DD: Drohungen gegen Bürger.Courage

addn.me 13.08.2010 12:05 Themen: Antirassismus Kultur Medien
Am Freitag, dem 13. August, wird der Dresdner Verein Bürger.Courage die Kunstinstallation „18 Stiche“ beenden. Seit dem 1. Juli wurden 18 große Betonmesser in der Stadt verteilt. Die von dem Künstler Johannes Köhler entworfenen Skulpturen sollten auf die am 1. Juli 2009 ermordete Marwa El-Sherbini aufmerksam machen und darüber hinaus einen Diskurs über Alltagsrassismus anstoßen. Sherbini wurde von dem bekennenden NPD-Sympathisanten Alex Wiens während eines Berufungsprozesses am Dresdner Landgericht mit 18 Messerstichen ermordet.
Schon bevor die ersten Betonmesser aufgestellt wurden, stellte sich die Stadt quer. Vor der Dresdner Staatskanzlei durfte das 600kg schwere weiße Betonmesser gar nicht aufgestellt werden. Begründet wurde dies mit dem „Neutralitätsgebot“ staatlicher Institutionen. Hatte Helma Orosz (CDU-Oberbürgermeisterin) noch auf der Gedenkkundgebung zum ersten Todestag mehr Initiative gegen Rassismus gefordert, verblassten die Worte nur wenig später mit solchen Verfügungen wieder. Auch die bereitgestellten Mittel aus einem Lokalen Handlungsplan bekamen bisher nicht jene zivilgesellschaftlichen Organisationen, die täglich Opfer rechter Gewalt betreuen oder präventiv Aufklärung und Bildungsarbeit leisten. Einen Teil der fünfstellige Summe kam dem Christlichen Verein junger Menschen (CVJM) in Laubegast zugute, der sich der akzeptierenden Jugendarbeit verschrieben hat. So diente das Projekt in den Wintermonaten als Treffpunkt für rechte Jugendliche in Laubegast.

Den Diskurs, den Bürger.Courage mit der künstlerischen Umsetzung von Rassismus in Gang setzen wollte, wurde durch ganz andere "Tritte" verstärkt. Scheinbar störten sich einige Menschen an der Aktion, an der auch immer Schilder angebracht waren, die auf den Kontext hinwiesen. Schon kurz nach dem Aufstellen wurden die ersten Stelen wieder umgeworfen. Das mediale Echo auf die Botschaft, die so eine umgeworfene Stele hinterlässt, rückte die Aktion in den Fokus der Dresdner Medienlandschaft und des öffentlichen Interesses. Hierbei war die physische Gewalt gegen die Aktion scheinbar noch die harmloseste Form. Neben E-Mails mit wüsten Beleidigungen, wurden auch offene Morddrohungen ausgesprochen.

Insgesamt zeigte sich Bürger.Courage über den Verlauf und die Resonanz der Kunstaktion sehr zufrieden. Es konnte erreicht werden, dass das Thema Alltagsrassismus zumindest für einige Tage zum Stadtgespräch wurde, so die Pressesprecherin des Vereins.
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Ergänzungen

Hinweis

y8 13.08.2010 - 23:15
Erwähnenswert finde ich, das dieses Kunstwerk u.a. von linken zerstört wurde mit der Aussage "finde ich blöd, in Afghanistan sterben jeden Tag viel mehr Menschen".

Zeitungsartikel zu den umgeworfenen Stelen

muss ausgefüllt werden 14.08.2010 - 01:43
Aufklärung im Fall um zerstörte Marwa-Mahnmale rückt näher

Zwei Tatverdächtige gefasst

Dresden (ddp-lsc). Nach mehreren Beschädigungen an der Kunstinstallation "18 Stiche" zur Erinnerung an die ermordete Ägypterin Marwa El-Sherbini sind am Donnerstag zwei Tatverdächtige gefasst worden. Eine Streife der Bundespolizei stellte einen 18-jährigen Mann und eine 20 Jahre alte Frau "aus dem alternativen Milieu", wie das Landeskriminalamt mitteilte. Sie sollen aus einer Gruppe Jugendlicher heraus vor dem Hauptbahnhof eine Stele umgeworfen haben.

Die Jugendlichen, die sich selbst als links bezeichneten, waren nach LKA-Angaben zum Tatzeitpunkt alkoholisiert. Sie gaben an, sich an der öffentlichkeitswirksamen Kunstaktion zu stören, während Tote im Afghanistan-Konflikt keine besondere Beachtung fänden. Ob ein Zusammenhang mit den anderen Sachbeschädigungen bestehe, sei aber noch nicht geklärt. In den vergangenen Tagen wurden immer wieder Beton-Stelen der Kunstinstallation umgeworfen und beschädigt.

Die beiden Tatverdächtigen seien inzwischen wieder aus dem Gewahrsam entlassen worden. Die Dresdner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung.

Marwa El-Sherbini war am 1. Juli vorigen Jahres während einer Verhandlung im Landgericht Dresden von einem aus Russland stammenden Spätaussiedler erstochen worden. Der Täter wurde im November wegen Mordes an der Ägypterin und versuchten Mordes an ihrem Ehemann zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Täter handelte aus Fremdenhass. ddp


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