Westsahara: Sturm auf „Camp Würde“

Projektgruppe Westsahara 09.11.2010 00:03 Themen: Repression Weltweit
Eine friedliche Lösung des Westsaharakonflikts ist in weite Ferne gerückt. Am Morgen des 08. November 2010 räumten marokkanische „Sicherheitskräfte“ gewaltsam das Protestcamp in der Wüste vor den Toren der Stadt El-Aaiún. Dabei starben nach sahrauischen Angaben 12 Menschen, Marokko spricht von zwei getöteten Polizisten und einem Feuerwehrmann. Mehrere Hundert Demonstranten wurden schwer verletzt. Das Camp wurde dem Erdboden gleichgemacht, die Zelte in Brand gesteckt.
Seit ca. einem Monat hatten sich mehrere 10.000 Sahrauis in dem Camp versammelt, um gegen soziale Benachteiligung durch die marokkanischen Besatzer zu protestieren und gleiche Rechte für Alle einzufordern.
Marokko, das die Westsahara seit 1975 völkerrechtswidrig besetzt hält, verfolgt eine Politik der Marokkanisierung in dem Gebiet und diskriminiert die sahrauische Bevölkerung als Minderheit im eigenen Land.
Die Situation hat sich seit dem Waffenstillstand von 1991 eher verschlechtert als entspannt. Damals hatten sich die sahrauische Befreiungsfront POLISARIO und Marokko unter Vermittlung der UNO auf die Abhaltung eines Referendums über den Status der ehemaligen spanischen Kolonie geeinigt.
Seit dem torpediert Marokko alle Bemühungen, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Für den 08. und 09. November 2010 war in Washington eine neue Verhandlungsrunde angesetzt.

Mit der aktuellen Eskalation stellt Marokko unter Beweis, dass es nicht an ernsthaften Verhandlungen oder einer diplomatischen Lösung des Konflikts interessiert ist.
Stattdessen soll der Konflikt ausgesessen werden und der Status Quo, der Marokko die Ausbeutung der Bodenschätze in der Westsahara sichert, um jeden Preis verteidigt werden.
Dabei kann Marokko trotz aller völkerrechtlichen Bedenken auf stillschweigende Zustimmung der europäischen und amerikanischen Regierungen bauen.
Insbesondere die EU profitiert von den reichen Phosphat- und Fischvorkommen der Westsahara und schätzt Marokko als strategischen Partner in der Abwehr von Migrationsbewegungen nach Europa.

Mit dem brutalen Vorgehen gegen das Protestcamp offenbart Marokko nun seine wahren Absichten. Die Aktion ist ein gezieltes Störfeuer vor Beginn der Verhandlungen, die einmal mehr zum Scheitern verurteilt sind.

Keine Lösung ohne Referendum!

Berlin, den 08. Nov. 2010
Projektgruppe Westsahara
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Ergänzungen

Augenzeuge

Tina 09.11.2010 - 08:07
Erst vor wenigen Tagen bekam ich von einem Freund, der gerade in der Westsahara ist folgende Mail:
hallo freunde der dfg-vk
> hier in der westsahara wird seit dem 10.10.2010 eine interessante variante des gewalfreien widderstand praktiziert. ein grossteil der in der hauptstadt layoune lebenden sahauriens (nach deren angaben ca 15000) haben die stadt verlassen und warten seit 15tagen auf eine un-delegation, die sie als fluechtlingslager registrieren soll.
> ich bin durch layoune gefahren und bis auf polizei, militaer und den angehoerigen ist niemand in der stadt. in den normal quirrligen gechaeftsvierteln herrscht eine unwirkliche ruhe.
> der zugang zum "fluechtlingscamp" ist von der polizei und militaer abgesperrt.
> nach angaben der isolierten sind zwei jugendliche bei einem polizeieinsatz bisher ums leben gekommen, als in die unbewaffnete menge, nach deren angaben, hinein geschossen wurde. jrnalisten und presse sind nicht zugelassen und es gibt kein zugang zu diesem wuestencamp.(das erste mal das ich es bereue kein gelaendegaengiges fahrzeug zu haben)
> viele gruesse uas der besatzungszone "westsahara".
> f.

weiterführende Infos

Harka 09.11.2010 - 09:34
Infos zum Westsaharakonflikt finden sich auf deutsch unter:
 http://www.projektgruppe-westsahara.org/
 http://www.oesg.ws/

auf englisch, spanisch und französich:
 http://www.arso.org/
 http://saharaoccidental.blogspot.com/

cheers.

Hintergrundinfos zur Westsahara

medico international 09.11.2010 - 11:21

weitere Infos zur Westsahara

Entdinglichung 09.11.2010 - 16:16
Webseite der Saharauischen Nachrichtenagentur:  http://www.spsrasd.info/en/main3e.php (englisch) mit regelmässig aktualisierten Meldungen ... bleibt anzumerken, dass das Gros der Linken in Marokko (mit Ausnahme der Post-MLerInnen von Annahj Addimocrati, der trotzkistischen Gruppe Al-Mounadhil und der wenigen Anarch@s) leider auf dem Standpunkt steht, dass die Westsahara/DARS integraler und ewiger Bestandteil Marokkos ist

Hintergrundartikel

egal 10.11.2010 - 08:03
Ausnahmezustand in der besetzten Westsahara

Exerpt:
Kurz bevor am Montag erneute Friedensgespräche begannen, brennt Marokko ein Protestlager nieder – es geht auch um Ressourcen und das Desertec-Projekt
Dass Marokko an einer Friedenslösung im Konflikt um die seit 1975 besetzte Westsahara nicht sonderlich interessiert ist, machte das Königreich am Montag deutlich. Kurz bevor in Manhasset (bei New York) erneut über die Westsahara verhandelt werden sollte, griff marokkanisches Militär ein Lager nahe der Verwaltungshauptstadt Al-Aaiún (Laâyoune) an und brannte viele der etwa 5.000 Zelte nieder, in denen seit Wochen mehr als 20.000 Menschen mit einem "Camp der Würde" ausgeharrt hatten. Die in der besetzten Westsahara marginalisierten Saharauis forderten mit dem Protest Arbeitsplätze, Wohnungen und ihre allgemeinen sozialen Rechte. Marokko hintertreibt seit dem Waffenstillstand 1991 systematisch ein Referendum in dem an Ressourcen reichen Gebiet, das die UNO organisieren soll. Neue Begehrlichkeiten weckt das Desertec-Projekt. Marokko will zwei von fünf geplanten Solarstromprojekten in dem besetzten Gebiet bauen.

Gesamter Artikel:  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33640/1.html

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hintergrund?! — kennt ihr ja