Moskau: Maxim und Alexej bald frei?

Eure Ost-Connection 15.10.2010 06:17 Themen: Antifa Repression Soziale Kämpfe Weltweit Ökologie
Ende September war die Untersuchungshaft der beiden Moskauer Antifaschisten Maxim Solopow und Alexej Gaskarow, die kurz nach den Krawallen vor der Stadtverwaltung von Chimki am 28.7. verhaftet wurden, bis Ende November verlängert worden. Doch jetzt gibt es Hoffnung: Das Bezirksgericht hat in Maxims Fall eine Neubewertung angeordnet; über Alexejs Einspruch entscheidet es am heutigen Freitag.
Am 8. Oktober hat das RichterInnenkollegium des Moskauer Bezirksgerichts (entspricht in etwa einem deutschen Oberlandesgericht) unter Vorsitz von Dimitri Bobkow der Klage von Maxim Solopows Anwalt Juri Jeronin teilweise stattgegeben und den Beschluss des Stadtgerichts Chimki über die Verlängerung der Untersuchungshaft gegen seinen Mandanten bis zum 29. November 2010 aufgehoben. Das Stadtgericht Chimki wurde angewiesen, bis zum 20. Oktober die Frage der Verhältnismäßigkeit des Haftbefehls erneut zu prüfen.

In der Gerichtsverhandlung trat Leo Ponomarjow auf, geschäftsführender Direktor der Bewegung für die Menschenrechte. Jeronin hatte Ponomarjows Zulassung zum Prozess als Fürsprecher beantragt, und das Gericht gab dieser Bitte statt. Leo Ponomarjow gab aus seiner Sicht und im Namen anderer Gewährsleute -- der MenschenrechtlerInnen Sergej Kowaljow und Ludmilla Alexejewa, der Staatsduma-Abgeordneten Ilja Ponomarjow und Oleg Schejin -- ein positives Leumundszeugnis für Maxim Solopow ab, betonte die Bedeutung seiner gesellschaftlichen Aktivitäten und erinnerte daran, dass Präsident Dimitri Medwedjew erklärt hatte, Untersuchungshaft dürfe nicht missbräuchlich verhängt werden.

Maxim Solopow war nicht zur Verhandlung gebracht worden, und es war auch keine Teilnahme an der Sitzung durch Videoschaltung organisiert worden. Als Antwort auf den Antrag seines Anwalts, Maxim ins Gericht zu bringen, erklärte der Kammervorsitzende, dass Maxim das vorher schriftlich beantragen müssen hätte, was nicht erfolgt sei. Darum wurde dieser Antrag abgelehnt und die Sitzung in Abwesenheit Maxims fortgesetzt.

"Ich meine, dass das nur ein halber Sieg ist. Aber es besteht eine realistische Chance, dass Maxims Untersuchungshaft im Stadtgericht von Chimki aufgehoben wird. Vorher ist noch die Verhandlung über Ljoscha Gaskarow am 15.; ich beabsichtige, auch dort teilzunehmen", sagte Leo Ponomarjow.

Am 28.9. hatte das Stadtgericht von Chimki den Beschluss gefasst, die Frist für die Untersuchungshaft des Antifaschisten Maxim Solopow nochmals um zwei Monate zu verlängern. Maxim wird im Untersuchungsgefängnis der Stadt Moshaisk (Bezirk Moskau) festgehalten. Er wird nach Artikel 213 Abs. 2 RussStGB ("Hooliganismus") beschuldigt, er habe sich an der Organisation eines Angriffs auf die Stadtverwaltung von Chimki am 28.7.2010 beteiligt; ihm drohen bis zu sieben Jahre Haft.

Über Jeronins Beschwerde gegen die Verlängerung der Untersuchungshaft des zweiten Beschuldigten in dieser Angelegenheit, des Antifaschisten Alexej Gaskarow, wird am 15. Oktober um 10 Uhr vormittags im Moskauer Bezirksgericht verhandelt.

