Gefahrengebiet: Innenministerkonferenz!

Autonome aus Hamburg 16.11.2010 17:06 Themen: Antirassismus Freiräume Repression Soziale Kämpfe
Seit der Auftaktdemonstration gegen die Innenministerkonferenz in Hamburg gibt es massive Versuche der Polizei, die Proteste einzuschränken. In den Medien wird dies begleitet durch eine Berichterstattung, die statt Inhalten auf Gefahrenprognosen, Warnungen vor Demonstrationen und Erfolgsmeldungen der Polizei setzt.
Der Sinn dieser Maßnahmen ist offensichtlich der Versuch, eine kritische Öffentlichkeit von der Teilnahme an Demonstrationen einzuschüchtern. Wir, einige Autonome aus Hamburg, fordern alle auf, sich in den nächsten Tagen von den Polizeiaufgeboten und der aktuellen Medienrandale gegen die IMK Proteste nicht abschrecken zu lassen und an den Protesten gegen die Innenministerkonferenz weiter teilzunehmen. Außerdem fordern wir alle auf, zur Demonstration "I love Bleiberecht" am Mittwoch um 17.30 ab Hachmannplatz zu kommen und einen positiven Verlauf der Veranstaltung zu unterstützen.

Der Widerstand von Flüchtlingen gegen ihre Unterbringung in Lagern, Beschränkungen der Reisefreiheit oder die Abschottung Europas an den Außengrenzen, ist auch ein Teil unserer Kämpfe. Das Bemühen um Selbstorganisierung und die Entwicklung von Protest taucht derzeit an vielen Orten in der Gesellschaft auf. Tausende Menschen bewegen sich in Stuttgart, im Wendland, in Hamburg und anderswo in neuen sozialen Bewegungen. Die Proteste richten sich gegen Einsparungen im Sozialbereich, Leerstand, Atomtransporte, kapitalistische Stadtentwicklung oder Überwachungstechnologien und werden getragen von Menschen unterschiedlichster Ausgangspunkte. Die Situation von Flüchtlingen, ihre Rechte und Lebensverhältnisse sind für uns als Autonome ein zentraler Bestandteil im Kampf für eine Gesellschaft jenseits autoritärer Zuspitzung.

Für die Bewegungsfreiheit und das Bleiberecht von Flüchtlingen!

Es wird auf der antirassistischen Demonstration am Mittwoch keinen autonomen Block geben! Wir wollen auf dieser Demonstration keine eigenen Blöcke repräsentieren, sondern gemeinsam den Selbstschutz und die Selbstorganisation von Flüchtlingen unterstützen. Wir wissen um die Situation, dass die Reisefreiheit von Flüchtlingen beschränkt ist und polizeiliche Angriffe fatale Folgen bis hin zur Abschiebung haben können. Wir finden es gut, dass sich Jugendliche ohne Grenzen und andere trotz dieser schwierigen Bedingungen organisieren und Widerstand gegen die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit und für ihre Rechte entwickeln. Wir werden nicht auf Provokationen und Eskalationen der Polizei eingehen, sondern freuen uns auf eine große, laute und kraftvolle Demonstration, auf der wir unseren gemeinsamen Widerstand gegen Rassismus und die herrschende Repression zum Ausdruck bringen.

Die politisch Verantwortlichen sind aufgefordert, jegliche Beschränkungen der Demonstration zu unterlassen und auf eine einschließende Begleitung zu verzichten! Eine Gefahren- und Verbotsdiskussion der Hamburger Polizei dient in diesem Zusammenhang lediglich einer Bekämpfung des politischen Protestes von Flüchtlingen und Antirassist_innen. Wir fordern alle in Hamburg auf, ein deutliches Signal gegen eine mögliche Kriminalisierung der Demonstration zu setzen und solidarisch auf die Straße zu gehen.Wir erwarten eine große bundesweite Demonstration, die radikale Kritik gegen Abschiebungen und rassistische Kontrollen und auch konkrete Forderungen von Flüchtlingen formuliert.

