Freiheit statt Angst-Demo (Berlin)

Beobachterin 12.09.2010 09:45 Themen: Freiräume Medien Repression Soziale Kämpfe
Weit davon entfernt, vollständig zu sein, soll dieser Artikel verstreute Eindrücke von der gestrigen Freiheit statt Angst-Demo in Berlin wiedergeben. Eines vorweg: besonders angetan war ich nicht von der Demo. Bleibt, wie jedesmal, die Frage, ob unsere Erfahrungen etwas bewirken, ob sie Diskussionen auslösen, vielleicht irgendwann auch einen Einfluss auf unsere Praxis haben.

Ein weiterer Bericht findet sich auf  http://de.indymedia.org/2010/09/289702.shtml.
Von der Auftaktkundgebung am Potsdamer Platz ist mir vor allem der Redebeitrag des Verdi-Chefs Bsierske in Erinnerung geblieben, und hier vor allem die Stelle, an der er Nazi-Diktatur und DDR-Regime in Bezug auf Überwachung und Repression mal eben umstandslos in eins setzte. Auch diese Äusserung, wie überhaupt sein Redebeitrag, stiess auf starken Beifall der Zuhörer_innen.

Die eigentliche Demo dann war vor allem durch diverse Parteien dominiert. Der antikapitalistische Block kam erst kurz vor Schluss, gefolgt von nur einem einzigen weiteren Wagen der Piraten-Partei (von insgesamt vielleicht 12 Wägen). Vorneweg kamen die Parteien: Linke, Jusos/SPD, ein weiterer Teil der Piraten-Partei, Julis/FDP, die ÖDP, natürlich stark vertreten die Grünen, MLPD, dazwischen recht prominent Verdi.

Seit wann machen wir Demonstrationen zusammen mit der FDP? Diese hatte auch einen grossen, offensichtlich fast komplett ungestörten Infostand am Ort der Auftaktkundgebung am Potsdamer Platz aufgebaut. Was ist mir der uneingeschränkten Unterstützung der FDP für die Putschisten in Honduras? Was mit der Rolle der FDP als Regierungspartei, was mit der aktuellen Entscheidung der FPD zur längeren Laufzeit der Atommeiler? Und die "jungen Liberalen" (Julis) sind auch nicht besser als die FPD selbst, wie etwa ihre aktuelle Pressemitteilung im Zusammenhang mit den "MediaSpree-Protesten" zeigt ("Nein zu neuerlicher linker Gewalt,  http://www.freedrichshain.de/aktuell/20100411.htm).

Der Antikapitalistische Block hatte etwa 500-800 Teilnehmer_innen meiner Schätzung nach. Interessant war der Kontrast: zuerst die offenen, bunten Gruppen der Parteien, dann der von Transpis eng eingeschlossene Block junger Schwarzgekleideter, fast alle mit warmen Kapuzis oder Jacken bei sommerlichem T-Shirt-Wetter. Ob wir so schaffen, unsere Anliegen in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen? Und was ist eigentlich unser Anliegen, und was ist nur noch Form? A, Anti, Antikapitalista ist zwar sicher nicht falsch - aber wie weit trägt das?

Über die Demo verstreut überall Grüppchen von 9.11.-Verschwörungs-Theoretikern. Und sie haben nicht nur Fragen, sondern liefern die Antworten "9/11 was an inside job" zum Beispiel. Und dann gab es noch ein grosses Stangentranspi mit der 4 Zahlen (ich glaube 00/20, bin mir aber nicht sicher) und der grossen Parola "Reichstagsbrand". Dieses auf jeden Fall konfuse, sicher aber auch reaktionäre Transpi konnte die Ganze Demo über unbehelligt getragen werden, erst am Schluss wurden die Träger (männliche Form hier kein Versehen) wohl zum Einpacken aufgefordert. Ein paar Eindrücke von der Verschwörungskacke finden sich im oben erwähnten Indy-Artikel.

Und hier zum Schluss noch der Verweis auf eine Zivi-Karre, die auf Unter den Linden stand: ein hellblauer Golf mit dem Nummernschild B-DC-9378, besetzt von zwei Typen mit 3-Tage-Bart, stämmig, Alter Mitte Vierzig bis Anfang 50.

Manchmal mögen grosse Bündnisse Sinn machen, etwa gegen Nazis. Aber die Veranstaltung gestern war wirklich absolut überflüssig. Wir sollen wirklich mehr schauen, mit wem wir für was demonstrieren, und wo überhaupt emanzipatorisches Potential ist. Gestern wäre es vermutlich sinnvoller gewesen, eine eigene Demo gegen die Regierung und insbesondere gegen den FDP-Block zu machen, anstatt sich auf dieses komische Schauspiel einzulassen.



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Ergänzungen

schwarzer Block

auch Teinemer 12.09.2010 - 12:03
Der eigentliche Antikap. Block lief von Anfang an fast am Ende (Transpi "Out of Control" + Lauti). Es gab allerdings versprengte größere und kleinere schwarze Gruppen.
Nach wenigen 100 Metern lösten sich die versprengten Gruppen aber fast alle auf und gliederten sich in den "Hauptblock" ein. Das wurde bis zum Ende durchgehalten (natürlich gab es auch Fluktuationen).
Polizeibegleitung gab es ab Auswärtigem Amt, als nach ca. der Hälfte der Strecke, allerdings ohne ersichtlichen Grund. Zivis gab es auch mind. 15, aber auffällig. Für mich neu war, dass nicht mehr alle Kopfhörer trugen, sondern manche (2er)Gruppen gar keine und von den 5er-Gruppen nur eine Person.

ich

du 12.09.2010 - 12:17
Sehr tolle Demo, allerdings sollte sich Gedanken gemacht werden (auch auf der AVV dann) ob wir uns nicht besser weiter nach vorne hätten setzen sollen, einzig heise.de hat den Antikapitalistischen Block erwähnt. Außerdem schade das gegen die FDP die am ende dann aber schon abgebaut hatte nichts mehr lief, kann ja nicht sein...

