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16.12.: Aktionstag für UPS-Streikende

Suphi Toprak (RIO) 16.12.2010 04:37
Seit dem 5. Mai streiken ArbeiterInnen des Transportunternehmens UPS in der Türkei, um ihr Recht auf gewerkschaftliche Organisierung sowie bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Um diesen Kampf zu unterstützen, findet am 16. Dezember ein internationaler Aktionstag statt. In Berlin und München sowie in vielen anderen Städten weltweit werden Protestkundgebungen stattfinden.
internationaler Aktionstag am 16. Dezember:
Berlin: 17 Uhr, U-Bhf Kottbusser Tor
München: 17 Uhr, Marsstraße 4
(sowie in anderen Städten weltweit)

Protestkundgebung in Garching am 18. Dezember:
Garching: ab 10 Uhr, Rathausplatz
(Protest gegen den UPS Christmas-Truck)

+++++++++++++++ Aufruf zum internationalen Aktionstag +++++++++++++++

Am 16. Dezember wird ein weltweiter Aktionstag zur Solidarität mit dem UPS-Streik in Istanbul und İzmir stattfinden. Seit dem 5. Mai sind die UPS-ArbeiterInnen in der Türkei in Aktionen und im Streik, weil sie sich gewerkschaftlich organisieren wollten. Schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne waren die Gründe für ihre gewerkschaftliche Organisierung.

Die UPS-Politik ist, weltweit und mit allen Mitteln die Gewerkschaften aus ihren Betrieben auszuschließen. In der Türkei will UPS es mit Angriffen der Polizei und durch Missachtung der Gesetze erreichen. Selbst die reaktionären türkischen Gesetze, die aber wenigstens Entlassungen wegen gewerkschaftlicher Betätigung untersagen, werden vom Management und der Regierung bisher ignoriert und für die anti-demokratischen Verhältnisse bei UPS missbraucht.

Wir rufen alle Gruppen, Parteien, Gewerkschaften, Personen aus aller Welt auf, dem Aufruf der ITF (Internationale TransportarbeiterInnengewerkschaft) zu folgen. ITF hat bereits in 154 Ländern ihre Gewerkschaften zur Solidarität aufgerufen. Wir rufen auch auf, am 16. Dezember Aktionen gegen UPS zu organisieren oder sich daran zu beteiligen.

Für den erfolgreichen Kampf des UPS-Streikes brauchen wir auch die Solidarität sowohl international als auch in der Türkei. Um die Solidarität in der Türkei zu verstärken, finden wir ein großes Treffen von ArbeiterInnen von verschiedenen Betrieben und Streiks empfehlenswert. In diesem Sinne rufen wir auch die ArbeiterInnen in der Türkei auf, sich mit dem UPS-Streik zu solidarisieren, indem gemeinsam diskutiert und gekämpft wird, damit die verschiedenen Kämpfe programmatisch und organisatorisch zusammengelegt werden können.

- Für den weltweiten UPS-Aktionstag am 16. Dezember!
- Organisiere und Unterstütze die Aktionen am 16. Dezember!
- Boykottiert die UPS, solange die UPS-ArbeiterInnen in der Türkei nicht wiedereingestellt werden und deren gewerkschaftliche Rechte anerkannt werden!
- Für einen ArbeiterInnenkongress in Istanbul!
- Gemeinsames Kämpfen und Entscheiden der ArbeiterInnen in der Türkei und Weltweit!

Dieser Aufruf stammt von verschiedenen UPS-Solidaritätskomitees und unterstützenden Gruppen.

Quelle1:  http://arab.blogsport.de/2010/12/15/16-dezember-weltweiter-aktionstag-mit-den-streikenden-ups-arbeiterinnen-in-der-tuerkei
Quelle2:  http://www.onesolutionrevolution.org/?p=615&language=de



+++++++++++++++ Bericht aus der jungen Welt +++++++++++++++

Wildwest bei UPS

Türkei: Firmenchef bedroht Gewerkschafter mit Pistole. Organisation der Beschäftigten soll verhindert werden. Aufruf zu weltweitem Aktionstag

Zur Unterstützung eines seit April andauernden Arbeitskampfes beim Logistikunternehmen UPS in der Türkei ruft die internationale Transportarbeiterföderation (ITF) ihre Mitgliedsgewerkschaften zu einem weltweiten Aktionstag am kommenden Donnerstag auf. Hintergrund ist die Entlassung von 162 UPS-Beschäftigten aufgrund ihrer gewerkschaftlichen Organisation.

