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Pressemitteilung der Hirsch-Q zum 12.12.2010

Hirsch-Q 17.12.2010 03:13
Pressemitteilung der Gaststätte Hirsch-Q zum Naziangriff vom 12.12.2010:
Hirsch-Q Dortmund, 16.12.2010
Brückstrasse 62
44135 Dortmund

Pressemitteilung und Gegendarstellung

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir wenden uns auf diesem Wege an Sie, da wir mit der bisherigen Berichterstattung der Polizei- und Lokalpresse über den Neonazi-Angriff vom 12.12.2010 auf unser Lokal und seine Gäste nicht einverstanden sind. Wir verlangen eine Gegendarstellung!

Die Dortmunder Polizei spricht in ihren 2 Pressemitteilungen, von "Schlägerei im Lokal “Hirsch Q”" und " einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen (…) Personen der Rechten und Linken Szene, in deren Verlauf Messer und Reizgas eingesetzt wurden.". Diese Schilderungen wurden so von beiden großen Lokalzeitungen ohne eigene Recherche übernommen. Lediglich die BILD-Zeitung hielt es für notwendig eigene Recherche zu betreiben und außerdem das Gespräch mit uns Betreibern zu suchen.

Die besagten Schilderungen werden den Tatsachen nicht gerecht. Im Gegenteil, sie suggerieren, dass es sich hier um eine wechselseitige Auseinandersetzung zweier gleichberechtigter Konfliktparteien handelt.


Die Wirklichkeit sieht anders aus:
Betrachtet man nämlich zum einen das Publikum der Hirsch-Q und zum anderen die unzähligen Angriffe von Neonazis (seit 2006 mehr als 6 Angriffe/Zwischenfälle) mit denen der aktuelle Angriff in einen Kontext zu setzen ist, so wird schnell ersichtlich, dass es sich hier eben nicht um einen “Links-Rechts-Konflikt” handeln kann.

Unser Lokal ist eine zivile, gewinnorientierte und offiziell konzessionierte Einrichtung, welche sich nicht politisch betätigt. Das einzige politische Statement, was unsere Gaststätte vertritt ist, dass “Menschen die durch ihr Äusseres oder ihr Verhalten rassistische, faschistische sexistische und/oder xenophobe Gesinnungen erkennen lassen” keinen Zutritt zu unserem Lokal haben. Dies bewerten wir selbst jedoch nicht als politisches Engagement sondern als Selbstverständlichkeit. Nur weil wir damit in Dortmund nahezu alleine dastehen, reicht diese Tatsache nicht aus, um uns hierdurch in die “linksextreme Ecke” zu stellen. So gibt es z.B. im Sauerland eine öffentliche Kampagne vieler ansässiger Wirte, ebenfalls mit dem Ziel besagte Gesinnungen aus ihren Lokalitäten zu verbannen.

Unsere Gäste, die nun zum wiederholten Male Opfer massiver Gewalttaten wurden, kommen ausserdem nicht exklusiv aus einer Szene bzw. einer politischen Richtung. Im Gegenteil, unser Publikum setzt sich aus Stammgästen und zu einem großen Teil auch aus Laufkundschaft zusammen. So besuchen insbesondere am Wochenende Menschen unterschiedlichen Alters (18-80), unterschiedlicher Kulturen und Szenen das Lokal. So ist vom jungen Punk bis zum Anzugträger älteren Semesters alles vertreten. Natürlich sind unter unseren Gästen auch Anhänger des linken Spektrums, es entbehrt aber jeder Grundlage diese als dominierende oder alleinige Gäste darzustellen.
Unser Publikum besucht unser Lokal um hier einen netten Abend (oder Morgen) zu verbringen, neue Leute kennenzulernen und ggf. eine Partie Kicker oder Flipper zu spielen. Wir sind eine Institution des Dortmunder Nachtlebens und somit kommen die Gäste zum feiern hier her und nicht um sich hier politisch zu betätigen oder gar politische Auseinandersetzungen zu führen.

Unsere Stammgäste wissen jedoch (durch die vorausgegangenen Angriffe) um die Gefahr einer eventuellen Neonazi-Attacke. Aus diesem Problembewusstsein heraus erklärt sich die geschlossene Gegenwehr bei den letzten beiden Angriffen. Unsere Stammgäste entscheiden sich hierzu jedoch nicht bewusst, oder haben gar Freude daran, sondern werden durch die Angreifer gezwungen sich zur Wehr zu setzen, um schwerste Verletzungen oder gar die Tötung einzelner Gäste zu verhindern. So wurden im aktuellen Fall beispielsweise schwerere Stichverletzungen wohl nur durch die geschlossene Gegenwehr verhindert. Die Angreifer setzten nämlich mindestens 1 Messer im Tumult rücksichtslos gegen unsere Gäste ein.

