Geschichte der spanischen Streikbewegung

translator 20.09.2010 22:42 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Am 29.September wird in Spanien ein Generalstreik stattfinden. Es wird der erste seit acht Jahren und insgesamt der sechste Generalstreik seit dem Ende des spanischen Faschismus sein. Er richtet sich gegen die Arbeitsmarktreform der PSOE und wird neben der UGT und der CCOO auch von der anarchosyndikalistischen CNT unterstützt.

In der letzten Ausgabe der kritischen Zeitung „Diagonal“ wurde eine kleine Geschichte des spanischen Generalstreiks veröffentlicht die im Folgenden in deutscher Übersetzung zu lesen ist:
„Einer der ersten Streiks der spanischen Geschichte fand in der Fabrik de Paños de Brihuega in Guadalajara im Jahr 1730 statt. Aber die eigentliche Wurzel der Entstehung und Entwicklung der spanischen Arbeiterbewegung war erst nach der Revolution 1868, als der Generalstreik zu einem wichtigen Instrument des Kampfes der Arbeiterklasse wurde. Die Bauernbewegung in Andalusien gegen Ende des 19. Jahrhunderts, hatte bereits viel von den späteren Massenmobilisierungen. Und die Entwicklung der „Federación de la Región Española“ (spanische Sektion der ersten Internationalen) in den Jahren 1870 bis 1874 und der “Federación de las Trabajadores de la Región Española“ (der Nachfolgeorganisation) in den Jahren 1880 und 1888 waren bereits ein Vorgeschmack auf den kommenden Aufstieg der Arbeiterbewegung.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab Francisco Ferrer in Barcelona eine Zeitung mit dem anregenden Titel „La Huelga general“ (Der Generalstreik) heraus. In den Jahren 1902 und 1903 fanden mehrere Streiks zur Verbesserung der Bedingungen der Arbeiterklasse statt. Diese führten dazu, dass die Regierung von Azcárraga, auf Grund des Drucks der Streikbewegung, dem „Ley del Descanso Dominical“ (etwa: Gesetz zur sonntäglichen Arbeitspause) zustimmte. Eines der ersten materiellen Fortschritte der Lebensbedingung en der Arbeiterklasse. Die Situation der Arbeiter, die dazu gezwungen waren in den Krieg gegen Marokko zu ziehen, provozierte eine Reaktion seitens der gewerkschaftlichen Organisationen. So kam es im Jahr 1909, zufälligerweise gleichzeitig mit der Einschiffung von Truppen nach Marokko, nach dem Desaster von Barranco del Lobo, zu einem Generalstreik gegen den Krieg und für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterklasse. Dieser wurde bekannt als „tragische Woche von Barcelona“, die mit heftiger Repression und fünf Erschießungen endete, einer der ermordeten war Francisco Ferrer.
1910 entstand die CNT (Confederación Nacional del Trabajo) und wurde ein Jahr später zum Protagonisten eines Generalstreiks, den sie selbst einberief. Das führte gleich zu ihrem Verbot (bis 1914). Zur selben Zeit (1913) wurde in Barcelona der Aufruf zum „huelga de la constancia“ (Streik der Standhaftigkeit bzw. Ausdauer) ausgegeben, dessen Träger in der Mehrzahl Frauen waren.

Der revolutionäre Generalstreik im August 1917 entstand aus einem taktischen Pakt der CNT mit der sozialistischen UGT. Die darauf folgende Repression der Regierung war brutal und das komplette Streikkomitee landete im Knast. Im folgenden Jahr kam es in Barcelona zum so genannten Streik von la Canadiense (La Canadienjse war eine Elektrizitätsunternehmen in Barcelona). Dieser Streik (der aus Solidarität mit acht gefeuerten Arbeitern entstand) führte zu Verhandlungen mit der Regierung, wodurch schließlich der Achtstundentag in Spanien einführt wurde - eine historische Forderung der Arbeiterbewegung.

Während der Diktatur Primo de Riveras waren die revolutionären gewerkschaftlichen Organisationen verboten, weshalb sich die Kämpfe auf anderen Gebieten verlagerten. Mit der Proklamation der ersten spanischen Republik im Jahr 1931, und der Besetzung des Postens des Arbeitsministers mit Francisco Largo Caballero, einem Gewerkschaftler der UGT, wurden einige Forderungen der Arbeiter erfüllt. Allerdings nicht alle. Schon im Mai 1931 proklamierte die Gewerkschaft „Sindicato Único Telefónico“ der CNT einen Generalstreik. In den folgenden zwei Jahren führten eben so viele Anhänger der CNT wie der UGT Streiks durch, da sie ihre Erwartungen auf Verbesserung der Lebensbedingungen in der Republik nicht erfüllt sahen. Nach dem Sieg der Rechten im November 1933, rief die CNT einen Generalstreik für den Dezember gleichen Jahres aus. Dieser war ein kompletter Fehlschlag. Während des Jahres 1934 sorgte die Strategie der direkten Aktion für einige Erfolge der Arbeiterbewegung, wie zum Beispiel beim Streik der Kellner in Madrid.
Die größte revolutionäre Erhebung entstand allerdings im Oktober 1934, als bereits deutlich wurde, dass die erkämpften Rechte und Freiheiten durch die spanische Rechte bedroht wurden. Der Streik war aber nur in Asturien erfolgreich, wo ein Pakt von Anarchisten, Sozialisten und Kommunisten dazu führte, dass in einigen Gebieten der Provinz eine sozialistische Republik und des libertäre Kommunismus ausgerufen wurde. Die anschließende staatliche Repression war fürchterlich.
Bleibt zu erinnern an den wichtigen Bauarbeiterstreik im Frühjahr 1936 mit einem großen Streikkomitee aus UGT und CNT in Madrid, der dafür sorgte, dass wichtige Aktivisten der Gewerkschaften ins Gefängnis mussten, wie z.B. Capriano Mera (CNT). Mit dem Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs, verlagerten sich die Kämpfe in andere Bereiche, und der Sieg der Putschisten unter Franko setzte die Arbeiterbewegung einer langen Zeit der Repression und des Verbechens aus.

www.diagonalperiodico.net
www.cnt.es
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Ergänzungen

Generalstreik ist unbegrent!

