(B) Wird das Spreeufer zur Luxus-Waterfront?

Frank Zimmer 20.11.2010 10:48 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Eröffnungstermin für Berliner nhow-Luxushotel bekannt: 22.11. +++ Demo "Zimmer frei! - Wir ziehen ein." am 27.11. +++ mediaspree entern-Nachwehen: Repression von Polizei und Staatsanwaltschaft +++ Soli-Party am 20.11.
Jetzt ist es raus - laut nh-Hoteles und rbb Abendschau wird das nagelneue Spreeufer-Luxushotel "nhow" am Montag, den 22. November eröffnet. Während es bislang im umstrittenen "Mediaspree"-Bereich nur deutlich günstigere Hotels gab, schielt der neue Design-Kasten am Osthafen unweit der Oberbaumbrücke auf außerordentlich gut betuchte Gäste aus den sogenannten "Creative Industries". Mindestens 170 Euro sollen die Zimmer pro Nacht kosten, und die Preise gehen bis auf 2500 Euro hoch.

Wie toll - ein neues Luxushotel!

Die Presse feiert das nhow-Hotel bereits als eine Art Flaggschiff des Mediaspree-Projekts. Kein Wunder, reagiert sie doch stets zuverlässig, wenn man ihr und der Berliner Standort-Idealisierung Honig ums Maul schmiert. In diesem Fall: Der börsennotierte nh-Konzern war bislang für schnöde Buiness-Hotels bekannt, hat allein neun Stück davon in Berlin herumzustehen. Doch nach Mailand hat er ausgerechnet Berlin auserkoren, um die neue konzerneigene Luxusmarke "nhow" zu etablieren. Ein exklusives Musik-Design-Hotel mit eigenem Tonstudio, das klingt nach großen Stars des Musikhimmels, da frohlockt die Lokalpresse, nun würden die Stars massenweise in Berlin absteigen. Wegen eines Hotels - naja.

Wem gehören die Spreeufer?

Tatsächlich ist das nhow-Hotel Teil eines städtebaulichen Umstrukturierungsprojekts, das als "Mediaspree" bekannt geworden ist. Dieses sieht vor, entlang der Spreeufer zwischen Jannowitz- und Elsenbrücke, zwischen Friedrichshain und Kreuzberg eine Perlenkette neuer Glaspaläste hochzuziehen. Die Pläne sind zwar mittlerweile 15 oder 20 Jahre alt, aber offenbar immer noch nicht gescheitert. Nicht gelungen ist es, in Neubauten zahlreiche Konzernzentralen der Medienindustire unterzubringen. Statt dessen macht sich nun das florierende Tourismusgeschäft mit neuen Hotelprojekten breit, wo laut Bürgerentscheid "Spreeufer für alle" eigentlich öffentliche Flächen erhalten und entwickelt werden sollten.Dem Tagesspiegel zufolge soll nun bald ein riesiger "Freedom"-Schriftzug vom nhow-Hotel nach Kreuzberg herüber strahlen. Auf dem benachbarten Grundstück will der Baukonzern HochTief im nächsten Jahr ein weiteres Büroprojekt bauen, es hört ausgerechnet auf den Namen "Berlins Große Freiheit". Für das Aktionsbündnis "mediaspree entern!" ist klar, das diese "Freiheit" nur die Freiheit der Investoren meint. Die Freiheit, Profit aus der kommerziellen Umstrukturierung Berlins zu schlagen - auf Kosten all jener Anwohner_innen, die sich die steigenden Mieten in Folge der aufgewerteten Innenstadtviertel nicht mehr leisten können."mediaspree entern!" war im letzten Frühjahr dazu angetreten, die Wiederaneignung der Spreeufer auszurufen. Dies war zumindest zeitweise beim Aktionstag am 5. Juni 2010 geschehen, als einige Baugrundstücke temporär besetzt und zur Spielwiese für nicht-kommerzielle Ideen wurden.