Diese Sachverhalte sind der Dortmunder Polizei sehr wohl bekannt. Zum einen weiß sie welches Publikum die untere Brückstraße und unser Lokal frequentiert, zum anderen resultieren die typischen Polizeieinsätze in unserem Lokal aus (für die Nachbarn) zu lauter Musik und eben nicht aus dem Anlass politische Aktivitäten zu unterbinden. Die Polizei weiß somit, dass in unserem Lokal das Feiern und der Alkoholkonsum und nichts anderes im Mittelpunkt steht. Wir bewerten daher die vergangenen und aktuellen Pressemitteilungen der Polizeiführung bezüglich der Angriffe als bewusste Täuschung der Öffentlichkeit, um eine erneute öffentliche Diskussion über das Naziproblem in Dortmund und die damit verbundene Rufschädigung der Stadt von vorn herein zu unterbinden.

Dieser Zustand ist untragbar und wird rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht gerecht.
Die Polizei hat die klar definierte gesellschaftliche Aufgabe, die verfassungsmäßige Ordnung zu schützen und durchzusetzen. Sie ist darüber hinaus verpflichtet Straftaten konsequent und objektiv aufzuklären und zu verfolgen. Durch die permanente politische Verklärung der Umstände durch die Dortmunder Polizeiführung, wird diese auf der einen Seite ihrer Verantwortung gegenüber den Dortmunder BürgerInnen nicht gerecht und tritt auf der anderen Seite die Würde der Opfer mit Füßen.

Wir empfinden den Umgang der Polizei und der Medien mit der Thematik als äusserst gefährlich. Nach jedem Angriff wird von beiden Akteuren gebetsmühlenartig ein “Links-Rechts-Konflikt” konstruiert, den Opfern eine Mitschuld an den Taten zugesprochen und die gesellschaftliche Tragweite der Attacken verharmlost. Denn solange es als ein interner Konflikt der “beiden Extremistenlager” dargestellt wird, wird suggeriert, dass sich die Gesamtgesellschaft von den Geschehnissen kaum tangiert oder gar bedroht fühlen muss.
Wir haben in den 1930er Jahren gesehen, wo ein solcher Umgang mit Nazis hinführt.
Verschweigen, Verharmlosen und Verdrehen der Hintergründe maskiert das wahre Gesicht des Nazismus und ebnet ihm den Weg in die Mitte der Gesellschaft. Nur eine aufgeklärte, wehrhafte und geschlossene demokratische Gesellschaft ist in der Lage eine erneutes Erstarken des Nazismus zu unterbinden.
Es ist die heilige Pflicht von Polizei und Medien die demokratische Gesellschaft aufzuklären und ihr dadurch ein adäquates Handeln zu ermöglichen

Wir möchten die Dortmunder Polizei und die Dortmunder Lokalpresse somit abschließend bitten, ihre Berichterstattung zu überdenken und die von uns geschilderten Sachverhalte bei künftigen Veröffentlichungen zu beherzigen.
Darüber hinaus laden wir die Presse ein sich bei Gelegenheit selbst ein Bild unseres Lokals und seines Publikums zu machen. Außerdem möchten mir explizit darum bitten VOR Veröffentlichungen doch das Gespräch mit uns zu suchen und sich unsere Sicht der Dinge erklären zu lassen. Andernfalls trägt die Lokalpresse eine Mitschuld an der Verklärung der Umstände und ermutigt hierdurch die Täter weitere Taten zu begehen. Dies kann und sollte nicht im Interesse einer freien und demokratischen Presse liegen.

Mit freundlichen Grüßen
Gaststätte Hirsch-Q – Geschäftsführung
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Ergänzungen

Polizei Dortmund

Blubb 17.12.2010 - 11:53
Dabei wurden die Polizei in Dortmund doch "gecoacht", wie man bei solchen Konflikten sich gut in der Öffentlichkeit präsentiert:
 http://www.krisennavigator.de/Issues-Management-der-Polizei-bei-den-Neonazi-Demonstrationen-im-Maerz-2001.355.0.html

Video mit Sven K.

Insel Krk 17.12.2010 - 19:01

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 4 Kommentare

dab demo

uzdo support 17.12.2010 - 04:18
Neben dem (alten) FZW bietet u.a. die alternative Kneipe, HirschQ, seit vielen Jahren Raum für die Sub/kultur/politszene im Zentrum dieser Stadt. Neben ordnungspolitischen Sanktionen seitens der Stadtverwaltung, die ein angemessenes Betreiben des Lokals erschweren, müssen die Besucher/innen und das Personal mit kontinuierlichen, organisierten Angriffen von Neonazis rechnen – zuletzt am 12.12.2010. FZW Privatisierung, Nazi Übergriffe in der Brückstraße, MaO Spekulation und noch immer kein UZDO: So kann es nicht weitergehen!


