Freispruch für das Gefangenen Info
Prozessbericht von der Berufungsverhandlung am 11. Oktober 2010
Am 11. Oktober 2010 fand um 13.30 Uhr vor dem Landgericht Berlin der Berufungsprozess gegen das „Gefangenen Info“ statt. Die Zeitung existiert seit 21 Jahren und hat bereits zahlreiche staatliche Angriffe gegen die Pressefreiheit überstanden.
Am 11. Oktober 2010 fand um 13.30 Uhr vor dem Landgericht Berlin der Berufungsprozess gegen das „Gefangenen Info“ statt. Die Zeitung existiert seit 21 Jahren und hat bereits zahlreiche staatliche Angriffe gegen die Pressefreiheit überstanden.
Im April 2010 wurde der presserechtlich Verantwortliche des Gefangenen Infos zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 800 Euro verurteilt. Er ist laut Gericht für die Veröffentlichung eines Artikels im Gefangenen Info Nr. 348 verantwortlich, welcher über die zynische Bemerkung bei der Verhängung der Beugehaft durch einen Richter in einem Düsseldorfer §129b Prozess gegenüber einem durch Folter erblindeten türkische Zeugen berichtete.
Um 13.00 fand vor dem Gerichtsgebäude eine Kundgebung statt. Es wurde ein Transparent mit dem Karl Marx Zitat „Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen“ gezeigt.
Den Berufungsprozess besuchten 20 teilweise internationale ProzessbeobachterInnen, darunter Vertreter des Netzwerkes Freiheit für alle politischen Gefangenen, des Komitees für Grundrechte und Demokratie, der Roten Hilfe Magdeburg, der GenossInnen für den Aufbau der Roten Hilfe in Italien und des Tayad Komitees.
Im Vorfeld des Prozesses veröffentlichten verschiedene politische Gefangene wie Thomas Meyer Falk, Nurhan Erdem, Faruk Ereren sowie die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Ulla Jelpke Erklärungen zum Prozess, in denen sie einen Freispruch forderten.
Zu Beginn der Verhandlung stellte der Verteidiger als erstes fest, dass der fragliche Artikel nicht vom presserechtlich Verantwortlichen des Gefangenen Infos, sondern von ProzessbeobachterInnen der Roten Hilfe-Ortsgruppe Mönchengladbach-Neuss- Düsseldorf verfasst wurde.
Der Angeklagte Wolfgang Lettow trug danach eine Prozesserklärung vor.
(Hier ist die Prozesserklärung nachzulesen: http://political-prisoners.net/home.php?id=1445&lang=de&action=news)
Daraufhin verlas die Richterin die bisher abgegebenen Zeugenaussagen verschiedener Mitglieder des Oberlandesgerichtes Düsseldorf, welche sich alle nicht an die zynische Wortwahl der Bemerkung des Düsseldorfer Richters erinnern wollten. Sogar die Berliner Richterin fragte sich daraufhin was er denn dann gesagt habe, denn das es sehr zynisch war, schien ihr nach Akteneinsicht durchaus glaubhaft zu sein.
Nun gab die Verteidigung zwei Beweisanträge ab, in welchen sie einerseits forderte, den Rechtsanwalt W. Weckmüller als Zeugen zu laden, welcher in Düsseldorf anwesend war und sich noch genau an die zynischen Umstände des Richterspruches erinnert. Andererseits beantragte sie durch einen weiteren Beweisantrag beim Urteil in Betracht zu ziehen, dass der fragliche Düsseldorfer Richter für ähnliche, häufig auch rassistische Zusätze in Urteilsbegründungen bekannt ist. (Er spricht z.B. bei Urteilen gegen arabisch stämmige Angeklagte gern von „Märchen aus 1001 Nacht“ oder „dreisten Lügen“)
Das Magazin Focus bezeichnete ihn in einem Artikel als „Richter Tacheles“.
Nach einer 10-minütigen Pause und dem Hinweis der Richterin, die Beweisanträge doch lieber als Hilfsbeweisanträge zu betrachten, da sie zu einem Freispruch neige, gaben Verteidigung und Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers ab. Die Verteidigung betonte neben der Tatsache des zynischen Spruches die Relevanz der Pressefreiheit und stellte dar, warum der presserechtliche Verantwortliche des Gefangenen Infos bei glaubhaftem Inhalt gar nicht die Aufgabe haben kann, jedes Zitat der Artikel auf ihren genauen Wortlaut zu überprüfen.
Der Staatsanwalt gab nur eine sehr kurze Erklärung ab und meinte dabei, der Abdruck des Artikels wäre doch vorsätzlich der Tatsache geschehen, dass der Angeklagte die Veröffentlichung einer, wie er meinte, Unwahrheit billigend in Kauf genommen habe.
Nach einer weiteren Pause verkündete die Richterin den Freispruch des Angeklagten und begründete ihn damit, dass sie davon ausgehe, dass ein Spruch ähnlich des Dokumentierten gefallen ist und das es nicht die Aufgabe des Angeklagten gewesen sei, beim Richter nachzufragen, ob der ihn denn wirklich zynisch gemeint habe.