Gegen die herrschende Repression!

Die letzten Tage haben in Hamburg ein gewaltsames Bild polizeilicher Repression gezeichnet. Wir sind schockiert, dass Demonstrationen hierzulande die Außendarstellung eines Polizeistaates entwickeln und sich in der bürgerlichen Öffentlichkeit weder Nachdenklichkeit noch Empörung regt. Die Demonstration am vergangenen Samstag wurde durch einen menschenleeren Korridor geschleust. Im Vorfeld wurde ein Gefahrengebiet rund um den Abschlussort ausgerufen. In den Seiten- und den Zufahrtstraßen schufen Wasserwerfer und Absperrungen eine Zone ohne Öffentlichkeit. Die Demo selbst war ein Gefangenentransport und wurde von teilweise dreireihigem Spalier begleitet, das noch bis weit hinter das Ende der Demo reichte und dort in gespenstischer Weise eine leere Straße umschloss. Eine Teilnahme oder ein Verlassen der Demonstration war lediglich über das hintere Ende möglich. Im Bereich des Schulterblattes führte genau diese Situation zu einem Angriff der Polizei, als mehrere Personen die Demonstration verlassen wollten.

Polizeigewalt hat viele Formen. Knüppeleinsätze, Verletzungen durch Pfefferspray, Wasserwerferangriffe oder auch die physische Präsenz von Tausenden von Beamt_innen als latente Gewaltandrohung. Der Polizeieinsatz von Samstag war mehr als eine reine Machtdemonstration, er war eine gewaltsame Botschaft für alle, deren Lebensentwürfe von den herrschenden Normen abweichen oder die Protest entwickeln. Wenn ein solch militärisch anmutender Ausnahmezustand die Regel wird, werden Demonstrationen zur Farce. Die Straßen sind für uns nach wie vor ein Ort des Protestes und Widerspruches. Im Rahmen von Polizeiaufgeboten, die jeglichen Rahmen von Verhältnismäßigkeit sprengen, werden sie stattdessen zu einer Wand aus Tausenden von Bullen, zu einer gewalttätigen Präsentationsform repressiver Machtmittel des Staates, die gegen die Entwicklung von kritischer Öffentlichkeit gerichtet ist.

Polizeiaufgebote ins Leere laufen lassen!

Der Polizeieinsatz war kein Erfolg, wie die Innenbehörde über die Medien verbreitet, sondern ein Skandal und eine faktische Aushebelung des Demonstrationsrechtes. Wir finden es richtig, dass Leute anfangen, sich dagegen zu wehren, indem sie dezentrale Aktionskonzepte entwickeln. Die Dynamik, die mit der Zeit in der Innenstadt entstanden ist, macht Lust auf mehr. Spontane Demonstrationen, Sprechchöre, Flyer, Graffitis, Flatterbänder, die ausgerollt wurden, eine autonome Reiterstaffel als Persiflage und ein mobiles Sofa für Bleiberecht. Dies alles verfolgt von der Polizei, für die die Situation nicht kontrollierbar war. Diese Form des Protestes ist für uns ein ausbaubares Aktionsmodell gegen die Beschränkung von Demonstrationen durch massive Polizeiaufgebote.

Auch die spontanen Demonstrationen und militanten Aktionen außerhalb des Gefahrengebietes im Schanzenviertel waren eine richtige Konsequenz. Proteste lassen sich vielleicht kriminalisieren, aber dauerhaft nicht verhindern. Dies ist der Grund, weshalb wir weiter den Aufstand proben und Hamburg unsicher machen werden. Je massiver und gewaltsamer die Polizei auf der Straße agiert, desto trickreicher und überlegter werden sich auch die Protestformen von sozialen Bewegungen entwickeln. »Wir sind ein Bild aus der Zukunft« stand auf dem Fronttransparent der Demonstration um 18 Uhr. Damit diese unsere Zukunft kein autoritärer Alptraum in einem Überwachungsstaat wird, bleiben wir auf den Straßen und organisieren Widerstand. Die Wut und die neuen Ausbrüche von Protesten in ganz Europa machen uns dabei die Füße leicht und zeigen uns, wir sind nicht alleine in unserem Begehren.

