Az Wittenberg? Es geht voran!

left resistance Wittenberg 13.10.2010 00:43 Themen: Antifa Freiräume Kultur Soziale Kämpfe
Am 06.10.2010 fand im Neuen Rathaus der Lutherstadt Wittenberg der 13´te Kulturausschuß statt, in desses Tagesordnugspunkten 5, 6 und 11 es um den Trägerverein für ein alternatives und selbstverwaltetes Jugendzentrum Kultur mit Sahne e.V. ging.
Auf gehts, ab gehts...


für alle, die den Verein Kultur mit Sahne e.V. ("Kums") nicht kennen, möchten wir hier noch einmal schnell den Werdegang des Vereins aufführen.

Im Jahre 2004 hat sich um einen kleinen Kreis von Menschen der Verein Kultur mit Sahne e.V. gegründet. Ziel war damals wie heute die Schaffung eines Jugendzentrums in der Wittenberger Innenstadt, um einen unkommerziellen Treffpunkt für junge und jung gebliebene Menschen zu schaffen.

Seit 2004 hat der Verein viele öffentliche Veranstaltungen geplant und durchgeführt, so zum Beispiel eine Ausstellung mit dem Titel "Jugendliche im Nationalsozialistischen Wittenberg" in Kooperation mit dem Haus der Geschichte.Zudem gab es mehrere Infoveranstaltungen zu Themen wie Aufklärung über örtliche Nazistrukturen, Daten- und Computersicherheit sowie Rechtsschutzgrundlagen um nur einige zu nennen. Des weiteren wurden politische Filmabende, Konzerte, ein Kneipenquiz und eine spezielle Konzertreihe namens "Schöner feiern ohne Nazis" organisiert und veranstaltet.

Seit Ende 2004 suchte der Verein immer wieder eine ernsthafte Verhandlungsbasis mit der Stadtverwaltung , schon von Anfang an war dieses Anliegen der Vereinsmitglieder_innen zum Scheitern verurteilt, denn ernst genommen wurde von ihnen niemand. Vielmehr drängte sich der eindruck auf, die stadt wolle die Interessen des jungen Vereins durch Hinhalten und Ignorieren vom Tisch zu bekommen (Artikel dazu hier.. ). Das sich nicht Resignation und Aphatie gegenüber der Lokalpolitik einstellte, merkten die Verantwortlichen spätestens im August vergangenen Jahres als der Konflikt zwischen Stadtverwaltung und Verein in einer 11- tägigen Besetzung des alten Gesundheitsamtes in der Wittenberger Innenstadt gipfelte.

Berichte der Besetzer_innen, Presseartikel und Interviews zu der Besetzung gibt es hier...

Zu diesem Zeitpunkt war den Besetzer_innen und Vereinsmitglieder_innen nicht bewusst mit was für einer Wucht an Repression der Staat den jungen Menschen entgegenschlagen wird.In den Wochen und Monaten nach der Besetzung kam es zu dutzenden Anzeigen , Personenkontrollen in der Innenstadt und Hausdurchsuchungen. Zudem hatten alternative Jugendlichen in Wittenberg vermehrt mit Neonazis, welche als Securitys bei dem Supermarkt Netto angestellt waren, zu kämpfen. ( Bericht dazu hier... )


Der Traum ist aus zu dieser Zeit......doch wir werden alles geben ...!!!


Nach dem Ende der Besetzung und der Freiraumdemo am 19.09.2009, zu der Bundesweit mobilisiert wurde, kam es zu einer Absichtserklärung zwischen der Stadt Wittenberg und dem Verein, in welcher sich die Stadt verpflichtete ihr bestmögliches zu geben, um bis zum 31.12.2009eine geeigentes Objekt für den Verein und deren Projekt zu finden. Dieser Zielsetzung wurde die Stadt bis heute nicht gerecht.

Vereinzelt wurden den Veriensmitglieder_innen und deren Symphatisant_innen städtische Räumlichkeiten angeboten und besichtigt. Deren Zustand war jedoch in allen vier Fällen katastrophal. Neben verschimmelten und nassen Wänden reichte das Repertoire der Angebote bis hin zu ausgebrannten und asbestverseuchten Räumen. Außerdem war nie die Rede von vereinzelten Räumen, sondern bestand die Forderung nach einem alternativen und selbstverwalteten Jugendzentrum von Anfang an. Selbst die Stadtverwaltung hätte nach dem eingereichten Konzept wissen müssen, dass sich dieses nicht in zwei oder drei Räumen verwirklichen lässt, die der Verein auch noch mit anderen Vereinen hätte teilen müssen. Also war mensch wieder auf sich selbst gestellt und begann sich durch den Wittenberger Immobiliendschungel zu kämpfen.

