Ein Opfer des Protests gegen Stuttgart 21

Indy 17.10.2010 23:19 Themen: Repression
Beitrag über ein Gerücht. Auch heute gibt es noch einige Ungereimtheiten und Fragen zu einer älteren Frau, die laut Medienberichten am 30. Septemper während der Stutgart 21 Proteste reanimiert werden musste.
Donnerstag 30. September 2010. Viel wurde berichtet von der Polizeigewalt gegen Menschen, die gegen Stuttgart 21 protestiert haben.

Das Aktionsbündnis gegen "Stuttgart 21" sprach von 280 Verletzten, die von eigenen Sanitätern versorgt worden seien. Die Bilder des Mannes, der mit großer Wahrscheinlichkeit auf einem Auge erblindet ist, sind bei vielen noch in guter Erinnerung. Hierzu gab es Bilder, der Vorfall kann nicht verschwiegen werden.

Doch gab es am 30.September auch das Gerücht, eine ältere Frau wäre auf Grund des Wasserwerfereinsatzes an einem Herzinfarkt gestorben. Auch auf Indymedia war in einer Kommentarspalte zu lesen, dass eine Frau reanimiert werden musste und der Zustand unklar wäre. Kurzzeitig wurde auch hier berichtet, dass die Frau zwischenzeitlich verstorben wäre.

Die Stuttgarter Zeitung berichtet zwei Tage später ebenfalls über eine Tote. Hier wird der Sachverhalt aber komplett anders dargestellt. Die Zeitung behauptet " Bei den Blockaden am Mittwoch war es zu einem tragischen Zwischenfall gekommen. Eine knapp 60-jährige Frau, die ihre Tochter zum Bahnhof gebracht hatte, erlitt einen Herzinfarkt. Der Notarzt benötigte wegen der Staus statt der üblichen zehn rund 30 Minuten für den Weg ins Krankenhaus. Dort war die Frau gestorben."

Dem Gerücht, dass es beim Protest eine Tote gegeben häte, widersprach Gangolf Stocker, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen das Projekt Stuttgart 21 auf einer Demoveranstaltung.

Am 16.10. erscheint im Stuttgart 21 Blog die Nachricht, dass sich kürzlich eine Person bei der Stuttgarter Nachrichten online zu Wort gemeldet und folgendes berichtet hätte:

"Die Frau lebt. Sie wurde tatsächlich reanimiert. Sie wurde dabei wohl an Rippen und Brustbein verletzt, aber mittlerweile geht es ihr gut. Es gibt darüber übrigens einen Bericht in der Bild-Zeitung (15.10.2010). Dort ist auch ein Bild von ihr zu sehen. Ich arbeite im Verkauf, sie ist eine Kundin von mir und war gestern bei uns im Laden (Stuttgart-Vaihingen). In der Zeitung steht, dass sie Ihrer Tochter gesagt hat, wenn sie stirbt, dann soll auf ihrem Grabstein stehen "Opfer von S21". Das hat sie so aber nie gesagt. Sie ärgert sich sehr über den Bericht der Bild-Zeitung. Also, es gibt kein Phantom! Die Frau ist real und wenn Sie so wollen, ist sie tatsächlich "verstorben", aber nach der Reanimation ist sie wieder wohlauf."

Es ist verwunderlich, dass der ganze Vorfall bisher nicht weiter thematisiert wurden ist. Spätestens als die Nachricht über eine verstorbene Person in der Stuttgarter Zeitung erschien, hätten sich eigentlich eine Reihe von Augenzeugen melden können, die mitbekommen haben, dass der Wasserwerfereinsatz Ursache der Verletzungen gewesen ist. So bleibt auch heute noch vieles im Unklaren. Es stellt sich aber auch die Frage, ob die Stuttgart 21 GegnerInnen sich sorgfältig um Aufklärung des Vorfalls bemüht haben. Irgendwo bliebe ein fader Beigeschmack, wenn tatsächlich ein Mensch in der Mitte des Protests beinahe stirbt, ohne dass es irgendjemand mitbekommt.

Die ganze Geschichte jedenfalls ist nebulös.
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Ergänzungen

Bericht über Südflügel-Besetzung

lucky duke 18.10.2010 - 00:44
Schwabenland: Aufruhr, Widerstand!
 http://de.indymedia.org/2010/10/292257.shtml

In Berlin Notiz davon

Anarcha 18.10.2010 - 14:38
Bei der "Ersten" und kleineren Spontandemo [nur Kundgebung am Potsdamer Platz vor dem DB-Tower], wo auch Cem Özdemir war, weswegen er sich später entschuldigen musste wegen angeblicher Äußerungen, kam es zur Information über die Tote.