Anarcho 21.09.2010 - 10:55
Naechste Woche wird kein Generalstreik stattfinden!

Generalstreiks werden auf unbestimmte Dauer ausgerufen und bieten nur dann ein revolutionäres Potential.

Aber die Hoffnung auf Spanien ist nicht unbegründet.

In Spanien existiert eine breite Tradition und Bewegung von anarcho-syndikalistisch angehauten Basisgewerkschaften, die das Potenzial bietet, entsprechende Dynamiken über Arbeitskämpfe zu entwickeln.

Im Gegensatzu zu Griechenland, wo nur die Parteien eine Gewerkschaftstradition halten und Basisgewerkschaften erst am wachsen und entstehen sind.

Spanien: CNT-IAA ruft zum Generalstreik auf

Anarchosyndikat Köln/Bonn 24.09.2010 - 22:04
Die neue Arbeitsmarktreform, die die [sozialdemokratische Regierungspartei] PSOE einführen möche, bedeutet einen Angriff auf die demokratischen Rechte der Arbeiter/innen.

Der Tag des Streiks soll als ein Auslöser für weitere und größere Mobilisationen dienen. Sie rechtfertigen die Arbeitsmarktreform mit der Krise, aber in Wirklichkeit hat sie das Ziel, den Firmen kostengünstigere Möglichkeiten für ungregelte Verträge, Tarifbruch und Kündigung von Arbeiter/innen zu geben.

Die Reform bedeutet:
- mehr zeitliche Begrenzung und Entregelung von Arbeitsverträgen
- eine deutliche Verringerung von Abfindungszahlungen für ungerechtfertigte Entlassungen
- enorme Möglichkeiten für Firmen, um Tarifverträge teilweise nachzuverhandeln (Löhne, Arbeitsstunden, Schichten)
- mehr Prekarität, mehr ungesicherte Arbeitsplätze, weniger Lohn, weniger Rechte

Das ist die Regierung der PSOE!

Aber abgesehen davon, ist diese Reform nur die Spitze des Eisbergs. Die Wirklichkeit liegt tiefer. Es sind die schlechten Arbeitsbedingungen in der überwiegenden Mehrheit der Firmen, der dauernde Bruch von Tarifverträgen, der Halbtagsvertrag für Vollzeitarbeit, der Zwang zu Überstunden mit drohender Kündigung oder gestrichenem Urlaub. Oder Arbeit machen zu müssen, weil sie es dir sagen, auch wenn sie unangemessen ist. Wenn du das nicht willst, dann setzen sie dich vor die Tür.

Ein anderer Teil dieser Wirklichkeit ist die Verachtung, mit der die Herrschenden, Politiker/innen und Medien uns behandeln, indem sie uns als faul, unproduktiv und nutzlos darstellen. Wir Arbeiter/innen leben in dem Wissen, dass wir ersetzbar sind. Dass wir nur Abschaum sind, der nur dann Arbeit bekommt, wenn er sie billiger macht als zuvor. Wir leben in der Angst nicht zu wissen, ob wir morgen noch bezahlt werden oder was zu essen haben.

Und was machen wir? Warten und zusehen, wie sie alles für sich behalten? Denken, dass wir eines Tages einen anständigen Job bekommen? Mit Ellbogen gegeneinander um den letzten Vorteil kämpfen?

Wer das will, wird später mit Elend belohnt werden. Doch die CNT schlägt vor, dass die Arbeiter/innen andere Aktonsformen wählen: Für unsere Rechte und unsere Würde zu kämpfen! Ohne staatliche Gelder für Gewerkschaften, ohne bezahlte Funktionär/innen, ohne politisches Aushandeln. Obwohl wir niemandem versprechen können diese Reform zu stoppen, versichern wir alles dafür zu geben. Wir rufen alle dazu auf, die ein Teil dieses Kampfes sein wollen, zu unseren Gewerkschaft zu kommen und sich in der CNT zu organisieren.

Und daher rufen wir zum Generalstreik am 29. September 2010!
Auf dass dieser Tag des Streiks jene Mobilisierung auslöst, die wir Arbeiter/innen vor uns haben, wenn wir die Arbeitsmarktreform stoppen wollen – und unsere Würde wiederherstellen.

CNT-IAA

Quelle:
 http://www.cnt.es/node/2430

Übersetzung: Anarchosyndikat Köln/Bonn,
 http://anarchosyndikalismus.org

Dieser Text ist gemeinfrei bei Nennung der Autor/innen und Übersetzer/innen, sowie der Webseite  http://anarchosyndikalismus.blogsport.de


Hintergründe zur spanischen Arbeitsmarktreform:
 http://anarchosyndikalismus.org/international/spanien/cnt-arbeitsmarktreform/index.html

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