Einzugs-Demo am 27. November

Die Eröffnung des Luxushotels wird vom Aktionsbündnis auf ähnliche Weise beantwortet: 50% der Berliner Hotelzimmer stehen ohnehin leer, also kann mindestens eine Hälfte des Luxushotels doch gleich von einkommensschwachen Berliner_innen bezogen werden, die aufgrund der steigenden Mieten in Friedrichshain und Kreuzberg kaum noch eine Wohnung finden. "Zimmer frei! - Wir ziehen ein." lautet das Motto einer Demo am Samstag, den 27. November:
"Mitte November wird das 4-Sterne-Plus-Musik-Design-Hotel "nhow" am Spreeufer eröffnen. Bezahlbare Wohnungen werden in den umliegenden Kiezen aufgrund der Aufwertung immer seltener. Das nhow-Hotel ist Teil dieser Aufwertung, deshalb werden wir es als Wohnraum umfunktionieren."
Tatsächlich ist Friedrichshain-Kreuzberg mittlerweile der Bezirk mit den höchsten durchschnittlichen Neuabschlussmieten, wie eine Studie des Wohnungsunternehmen-Verbandes BBU gerade herausfand. Höhere Mieten als Steglitz-Zehlendorf und höhere als Charlottenburg-Wilmersdorf also.Die Forderung, eine weitere kommerzielle Aufwertung der Spreeufer und einen Weiterbau des "Mediaspree"-Projekts sofort zu stoppen und keine weiteren Luxusbauprojekte zuzulassen, entsteht also vor einem dramatischen Hintergrund: "Innenstadtring bald Hartz4-frei?" titelte eine andere Gruppe aus dem Initiativkreis Mediaspree versenken vor einer Weile.

Tanzen gegen Repression am 20. November

Leider werden Aktionen unmittelbarer Aneignung, die sich den profitorientierten Investorenplänen entgegen stellen, oftmals mit der ganzen Härte des kapitalistischen "Rechtsstaats" beantwortet. Beim Aktionstag am 5. Juni war aus blauem Himmel heraus ein Lautsprecherwagen polizeilich gestürmt und beschlagnahmt worden. Mit ebenso unverhältnismäßiger Gewalt drangen uniformierte Einheiten in ein Hausprojekt in der Bödikerstraße ein, weil aus dem Haus heraus eine Ordnungswidrigkeit verübt worden sei. Leute, die das Geschehen auf der Straße verfolgten, wurden Ziel übelster Prügelszenen und anschließend mit den üblichen, frei erfundenen Vorwürfen überschüttet: Widerstand gegen Staatsgewalt, Landfriedensbruch usw. Andere Leute bekamen mittlerweile Strafbescheide wegen angeblichen Betriebs eines nicht angemeldeten Radiosenders.Diese Kosten sollen laut Aktionsbündnis "mediaspree entern" nicht an den einzelnen Betroffenen hängen bleiben. Aus diesem Grund gibt es am heutigen Samstag eine Soliparty in der NewYorck im Bethanien. Alle Einnahmen sollen der Begleichung von Repressionskosten dienen. Die Party startet um 21:30 Uhr mit einem Bingo-Spiel, gefolgt von zwei Konzerten, des Incredible Herrengedeck und von Punkrock MC. Anschließend gibt es auf zwei Tanzflächen Drum'n'Bass und Ska/Swing/Worldbeat.
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Ergänzungen

Seht es mal von der Seite

Zeiti 20.11.2010 - 16:41
Wer nicht im Bethanien und Co unterkommen darf (ohne die üblichen Nebeneffekte),

braucht halt ein Schlafplatz. Die Koepi platzt aus allen Nähten ???? -

Natürlich wird ein Hotel gebraucht! Ich freu mich drauf. Endlich wird der Angstraum "Ostbahnhof-Gegend" umsaniert so dass ich dort mich auch wieder aufhalten und Spaß haben kann.

Das passt gut zu meinen Plänen dem CCC mal n Besuch abstatten zu wollen, so lange wie die für Datenrettungen brauchen, muss ich bestimmt WOCHEN im Hotel buchen.

Zum Party-Termin 20.11.

Pirat_in 22.11.2010 - 15:21
Die Party war zuerst für den 6.11. geplant gewesen, aber da kam der Castor dazwischen. Wir haben dann verschoben, um wenige Tage vor der Party erst zu merken, wie viele andere Solipartys an dem Abend sein sollten. Aber letztendlich können wir von unserer Seite sagen, dass das Publikum sehr unszenig und sehr bunt gemischt gewesen ist. Sah jedenfalls überhaupt nicht nach Silvio-Meier-Demo aus. Daher glauben wir nicht, dass wir den anderen Solipartys die Leute weggenommen haben. Einen Großteil der Gäste hatten wir noch nie im Bethanien oder auf anderen Hausprojekt-Partys gesehen.

1A entern-Party

Pirat_in 23.11.2010 - 16:01
Die MS-entern-Party am Samstag war ganz großartig, im wahrsten Sinne "Soli-Sause". Es waren
unheimlich viele Leute da, teilweise mit Schlange im Treppenhaus, vor den Klos sowieso. Wir mussten sogar reichlich viele Gutscheine für Bingo+Cocktails austeilen, da so viele waschechte Pirat_innen erschienen waren.