Unsere Antwort: Widerstand!

Wir erklären die Innenministerkonferenz hiermit zum Gefahrengebiet! Dies bedeutet, dass es ohne weiteren konkreten Anlass jederzeit zu spontanen Protesten und Demonstrationen kommen kann. Das Gefahrengebiet gilt von Donnerstag 10 Uhr bis Freitag 20 Uhr. Unterstützen Sie die eingesetzten Demonstrant_innen und distanzieren Sie sich von Straftätern im Amt. Eine Kennzeichnungspflicht für Beamt_innen wird in dieser Zeit ausgerufen und deren Vermummung ist strikt verboten! Ein Flaschenverbot auf der Innenministerkonferenz wurde hingegen als unrealistisch bewertet.

Mehr Infos unter:
 http://no-imk.blogspot.com



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Ergänzungen

ac

ab immer und überall 16.11.2010 - 23:29
heute waren ca. 300 bullen mit 5 wasserwerfern beim u-knast holstenglacis. hamburg ist so zugeschissen mit bullen.

haha dem gegenüber standen 20 kids.

gut dass ich keine steuern zahle.

ac?

Egal 16.11.2010 - 23:40
20 Kids? Guck mal richtig hin. Das waren a) keine Kids und b) mindestens 50 Leute

zum KOTZEN:

abendblatt 17.11.2010 - 11:16
"CDU-Politiker: Mehr Polizei in islamischen Vierteln

Niedersachsens Innenminister will auf der Hamburger Konferenz unter anderem für Restriktionen gegen islamistische Gefährder werben.

Hannover. Auf der bevorstehenden Innenministerkonferenz (IMK) in Hamburg will Niedersachsens Ressortchef Uwe Schünemann (CDU) mehr Polizeipräsenz in islamischen Stadtvierteln sowie ein Handy- und Computerverbot für islamistische Gefährder vorschlagen. Das sind einige von 17 Punkten eines Sofortprogramms gegen die gestiegene Terrorgefahr, für das er sich einsetzen will, wie er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte. Außerdem solle Gefährdern untersagt werden, radikale Moscheegemeinden oder Problembezirke aufzusuchen. Den Länderpolizeien sollten Online-Durchsuchungen von Computern oder präventive Überwachungen von Telefonaten und E-Mails erlaubt werden.

In der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ warb Schünemann zudem für einen sofortigen Abschiebestopp von bisher nur geduldeten, aber gut integrierten jungen Flüchtlingen. „Mit einem einstimmigen Beschluss könnte bereits auf der Innenministerkonferenz ein vorläufiger Abschiebeschutz beschlossen werden“, sagte Niedersachsens Innenminister dem Blatt. Voraussetzung sei allerdings, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) danach unverzüglich ein Gesetz auf den Weg bringe, das ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht für die Betroffenen schaffe. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes solle der vorläufige Abschiebestopp greifen.

Niedersachsen und Hamburg wollen der Innenministerkonferenz am Donnerstag einen gemeinsamen Vorschlag zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes unterbreiten. Gut integrierte junge Flüchtlinge, die als Kinder nach Deutschland kamen, sollen danach ein eigenständiges Bleiberecht bekommen. Bisher sind die meisten Kinder vom Aufenthaltsstatus ihrer Eltern abhängig – egal wie gut sie selbst integriert sind.

