HRO: Verfahren gegen Feldbesetzer_innen eingestellt

petra 25.11.2010 13:16 Themen: Biopolitik Repression Ökologie
Unter großem Polizeiaufgebot wurde heute morgen um 9 Uhr der Prozess gegen 3 Genfeldbesetzer_innen am Amtsgericht Rostock fortgesetzt. Bereits im Juni diesen Jahres hatte das Amtsgericht versucht das Verfahren gegen die Besetzer_innen zu eröffenen. Der Prozesstag endete damals bereits nach 10 MInuten mit der Räumung des kompletten Publikums und einen Teil der Angeklagten.  http://de.indymedia.org/2010/06/282889.shtml
Um dieses Szenario gleich von Anfang an durchzusetzen, wurde das Amtsgericht Rostock heute von ca. 30- 40 Polizist_innen bewacht und die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen. Dieses wurde den Prozessbeteiligten und den Unterstützer_innen, die zahlreich erschienen waren, erst vor Ort mitgeteilt.
Auch der zahlreich erschienenen Presse wurde der Zugang zum Gerichtssaal untersagt. Um dennoch auf das Verfahren einwirken zu können, entschieden sich viele der anwesenden Unterstützer_innen vor dem Saal, in dem die Verhandlung stattfand, sich aufzuhalten und mit Rufen und Spielen die Angeklagten im Saal zu unterstützen. Damit auch wirklich niemand in den Gerichtssaal kam, der nicht dort hin sollte, hatte das Amtsgericht Rostock ca. 20 Polizisten beauftragt den Saal und die Etage zu bewachen. Diese Aufgabe wurde von den Polizisten sehr ernst genommen. Als einige Menschen vor dem Gerichtssaal ein Klatschspiel begannen, wurden diese von den Polizisten durch auf die Füsse treten und Drohungen versucht abzuhalten. Ein Mensch wurde dabei so zur Seite gestoßen, dass er stürzte und fiel gegen eine Tür.

Derweil Im Verhandlungssaal:

"Ihre Personalien bitte!" "Ich möchte zuerst noch einen Befangenheitsantrag stellen." "Ja dann machen Sie!"

Im Saal waren vier Personen, die drei Angeklagten und ein Verteidiger. Zum Auftakt stellte der Verteidiger einen Antrag einen der Angeklagten nach StPo §138,2 zu verteidigen. Dieser wurde nach der Stellungsnahme des Staatsanwaltes ("Ablehnen!") zurückgestellt . Auf die Aufforderung, ihre Personalien zu nennen, stellten zwei Angeklagte einen Befangenheitsantrag. Der erste bezog sich auf die verletzte Fürsorgepflicht des Richters gegenüber den Angeklagten beim ersten Verhandlungsversuch im Juni. Damals wurde einer der Angeklagten "aus Versehen" mit Gewalt mit aus dem Saal geräumt, als die ZuschauerInnen ausgeschlossen worden waren. Der zweite Befangenheitsantrag konnte nicht zuende gestellt werden, weil der Staatsanwalt ein Scharmützel um die angeblich zu lauten, ausgeschlossenen ZuschauerInnen begann. Nach Gegenwind von der auf ihre strafprozessualen Rechte beharrenden Anglagebank bat der Staatsanwalt den Richter um eine Unterbrechung. Nach der Unterbrechung vertagte der Richter die Hauptverhandlung auf unbestimmte Zeit, und teilte den Angeklagten das Einstellungsangebot auf Staatskosten, ohne Auflagen mit. Es habe sich praktisch um eine "Feldbesetzung light" gehandelt. Außerdem sei die Rechtslage um den rechtfertigenden Notstand schwierig. Der Staatsanwalt stimmte der Einstellung mit den Worten "Ich hab wichteigeres zu tun, als dieses Kasperle-Theater" und "Jetzt kann ich endlich richtig zur Arbeit gehen!" zu.

Daraufhin bat der Richter die Zeugen herein, um sie abzuladen. Auf dieses Signal hin brach vor der Saaltür spontaner Jubel aus. Die Polizei hielt sich daraufhin zurück, es kam zu keiner weiteren Eskalation, und auch die Kundgebung vor dem Gericht konnte ohne Vorfälle eine halbe Stunde später durch den Anmelder beendet werden.