Es wurde erwähnt das eine "Frau" verstorben sei, diese Nachricht aber mit Vorsicht zu genießen ist und erst bestätigt werden müsste.

perfider Zeitungsartikel

Rettungszivi 18.10.2010 - 19:25
der zitierte Stuttgarter-Zeitung-Artikel sieht, unabhängig davon, dass er sich im Nachhinein als inhaltlich falsch erwiesen hat, so aus, als solle die Schuld an einem Todesfall den Blockierern in die Schuhe geschoben werden: "Der Notarzt benötigte wegen der Staus statt der üblichen zehn rund 30 Minuten für den Weg ins Krankenhaus. Dort war die Frau gestorben."

dazu folgendes: Ein Rettungswagen oder Notarztwagen ist für die Reanimation genauso gut ausgerüstet wie die Notaufnahme eines Krankenhauses. Reanimiert wird in der Regel vor Ort, statt den oder die Reanimationspflichtige/n (gilt als nicht transportfähig) erstmal ins Krankenhaus zu verfrachten.
Es ist also ganz schön perfide, subtil (benötigte 30 statt 10 Minuten) zu suggerieren, ohne Blockaden hätte ein Mensch gerettet werden können.

Bullen Provokateure

Schottern 18.10.2010 - 23:47
Auf der folgenden Seite fand ich einen Bericht der das bestädigt was ich auch schon oft sah.
 http://www.scharf-links.de/47.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=12740&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=32603df08a

von Ausgestrahlt

Beamte bestätigen im „Hamburger Abendblatt“ Einsatz von Provokateuren und Kampfeinheiten. Atomkraftgegner fordern von Innenministern Verzicht von solchen Methoden und von Polizeigewerkschaften, dass sie sich dieser Politik verweigern.

Ein Polizei-Insider bezeichnet in der heutigen Ausgabe des „Hamburger Abendblatt“ Spezialeinheiten als ‚scharfe Kampfhunde‘, die, wenn sie bei Demonstrationen von der Leine gelassen werden, ohne Erbarmen zubeißen. Sie würden genau dafür gedrillt und ausgebildet.

Ein anderer Polizist berichtet: "Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann.“

Zu diesen Aussagen von Polizeibeamten erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:

„Die Berichte von Polizei-Insidern sind ungeheuerlich. Es ist ein bodenloser Skandal, wenn BKA und Innenminister fast täglich vor Krawallen rund um Gorleben warnen und gleichzeitig innerhalb der Polizei genau diese Ausschreitungen vorbereitet werden.

Wir fordern angesichts des bevorstehenden Castor-Transports nach Gorleben die Innenminister von Bund und Ländern auf, definitiv sicherzustellen, dass im Wendland weder auf Kampf gedrillte Spezialeinheiten noch Provokateure eingesetzt werden. Wir wollen konkret wissen, wie die Polizei dafür sorgen wird, eine Eskalation aus ihren Reihen zu vermeiden.

In Gorleben werden tausende von Bürgerinnen und Bürgern aus Sorge um die Zukunft gewaltfreien Widerstand leisten. Sie gehen auf die Straße, weil sie es nicht hinnehmen wollen, dass die Energiepolitik in diesem Land von vier Atomkonzernen bestimmt wird. Die Regierung muss endlich begreifen, dass diese Probleme nicht mit Polizeigewalt zu lösen sind. Und sie muss aufhören, tausende Polizeibeamte für die Durchsetzung einer verfehlten Politik zu missbrauchen.

Wir fordern die Polizeigewerkschaften und auch jeden einzelnen Beamten dazu auf, sich dieser Politik deutlich zu verweigern. Der Konflikt um die Atomenergie ist mittels der Polizei nicht lösbar, sondern wird sich dadurch nur weiter verschärfen.

Für uns Atomkraftgegner bleibt klar: Wir werden uns nicht provozieren aber auch nicht abschrecken lassen, sondern gewaltfrei und entschlossen auf die Straße gehen.“


Den Artikel aus dem Hamburger Abendblatt finden Sie hier:
 http://www.abendblatt.de/hamburg/article1665966/Wir-werden-von-der-Politik-verheizt-Polizisten-erzaehlen.html


Auszüge aus dem Artikel:

Er war mit seiner Hundertschaft mitten im "Kampfgetümmel", sagt Polizeikommissar Thomas Mohr, 48. Ende September und Anfang Oktober, im Stuttgarter Schlossgarten bei den Großdemonstrationen gegen das Bahnhofsprojekt, bei denen Polizeikräfte Wasserwerfer, Schlagstock und Pfefferspray gegen "friedlich demonstrierende Bürger, Kinder, Rentner und brave Schwaben" einsetzten. Ein Schock für den baden-württembergischen Ordnungshüter. Den Einsatz von Kollegen, den er
aus den geschlossenen Reihen seiner Hundertschaft "wie ohnmächtig" mit angesehen hat, kann er bis heute nicht verstehen. 400 Demonstranten wurden dabei verletzt. Er macht ihn wütend, lässt ihn zweifeln. "Wir werden von der Politik immer mehr missbraucht und verheizt. Zweckentfremdet und benutzt, der Imageschaden für uns Polizisten, die per Treueschwur und Dienstbefehl für die Regierung den Kopf da draußen auf der Straße hinhalten müssen, ist durch Stuttgart enorm", schimpft
der Mannheimer Beamte mit 25 Jahren Einsatzerfahrung

