(HH) Erster Piratenprozess seit langem

Käptn Blaubär 26.10.2010 20:39 Themen: Globalisierung Militarismus Repression Soziale Kämpfe Weltweit
In Hamburg steht der erste Piratenprozeß seit Jahrhunderten an.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen zehn mutmaßliche Piraten aus Somalia erhoben. Den Angeklagten wird vorgeworfen, das Containerschiff MS „Taipan“ überfallen zu haben. Nach dem die somalischen Fischbestände von der EU-Fangflotte leergefischt wurden, verschleppt die Bundesmarine nun die ehemaligen Fischer.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen zehn mutmaßliche Piraten aus Somalia erhoben. Den Angeklagten wird vorgeworfen, das Containerschiff MS „Taipan“ überfallen zu haben.
Ihnen wird ein Angriff auf den Seeverkehr und erpresserischer Menschenraub vorgeworfen.
Die somalischen Staatsbürger sollen am 5. April den unter deutscher Flagge im Indischen Ozean fahrenden Frachter der Hamburger Reederei Komrowski gekapert haben. Das Verfahren vor dem Landgericht soll noch in diesem Jahr beginnen.
Das Schiff war Ostern auf dem Weg von Haifa nach Mombasa etwa 500 Seemeilen vor der Küste Somalias attackiert worden. Nach einem Anti-Piraten-Einsatz eines niederländischen Spezialkommandos war die Crew nach Stunden wieder freigekommen.
In der Folge hatte das Amtsgericht Hamburg auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehle gegen die zehn Seeräuber erlassen. Die Männer waren Anfang Juni nach Deutschland ausgeliefert worden und sitzen seither in Untersuchungshaft. Bei den Verdächtigen handelt es sich um sieben Erwachsene, zwei Heranwachsende und einen Jugendlichen. Der Älteste ist 1962 geboren, der Jüngste etwa 1993. Sie haben sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Die Verhandlung gegen die zehn Somalier vor der Großen Strafkammer 3 des Landgerichts soll noch in diesem Jahr beginnen. Die Anklage wurde bereits am 21. September erhoben. Bei einer Verurteilung drohen den Beschuldigten bis zu 15 Jahre Haft.

Im Golf von Aden sind 1400 deutsche Soldaten auf Kriegsschiffen im Rahmen der "Operation Atalanta" am Seekrieg gegen die afrikanische Bevölkerung beteiligt. An Bord der Schiffe sind auch Festnahme- und Verhörspezialisten der Bundespolizei und des BKA.
Die Küstenbewohner Ostafrikas haben sich auf das Kapern von Schiffen des kapitalistischen Warenstroms verlegt, nachdem die EU mit engmaschigen Schleppnetzen die Lebensgrundlage der Fischer zerstört hat.
Während die Menschen in Westafrika eher ihr Glück in der Flucht nach Europa oder Kanarische Inseln suchen (auch ihre Lebensgrundlage wird von EU Trawlwen weggefischt), haben sich die somalischen Piraten zum Widerstand entschlossen.
Letztendlich läuft es auf das Gleiche hinaus: vor der Westküste versenken deutsche Polizeibeamte z.B. der Blumberger Bupo Hundertschaft, auf Frontex Schiffen die Flüchtlingsboote. Vor der Ostküste hat sich der Polizeieinsatz mit dem Militär vermischt.

In der Bundespolizei wird massiv für diese Auslandshundertschaften geworben. Beamte die nach einigen Jahren wieder zu Aufgaben wie Demobegleitung eingesetzt werden, verfügen dann über Wissen, wie schmutzige Kriege geführt werden. Damit ist ihr "Einsatzwert" gestiegen.

Bislang werden die meisten Piraten durch Beschuß getötet oder nach der Rückeroberung der Frachter über Bord geworfen. Manche Verfahren wegen Piraterie finden in Tansania statt, jedoch befürchten deutsche Behörden das die Strafen nicht hoch genug ausfallen.
Verfahren in Deutschland waren bislang unpopulär weil befürchtet wird das die Angeklagten hier Asyl beantragen.
Deutschland hat kein Recht die Somalis als Geiseln zu halten. Die Piraterie ist eine angemessene Antwort auf die Ausbeutung Afrikas.
Unsere Solidarität gehört den in Hamburg angeklagten Seeleuten.
Die Innenministerkonferenz im November ist eine gute Gelegenheit die Kriegsverbrechen deutscher Polizeitruppen im Golf von Aden zu thematisieren.


BW Video, Ähnlichkeiten zur NS Wochenschau sind nicht zufällig:
 http://www.youtube.com/watch?v=bx7w9ZVdhzo&feature=related

Der Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung hat viele Gesichter:
 http://www.youtube.com/watch?v=j4vgzZf8rbM&feature=related
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Ergänzungen

wie's funktioniert

pirata 27.10.2010 - 07:28
Die ostafrikanischen Fischer hatten halt das Problem, dass ihnen die großen Industrieschiffe die Fischgründe geplündert haben und für sie nix mehr übrig blieb. Vor allem, weil Somalia ja nicht mal mehr formal in der Lage war, den Schutz irgendwelcher Gewässer einzufordern, geschweige denn durchzusetzen. Daraufhin haben sich vor allem somalische Fischer bewaffnet (kein Problem dank Bürgerkrieg), zunächst mal, um diese Fangflotten zu vertreiben - und dann ist da natürlich schnell noch ein ganz anderes Geschäft draus geworden.