Bilder

Noktalia 12.09.2010 - 12:37

Blogbericht zur Demo bei classless Kulla

Kuno 12.09.2010 - 14:11

Gleichsetzung

... 12.09.2010 - 15:34
Wie eine besonders widerliche Gleichsetzung von Nationalsozialismus und aktueller US-Gesellschaft bzw. US-Regierung aussieht, zeigt das folgende Transpi, das unbehelligt über die ganze Zeit der Demo getragen werden konnte.
Das hier nicht nur verglichen, sondern wirklich gleichgesetzt wird, ist übrigens selten so offen erkennbar wie in diesem Bild.

Weitere Bilder

mumii 12.09.2010 - 17:50

9/11 Verschwörungstheorie? Aber sicher!

Freiheitskämpfer 12.09.2010 - 18:11
Antwort zu
"Über die Demo verstreut überall Grüppchen von 9.11.-Verschwörungs-Theoretikern."
- [Ergänzung von ´Teilnehmer´] - wie willst du das verhindern? .. totschlagen?

 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33275/1.html

[...] Berichten über das Ereignis kamen jeden Tag neue Merkwürdigkeiten, Ungereimtheiten, Widersprüche auf. Und das hat bis heute nicht aufgehört, im Gegenteil. Vieles, was damals im Konjunktiv und mit Fragezeichen formuliert werden musste, hat sich in der Zwischenzeit bestätigt, die Hinweise auf einen "inside job" sind überwältigend - und es braucht kein bestimmtes Gen, sondern nur einen IQ über Zimmertemperatur, um das anhand der offenen Fragen und ungeklärten Widersprüche zu erkennen. [...]

Nimm dir die 5 Minuten und lese dir den Bericht genau durch.

Videoimpressionen

Indymedia 13.09.2010 - 12:51

Antikap-Block 500? Nö! 1500!

mit Videobeweis 13.09.2010 - 13:53
Der antikapitalistische Block war mit 1500 Teilnehmer_Innen deutlich der grösste Block der Demo. Während um die Wagen der Parteien ledelich ein paar dutzend Leute herumliefe (Ausnahme waren hier die Grünen mit ca 250 und die Piraten mit ca 150 Leuten) war dort ein grossteil der Demo-Teilnehme zu finden. Klar war das die Demoveranstalter den Block nach ganz hinten abgedrängt haben und Medien (auch angeblich Linke wie die junge Welt) die Zahl der Polizei zum antikap-Block übernommen haben bzw ihn gleich totgeschwiegen. Komisch ist das er auch auf Indymedia kleingeredet wird....


Hier ein Video das zeigt das der Antikap-Block deutlich mehr als 1000 Leute waren:
 http://www.youtube.com/watch?v=6I9VwI1aAmo&feature=related

Video

Paule 14.09.2010 - 12:51

Polizeibericht

Bullenspanner 14.09.2010 - 18:36
Eingabe: 11.09.2010 - 19:05 Uhr
Demonstration „Freiheit statt Angst“
Mitte
# 2802

Mehrere Tausend Demonstranten haben sich heute Mittag in Mitte versammelt und weitestgehend störungsfrei protestiert. Unter dem Motto „ Feiheit statt Angst- Stoppt den Überwachungswahn“ trafen sich gegen 13 Uhr die Teilnehmer am Potsdamer Platz. Gegen 14 Uhr setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung. Die Route führte über den Leipziger Platz, Leipziger Straße, Spittelmarkt, Kurstraße, Werderscher Markt, Schinkelplatz, Unter den Linden, Glinka-, Behren-, Wilhelm-, Hannah-Arendt-, Ebertstraße und zurück zum Potsdamer Platz.

Unter den Teilnehmern befanden sich auch rund 500 Angehörige des so genannten „antikapitalistischen Blocks“ deren Stimmung zunehmend aggressiver wurde. Zum Teil legten einige von ihnen Vermummungsutensilien an.

Kurz nach 16 Uhr erreichte der Aufzug den Endplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Durch einen Böllerwurf wurden gegen 16 Uhr 10 auf dem Potsdamer Platz in Höhe des „Verkehrsturms“ zwei Polizeibeamte einer Einsatzhundertschaft verletzt, von denen einer im Krankenhaus behandelt werden musste. Der „Böllerwerfer“ im Alter von 40 Jahren konnte kurze Zeit später auf dem Potsdamer Platz festgenommen werden.

Gegen 17 Uhr erklärte der Versammlungsleiter die Veranstaltung für beendet. Insgesamt waren rund 850 Beamte im Einsatz.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 27 Kommentare an

lächerlich — xxx

Und nu ... — na wat denn

Keine Demo — mit der FDP

@ Beobachterin — teo

@ Ossi — @Keine Demo

ergänzung — undogmatisch

K-Power — Manu

@Aufklärer — (muss ausgefüllt werden)

Nie gegeben? — ....

kt — getoutofcontrol

@.... OMFG — Truther

............. — .....................

komisch — ikke

9/11 Spinner — fx

scheiß spiel — no fx

grund — warum