Nach türkischen Gesetzen wird eine Gewerkschaft erst als tariffähig anerkannt, wenn sie sowohl zehn Prozent aller Beschäftigten einer Branche landesweit als auch über 50 Prozent der Angestellten eines Betriebes als Mitglieder vorweisen kann. Dazu muß die Gewerkschaft den Eintritt jedes einzelnen notariell beglaubigen lassen. Nachdem die Transportarbeitergewerkschaft Tümtis im April erklärte, innerhalb eines halben Jahres allein in der Istanbuler UPS-Vertretung 700 von 2500 Beschäftigten organisiert zu haben, reagierte das Unternehmen sofort mit Kündigungen wegen angeblicher »Arbeitsverweigerung«. In Izmir zwang das UPS-Subunternehmen ER-KA seine Mitarbeiter unter Entlassungsdrohungen zum Notar, damit diese dort ihren Gewerkschaftsaustritt erklärten. Als Tümtis-Aktivisten das Gespräch mit den Kollegen suchen wollten, wurden sie von Managern des Unternehmens bedroht – und der Besitzer Erhan Kahraman schoß mit einer Pistole in die Luft.

Als UPS-Angestellte in Istanbul und Izmir Ende April in einen Streik gegen die Entlassungen und für bessere Arbeitsbedingungen traten, prügelte die Polizei Streikbrechern den Weg frei. Letztere versuchten dabei auch, Posten der Ausständigen mit einem Pkw zu überfahren. Zur Unterstützung der Kollegen in der Türkei waren mehrfach Gewerkschaftsdelegationen und Betriebsräte von UPS-Vertretungen aus Europa, darunter Deutschland und Österreich, zu Besuch bei ihren gekündigten Kollegen, die mit Mahnwachen vor den Unternehmensbüros in Istanbul und Izmir für ihre Wiedereinstellung kämpfen.

Am 4. November konnte Tümtis vor dem Arbeitsgericht einen ersten Erfolg verbuchen, als die Entlassung eines UPS-Angestellten aufgrund seiner Gewerkschaftsmitgliedschaft erstmals für ungerechtfertigt erklärt wurde. Tümtis wertet das Urteil als richtungsweisend für die Klagen der anderen gekündigten Kollegen. Diese Gerichtsentscheidung sei nur aufgrund des internationalen Drucks möglich geworden. Mit dem internationalen Solidaritätstag am Donnerstag soll dieser Druck noch einmal erhöht werden. UPS-Komitees in mehreren europäischen Städten haben Mahnwachen und Proteste vor Niederlassungen des Konzerns angekündigt. Der belgische Gewerkschaftsbund FNV plant eine Blockade des UPS-Hauptquartiers in Brüssel.

Das international tätige Transportunternehmen UPS hat in der Türkei einschließlich seiner Tochterfirmen 4000 Angestellte in den Depots und weitere 1500 »selbständige« Auslieferungsfahrer. Bei einem Zehnstundenarbeitstag liegt die Bezahlung nur unwesentlich über dem gesetzlichen Mindestlohn von 315 Euro monatlich.

von Nick Brauns

Quelle:  http://www.jungewelt.de/2010/12-14/039.php



+++++++++++++++ Interview mit Solidaritätsaktivisten +++++++++++++++

"Die verschiedenen Kämpfe zusammenführen"

Interview mit Suphi Toprak, Unterstützer des UPS-Streiks in der Türkei und Aktivist von RIO in München

- Seit Juni sind die KollegInnen von UPS in der Türkei im Kampf gegen die Entlassungen von 161 KollegInnen. Hintergrund ist, dass die zuständige Gewerkschaft Tümtis eine Organisierungskampagne bei UPS durchgeführt hat. Nachdem die Geschäftsleitung davon erfahren hat, wurden die KollegInnen entlassen und auf andere, gewerkschaftlich organisierte Druck ausgeübt. Kannst Du auf den Hintergrund des Arbeitskampfes eingehen?

