taten Marchionnes erhielten kaum eine angemessene gewerkschaftliche Antwort, während das Auslaufen von mehr als 5000000 Kurzarbeitverhältnisse 2011 noch bevorsteht. Der Prozess, der unter den vielen Trägern sozialen Unmuts stattfindet, ist noch in vollem Gang. Die Losung: "Tutti insieme famo paura" (Alle gemeinsam machen wir Angst), hat sich am 14. Dezember als eine zutreffende Erkenntnis erwiesen, an die sich die überwältigende Mehrheit der Beteiligten auch gehalten hat - inklusive Tumult. Das hat es in mittlerweile sehr grauer Vorzeit in Italien durchaus schon gegeben - nicht aber in den letzten Jahrzehnten. Und "gesellschftlich" so weit gedrungen wie am 14. Dezember ist die Einsicht, dass es nicht anders geht, als mit Tumlt, schon lange nicht. Der Prozess zählt aber genau so wie die einzelne Schlacht. Am 23. November, bei einem anderen wichtigen Protesttermin, standen nicht nur genervte Autofahrer im Blockieren Stadtverkehr. Etliche stiegen im strömenden Regen aus ihren Autos aus und fielen den Studenten und Schülern um den Hals. Und auch am 14. Dezember zeigten sich viele von den wenigen Leuten, die im Sperrgebiet rund um das Parlament unterwegs waren, solidarisch mit den Protestierenden und erzürnt mit Politikern und Polizei. Es gibt einige Videos, die sehr hitzige Diskussionen und sehr klaren Aussagen von nicht direkt an den Auseinandersetungen Beteilgten zeigen - selbst als der Tumult schon längst im Gang ist.

interessierte nachfrage

Du 19.12.2010 - 12:18
schreibst von 5.000.000 auslaufenden Kurzarbeitsverhältnisen, das kommt mir sehr hoch vor, auch wenn ich weiss, dass die Präkarisierung in Italien -vor allem bei den unter 40jährigen- wesentlich weiter fortgeschritten sind als in Deutschland.

könnte es sein, dass eine 0 zuviel ist, und es um 500.000 Arbeitsverhältnisse geht?
andernfalls müsste bei euch ja demnächst der Baum brennen.

ansonsten solidarische Grüsse aus dem Berliner Winterschlaf.

ooops!

@ Du 19.12.2010 - 13:28
Jaaaa! Danke für den Hinweis! Es ist eine null zuviel aus meinen Fingern gerutscht! Tausend Mal Entschuldigung und danke auch für's offenbar aufmerksame Lesen!

P.S.: Danke auch für's Interesse und die Bekundung solidarischer Grüße. Beides wird dringend gebraucht. Einiges spricht dafür, dass Innenminister Maroni eine höchst repressive Antwort auf die Proteste vorbereitet, mit denen in den nächsten drei Tagen und vor allem Mittwoch gerechnet wird und auch darüber hinaus könnte der 14. Dezember äußerst hart quittiert werden, Maroni hat angekündigt dass er sehen will, wie er das "Daspo" System auf Demonstrationen azsweiten will. Der Daspo ist die Maßnahme, mit der zur Befriedung der Stadien beschritten wurde. Er beinhaltet den jeweils jahrelangangen Ausschluss vom Zugang zu Fußballmatches für notorische Übeltäter, wenn sie bei Randale erwischt werden oder sich derlei unterstellen lässt.

Leider kann ich gerade nicht so berichten, wie es eigentlich sein müsste. Wenn Du aber sonst noch fragen hast, beantworte ich sie hier.

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