[LEV] pro-NRW-Demo erneut eine Lachnummer

Baulemania 25.09.2010 16:08 Themen: Antifa Antirassismus
Heiße Luft – das war alles, was man am heutigen Tag von der „Bürgerbewegung pro NRW“ erwarten konnte. Und so demonstrierten die 45 versprengten Rechtspopulisten heute einmal mehr für eine Partei, die es angesichts ihrer fortlaufend praktizierten Selbstparodie wohl nie zu einer wirklich ernstzunehmenden politischen Kraft bringen wird. Ein Augenzeugenbericht.
Mittlerweile ist es mehr als müßig, immer wieder die gleichen Tatsachen über die Veranstaltungen der selbsternannten „Bürgerbewegung“ berichten zu müssen. Letztlich ist es immer das gleiche Prozedere, die gleiche Teilnehmerschaft und die gleiche dumpfe und rassistische Propaganda. Dennoch ist es notwendig, deutlich zu machen, dass die pro-Bewegung unabhängig von ihrer zutiefst menschenverachtenden Ideologie vor allem eines ist: Ein kleines Häuflein von im realen Leben gescheiterten Rassisten, die trotz verzweifelter Bemühungen nicht in der Lage sind, sich in der Politik – ob nun kommunal oder regional – zu etablieren. Dies hat wiederum einen relativ simplen Grund: Schon allein der öffentliche Auftritt der rechtspopulistischen Gruppierung bei Demonstrationen oder Kundgebungen würde genügend Material für eine komplette Comedyserie liefern.

Als sich die knapp 45 pro-NRW-Anhänger am heutigen Morgen im Schatten des „Kaufhof“ in der Leverkusener Fußgängerzone versammelten, konnten viele Passanten nur mit dem Kopf schütteln. Deutschland- und Frankreichflaggen schwenkende Rentner verweilten in trauter Einigkeit mit jugendlichen Subjekten, die am heutigen Tag ebenso ihren „Kameraden“ in Aachen hätten zur Seite stehen können. Dazu weiße Papierschilder mit Aufschriften wie „Rumänien ruft“ oder „Sarkozy nach Leverkusen“. Im Hintergrund dudelte die gleiche typische Untergangsstimmung erzeugende Musik, wie sie bisher auf nahezu allen pro-NRW-Veranstaltungen zu hören war. Alles in allem gab die pro-Bewegung somit bereits ein surreales Bild ab, noch bevor die Demonstration überhaupt gestartet war.

Neben den üblichen Verdächtigen wie Markus Beisicht, Jörg Uckermann, Markus Wiener, Judith Wolter, Tobias Ronsdorf und Regina Wilden nahmen auch wieder Personen aus dem Spektrum der „Bürgerbewegung Pax Europa“ teil. Mindestens vier Personen, die auf der pro-NRW-Demonstration zu sehen waren, sind gleichermaßen zu einer festen Anhängerschaft des aus dem Internetblog „Politically Incorrect“ (PI) sowie den Gruppierungen „Pax Europa“ und „pro NRW“ bestehenden Milieus zu zählen. Nicht dabei war diesmal Jonas R. aus Radevormwald. Hatte der Jugendliche noch vor einem Monat an einer pro-Kundgebung in Duisburg teilgenommen, scheint er seit der polizeilichen Durchsuchung seiner elterlichen Wohnung und dem dortigen Fund von für Sprengstoffanschläge geeigneten pyrotechnischen Materialien verschollen zu sein. Vielleicht erschien es ihm am heutigen Tag aber auch einfach sinnvoller, einen Tagesausflug nach Aachen zu unternehmen.

Der eigentliche Demonstrationsumzug durch die Wiesdorfer Carl-Leverkus-Straße und die Kaiserstraße diente „pro NRW“ im Wesentlichen nur dazu, den Standort zu wechseln. Die 500 Meter lange Strecke wurde innerhalb von noch nicht einmal fünf Minuten zurückgelegt. Währenddessen vertrieb sich Markus Wiener die Zeit damit, aus seinem Lautsprecherwagen heraus antiziganistische Parolen von einem Zettel abzulesen, garniert mit der bezeichnenden Aussage „Wir sprechen das aus, was die Mehrheit der Bevölkerung denkt“. Die Demonstranten antworteten ihm mit fanatischen „Wir sind das Volk“-Rufen und wurden dabei von etwa 30 Gegendemonstranten ausgebuht und ausgepfiffen.

