Rostock: 200 gegen "Horst"

Red_Angel 24.09.2010 18:54 Themen: Antifa Antirassismus
In der Rostocker Innenstadt demonstrierten am heutigen Freitagnachmittag knapp 200 Menschen gegen das Flüchtlingslager "Horst". In der Landesgemeinschaftsunterkunft der beiden Bundesländer Hamburg und Mecklenburg / Vorpommern war vor kurzem ein Flüchtling aus Afghanistan in den Hungerstreik getreten. Grund: Die aus Sicht der Betroffenen schlechten Unterkunftsbedingungen. Die Behörden wiegeln ab und beschwichtigen. Doch wenn in dem Lager alles in bester Ordnung ist - warum dürfen Journalisten und selbst Abgeordnete das Gelände seit Beginn der Proteste nicht betreten?

Das Lager in Nostorf/Horst (Landkreis Ludwigslust) dient u.a. auch als Erstaufnahmelager für Flüchtlinge. Eigentlich sollen nach drei Monaten die Flüchtlinge weiter im Land verteilt werden. Tatsächlich müssen die Flüchtlinge teilweise über ein Jahr in dem Lager ausharren. Als problematisch sehen die Insassen vor allem an, dass die Versorgung in dem Lager nicht sichergestellt ist. So benötigen viele Personen dringend eine angemessene medizinische Versorgung. Mit der Verteilung von Schmerzmitteln ist dies nicht getan. Fachärztliche Betreuung für Insassen wird in der Regel abgelehnt oder geschieht wenn, dann nur nach etlichen Nachfragen.
Nicht weniger unzureichend ist auch die rechtliche Versorgung vieler Flüchtlinge. Insassen mit schwebenden Asylverfahren wird eine rechtliche Betreuung systematisch sabotiert. Eine Beratung findet nur einmal pro Woche statt, wobei auf 300 bis 400 Personen eine Sachbearbeiterin kommt. Fahrten zu anderen Beratungsstellen oder sich gar juristischer Beistand zu organisieren, ist für die Insassen nicht möglich, denn sie erhalten nur ein monatliches "Taschengeld" von 40€. Damit ist nicht nur der Rechtsschutz unmöglich, auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben kann mit einer solchen Summe nicht erfolgen. Stattdessen vegetieren die Menschen isoliert von der Außenwelt in dem Lager. Nicht einmal die Lebensmittelversorgung erfolgt auch menschenwürdige Weise. Elend lange Wartezeiten auf einen Platz in der viel zu kleinen Mensa sind die Folge.
Nachdem die Flüchtlinge anfingen zu protestieren, versuchten die Behörden den Protest und das Problem klein zureden. Wohl nicht zu Letzt aus diesem Grund organisierten antirassistische und antifaschistischen Gruppen eine Demonstration. In den Redebeiträgen wurde die Situation im Lager geschildert. Die Demonstration stieß auf reges Interesse bei den Passanten. Zahlreiche Flugblätter die während der Demonstration, welche u.a. durch die Kröpeliner Straße (Haupteinkaufsstraße in Rostock) führte, fanden ihre Abnehmer. Die Polizei hielt sich während der gesamten Demonstration völlig zurück. Die Demonstration löste sich schließlich nach einer Abschlusskundgebung, auf der noch einmal der Normalzustand der "Festung Europa" kritisiert wurde, vor der Ausländerbehörde am Neuen Markt auf.

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