Miserable Arbeitsbedingungen und sehr schlechte Bezahlung bei UPS sind die Gründe, warum die ArbeiterInnen sich gewerkschaftlich organisieren wollten. Die Politik von UPS zielt darauf, keine Gewerkschaft bei sich zuzulassen. Obwohl es nach den türkischen Gesetzen verboten ist, ArbeiterInnen aufgrund gewerkschaftlicher Organisierung zu entlassen, hat UPS sie missachtet. Es geht bei diesem Kampf um die gewerkschaftliche Organisierung von 5.000 ArbeiterInnen.

- Die Entlassenen führen mit Unterstützung ihrer KollegInnen bei UPS und von Tümts einen langen Kampf gegen die Entlassungen und das Verbot gewerkschaftlicher Organisierung. Welche Protestaktionen gab es? Welche Probleme siehst Du?

Die KollegInnen sind ununterbrochen seit dem 5. Mai in Aktionen. Es wurde bereits am 1. September ein weltweiter Aktionstag für den UPS-Streik von ITF organisiert. Auf die ArbeiterInnen gab es Polizei-Angriffe. Die ArbeiterInnen haben Demos organisiert und gleichzeitig die KollegInnen bei UPS weitgehend dafür gewonnen, einen Teil ihrer Löhne den Streikenden abzugeben.

Die Probleme sind klar: Die Gewerkschaften, die sich mit dem UPS-Streik solidarisieren, kommen zu Besuch und geben finanzielle Unterstützung, was für den Kampf sehr wichtig ist. Aber es gibt keine Mobilisierung für Solidaritätsaktionen mit dem UPS-Streik. So könnte z.B. das Entladen von UPS-Paketen an Flughäfen verlangsamt werden.

Ähnlich agieren die linken Parteien. Entweder gibt es ein Desinteresse an Streiks seitens linken Organisationen oder ein Desinteresse an gemeinsamen Komitees und der Aktionseinheit der ArbeiterInnen. Es gibt regelmäßig Besuche bei den Streikenden, wo die Linken ihre Sympathie zeigen. Aber den Streik gemeinsam auf die Straßen auszuweiten, kommt ihnen nicht in den Sinn.

Die Forderung der UPS-ArbeiterInnen war, die verschiedenen Kämpfe zusammenzuführen. Dafür ist das Komitee, wo die ArbeiterInnen aus den verschiedenen Kämpfen kommen und diskutieren, notwendig. Ohne ein solches Komitee ist die Zusammenführung nicht machbar. Das ist auch der Anfang einer Räte-Struktur. Ein Komitee soll weitgehend aus ArbeiterInnen bestehen. Es bietet die Möglichkeit, dass die ArbeiterInnen gemeinsam die politische und organisatorische Linie der Kämpfe bestimmen.

Diese Auffassungen sind aber nicht im Einklang mit den programmatischen Ausrichtungen der politischen Parteien - bis auf sehr kleine Minderheit, aber auch dort nicht in dieser Klarheit.

- Was bedeutet dieser Streik für den Klassenkampf in der Türkei? Nach dem Kampf der TEKEL-ArbeiterInn gegen die Privatisierung und den daraus folgenden Entlassungen und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen ist der Kampf bei UPS der nächste große Kampf zur Verteidigung der Arbeits- und Lebensbedingungen.

Der Kampf bei TEKEL hat anderen Mut gemacht. 2010 haben sehr viele Kämpfe stattgefunden. Darunter z.B. der siebentägige Hungerstreik einer einzelnen Aktivistin, die 118 Tage im Zelt kampierte und ihre Wiedereinstellung erzwang. Es gab auch die Besetzung des Büros der Republikanischen Volkspartei (CHP) durch wütende ArbeiterInnen.