(…)
Thomas Mohr wendet seinen Blick vom Bildschirm ab und guckt aus dem Fenster in den blauen Himmel über Mannheim. "Wenn man scharfe Kampfhunde, ich meine die Polizei-Spezialeinheiten, mit zu einer Demonstration nimmt und sie dann auch noch ohne ersichtlichen Grund von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen zu. Dafür wurden sie gedrillt und ausgebildet. Das wussten die, die für den Einsatz verantwortlich waren, ganz genau. Sie mussten das Okay von oben haben. Von ganz oben. Mindestens vom Innenministerium."

Mit "scharfen Kampfhunden" meint Thomas Mohr die schwarz und dunkelgrau gekleideten, meist sehr jungen Kollegen von den Beweis- und Festnahmeeinheiten (BFE), die beim Stuttgarter Einsatz größtenteils von der Bundespolizei und aus Bayern kamen.

(…)
"Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann.“

Fehlerhafte Einsatzplanung!

muss ausgefüllt werden 19.10.2010 - 01:53
Soweit ich mich erinnere, soll es ja tatsächlich eine ganze Weile gedauert haben, bis das Rote Kreuz vor Ort war. Dafür sind aber nicht die Parkbesetzer, sondern die Polizeiführung verantwortlich zu machen. Sie waren es schließlich, die trotz der Schülerdemo unbedingt diese Baumfällungen durchsetzen wollten, dass es da Ärger geben könnte, hat die Polizei ja nicht so überrascht, dass sie ihre Wasserwerfer auch erst durch den Stau leiten musste. Da ist es durchaus nicht zuviel verlangt, auch die Folgen des eventuellen Einsatzes mitzubedenken und dafür zu sorgen, vorsorglich den einen oder anderen Rettungswagen vorsorglich in den Bereitstellungsraum stellen zu lassen.

In Hamburg fährt ja bei Demos durch die Innenstadt auch öfter ein Unfallhilfsdienst mit (auch wenn ich mich frage, ob der eigentlich Grund dafür nicht eher das Interesse der Hochbahn AG ist, genau zu wissen, wann und wie lange sie ihre Buslinien umleiten müssen). Oder stand der Rettungswagen etwa auf dem Weg in die Klinik im Stau? Menschenmassen zu durchfahren, mag seine Zeit dauern, aber 30 Minuten vom Hauptbahnhof weg, wäre meiner Einschätzung nach eigentlich nur zu erklären, wenn die Polizei entweder zu doof ist, den Verkehr zu regeln oder aber motorisierte Verkehrsteilnehmer meinen, verbotenerweise auf Kreuzungen anhalten zu müssen. Vielleicht sollte die Staatsanwaltschaft aber auch mal prüfen, ob die Gemeindeverwaltung ihre Sorgfaltspflicht verletzt hat. Bei so vielen Teilnehmern - gerade besonders jungen oder alten - ist immer damit zu rechnen, dass etwas passiert.

@Rettungssani

RS 19.10.2010 - 12:42
Präklinische Kühlung (oder therapeutische Hypothermie um mal klugzuscheißen) ist momentan in manchen Gegenden in der Probephase. Davon abgesehen, gilt der Nutzen dieser als noch nicht erwiesen. Rettungswagen, insbesondere wenn ein NEF mit dabei ist haben definitiv eine Ausstattung, die den Schockräumen in Kliniken in nichts nachsteht. Dort werden zur reanimation meist sogar die selben EKGs verwendet, wie man sie auch auf RTWs finden kann. Rea am offenen Herzen ist wie Rettungszivi schon meinte quatsch und wird auch in Krankenhäusern nciht so ohne weiteres praktiziert.
Selbstverständlich ist es trotz alledem besser, wenn man schnell im Krankenhaus ist, da dort die möglichkeit besteht ein Blutbild zu machen, den Ort des Infarkts genauer zu lokalisieren und eine lyse einzuleiten bzw einen shunt zu legen. Dabei ist es natürlich auch wichtig, dass der Patient oder wie hier die Patientin schnell dort ist, da man präklinisch nciht ausschließen aknn,d ass das betroffenen Areal nicht durch umgehungskreisläufe durchblutet wird und es so zum absterben des entsprechenden Areals am Herz kommen kann, was die zukünftige Leistungsfähigkeit des Herzens doch erheblich beinträchtigen kann. Ich muss dir daher so gesehen recht geben, dass es wichtig ist nach einem Infarkt schnell ins Krankenhaus zu kommen. Allerdings für die Reanimation ist es irrellevant. Und wie Retungszivi schon sagte, wird ein Patient erst transportiert, wenn er nciht mehr reanimationspflichtig ist. Es sit also die Behandlung NACH der Reanimation, die den schnellen Transport ins Krankenhaus notwendig macht, nciht die Reanimation selber.

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