Dieser Hintergrund wurde auch in unseren Medien schon gelegentlich erwähnt, spielt aber politisch nullkommagarkeine Rolle. Allerdings haben sich die Fischbestände seither gut erholt.

Ergänzung

danger eddie 27.10.2010 - 10:44
Vielleicht hätte der Autor noch erwähnen sollen das die Lebensmittelpreise für die somalische Bevölkerung gestiegen sind, da nur noch wenige Frach- und Containerschiffe (auch von World Foot Programmen) wegen der Pirateri bereit sind somalische Häfen anzulaufen.

Infoveranstaltung Berlin

Informant 27.10.2010 - 13:07
Mittwoch, 3.November, 21:00, Kadterschmiede Rigaer 94, F-hain,
Infoveranstaltung zur Innenministerkonferenz in Hamburg.

Was die Kritik an den somalischen Piraten bzw. Solidarisierung mit deren Vorgehen betrifft;
die Somalis sind in Clans organisiert. Diese Clans kontrollieren Dörfer oder ganze Regionen und sind durch verwandschaftliche Beziehungen geprägt. Damit stellen sie einen Gegenentwurf zu staatlichen Konstrukten dar. Einzelne Mitglieder dieser Clans betreiben Piraterie so wie andere Bauern sind. Wenn ein Piratenkommando ein Lösegeld von einer Millionen Euro erbeutet sind die Mitglieder des Kommandos nicht reich. Denn sie ernähren damit die Menschen ihres Clans. Somalia hat weder Industrie noch Dienstleistungssektor um Leuten Arbeit zu geben.
Von der Beute wird das Überleben hunderter Menschen finanziert.
Wer das nicht will kann gerne alles dafür tun um Leute aus Somalia nach Europa zu bringen.

Das Somali-Volk: Durchscnittsalter 17,5 Jahre

Recherche for U 27.10.2010 - 14:56
Will man ein Verständnis für das "Horn von Afrika" ( http://de.wikipedia.org/wiki/Horn_von_Afrika ) entwickeln, sollte man auch folgendes zur Kenntnis nehmen...

Das Somali-Volk ist ein sehr junges Volk. Möglicherweise haben dort Warlords (Vaterersatz) noch einen ganz anderen Stellenwert...
Somalia - Länder-Statistik von 2009
gesamt: 17,5
männlich: 17,4
weiblich: 17,6
 http://www.welt-auf-einen-blick.de/bevoelkerung/durchschnittsalter.php



Wer so alles in Somalia mitmischt....

Recherche for U II 28.10.2010 - 18:27
Wer führt hier eigentlich ein minderjähriges Volk - Somali-Durchschnittsalter 17,5 Jahre - an der Nase herum???

"...Die Bewohner des Nachbarstaates (Äthiopien) werden seit langem beschuldigt, sich von den USA ermutigt in die inneren Angelegenheiten Somalias einzumischen - auch mancher Warlord soll von Adis Abeba aus finanziert worden sein...."
 http://www.brandeins.de/archiv/magazin/was-bleibt/artikel/ein-land-ohne-staat-somalia.html


Die Bewaffnung des Bürgerkrieges (Informationsstelle Militarisierung (IMI) e. V.)

"...Das gilt auch für die von den USA im Jahr 2009 nach Somalia gelieferten 40 Tonnen Kleinwaffen, die „für den Krieg im urbanen Raum und für die Aufstandsbekämpfung“[28] geeignet sind..."(*)
(* Background Briefing on U.S. Assistance to the Somalia Transitional Federal Government, 26.06.2009; URL:  http://www.state.gov. )
 http://imi-online.de/2010.php?id=2084


Kriegsgeschäfte : NRW-Firma wollte Söldner nach Somalia senden

"...Mehr oder weniger offen hatte die Firma Asgaard German Security Group aus dem münsterländischen Telgte bereits im Mai angekündigt, mehr als hundert ehemalige Bundeswehrsoldaten als private „Sicherheitsberater“ in das afrikanische Bürgerkriegsland schicken zu wollen. Die Staatsanwaltschaft Münster glaubt, dass dies gegen ein entsprechendes UN-Embargo verstoßen würde und ließ gestern neun Objekte der Firma und von Firmenangehörigen durchsuchen, darunter eine Wohnung in Duisburg und vier in Bayern.