Bei TEKEL richtete sich der Kampf direkt gegen die Regierung, bei UPS ist er gegen das Unternehmen gerichtet. Bei TEKEL nahm die Sache sehr schnell einen politischen Charakter an, bei UPS ist es bisher noch ein reiner Arbeitskampf. Das ist aber ein allgemeines Problem: Wie kommen wir von einem defensiven Kampf zu einem offensiven Kampf? Die Beantwortung dieser Frage ist für die Linke in der Türkei ein Buch mit sieben Siegeln. Übergangsforderungen sind ihr unbekannt. Wenn UPS z.B. behauptet, dass den Entlassenen nicht wegen deren gewerkschaftlicher Organisierung gekündigt wurde, dann müssen die Geschäftsunterlagen durch die Belegschaft geöffnet werden, um zu sehen, welche wirtschaftlichen Gründe es tatsächlich gibt. Das wäre der Beginn von Doppelmacht im Betrieb. Ein solches Programm von Übergangsforderungen wäre aber unvollständig, wenn es nicht national sowie international entwickelt wird.

- Was denkst Du ist international und in Deutschland nötig, um den Kampf der UPS-KollegInnen zu unterstützen und zum Erfolg zu führen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Aktionen sollten zwei Ziele haben. Erstens dem "guten Image" von UPS entgegenzutreten, also sie zu entlarven und die Wahrheit der internationalen ArbeiterInnenklasse so bekannt zu machen. Zweitens muss der Ablauf der UPS-Arbeit überall gestört werden, wo das den ArbeiterInnen möglich ist. Das ist das, was wir besonders wichtig finden.

- Wir erleben in verschiedenen Ländern Europas - in Griechenland, Frankreich etc. - zunehmende Kämpfe und Generalstreiks gegen die Angriffe von Staat und Kapital auf die Arbeiterklasse. Welchen Zusammenhang siehst Du zwischen den Protestaktionen der KollegInnen von UPS in der Türkei und den Massen- und Generalstreiks in anderen Ländern?

Wir müssen diese Aktionen vom humanistischen „Gutmenschen“-Charakter befreien. Eine Auskunft in Deutschland bezüglich der UPS-Aktionen lautet oft: Was hat das mit uns zu tun? Eine andere Frage lautet: Ist die Türkei demokratisch genug für die EU? Solche Fragen sind für uns Ausdruck des schwachen Klassenbewusstseins in Deutschland, das auch ein Ergebnis davon ist, wie diese Kämpfe hier geführt werden. Weil kein Generalstreik in Deutschland stattfindet, gibt es auch keine praktische Lehre aus den gemeinsamen Kämpfen für die Massen.

Die UPS-ArbeiterInnen sind nicht hilflos. Sie sind kämpferische ArbeiterInnen, die um ihre Grundrechte kämpfen. Ihr Kampf ist nicht beschränkt auf die Türkei. Das Agieren von UPS kann auch in Deutschland verlangsamt werden. Um diesen Schritt zu machen, muss eine andere Politik in den Betrieben und Gewerkschaften erfolgen. Das öffnet die Diskussion: Wollen wir, dass sich die Gewerkschaften solidarisieren, indem sie die Arbeit von UPS verlangsamen?

Für effektive Aktionen müssen die Gewerkschaften umgestaltet werden. Das ist der Grundstein für einen europaweiten Streik bei UPS und im gesamten Logistik-Sektor. Wenn der Kampf von einem Land auf die anderen überspringt, dann wird auch der Blick der ArbeiterInnen für einen Generalstreik frei. Wenn es aber nicht einmal bei UPS - einem internationalen Unternehmen - gelingt, einen internationalen Kampf effektiv zu führen, wird es für einen europaweiten Streik schwer. Doch letztlich ist nur ein solcher europaweiter Generalstreik eine wirksame Antwort auf die Angriffe der Bourgeoisie. Wer für UPS-Streik-Aktionen auf den Straßen und in den Betrieben vorbereitet, nähert sich gleichzeitig dem Ziel eines Generalstreiks in Europa. Das ist der Kern, um den es geht.

Interview: Gruppe Arbeitermacht

Quelle:  http://www.revolution.de.com/revolution/1012/ups/interview.html



+++++++++++++++ weitere Links +++++++++++++++

Flugblatt von RIO zum UPS-Streik:
 http://www.revolution.de.com/revolution/1012/ups/index.html

Bericht von der Solidaritätsarbeit:
 http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15914

Solidaritätstracks von Lea-Won:
 http://soundcloud.com/lea-won_2010/weihnachten-mit-ups
 http://soundcloud.com/lea-won_2010/soli-track-zu-protesten-gegen-ups-in-der-tuerkei
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Ergänzungen