Links zu den Soliadressen:
Solierklärung der Roten Hilfe International
http://political-prisoners.net/home.php?id=1441&lang=de&action=news
Solierklärung der GenossInnen für den Aufbau der Roten Hilfe in Italien
http://political-prisoners.net/home.php?id=1444&lang=de&action=news
Solierklärung des Gefangenen Faruk Ereren
http://political-prisoners.net/home.php?id=1432&lang=de&action=news
Solierklärung von Ulla Jelpke
http://political-prisoners.net/home.php?id=1433&lang=de&action=news
Solierklärung von Thomas Meyer Falk
http://political-prisoners.net/home.php?id=1408&lang=de&action=news
Um 13.00 fand vor dem Gerichtsgebäude eine Kundgebung statt. Es wurde ein Transparent mit dem Karl Marx Zitat „Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen“ gezeigt.
Den Berufungsprozess besuchten 20 teilweise internationale ProzessbeobachterInnen, darunter Vertreter des Netzwerkes Freiheit für alle politischen Gefangenen, des Komitees für Grundrechte und Demokratie, der Roten Hilfe Magdeburg, der GenossInnen für den Aufbau der Roten Hilfe in Italien und des Tayad Komitees.
Im Vorfeld des Prozesses veröffentlichten verschiedene politische Gefangene wie Thomas Meyer Falk, Nurhan Erdem, Faruk Ereren sowie die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Ulla Jelpke Erklärungen zum Prozess, in denen sie einen Freispruch forderten.
Zu Beginn der Verhandlung stellte der Verteidiger als erstes fest, dass der fragliche Artikel nicht vom presserechtlich Verantwortlichen des Gefangenen Infos, sondern von ProzessbeobachterInnen der Roten Hilfe-Ortsgruppe Mönchengladbach-Neuss- Düsseldorf verfasst wurde.
Der Angeklagte Wolfgang Lettow trug danach eine Prozesserklärung vor.
(Hier ist die Prozesserklärung nachzulesen: http://political-prisoners.net/home.php?id=1445&lang=de&action=news)
Daraufhin verlas die Richterin die bisher abgegebenen Zeugenaussagen verschiedener Mitglieder des Oberlandesgerichtes Düsseldorf, welche sich alle nicht an die zynische Wortwahl der Bemerkung des Düsseldorfer Richters erinnern wollten. Sogar die Berliner Richterin fragte sich daraufhin was er denn dann gesagt habe, denn das es sehr zynisch war, schien ihr nach Akteneinsicht durchaus glaubhaft zu sein.
Nun gab die Verteidigung zwei Beweisanträge ab, in welchen sie einerseits forderte, den Rechtsanwalt W. Weckmüller als Zeugen zu laden, welcher in Düsseldorf anwesend war und sich noch genau an die zynischen Umstände des Richterspruches erinnert. Andererseits beantragte sie durch einen weiteren Beweisantrag beim Urteil in Betracht zu ziehen, dass der fragliche Düsseldorfer Richter für ähnliche, häufig auch rassistische Zusätze in Urteilsbegründungen bekannt ist. (Er spricht z.B. bei Urteilen gegen arabisch stämmige Angeklagte gern von „Märchen aus 1001 Nacht“ oder „dreisten Lügen“)
Das Magazin Focus bezeichnete ihn in einem Artikel als „Richter Tacheles“.
Nach einer 10-minütigen Pause und dem Hinweis der Richterin, die Beweisanträge doch lieber als Hilfsbeweisanträge zu betrachten, da sie zu einem Freispruch neige, gaben Verteidigung und Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers ab. Die Verteidigung betonte neben der Tatsache des zynischen Spruches die Relevanz der Pressefreiheit und stellte dar, warum der presserechtliche Verantwortliche des Gefangenen Infos bei glaubhaftem Inhalt gar nicht die Aufgabe haben kann, jedes Zitat der Artikel auf ihren genauen Wortlaut zu überprüfen.
Der Staatsanwalt gab nur eine sehr kurze Erklärung ab und meinte dabei, der Abdruck des Artikels wäre doch vorsätzlich der Tatsache geschehen, dass der Angeklagte die Veröffentlichung einer, wie er meinte, Unwahrheit billigend in Kauf genommen habe.
Nach einer weiteren Pause verkündete die Richterin den Freispruch des Angeklagten und begründete ihn damit, dass sie davon ausgehe, dass ein Spruch ähnlich des Dokumentierten gefallen ist und das es nicht die Aufgabe des Angeklagten gewesen sei, beim Richter nachzufragen, ob der ihn denn wirklich zynisch gemeint habe.