Schünemann versprach, dies zu ändern. „Wir geben den betroffenen Mädchen und Jungen damit eine neue Chance, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, wenn sie sich ehrlich bemühen, in der deutschen Gesellschaft Fuß zu fassen“, sagte er. Bis zur Volljährigkeit der Kinder sollten auch die Eltern bleiben dürfen. Von der Regelung würden viele der nach Angaben des Flüchtlingsrates bundesweit rund 80.000 Flüchtlinge profitieren.

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) warb für den Vorschlag aus Niedersachsen. „Ich bin erstaunt, dass Herr Schünemann inzwischen vieles von dem vertritt, was wir bereits machen“, sagte Mäurer dem Blatt. „Ich bin guter Dinge, dass wir noch mehr Kollegen davon überzeugen.“ In Bremen regelt ein Erlass bereits, was Niedersachsen und Hamburg in ein Gesetz gießen wollen.

Der Sprecher des niedersächsischen Flüchtlingsrats, Kai Weber sagte zu Schünemanns Initiative: „Natürlich ist das eine leichte Verbesserung.“ Allerdings sei es unvertretbar, dass die Eltern ihr Bleiberecht nach Volljährigkeit des Kindes wieder verlieren sollen.

Erst am Montag hatte Schünemann heftige Kritik hervorgerufen, weil er vorschlug, ausländische Kinder mit guten Schulnoten und deren Familien nicht abzuschieben. Es sei „an Zynismus nicht zu überbieten“, Abschiebungen von den Schulnoten der Kinder abhängig zu machen“, sagte die schulpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Ina Korter.

Die Innenminister und -senatoren kommen an diesem Donnerstag und Freitag in Hamburg zusammen. Der Vorsitzende der Konferenz, Hamburgs Senator Heino Vahldieck (CDU), zeigte Verständnis für die Forderung Niedersachsens nach einer Beteiligung an den Polizeikosten für die Atommülltransporte, die auf der Konferenz ebenfalls erörtert werden soll. „Da kann man nur Verständnis haben“, sagte Vahldieck. Gleichwohl sieht er nicht die anderen Länder, sondern vielmehr den Bund in der Pflicht. „Da ist primär der Bund gefordert. Er ist ja auch derjenige, der von den erhöhten Steuereinnahmen profitiert, die durch die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke entstehen.“ Der Niedersachse Schünemann hatte nach den jüngsten Castor-Transporten bei der Bewältigung der Kosten in Höhe von rund 25 Millionen Euro allein für den Polizeieinsatz die Hilfe anderer Bundesländer verlangt.

Vahldieck will außerdem ausloten, wie andere Länder zu dem Hamburger Senatsbeschluss stehen, Veranstalter etwa von Fußballspielen oder großen Konzerten an den Kosten von Polizeieinsätzen zu beteiligen. Er gehe davon aus, dass es dazu unterschiedliche Auffassungen geben werde, sagte der Senator.

Auf der Agenda der Innenministerkonferenz steht auch die Forderung nach einem spielfreien ersten Mai-Wochenende für die Fußball-Bundesliga. Nach Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte auch Vahldieck ein Bundesliga-freies Wochenende rund um den 1. Mai gefordert. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) sollte den Interessen der Polizei entgegenkommen. „Die Terminplanung etwa wegen Fernsehrechten als unveränderbar darzustellen, erscheint mir fragwürdig“, sagte der IMK-Vorsitzende der „Welt“.

Im Winter bei Eis und Schnee sei es auch möglich, Spieltage abzusagen, führte Vahldieck an. Nach bisheriger Planung der DFL sind um den 1. Mai kommenden Jahres sechs Spiele angesetzt, bei denen die Polizei Ausschreitungen befürchtet. Am 1. Mai, einem Sonntag, sind keine Bundesliga-Partien geplant. Ein komplett spielfreies Wochenende ist nach Ansicht der DFL wegen bestehender Fernsehverträge und der Rahmenterminpläne der Fußballverbände schwer umsetzbar. "

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