Und tatsächlich fanden die Zollfahnder am Stammsitz in Telgte den fraglichen Vertrag zwischen Asgaard und dem somalischen Clanchef Abdinur Darman. Der bezeichnet sich selbst als „gewählten Präsidenten Somalias“ und opponiert gegen die international anerkannte Übergangsregierung von Präsident Sharif Sheikh Ahmed. Asgaard-Chef Thomas Kaltegärtner Nach Aussagen von Asgaard-Chef Kaltegärtner hatte die Vereinbarung allerdings schon zuvor bestätigt, unter anderem der Frankfurter Rundschau. Demnach sollten seine Truppen Personen, Gebäude und Konvois im Umfeld von Darman sichern, für die Logistik sorgen und somalische Sicherheitsleute trainieren. An Kampfeinsätzen gegen Piraten, Islamisten oder Terroristen würden die „Sicherheitsberater“ aus Deutschland nicht teilnehmen – dies hatte Darman allerdings dem NDR gesagt.
Haftstrafe von 15 Jahren droht

Welche Details der nun gefundene Vertrag enthält, wollte Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer noch nicht sagen, auch sei nicht klar, ob die Sicherheitsberater schon zum Einsatz gekommen seien. Auf Kaltegärtner kommt nun eine Anklage wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz zu, also wegen der Verletzung des Somalia-Embargos der UN. Das verbietet unter anderem technische Beratung, Hilfe oder Ausbildung im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten für das Land. Es droht eine Haftstrafe von maximal 15 Jahren. Einen Haftbefehl gegen den ehemaligen Bundeswehrsoldaten wollen die Staatsanwälte allerdings nicht erwirken.

Besondere Brisanz bekommt der Vertrag zwischen Asgaard und Darman auch dadurch, dass die EU somalische Sicherheitskräfte der Übergangsregierung ausbildet. An der Mission „EUTM Somalia“ sind bis zu 20 Bundeswehrsoldaten beteiligt..."
 http://www.derwesten.de/nachrichten/NRW-Firma-wollte-Soeldner-nach-Somalia-senden-id3602874.html

"...In einem anderen Fall geht es um die "Beluga Endurance" von der Hamburger Reederei Heino Winter, die ihren Geschäftssitz auf Finkenwerder hat. Dieser Frachter ist offenbar für einen geheimen Waffentransport nach Ostafrika benutzt worden. Von der Ukraine soll die "Beluga Endurance" 42 Kampfpanzer T-72 aus der Sowjetzeit sowie Flugabwehrkanonen, Raketenwerfer, Panzerfäuste und 95 Tonnen Maschinenpistolen bis nach Mombasa in Kenia gebracht haben. Laut dem Radiosender Nordwestradio soll die Ladung als "Fahrzeuge und Kraftwerftwerksteile" deklariert worden sein. Der Verdacht: Von Kenia könnten die Waffen weiter zu Rebellen in den Südsudan geschmuggelt worden sein, um ein EU-Waffenembargo zu umgehen. Die Ladung gehörte laut dem Sender zu einer größeren Waffenlieferung, in die auch der im September vor Somalia von Piraten entführte ukrainische Frachter "Faina" verwickelt ist..."
 http://www.chriswalter.com/PDF/Waffenhandel.pdf



Die Bundeswehr unterstützt die Ausbildung somalischer Soldaten in Uganda (Magdeburger Zeitung)

"...Bei ihrem aktuellen Einsatz am Horn von Afrika könnte die Bundeswehr auch Minderjährige zu Soldaten für Somalia ausbilden: Die Bundesregierung kann zumindest nicht ausschließen, dass sich unter den Rekrutierten auch Jugendliche unter 18 Jahren befinden. Das Alter wurde scheinbar nie geprüft, so könnten auch 15- oder 16-jährige unter den Rekruten gewesen sein...."
 http://www.magdeburger-nachrichten.de/archives/8752/eil-deutsche-kindersoldaten-in-somalia/

Umgang mit somalischen Seefahrern

Reasonable Doubts 07.11.2010 - 13:48
"Bislang werden die meisten Piraten durch Beschuß getötet oder nach der Rückeroberung der Frachter über Bord geworfen. Manche Verfahren wegen Piraterie finden in Tansania statt, jedoch befürchten deutsche Behörden das die Strafen nicht hoch genug ausfallen."

Ich frage mich persönlich auch, wie die deutschen Besatzungssoldaten auf hohem Meer, wo eine gewisse Anonymität herrscht, mit den gefangengenommenen somalischen Seeleuten umgehen.

Ich fürchte dass diese Anonymität zu Missbrauch/Übergriffen einladen kann - gerade militärisches Personal neigt ja bekanntermaßen unter den entsprechenden Rahmenbedingungen (Anonymität, fehlende Überwachung, Neigung zu autoritären Verhaltensweisen, Billigung von Gewaltverhalten durch Obere, festes Feindbild...) zu Missbrauch und Übergriffen - wie viele Studien und reale Erfahrungen zeigen.

Gibt es Beweise für diese Behauptung - würde es unter den jetzigen Bedingungen im gegebenen Falle überhaupt Beweise geben können. Welche unabhängigen, nicht-militärischen Gremien und Organisationen überwachen die europäischen/amerikanischen Besatzungssoldaten am Horn von Afrika? Ich denke hier sind entsprechende Recherchen durch unabhängige Medien wie Indymedia gefragt!

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