Anfang Oktober 2009 wurde dann ein geeignetes Objekt gefunden, welches aureichend Platz zur Verwirklichung des Konzeptes bietet. Das Objekt der Begierde ist in gutem Zustand , zentrumsnah und der Eigentümer bereit, sich auf Verhandlungen einzulassen. Doch so schnell sollte mensch nicht zu einem Ergebnis kommen. Nachdem Kontakt zu dem Eigentümer aufgenommen wurde, verhandelten Vereinsmitglieder_innen über einen möglichen Mietkauf, was der Eigentümer auch als beste Lösung erschien. Zu diesem Zeitpunkt waren an den beabsichtigten Mietkauf keine weiteren Bedingungen oder Forderungen geknüpft, was sich in den folgenden Verhandlungswochen jedoch änderte.
Etwa einen Monat nach Kontaktaufnahme forderte der Eigentümer eine Bürgschaft in höhe von 25.000 €. Allein durch diese Forderungen wurde der Verein um einige Zeit zurückgeworfen. Nach dem der Schock über die Höhe der Bürgschaftssumme halbwegs überwunden war, begaben die Vereinsmitglieder_innen sich auf die Suche, nach einer Bank die bereit wäre einen Kredit in höhe der geforderten Summe zu gewährleisten. Als die Vereinsmitglieder_innen eine wochenlange Odyssee an ergebnislosen Gesprächen mit Bankvertretern und Sponsoren hinter sich hatten, einigten sich die Vereinsmitglieder_innen und der Eigentümer auf einen Mietvertrag, da dieser noch die einzige greifbare Alternative war.
Der Eigentümer verlangte aber nun, dass der Mietvertrag von dem Verein selbst geschrieben werden solle. Gesagt, getan, so begannen die Vereinsmitglieder_innen den ersten Entwurf des Mietvertrages. Diesem folgten zahlreiche weitere Entwürfe, bis sich der Verein mit dem Eigentümer nach monatelangem Hin und Her auf einen passenden Entwurf einigen konnte.Parallel zu der Aushandlung des Mietvertrages begannen erste Gepräche mit dem Baumamt, Architekten sowie eine Vielzahl an Gebäudebesichtigungen und der Anfertigung von Grundrissen, da es keine aktuellen Grundrisse für das Gebäude gab.
Zu dem bürokratischen Teil gab es auch eine Vielzahl an öffentlichkeitswirksamen Aktionen sowie Spontandemos 1, 2, 3, Transpiaktionen, Solikonzerten und einer Aktionswoche. Alle Berichte dazu gibt es auch hier...


Kums gegen Luther 6:1


Am 06.10.2010 war es dann nun so weit, nach dem jahrelangen Klinkenputzen gab es den ersten Kulturausschuss in dem es um eine Entscheidung für die Förderung des Vereins "Kultur mit Sahne e.V" ging. Nach etwa einer Stunde standen die Tagesordnungspunkte 5 und 6 auf dem Plan, in welchen sich der Verein und desses Projekt vorstellte. Nachdem die Handouts verteilt waren, präsentierten Vereinsmitglieder_innen Entwürfe und Kalkulationen. Multimedial illustriert wurden Pläne, Erfahrungen und Erkenntniss vorgestellt.
Nach etwa einer halben Stunde waren die Präsentierenden fertig und beatworteten noch offene Fragen der Ausschussmitglieder_innen. Schon nach kurzer Zeit wurde klar, dass mensch an diesem Abend mit einer positiven Antragsverabschiedung rechnen könne.
Selbst der anfangs so kritische Bürgernmeister Thorsten Zugehör lies den Ausschuss wissen, dass ein alternatives und selbstverwaltetes Jugendzentrum eine Aufwärtung für die Stadt wäre.
Durch diese Aussage empfing der Bürgermeister reglich Beifall aus den Zuschauerplätzen, in dem auch etwas über 20 Unterstützer_innen saßen. Danach nahm der Ausschuss die weiteren Punkte der Tagesordnung wieder auf, bis es endlich zum elften Punkt und damit zum Entscheidungspunkt kam.
Spannung lag in der luft. Keines der Vereinsmitglieder und deren Symphatisant_innen war in den vergangenen Jahren so aufgeregt, denn so weit war der Verein noch nie gekommen. Genau zwei Szenarien wären diesen Abend möglich gewesen, entweder die Ausschussmitglieder_innen stimmen gegen den Antrag des Vereins und das Projekt "alternatives und selbsverwaltetes Jugendzentrum" wäre vorerst gestorben oder die Ausschussmitglieder_innen stimmen für den Antrag und der erste Meilenstein wäre gelegt.
Nun war es so weit, sechs der neun stimmenberechtigten Ausschussmitglieder_innen stimmten für den Antrag und somit war der Antrag angenommen. Bei den anderen drei Stimmen gab es zwei Enthaltungen und eine Gegenstimme.
Allerdings ist die Entscheidung an eine Forderung geknüpft. Bevor das Geld für den Verein bereit gestellt wird, muss dieser ein vom Bauamt abgenommenes Brandschutzkonzept vorlegen. (MZ Bericht)


Auch wenn es nicht jede/r mit sich und seinen politischen Einstellungen vereinbaren kann, bleibt mensch in einer Kleinstadt wie Wittenberg mit 40.000 Einwohnern nichts anderes übrig als diesen Weg zur Schaffung eines selbstverwalteten Jugendzentrums zu gehen. Es ist ja auch nicht so das die Vereinsmitglieder_innen, ehemaligen Besetzer_innen oder Symphatiesant_innen hier auf ihre politischen Einstellungen und Wertevorstellungen pfeifen, dennoch hat mensch realistische Vorstellungen, dass es auf einen anderen Weg in Wittenberg nicht möglich ist, selbstverwaltete und unkomerzielle Räume zu schaffen.


left resistance Wittenberg // Oktober 2010
  
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

Kommt mir ziemlich — bekannt

jippi, jippi, jeah — jupijeah