Schweigen um den Mord an Kamal K. brechen

luna 01.12.2010 23:37 Themen: Antifa Antirassismus Blogwire
Am frühen Morgen des 24.10.2010 wurde der 19-jährige Kamal K. in Leipzig ermordet. Er erlag den schweren Verletzungen, die ihm mit einem Messer zugefügt wurden. Nach kurzer öffentlicher Aufmerksamkeit ist es nun (zu) still geworden. Dabei lassen Tatumstände und Einstellung der mutmaßlichen Täter die Kategorisierung als politisch rechts motivierte Tat zu
Einer der beiden mutmaßlichen Täter, Daniel K., war bis vor Antritt einer 3-jährigen Gefängnisstrafe im Jahr 2007 fester Bestandteil der Neonaziszene in Nordrhein-Westfalen.Während seiner Haft in Waldheim wurde er von der neonazistischen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige“ betreut. Im selben Gefängnis saß auch der mutmaßliche zweite Täter Marcus E. Bei diesem wurde das Messer gefunden, mit dem Kamal erstochen wurde.

Nachdem es kurz nach dem Vorfall eine öffentliche Debatte über Hintergründe und Motive gab, nachdem zahlreiche Menschen Anteil am Tod des aus dem Irak stammenden Kamal nahmen und eine Demonstration den rassistischen Alltag thematisierte, mit dem Menschen mit Migrationshintergrund konfrontiert sind, ist es still geworden. Zu still.

Staatsanwaltschaft und Polizei müssen die Ermittlungsergebnisse der Öffentlichkeit zügig zur Verfügung stellen - gerade weil es sich sehr wahrscheinlich um einen rassistisch motivierten Mord handelt. Politik und Zivilgesellschaft sind angehalten sich langfristig mit den Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen, die eine Tat mit solch krasser Dimension zulassen. Um dies zu ermöglichen, muss das Schweigen gebrochen werden.

Seit 1990 gab in Deutschland laut Angaben des Opferfonds Cura und der Amadeu-Antonio-Stiftung 149 Todesopfer rechter Gewalt. Laut Bundesregierung waren es lediglich 47. Diese Diskrepanz kommt durch Bagatellisierung und Entpolitisierung von Motiven oder politischen Hintergründen der Täter zustande. Dies darf im Fall des ermordeten Kamal K. nicht wieder geschehen.

Die Definition „politisch motivierter Kriminalität“ des Bundesinnenministeriums bietet ganz klar die Handhabe den Fall als rechts motivierte Gewalttat einzuordnen. Nach dieser Definition werden Delikte erfasst, bei denen „die Umstände der Tat oder die Einstellung des Täters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen eine Person aufgrund ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse,  Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft, sexuellen Orientierung,  Behinderung oder ihres äußeren Erscheinungsbildes bzw. ihres gesellschaftlichen Status richtet“.

Beim Mord an Kamal K. lassen die Umstände der Tat, mindestens aber die Einstellung der Täter auf rechte Gewalt schließen. Ein Neonazi und sein Begleiter wählten sich mit Kamal K. ein ihnen unbekanntes Opfer, das aufgrund seiner Hautfarbe in das rassistische Feindbild passte. Nicht zuletzt ist die „Kameradschaft Aachener Land“, in der Daniel K. organisiert war, für Gewalt gegen MigrantInnen und Linke bekannt. Es ist davon auszugehen,dass die Tat ohne dieses Feindbild auf Seiten der mutmaßlichen Täter nicht passiert wäre.

Hintergrundinfos:

- Zeit-Dossier Todesopfer rechter Gewalt 1990 – 2010
 http://www.zeit.de/themen/gesellschaft/todesopfer-rechter-gewalt/index

- Gewalttäter mit braunem Hintergrund (blick nach rechts)
 http://www.bnr.de/content/gewalttaeter-mit-braunem-hintergrund

- Initiativkreis Antirassismus Leipzig
 http://initiativkreis.blogsport.de/
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Ergänzungen

LINKE fordert Verbot von KAAL

icke 02.12.2010 - 13:37

LINKE fordert Kameradschaftsverbot

Mord und Sprengstoffdelikte sind für NRW-Landesregierung kein Terrorismus
Die neonazistische »Kameradschaft Aachener Land« bedroht seit Monaten AntifaschistInnen in der Region Aachen. Zu einem Verbot will sich die Landesregierung nicht durchringen.

Seit Monaten kommt es im Raum Aachen zu Bedrohungen von Nazigegnern durch die neofaschistische »Kameradschaft Aachener Land« (KAL) und deren Umfeld. Der Terror, den die Rechten verbreiten, beschränkt sich mittlerweile jedoch keineswegs mehr einzig auf die Aachener Region. Trotz alledem will die nordrhein-westfälische Landesregierung die Gefahr nicht wahrhaben, die tagtäglich von den militanten Neonazis ausgeht.
Online-Spiel

So beantwortete NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Montag eine Kleine Anfrage der LINKEN-Landtagsabgeordneten Anna Conrads, in deren Rahmen die Innenpolitikerin über terroristische Aktivitäten und Verbindungen der Nazigruppierung informiert werden wollte. Neue Erkenntnisse bringt die Antwort des Innenministeriums zwar keine, dafür aber eine gute Portion Verharmlosung rechter Gewalt und Extremismustheorie.

Obwohl Conrads einzig nach den Aktivitäten der KAL gefragt hatte, konstatiert der Innenminister, dass es in der »rechtsextremistischen und linksextremistischen Szene« generell zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft käme. Jedoch lägen den Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes keine Anhaltspunkte für rechtsterroristische Bestrebungen bei der Aachener »Kameradschaft« vor.

Dass ausgerechnet eine rot-grüne Landesregierung bei der KAL keine Anhaltspunkte für rechtsterroristische Bestrebungen erkennen kann, müssen alle Antifaschisten, die in der Region Aachen seit Monaten von Neofaschisten bedroht werden, als Hohn empfinden, so Conrads am Montag gegenüber ND. Schließlich hätten Personen aus dem Umfeld der »Kameradschaft Aachener Land« in der jüngsten Vergangenheit Sprengstoffanschläge gegen Antifaschisten geplant. Antifaschistischen Beobachtern zufolge käme auch Daniel K., der in der Nacht zum 24. Oktober den 19-jährigen Iraker Kamal K. in Leipzig ermordete, aus den Reihen der neonazistischen Organisation.

Als Konsequenz aus den Aktivitäten der Neonaziorganisation forderte Conrads die NRW-Landesregierung auf, »umgehend aufzuhören, die zunehmende neofaschistische Gewalt zu verharmlosen und die Kameradschaft Aachener Land zu verbieten«. Schließlich seien Sprengstoff- und Morddelikte keine Lappalien.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/185347.linke-fordert-kameradschaftsverbot.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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