Heutige Demonstration gegen S21 in Stuttgart

ein Gast in Stuttgart 04.12.2010 19:52 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Spontan-Demonstration und Auseinandersetzungen mit der Polizei in Stuttgart.
Angekündigt war eine Demonstration gegen S21, die um 14 Uhr vor dem Hauptbahnhof beginnen sollte. Sie wurde erst nach dem Schlichtungsspruch geplant und organisiert. Es kamen ca. 5000 Menschen (Polizei: 3000, Veranstalter: 10000). Leider haben es sich die Veranstalter der samstäglichen Demos angewöhnt die Zahlen deutlich zu übertreiben.
Ab 14 Uhr fand dann eine Kundgebung mit vielen Reden (bei der Kälte...) statt zu deren Ende verkündet wurde, dass es dieses mal keine Demonstration geben wird, weil keine angemeldet wurde. Angesichts der Kurzfristigkeit verständlich. Es gab allerdings trotzdem Demonstrationswillige, die einfach mit einem Fronttranspi losgingen (Route wie sonst nur umgekehrt). Vlt. 2000 Leute folgten. Die Polizei sichtbar vorbereitet, fuhr mit einem Einsatzwagen, von dem aus gefilmt wurde, vorweg. Die Polizei regelte den Verkehr, sicherte die Objekte, die sie sonst auch sichert (Landtag, CDU-Zentrale) und im Gegensatz zu sonst auch die Nebenstraßen Richtung Innenstadt.
Die Kreuzung an der CDU-Zentrale wurde zwar massiv gesichert (bzw, die Demonstration "geleitet"), allerdings nicht die CDU-Zentrale selbst, so dass plötzlich viele Leute sich diese mal näher anschauen wollten. Die Polizei schaffte es gerade noch eine Kette vor dem Gebäude aufzuziehen. Ein paar Minuten heftiges Gerangel folgten und am CDU-Zeichen (in ca. 3,5 Meter Höhe wurden ein paar Anti-S21 angebracht). Es wurden weder Schlagstöcke noch Pfefferspray eingesetzt, Festnahmen und Verletzte habe zumindest ich nicht mitbekommen.
Die Demonstration ging nun weiter Richtung Hauptbahnhof als die Meldung die Runde machte, dass sich Mappus im (alten?) Schloss mitten in der Innenstadt aufhält, also versuchten die Leute nun dahin zu kommen. Hinter dem Einkaufsboulevard war allerdings erst mal Schluss, da die Polizei den Weg versperrte. Viele Leute gaben nun auf oder machten sich erfolglos auf die Suche nach anderen Wegen, aber einige hundert fanden Lücken und standen nun vor dem Schloss, das allerdings von Polizisten gesichert war. Viele Minuten von Parolen folgten (allerdings keine Schneebälle zu meiner Verwunderung), bis sich die Polizei dann entschied die Leute wegzuschicken, was auch keine große Überzeugungsarbeit erforderte, war es doch bis zu dem Zeitpunkt durchaus ein erfolgreicher Demonstrationstag. Die Leute zogen also in Gruppen ab und damit hätte der Tag auch zu ende sein können...
War er aber nicht. Eine nicht mehr als 10 Personen große Polizistengruppe schlich sich von hinten an eine abziehende Gruppe von jungen Demonstranten heran und plötzlich kam Dynamik in die Szene. Ein paar Personen wurden über die Wiese gejagt und andere direkt festgehalten. Sofort strömten die anderen Demonstranten herbei und die Polizei geriet zwar nicht in Unterzahl, hatte aber durchaus ihre Schwierigkeiten die Lage unter Kontrolle zu halten. Beim Gerangel um mind. einen Festgenommenen wurde dann mit Pfefferspray gesprüht, was mind. 2 Personen voll erwischte. Die Stuttgarter Polizei hat also ihrem Ruf als Kinderschläger mal wieder alle Ehre gemacht und durfte sich entsprechende Parolen anhören. Die Gefangenen konnten leider nicht befreit werden. Wie viele es nun waren, kann ich nicht sagen. Polizisten und die restlichen Demonstranten standen sich noch eine Weile gegenüber und entfernte ich mich.
Zu erwähnen ist noch, dass heute mehrere Fernsehteams da waren und auch sonst kein Mangel an Filmern und Fotographen herrschte. Videos und Fotos dürften also Folgen. Und auch die Polizei hat den gesamten Tag über kräftig gefilmt.
Wie es mit dem Widerstand gegen S21 weitergeht, wird sich wohl am nächsten Samstag entscheiden, wo zu einer bundesweiten Großdemonstration gegen S21 aufgerufen wird.
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Ergänzungen

Festnahme

ein Gast in Stuttgart 04.12.2010 - 21:50
Laut Polizei wurde ein Mann wegen Beleidigung festgenommen, bei seiner versuchten Befreiung wurde durch die Polizei Pfefferspray eingesetzt.
Mit anderen Worten: Die Polizei wollte noch mal eine kleine Eskalation des Tages.

