Siempre Antifascista 2010 – Erster Tag

siempre-antifa.tk 14.11.2010 01:38 Themen: Antifa
Auf der heutigen ersten Veranstaltung wurde ein Überblick über die Antifa-Szenen der verschiedenen Länder gegeben. Neben den 20 Referent_innen waren 150 Gäste anwesend. Das Bündnis zieht ein sehr positives Fazit dieses Tages.
Gegen 19:00 begann die erste Veranstaltung des Siempre Antifascista 2010 im Haus der Demokratie und Menschenrechte. Anwesend waren Referent_inen aus Moskau, der Ukraine, Novi Sad (Serbien), Miami, der Tschechischen Republik und Madrid, so dass die ganze Veranstaltung auf Englisch gehalten wurde. Die Referentin aus Ungarn sagte kurzfristig ab, die Kanadier_innen warten in New York auf ihren Flug und kommen morgen an, pünktlich zu den Workshops. Eine erfreuliche Meldung gab es aus Warschau, wo ein Naziaufmasch erfolgreich blockiert wurde

Den Anfang machte ein kurzer Vortrag vom Bündnis Siempre Antifascista. Es wurde ein Geschichtsabriss der neonazistischen Bewegung gegeben, von Nachfolgeparteien der NSDAP bis zur heutigen Anti-Antifa. Anschließend wurde das Konzept der Kampagne Siempre Antifascista vorgestellt, das aus drei Elementen besteht: dem internationalen Aktionstag zum Gedenken der Opfer rechter Gewalt am 11. November, der auch dieses Jahr wieder aktiv begangen wurde, der internationalen Vernetzung antifaschistischer Struktur, und dem gemeinsamen Gestalten einer progressiven Subkultur.

Vorträge der Referent_innen

Die Referenten aus Moskau von der antifaschistischen Hardcore-Band „What we feel“ sowie mit ähnlichen Kontext diejenigen aus Novi Sad (Serbien) und der Ukraine stellten übersichtlich die Situation antifaschistischer Politik dar. Bemerkenswert sind die im Verhältnis zur Größe der Bevölkerung kleinen Mitgliederzahlen der Szene, die sich überwiegend aus einem jungen Spektrum von linken Fußballfans und Punk-Hardcore-Fans bis zu Student_innen zusammensetzt. Vorrangig ist der direkte Umgang mit Nazis, die als große nationalistische Parteien und vor allem als Schlägertrupps auftreten, dazu kommt Repression durch die Staatsorgane, die mitunter die Aktivität der Szene stark einschränken.

Die USA lassen sich aufgrund der sehr heterogen zusammengesetzten Gesellschaft schlecht mit den anderen Beispielen vergleichen. Nazis sind dort in der politischen Öffentlichkeit so gut wie nicht wahrnehmbar, da sie kaum eine politische Basis haben, berichtete der anwesende Referent von RASH Miami. Rassistische Morde sollen damit nicht als Einzeltaten dargestellt werden. Andererseits sind die Grenzen zwischen Nazis und Anhänger_innen einer musikalisch-subkulturellen Grauzone sehr unklar, die sich vermeintlich unpolitisch geben, aber keinerlei Distanzierung zu neonazistischem Liedgut aufweisen.

Frischen Wind brachte nach einer kleinen Pause der Vortrag der beiden Referenten aus der Tschechischen Republik, die auch über die Slowakei berichteten. Sie erläuterten ihr als Antwort auf Repression entstandenes Konzept der direkten Aktion, ohne als Akteur für die Polizei greifbar zu sein. Dennoch gibt es als selbstorganisiertes linskradikales Großereignis das jährliche Mayday-Festival in Prag, das dieses Jahr 10000 Gäste begeisterte. Es etablierte sich als Ausgangspunkt antifaschistischer Reaktion auf die regelmäßigen Neonazi-Aufmärsche am 1. Mai, die Jahr für Jahr brutaler von der Polizei durchgeprügelt werden. Eng mit der Szene in Deutschland verknüpft ist das in letzter Zeit entstehende Netz von Autonomen Nationalisten. Besonders häufiges Opfer sowohl von Neonazi- als auch Staatsgewalt sind in der ehemaligen Tschechoslowakei Sinti und Roma, die aber laut unseren Referenten beginnen, sich selbst zum Schutz vor Neonazis zu organisieren.