Interessant!

Rio T. 17.12.2010 - 10:02
"Unser Lokal ist eine zivile, gewinnorientierte und offiziell konzessionierte Einrichtung" und "Nur weil wir damit in Dortmund nahezu alleine dastehen, reicht diese Tatsache nicht aus, um uns hierdurch in die “linksextreme Ecke” zu stellen." lesen sich womöglich etwas zu offen formuliert, meint ihr nicht?

Immer schön scharf am Rand der Bürgerlichkeit bleiben, auf dass man bloß nicht mit den bösen "Linksextremen" in einer Ecke steht. Wäre da eine Lichter- oder Menschenkette als Reaktion auf den Angriff der Nasen nicht vielleicht eher das Mittel der Wahl, als eine Demo?
Ich mein ja nur. Nicht dass die zivile, gewinnorientierte und offiziell konzessionierte Einrichtung es sich durch Solidarität der und Nähe zur bösen "linksextremen" AntiFa-Szene mit dem bürgerlichen Spektrum verscherzt. Wär doch zu schade, wenn Vatter und Mutter Kaschuppke ihrem kleinen Steppke Robbin demnächst verbieten würden, sein Weihnachtsgeld in der HirschQ auf den Tresen zu legen um mal so richtig punkrockig wegzugehen, stimmts?

Täusche ich mich, oder hab ich in der HirschQ vor einigen Jahren auch mal nen Song von T(I)NC gehört. Irgendwas mit "There is talk 'bout dancing on the barricades". Aber das hatte nix, rein gar nix mit Politik zu tun, wa? Nur mit dem gewinnoriertiert, richtig?

Fuck off - Punk ain't a sell out!

Hirsch Q, schön "gemuht"

libertärer Antifa 17.12.2010 - 14:51
Diese Pressemitteilung bringt es auf den Punkt. Noch einmal, in der Vergangenheit wurde versucht die Hirsch-Q überregional solidarisch zu unterstützen. Die "kommerzielle" Einrichtung wollte schon damals keine aktive, organisierte Hilfe von uns. Was damals offensichtlich war, hat sich bis heute nicht geändert.

Politische AktivistInnen, die wie wir, den "Kopf" hinhalten und bestimmt keine Freude mit körperlichen Auseinandersetzungen mit bewaffneten, äußerst gewaltätigen Faschisten haben, sollten sich zweimal überlegen, ob:

- sie sich für die Hirsch-Q einsetzen und dort ihr Geld ausgeben
- sie bereit sind das Risiko eines Besuchs eingehen wollen.

oder, ob diese Aufgabe nicht einer "bezahlten" Security überlassen werden sollte!

Die Hirsch Q war und ist nicht "unser Projekt", dennoch drohen uns dort Überfälle, weil dort Menschen sind, die nicht ins Weltbild der Faschisten passen.

Diese Pressemitteilung hätte eigentlich auf Indymedia nichts verloren, weil wir uns hier nicht zum Sprachrohr kommerzieller Kneipen machen lassen sollten.

Was fehlt, ist ein "politischer, unkommerzieller Ort", für den es lohnt "zu kämpfen". Nicht nur in Dortmund!

"Unpolitisch macht hirntod!", sollte wohl bekannt sein....





an falscher Stelle gespart

disconudel 17.12.2010 - 16:58
(...)"dass Menschen die durch ihr Äusseres oder ihr Verhalten rassistische, faschistische sexistische und/oder xenophobe Gesinnungen erkennen lassen keinen Zutritt zu unserem Lokal haben"

Das ist eine ziemlich breite Personengruppe die da ausgeschlossen wird und vor allem ist das viel zu schwammig formuliert. Wie soll der Mann am Einlass eine xenophobe oder sexistische Gesinnung erkennen?

Es ist natürlich völlig legitim und ganz allein Sache des Wirts, wen er haben will und wen eben nicht. Allerdings ist das nicht ganz billig.
Wer als Wirt nach so verschwommenen Kriterien aussortieren lässt, stellt sehr hohe Anforderungen an die Türsteher. Wenn eine breite Personengruppe ohne konkreten Anlass ausgeschlossen wird, gibt es immer Ärger.

Das ist normalerweise kein Problem, wenn die Türsteher kompromisslos, unmissverständlich und hart sind. Falls sie nachgiebig sind, oder kleine Schwächen erkennen lassen, zieht eine solche schwammige Einlass-Politik den Ärger geradezu magisch an.

Besorgt euch eine andere Security. Wer an der Stelle spart, legt das am Ende dreifach oder vierfach drauf.