Polizei fährt Eskalationsstrategie

Joe 05.12.2010 - 01:12
Bereits Anfang der Woche im Anschluß an die Montagsdemo war erkennbar, dass die Polizei viel agressiver als sonst auftritt. Es wurden ganz gezielt Leute im Demozug herausgepickt, angesprochen und der Versuch unternommen, sie einzuschüchtern.
Die Linie folgt übrigens einer Strategie die Mappus in der Stuttgarter Zeitung nach dem sog. Schlichterspruch indirekt angekündigt hat ( "ich befürchte Gewalt") - also das gleich Prinzip wie vor dem 30.09.
Auch heute war die Stimmung sehr angeheizt, die Reiterstaffel am Landtag war voll "heiß", die Tiere maximal unruhig ( gingen laufend los und wurden ständig durchpariert), insbesonder Jugendlich die sich in der Nähe der Pferde aufhielten (oder anders herum) wurde von oben herab belabert und das Pferd in Stellung gebracht. Wer die Stuttgarter Reiterstaffel etwas kennt weiß, dass das ein kompletter Versagerladen ist - denn BaWü ist eines von wenigen noch verbliebenen Bundesländern das berittene Polizei in diesem Umfang einsetzt. Die Reiterstaffel war schon öfters durch fatale "Fehltritte" aufgefallen, etwa bei Fußballspielen, bei der Kurdendemo neulich aber auch bei den Feiern zur Fußball WM. Immer haut die Berittene in Doktor Schiwago-Manier rein - sicherlich kennen einige die Filmszene die ich meine.
Entsprechend den Polizeiaktionen wird der Protest aber inzwischen konsequenter als vorher vorgetragen - insofern zeichnet sich hier eine Entwicklung ab. Was fehlt ist eine wirklich gute Organisation und abgestimmte Aktionen - das Potential ist auf jeden Fall anwesend. Und natürlich muss man auch mal auf eine Polizeikette zulaufen und Druck ausüben, der Demozug muss nicht immer so laufen wie sich die Polizei das wünscht, zumal gerade bei den unzähligen und relativ schlecht gesicherten Abzweigungen/Nebenstraßen kreative Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind. Teilweise waren die Straßen in die Eberhardsstraße (rechts vom Demozug) nur mit 2 Polizisten gesichert. Wie soetwas geht hat man beim Demozug zum SWR gezeigt - hier erfolgte durch entschiedenes Handels der Durchbruch von der Neckarstraße zur B14 via Hinterhof eines Autohauses.
Ansonsten auch wenn es Oberlehrerhaft ist - auf gewisse Verhaltensgrundzüge während solcher Demonstrationen kann man nicht oft genug hinweisen - das erspare ich mir aber. Versucht einfach in der Gruppe schlauer zu sein als die Polizei.
Ansonsten noch ein Hinweis zu einem Prozess am 7.12. 9Uhr Amstgericht Stuttgart-Bad Cannstadt, Neckarstraße. Angeklagt sind Aktivisten von RobinWood. Vorwurf: Hausfriedensbruch (bei der Bahn AG). Die Sitzung ist öffentlich, um zahlreiches Erscheinen wird gebeten - die Räume im AG sind relativ klein- die "Tribünenplätze" also stark limitiert. Anzunehmen ist, dass sich die Deutsche Staatsjustiz auf Weisung aus dem Innen bzw. Justizministerium keine Blöße geben wird, denn bereits zum Prozess um einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz (Abgrezung Spontanversammlung oder Eilversammlung) gab sich wegen "der Außenwirkung" ein Oberstaatsanwalt die Ehre - natürlich wollte die Richterin ihre Karriere nicht gefährden und hat in seinem Sinne entschieden.
Ansonsten steht auch hier manchmal was mit Links:  http://econo-matrix.blogspot.com/2010/12/demo-4122010-geiler-hat-den-stuttgart.html

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