Hausfriedensbruch: 2.Prozesstag gegen Cécile

Solidarität mit Cécile 01.09.2010 22:33 Themen: Atom Repression Ökologie
Im Prozess gegen Cécile Lecomte wegen Hausfriedensbruch und Widerstand am atomaren Zwischenlager in Gorleben anlässlich des Wendland-Sommercamps 2008 zeigte auch der zweite Prozesstag deutlich den Unwillen des Gerichts, Cécile auch nur minimale Verteidigungsrechte einzuräumen. Der Prozess wird am 6.September vor dem Amtsgericht Dannenberg fortgesetzt.
Der Prozesstag begann mit einem Befangenheitsantrag gegen den Richter, da dieser einen Strafbefehl erlassen hatte, obwohl es keinerlei Zeugenbefragungen im Vorfeld gegeben hatte. Aus den Akten geht hervor, dass sämtliche Polizeizeugen in ihren Vernehmungen lediglich auf ihre Dienstberichte hinwiesen. Diese einseitigen und nicht gerade umfassenden Ermittlungen reichten dem Richter allerdings aus, um einen „hinreichenden Tatverdacht“ zu haben und einen Strafbefehl zu erlassen.Die Richterin, die dann sofort über den Befangenheitsantrag entschied, sah den Vorwurf selbstverständlich auch als nicht gegeben an und konnte keine Dienstpflichtverletzung erkennen- es konnte also weiter verhandelt werden.

Wie bereits am ersten Prozesstag lehnte der Richter alle Anträge von Cécile ab und folgte in seiner Argumentation immer dem Staatsanwalt, so absurd dessen Behauptungen auch waren. So wurde auch weiterhin das Akteneinsichtsrecht verwehrt, da angeblich die Rechtsprechung des europäischen Menschenrechtsgerichtshofes für deutsche Gerichte nicht bindend sei und somit irrelevant. Auch eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung eines höheren Gerichtes über die Frage der Akteneinsicht wurde verwehrt. Die Lieblingsformulierung des Staatsanwaltes an diesem Verhandlungstag war zweifelsohne: „Hilfsweise beantrage ich, den Antrag als unbegründet abzulehnen“ und er bekam seinen Willen.

Die Angeklagte rügte dann im weiteren Verlauf der Verhandlung die Einlasskontrollen bei denen eine Justizwachtmeisterin die Zuschauerinnen angegrapscht und ihnen im öffentlichen Eingangsbereich in die Unterhosen geguckt hatte. Das Resultat: Die betreffende Justizangestellte bekam Ärger und nach der Pause wurden die Frauen in einen extra Raum geführt zur Durchsuchung, damit auch ja niemand mehr die Übergriffe beobachten und kommentieren konnte.

Des Weiteren erfragt die Angeklagte, warum sie bereits im Zug ab Lüneburg von Bundespolizei begleitet worden sei, aber auch hier tat der Richter ahnungslos und leugnete jede Verantwortung. Die Fahrtkosten für die Anfahrt zum Gericht musste die Angeklagte ebenfalls selbst tragen, da sie als Hartz IV Empfängerin dafür genug Geld hätte. Auch dagegen versuchte sie sich zu wehren, denn im Hartz IV Satz ist keine Kostenpauschale für Gerichtsverfahren enthalten, aber wie bereits zu erwarten gewesen war, scherte sich das Gericht auch darum nicht. Die Argumentation war auch an dieser Stelle wieder dreist: Die Angeklagte habe es mit der Wahl ihrer Verteidigungsstrategie selbst in der Hand, wie lange die Hauptverhandlung dauere, könne das ganze ja auch „normal“ führen und dann fielen weniger Fahrtkosten an. Zurecht erwiderte die Angeklagte, dass es nicht an ihr liege, dass sie sich mittlerweile den zweiten Tag um das Akteneinsichtsrecht streiten müsse, es könne ihr auch schlicht gewährt werden.

Nach der Mittagspause wurde die Verhandlung nur für wenige Minuten fortgesetzt, da die Angeklagte gesundheitliche Probleme (chronisches Rheuma) und starke Schmerzen hatte. Nach einigem Hin und Her, ob nun ein Amtsarzt hinzugezogen werden müsse, beendete der Richter den Prozesstag und schickte den angereisten Polizeizeugen wie bereits am ersten Verhandlungstag, erneut ohne erfolgte Vernehmung nach Hause.

Die Angeklagte wurde von solidarischen Zuschauer_innen begleitet und hofft auch zu den nächsten Verhandlungstagen auf Solidarität angesichts des indiskutabel respektlosen Verhaltens des Gerichts.

Weitere Verhandlungstermine: 6. 9. 14.00 Uhr, 13.9. ; 4.10 ; 11.10 jeweils 9:30 Uhr
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Ergänzungen

Ergänzung zur "Irrelvanz" des Menschenrechts

d.d. 02.09.2010 - 01:14
"da angeblich die Rechtsprechung des europäischen Menschenrechtsgerichtshofes für deutsche Gerichte nicht bindend sei und somit irrelevant"
Das hört man von deutschen Richtern tatsächlich immer wieder, z.B. auch bei Verfahren wegen den Inobhutnahmen von Kindern durch deutsche Jugendämter, die vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof regelmäßig als grundrechtsverletzend beanstandet werden. Tatsächlich ist es auch so, daß der EUGM nationales Recht nicht aufheben kann. Man kann dort gegen vermutete staatliche Grundrechtsverletzungen sein Recht geltend machen und eine Entschädigung fordern, mehr nicht.
Das bedeutet aber für die Deutschen nicht das Recht, fortgesetzt und mutwillig gegen die Menschenrechte zu verstossen, wie diese Richter zu glauben scheinen!

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Zu Recht verurteilt — Hasser