Überhaupt wurde das eigentliche Thema der pro-NRW-Demo, nämlich eine „stadtbekannte Großfamilie“ – von Pro imagekompatibel und juristisch korrekt als „mobile ethnische Minderheit“ bezeichnet – kaum angeschnitten. Viel mehr stand die Lobhudelei auf die eigene Partei und die ach so edlen Ansichten und Forderungen ihrer Vertreter im Vordergrund. So wurde von Markus Beisicht wieder einmal die inzwischen schon viel belachte Worthülse „Wir sind weder rassistisch noch ausländerfeindlich, wir sind nur in einem Punkt radikal, nämlich in der Bekämpfung des Extremismus von rechts und links“ zum Besten gegeben. Auch die gewohnten Seitenhiebe auf anwesende Gegendemonstranten, die zeitweise eine Anzahl von 50 Personen überstiegen, durften nicht fehlen und wurden diesmal vom ehemaligen NPD-Funktionär und Befürworter von „national befreiten Zonen“ Andreas Molau übernommen.

Die „Abschlusskundgebung“ an der Ecke Hauptstraße/Kaiserstraße brachte ebenso wenig Neues zu Tage: Plumpes Geplärre von Beisicht, Wiener und Molau wechselten sich mit kurzen Entspannungspausen, untermalt von katholischen Sakralgesängen, ab. Die in Leverkusen lebenden Roma, die mit der pro-NRW-Demonstration pauschal diffamiert werden sollten, dienten der „Bürgerbewegung“ nur als ein weiterer Aufhänger für die Selbstinszenierung als eine Partei, die sich angeblich für die Interessen des „kleinen Mannes“ einsetzt. Dass dem keineswegs so ist, beweist nicht zuletzt die jüngste Forderung der pro-NRW-Fraktion im Leverkusener Stadtrat, Hartz-IV-Empfängern den von Thilo Sarrazin aufgestellten Low-Cost-Speiseplan aufzuerlegen. Eine Kürzung von Transferzahlungen und die Abschaffung von „Tafeln“ für Bedürftige sei auf diese Weise möglich, so die Meinung von „pro NRW“.

So bestätigt letztlich auch die heutige pro-NRW-Demo das Bild von einer rechtspopulistischen Vereinigung, die dank ihrer unfreiwillig zur Schau gestellten Unprofessionalität zumindest in absehbarer Zeit in der politischen Landschaft keine Chance bekommen wird. Im Gegensatz zu anderen rechten Politikformaten im Ausland wie der österreichischen FPÖ oder den „Schwedendemokraten“ verfügt die pro-Bewegung über keinerlei charismatische Führungspersönlichkeiten, die der Partei wenigstens einen Ansatz an Seriösität bescheren könnten. Stattdessen prägen krakeelende Hausfrauen, fanatisch anmutende Rentner sowie auffällig „autonom“ und „nationalistisch“ gekleidete Jugendliche das Bild einer Gruppierung, deren Scheitern spätestens mit der blamablen Vorstellung beim ersten Anti-Islam-Kongress im Jahr 2008 beschlossene Sache war. Der Versuch der Pseudodemokraten, durch die Anknüpfung an populäre Meinungen an zusätzliche Wählerstimmen zu gelangen, wird daher auch in Zukunft eher nicht von Erfolg gekrönt sein – wie am 9. Oktober, wenn „pro NRW“ dem bürgerlichen Protest gegen eine Mönchengladbacher Islamschule nach dem Mund reden und eine „Großdemonstration“ im Stadtteil Eicken veranstalten will.
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Ergänzungen

ein foto von den letzten pros in der nrhz

leserin 04.10.2010 - 17:51
Vom 29.09.2010
Lokales
Pro NRW auf den Spuren von Sarkozy gegen Roma in Leverkusen-Wiesdorf
Klägliches Häuflein
Von Wolfgang Stückle
 http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15676

Mehr Polizisten als Pro NRW-Demonstranten?
Foto: Martin Kuckelsberg
 http://www.nrhz.de/flyer/media/15676/ProWanderzirkus.jpg