Nach ein bisschen Verzögerung ging das Bingo los, war auch echt lustig und spannend. Dann scharrten die Leute schon mit den Füßen, in freudiger Erwartung des Herrengedecks, die noch ein bisserl auf sich warten ließen, um die Spannung zu steigern. Als es dann losging, hätten wir wohl auch einen drei- oder viermal so großen Raum locker füllen können. (Wird Zeit, dass in der NewYorck mal ein paar Wände eingerissen und durch verschiebbare ersetzt werden... ;-) ) Es wurden tropische Temperaturen gemeldet, und vor den Fenstern bildete sich ein See aus Kondenswasser. Die großartige Konzertstimmung trug Punkrock MC gleich weiter mit seinen schrägen, aber sehr gut tanzbaren Neuinterpretationen linker Klassiker.

Am Crepes-Stand kam die backende Person ungefähr drei Stunden lang kaum dazu, ihre eine Flasche Bier zu trinken, da die Backwaren weit besser weg gingen als warme Semmeln es jemals könnten - keine Zeit für Pausen. Ganz besonders beliebt: Gefüllt mit Seitan-Geschnetzeltem.

Auch als dann die DJ_anes das Ruder in den beiden Tanzräumen übernahmen, wurde weiter munter das Tanzbein geschwungen. Wir können froh sein, dass das Bethanien so fest gebaut ist, auch angesichts der Bässe, die mit dem zweiten Elektro-DJ-Team einsetzten. Nebenan, im Getränkeraum, hat es nur so gescheppert. Unser Tontechniker war voll des Lobes für die
HU-Refrat-Anlage, die wir zu Beginn noch für vollkommen überdimensioniert gehalten hatten.

Gegen acht Uhr morgens zeigten die DJ_anes Erbarmen mit den nahezu völlig erschöpften Verantalter_innen und legten einfach nicht mehr auf. Die murrenden Tanzlustigen tröpfelten langsam nach Hause, während schonmal die erste Runde Party-Schlamm aus den Räumen gefeudelt wurde.

Sonntag ab 12 Uhr dann aufräumen, putzen, Anlage wegbringen und danach total errschöpft ins Bett fallen. Aber mit dem guten Gefühl, dass das Bethanien wahrscheinlich die beste Party seit langem erleben durfte... Für die Antirepressionarbeit dürfte einiges übrig geblieben sein, aber jetzt müssen wir erst mal noch einige Zahlen von recht nach links schieben, um uns darüber einen Überblick zu verschaffen.

Soweit vom aktuellen Sportstudio.

Tausend Dank an Alle, die bei der Party mitgeholfen haben! An die beiden Bands, die vielen DJ_anes, die Leute am Einlass und an der Theke, diejenigen, die Plakate und Flyer verteilt, Freund_innen Bescheid gegeben haben, die beim Einkaufen, Getränkeschleppen und beim Aufräumen mitgeholfen haben.

Aktuelle Presseschau

Pirat_in 23.11.2010 - 17:21
In der Berliner Zeitung gab es einen kurzen Bericht zu den angekündigten Protesten gegen die nhow-Luxushotel-Eröffnung:
Zimmer frei im Osthafen - die Piraten wollen einziehen
 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/1122/berlin/0072/index.html

Die Boulevard-Journaille berichtete dagegen einfach nur über das Hotel - klar, mit großer Begeisterung für das neue Aushängeschild des Medienstandorts Berlin:
BILD: In Berlin eröffnet das Musikhotel „nhow“
 http://www.bild.de/BILD/lifestyle/reise/2010/11/22/musikhotel-nhow-eroeffnet/themenhotel-universal-hauptstadt-berlin.html
Berliner Kurier: In diesem Hotel ist Musik drin
 http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/berlin/in_diesem_hotel_ist_musik_drin/319958.php
B.Z.: Im Hotel Kunterbunt gibt's ein Tonstudio
 http://www.bz-berlin.de/bezirk/friedrichshain/im-hotel-kunterbunt-gibt-s-ein-tonstudio-article1042784.html

Für das weltweite Standortmarketing sorgt dagegen der staatliche Ausladssender Deutsche Welle:
Bis zum ersten Gast: Ein Hotel entsteht
 http://www.youtube.com/watch?v=pVmwi7yfdhI

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Soli-Party NewYorck — Zimmer frei statt nur dabei