München: Proteste gegen das "Heldengedenken"

Marius Weizenberger (RIO) 18.11.2010 21:35 Themen: Antifa
Am 13. November marschierten mal wieder die Neonazis – oder wie sie sich selbst nennen, die „Freien Nationalisten München“ (eine eng mit der NPD in Verbindung stehende faschistische Gruppierung) – „Helden-gedenkend“ durch München. Sie wollten an alle deutschen Soldaten erinnern, die in ihrem vaterländischen Dienst „tapfer“ für das faschistische Deutschland gestorben sind. Da mit dieser Demonstration Kriege gegen andere Völker, speziell aus Gründen der „Reinhaltung der deutschen Rasse“ und auch die Vernichtung der europäischen Juden/Jüdinnen, der Roma und Sinti, und von Oppositionellen wie KommunistInnen verherrlicht wurden, war es notwendig und richtig, dass dagegen demonstriert wurde. Die Zahl der antifaschistischen DemonstrantInnen lässt sich zwischen 5.000 und 7.000 schätzen. Rund 100 Nazis und 1.800 PolizistInnen standen diesem Protest gegenüber.
Protestaufrufe kamen einerseits von einem bürgerlichen Bündnis unter dem Motto „München ist bunt“, auf welchem neben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke auch CDU/CSU und FDP vertreten waren, das ein "Kulturfest" veranstaltete. Anderseits riefen Antifa-Gruppen zum „Antifa Actionday“ auf. Die Münchner Ortsgruppe der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO) war vorerst von 12-14 Uhr auf jenem „Kulturfest“, um dort Flugblätter zu verteilen, die das Konzept dieses Bündnisses grundsätzlich in Frage stellten. Im Anschluss nahmen wir an dem weitaus signifikanteren „Antifa Actionday“ teil, der gegenüber der Auftaktkundgebung der Neonazis stattfand. Signifikanter deshalb, weil hier wirklich den Nazis face2face gezeigt wurde, dass die öffentliche Zurschaustellung ihres nationalistischen, "braunen" Weltbildes nicht so einfach toleriert wird.

Um ca. 15 Uhr starteten die Rechten unter massivem Polizeischutz ihren Marsch zur Bayrischen Staatskanzlei, welche – wie nicht anders zu erwarten war – in weiter Entfernung von den Protestierenden durchgeführt wurde. Um ca. 16 Uhr erreichten die Nazis ihr Ziel, und die GegendemonstrantInnen begleiteten dies ohne physische Gewalt, jedoch mit lauten Parolen. Doch wie so oft in letzter Zeit, ließ es sich die Polizei nicht nehmen, auch hier gewalttätig gegen die (im Nachhinein als LinksextremistInnen diffamierten) DemonstrantInnen vorzugehen. Nach Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock flogen aus den Reihen der Demonstrierenden einige Glasflaschen, worauf die Polizei mit einem massiven Angriff und brutalen Festnahmen reagierte.

Der Staat will einer Partei, die 65 Jahre nach Kriegsende und nach vermeintlicher „Entnazifizierung“ rassistisches, nationalistisches und pogromartiges Denken unter die Menschen bringen will, eine Möglichkeit zur Verbreitung ihres braunen Gedankenguts bieten. Dass faschistische Kräfte noch existieren, ist ein Produkt der herrschenden Verhältnisse, die auf der Ausbeutung der Mehrheit durch die Bourgeoisie basiert. Gerade diese Verbindung zwischen Faschismus und bürgerlich-kapitalistischer "Demokratie" wird etablierten von PolitikerInnen der SPD wie dem Münchener Oberbürgermeister Christian Ude und den christlichen RednerInnen geleugnet. Sie sehen die faschistischen Ziele eher als einen bloßen Irrtum deutscher Jugendlicher an, die noch nicht von der Gesellschaft über die Nazi-Verbrechen „aufgeklärt“ seien.

Doch die „Aufklärung“ in den Schulen der Bourgeoisie basiert auf der Gesellschaftsdoktrin, dass Nazis „schlechte Menschen“ sind, was das Problem leider nicht an der Wurzel packt. Denn der Faschismus ist nicht eine „dumme“ Ideologie, sondern taucht erst als Produkt der Krisen des Kapitalismus auf. So wird diese „Aufklärung“ die Nazis nicht aufhalten, da es relativ einfach ist, ethnische Minderheiten für die zunehmende Misere verantwortlich zu machen. Mainstream-Rassismus à la Sarrazin ist eben leichter zu verstehen als politisch-ökonomische Kritik am System, und gerade diese Feindbilder werden in Zeiten der Krise massiv gepusht. Nötig dagegen ist eine revolutionäre Alternative zu jener kapitalistischen Misere, die den Nazis immer wieder Zulauf bringt. Wir brauchen eine revolutionäre Organisation der ArbeiterInnen und Jugendlichen, die die Kraft der Massen gegen die braunen HetzerInnen und ihre grünen SchützerInnen mobilisieren könnte.

von Marius Weizenberger, Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO), München, 18. November 2010

Flugblatt von RIO München zu den Anti-Nazi-Protesten:
Ist München „bunt“? Wir wollen es rot!
 http://www.revolution.de.com/revolution/1011/muenchen/index.html

mehr Infos zu Faschismus und Antifaschismus von RIO:
 http://www.revolution.de.com/themen/faschismus.html
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Ergänzungen

Nazis haben nach "Heldengedenken" rumgepöbelt

Anne 19.11.2010 - 01:54

zum thema militanz

naja 19.11.2010 - 09:33

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Ach DidelDUMM — Jan