In Österreich gebe es so gut wie keine Antifa-Szene, dafür aber umso mehr eine extrem angeheizte anti-muslimische, rassistische und nationalistische Einstellung der Mehrheitsgesellschaft. Neonazis könnten da kaum noch eigene Positionen besetzen, zumal es vielerorts nazistische Traditionslinien gibt. Angemerkt wurde der äußerste geringe Anteil an Frauen in der ohnehin kleinen Szene.

Eine ganz andere Ausgangslage hat die Antifa-Szene in Spanien, wie die Referenten aus Moxtoles darstellten. Seit dem Mord an Carlos Palomino am 11.11.2007 entwickelten sich die vorhandenen Strömungen von Anarchist_innen oder feministischer Squattingkultur zu einer an Gedenkpolitk orientierten Bewegung. Aktivitäten richten sich hauptsächlich gegen die repressive Polizei in teils faschistischer Tradition, die auch vor Tarnung als Boneheads nicht zurückschreckt.

Nachgespräch

In der anschließenden Diskussion mit den Referent_innen wurde neben vor allem in Osteuropa ausgeprägtem Anti-Ziganismus oder der Problematik Rechtspopulismus das Thema Anti-Sexismus angesprochen. Ausgehend von der Feststellung, dass in den meisten antifaschistischen Zusammenhängen Frauen mehr als unterrepräsentiert sind und dies eine besondere Außenwirkung hat, was wiederum einen Effekt auf die Entwicklung der Szene hat, wurden verschiedene Standpunkte ausgetauscht, das Thema muss aber noch weiter diskutiert werden. Dazu laden wir herzlich zur Teilnahme an der Konferenz ein. Wir als Bündnis stellen fest, dass auf dem heutigen Podiums zu wenige Frauen saßen, was nicht unseren Anspruch an eine emanzipatorische antifaschistische Politik genügt.

Um halb 11 klang dann der erste Veranstaltungstag mit einigen persönlichen Nachgesprächen aus. Wir danken allen Teilnehmer_innen und besonders den Referent_innen für die gute Atmosphäre und die interessanten Beiträge. Am Samstag werden in zwei Etappen um 14 und um 18 Uhr Workshops zu den Themen Rechtspopulismus, Gedenkpolitik, Subkuturen und Rechten Musiknetzwerken stattfinden. Wir laden abschließend am Sonntag zur Auswertungsdiskussion ab 15 Uhr ein, die wie die gesamte Konferenz im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin-Prenzlauer Berg stattfinden wird.



Programm Siempre Antifascista 2010 für Konferenz und Konzert

Samstag 13. November
ab 13:00 Frühstück vegan/vegetarisch
14:00 - 17:00 Workshops
- Gedenkpolitik (Spanien)
- Rechtspopulismus & postfaschistische Bewegungen (Ungarn, Serbien, Österreich)
18:00 - 21:00 Workshops
- Rechte Musiknetzwerke (USA, Kanada)
- Nazis in Subkulturen (Russland, Tschechien)

Sonntag 14. November
15:00 Podiumsdiskussion - Was tun gegen Nazis?
Perspektiven einer internationalen Antifa-Vernetzung und Zusammenarbeit anhand der Workshopergebnisse, Referat der Antifaschistischen Linken International (ALI) Göttingen

Veranstaltungsort der Konferenz: Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg

Freitag 19. November
20:00 Warm-Up-Konzert mit: Produzenten der Froide, United Struggle, Wasted Youth
Cortina Bob, Wiener Str. 34, 10999 Berlin-Kreuzberg

Samstag 20. November
15:00 Silvio-Meier-Gedenkdemonstration
U-Bahnhof Samariterstraße, Berlin-Friedrichshain, Infos:  http://www.antifa-berlin.de/silvio-meier10/
20:00 Konzert "Siempre Antifascista" mit: Los Fastidios, The Movement, Rejected Youth, Riot Brigade, Feine Sahne Fischfilet
Festsaal Kreuzberg, Skalitzer Str. 130, 10999 Berlin-Kreuzberg
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Ergänzungen