Noch ein paar Hintergrundinfos:

- Auslöser der Proteste vom 28. Juli war ein Umweltthema, nämlich die geplante (und bereits begonnene) Abholzung des Waldes von Chimki bei Moskau für den Neubau einer Autobahn. Dazu gibt es hier bei indymedia zwei Features:
 http://de.indymedia.org/2010/08/287416.shtml (Schwerpunkt Autobahn-Baupläne)
 http://de.indymedia.org/2010/09/289066.shtml (Schwerpunkt Repression)
Die Protestbewegung von Chimki hat auch eine eigene Homepage:  http://www.khimkibattle.org/ (die Hauptseite ist Russisch, aber viele Artikel sind auch auf Deutsch oder wenigstens Englisch verfügbar)

- Aus Solidarität gab es Ende August in Minsk einen Brandanschlag auf die russische Botschaft, wobei einige Botschaftsfahrzeuge abbrannten. Seither wurden 13 Personen festgenommen und teilweise ohne Anklage wochenlang festgehalten; einige sind noch in Haft. Für sie gibt es momentan eine Soli-Aktionswoche; ein Bericht von einer ersten Aktion in Wien steht auch schon hier:  http://de.indymedia.org/2010/10/292053.shtml

- Sollten Maxim und Alexej nicht freikommen, gibt es Mitte November, wenn der nächste Haftprüfungstermin ansteht, wieder internationale Aktionstage.

- Leo Ponomarjow ist Anwalt und ein alter Kämpfer für die Menschenrechte. Er war Kanzleikollege des Anwalts Stanislaw Markelow, der am 19.1.2009 ermordet wurde. Während Markelow sich klar antifaschistisch positionierte und der anarchistischen Bewegung nahestand, vertritt Ponomarjow einen weniger politischen Kurs, der sich eher auf die Durchsetzung der Menschenrechte konzentriert; sprich, er hat zum Beispiel kein Problem damit, NationalistInnen gegen Polizeiübergriffe zu verteidigen, und sprach sich auch gegen die Verurteilung des Oligarchen Chodorkowski aus. Trotzdem wurde er am 31.3.2009 von drei Unbekannten vor seinem Haus verprügelt und zusammengetreten (kein gewöhnlicher Überfall: während sie seine Brieftasche in Ruhe ließen, hatten die Täter es auf seine Handys abgesehen, von denen sie eins klauten und eins demonstrativ zerstörten). Er war einer der Anmelder der Protestkundgebung zum Jahrestag von Markelows Ermordung und wird regelmäßig auf Kundgebungen für die Versammlungsfreiheit verhaftet.
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Ergänzungen

Revision auch für Alexej

ru.indy 15.10.2010 - 17:21
Das Bezirksgericht hat laut  http://ru.indymedia.org/newswire/display/24235/index.php heute auch im Fall von Alexej eine erneute Überprüfung der Untersuchungshaft angeordnet, in seinem Fall mit Frist bis zum 27.10. Bis das Stadtgericht Chimki entscheidet, bleibt er allerdings wie Maxim in U-Haft. Leo Ponomarjow hatte erneut einen wortgewaltigen Auftritt vor dem Gericht und erklärte anschließend, dass die beiden seiner Ansicht nach sofort auf freien Fuß gesetzt werden müssten, da ja die ursprüngliche Begründung für die Verlängerung ihrer Haft jetzt bei beiden aufgehoben worden sei. Die Entscheidung über Maxim hat das Stadtgericht zwischenzeitlich für nächsten Montag angekündigt, nur zwei Tage vor Fristablauf. Vermutlich werden sie sich für Alexej dann bis übernächste Woche Zeit lassen.

noch zu früh sich zu entspannen

a 15.10.2010 - 19:03
wenn die beiden vor dem nächsten Gerichtstermin freigelassen werden, bedeutet es noch nicht, dass sie keine Haftstrafe kriegen können.

und desto weniger ist diese Entscheidung ein Anlass die Solidaritätsaktivitäten nachzulassen. genau umgekehrt - das ist ein Zeichen, dass unsere Aktionen und Bemühungen nicht umsonst waren.

nächste Soli-Aktionstage sind für 12-15 November geplant ( http://khimkibattle.org/?p=1351). Aufruf auf deutsch kommt die tage.

Maxim frei!

ausgefüllt 18.10.2010 - 13:45
Wie soeben bekannt wurde, hat das Stadtgericht von Chimki entschieden, Maxim aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Anscheinend ist er bereits frei.

AAAAAAAber...

ich 19.10.2010 - 07:42
er darf die Stadt nicht verlassen. Pigs!

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