Links zu den Soliadressen:
Solierklärung der Roten Hilfe International
http://political-prisoners.net/home.php?id=1441&lang=de&action=news
Solierklärung der GenossInnen für den Aufbau der Roten Hilfe in Italien
http://political-prisoners.net/home.php?id=1444&lang=de&action=news
Solierklärung des Gefangenen Faruk Ereren
http://political-prisoners.net/home.php?id=1432&lang=de&action=news
Solierklärung von Ulla Jelpke
http://political-prisoners.net/home.php?id=1433&lang=de&action=news
Solierklärung von Thomas Meyer Falk
http://political-prisoners.net/home.php?id=1408&lang=de&action=news
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Ergänzungen
Veranstaltung
Anlässlich des am 30. September beginnenden Prozesses gegen Verena Becker und des Jahrestages des 18. Oktober 1977 organisieren wir im Linken Zentrum Lilo Herrmann eine Veranstaltung mit dem Titel: Nulla e finito! Nichts ist vorbei! Revolutionäre Geschichte aneignen und verteidigen!
Die Veranstaltung soll dazu beitragen, dass diejenigen, die im Kampf für Befreiung gestorben sind, nicht vergessen und die Inhalte und die Erfahrungen der Kämpfe von damals nicht verschüttet werden sondern in die heutigen Kämpfe miteinfließen.
Darüber hinaus soll der medialen Hetze, die sich gegen die revolutionäre Linke heute und damals richtet, etwas entgegengesetzt und der herrschenden Geschichtsschreibung – die Geschichte von unten gegenübergestellt werden.
Am Samstag, den 16. Oktober werden wir gemeinsam zu den Gräbern von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe zum Dornhaldenfriedhof gehen, wo auch Wolfgang Beer und Horst Ludwig Meyer begraben sind und legen einen Kranz nieder.
Samstag, 16. Oktober 2010 || 12 Uhr
am Dornhaldenfriedhof (Nähe Karl-Kloß Str)
Treffpunkt: 11 Uhr, Südheimer Platz (U1/U14 Haltestelle)
Weitere Informationen folgen in den nächsten Tagen. Bei Nachfragen: kontakt@political-prisoners.net
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
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SPENDEN UND SCHREIBEN !
politische gefangene?
wann wird ein mensch zu einem politischen gefangenen?
wenn jemand eine bank überfällt, oder auf einen polizisten schiesst, und
zufälligerweise kommunist ist, und sein eigenes fehlverhalten dann mit
seiner anschauung in verbindung bringt, dann ist er mit sicherheits kein
politischer gefangener, sondern ein gewöhnlicher straftäter.
umgekehrt, wird jemand z.b. in der türkei verhaftet und gefoltert, nur weil
er die wahrheit über den türkisch armenichen krieg schreibt, dann ist das
ein politischer gefangener, und zwr selbst dann, wenn es idiotischerweise
eine entsprechende rechtgrundlage geben sollte, denn ein solches gesetz
verstösst gegen grundlegende menschenrechte und man kann es daher
nicht anerkennen.
und dann gibt es die grenzfälle, so wie das 129a verfahren gegen ereren.
dem wird die mitgliedschaft in einer in deutschland verbotenen vereinigung
zur last gelegt, und wahrscheinlich gibt es auch eine menge inoffizielle
belege z.b. vom VS gegen den mann.
interessant ist aber die konstellation des gesamtes prozesses, der so manchen
zweifel an der rechtmässigkeit des verfahrens aufkommen lässt.
der staatsanwalt stützt seine anklage auf beweise, die in der türkei aus
dem beschuldigten herausgefoltert worden sind, obwohl das in deutschland
unzulässig ist.
und der richter, ottmar breidling, ist zufälligerweise der selbe,
der auch den fall der angeblichen sauerland-terroristen gehabt hat, was
nahelegt, dass hier offenbar eine art terrorismus-kammer mit stammvorsitzendem
eingerichtet wurde.
da könnte man schon mal auf die idee kommen, dass hier kräfte am wirken sind,
denen es um mehr geht, als ereren, der möglichweise ja durchaus straftaten geplant
haben mag, nur für seine strafbaren handlungen zu betrafen.
insbesondere dass überhaupt in diesem fall über abschiebung diskutiert worden ist,
lässt erhebliche zweifel am rechtsstaat aufkommen.
Gesinnungsdefinition Politische Gefangene
Die im Kommentar „politische gefangene?“ dargelegte Definition steht einer revolutionären Perspektive entgegen. Denn im Kapitalismus ist der Versuch, den Kapitalismus abzuschaffen, nun mal strafbar und die Gesetze im kapitalistischen Staat dienen überwiegend den Interessen der Herrschenden auf Kosten der Interessen der unterdrückten Lohnabhängigenklasse.
Der Kapitalismus selbst steht grundlegenden Menschenrechten entgegen, da für den Profit einiger Weniger das Leben, die Gesundheit und die Freiheit Vieler genommen werden.
Politische Gefangene sind daher alle Menschen, die dafür eingesperrt werden, dass sie versuchen, diese Verhältnisse zu verändern, indem sie gegen das bestehende System und für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen.
Nur zu kritisieren, wenn Menschen für etwas eingesperrt werden, was im kapitalistischen „Rechtsstaat“ gar nicht offiziell verboten ist, das ist verkürzt, rechtspositivistisch und staatstreu.
politische gefangene