Den Angeklagten wurde vorgeworfen gemeinsam mit einigen anderen im April 2009 ein Genfeld bei Groß Lüsewitz besetzt, auf dem Versuche mit gentechnisch Pflanzen durchgeführt werden.
Auch wenn ihr Verfahren jetzt eingestellt wurde, heisst dies nicht, dass es mit den Repressionen gegen Genfeldkritiker_innen in Rostock vorbei ist. Es sind noch weitere Menschen angeklagt, denen ebenfalss eine Teilnahme an der Besetzung vorgeworfen wird.

Nicht nur in Rostock versucht die Staatsmacht mit aller Gewalt Gentechnikkritiker_innen durch Repressionen mundtot zu machen.
Momentan sitz der Gentechnikkritiker Jörg Bergstedt eine 6 monatige Haftstrafe ab, wegen der Befreiung eines Feldes mit gentechnisch verändertem Weizen im Jahre 2006. (weitere Informationen:  http://weggesperrt.blogsport.eu/)
Auch gestern fand ein Prozess gegen mehrere Aktivist_innen statt, die im Jahr 2008 ein Versuchsfeld mit gentechnisch verändertem Weizen zerstört hatten. (weitere Informationen:  http://www.gendreck-weg.de/?id=180)

Weiterführende Links:

 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/lexikon/agrobiotechnikum

 http://www.agrobiotechnikum.de/

 http://www.aggrobiotechnikum.de.vu/
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Ergänzungen

Presse

Presse 25.11.2010 - 22:03
Die erste dpa-Meldung, wird sicherlich nochmal was umfangreicheres nachgereicht...

 http://www.ostsee-zeitung.de/rostock/index_artikel_komplett.phtml?param=news&id=2966677

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 3 Kommentare

Kasperle Theater

Hirschi 25.11.2010 - 14:35
Na, das wahre Kasperle Theater haben ja wohl Polizei und Justiz da heute abgezogen. Nichtöffentliche Verhandlung, totales Bullenaufgebot und auch die MAEX (Mobile Aufklärung Extremismus in MV) war vor Ort. Womit haben die denn gerechnet??!!

Die Einstellung ist natürlich klasse, Glückwunsch den Betroffenen! Schön war auch, dass wieder sehr viele Menschen als Unterstützer_Innen da waren und alles ein bisschen lustiger und lauter gestaltet haben ^^

@Hirschi

Manfred 25.11.2010 - 15:40
Womit sie gerechnet haben? Gegenfrage: Wieso fahren sie so ein dickes Aufgebot mit HRO- und Schweriner Cops UND der MAEX auf, wenn sie die Anhörung doch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden lassen wollen. Irgendwie nichts halbes und nichts ganzes. Aber war bestimmt ne ganz geheime taktische Bullenstrategie, die wir Normalsterblichen eh nie verstehen werden. /irony off

Freut mich auf jeden Fall für die ehem. Angeklagten, dass das Ganze eingestellt wurde! Glückwunsch und so! :D

Mit aller Gewalt?

Kito 30.11.2010 - 21:52
„Nach der Unterbrechung vertagte der Richter die Hauptverhandlung auf unbestimmte Zeit, und teilte den Angeklagten das Einstellungsangebot auf Staatskosten, ohne Auflagen mit. Es habe sich praktisch um eine "Feldbesetzung light" gehandelt. Außerdem sei die Rechtslage um den rechtfertigenden Notstand schwierig. Der Staatsanwalt stimmte der Einstellung mit den Worten "Ich hab wichteigeres zu tun, als dieses Kasperle-Theater" und "Jetzt kann ich endlich richtig zur Arbeit gehen!" zu.“

So sieht es also aus, wenn die Staatsmacht mit „aller Gewalt“ irgendwas durchdrückt. Es wäre schön, wenn die Autoren im Interesse einer objektiven Berichterstattung sich doch mal etwas am Riemen reißen würden, bevor sie sich selbst widersprechen.