Heß Gedenken im Vogtland

Medienkollektiv Vogtland 06.08.2010 13:03 Themen: Antifa
Seit Jahren veranstalten Neonazis im Vogtland das sogenannte „Rudolf Heß Gedenkturnier“.
In diesem Jahr lädt man bereits zum 10. Mal ins Vogtland ein. Antifaschistischen Gruppen aus der Region ist das braune Fußballturnier seit 2002 bekannt.
Eine kurze Chronologie.

August 2002, Greizer AntifaschistInnen erhalten Kenntnis über ein Fußballturnier im Ortsteil Gommla. Mehrere Fußballmannschaften, die vornehmlich aus Neonazis bestanden, trafen sich auf einem Grundstück im benannten Stadtteil. Ob das Turnier auf dem Sportplatz oder einem Privatgrundstück stattgefunden hat, kann heute nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden.

Das im Jahr 2003 ein Rudolf Heß Gedenkturnier“ stattfand, ist nicht geklärt.

August 2004, etwa 50 Neonazis trafen sich auf dem Sportplatz der Gemeinde Limbach in der Nähe der Stadt Reichenbach (sächsisches Vogtland). Die Neonazis kamen aus Bayern, Sachsen und Thüringen.

August 2005, ein weiteres „Rudolf Heß Gedenkturnier“ fand in der Gemeinde Teichwolframsdorf bei Greiz statt. Knapp 70, der rechten Szene zugehörige Personen aus verschiedenen Bundesländern nahmen teil.

Für das Jahr 2006 gibt es kaum Anhaltspunkte wann und wo das Rudolf Heß Gedenkturnier stattgefunden hat.

August 2007, zirka 80 Neonazis trafen sich auf einem Privatgrundstück in der Nähe von Greiz zum jährlichen „Rudolf Heß Turnier“. Die Teilnehmer kamen aus dem gesamten Vogtland.

August 2008, bis zu 100 Neonazis versammelten sich auf einem Grundstück in Neumühle bei Greiz zum Gedenkturnier.

August 2009, wieder auf einem Privatgrundstück im thüringischen Vogtland (Lehnamühle) trafen sich etwa 50 Neonazis aus mehreren Bundesländern zum Turnier.

Eine Bestandsaufnahme.

Seit dem ersten Bekanntwerden und der aktuellen Einladung zum „Rudolf Heß Gedenkturnier“ liegen fast 10 Jahre. In dieser Zeit wurde das Fußballturnier zur festen Größe im Kalender für Neonazis aus dem Vogtland.
Während man in den ersten Jahren teilweise noch öffentlich (Internet) zur Teilnahme einlud, änderte sich ab 2006 die Strategie.

Ein Grund für die Strategieänderung war sicherlich das „Gedenkturnier“ 2005 in Teichwolframsdorf.

Zitat aus der OTZ vom 16.05.05

"Diese Veranstaltung war bei der Gemeinde nicht angemeldet. Ich habe lediglich einmal eine telefonische Anfrage aus Nitschareuth gehabt, ob einige Jugendliche auf dem Platz am einstigen Krankenhaus mal ein bisschen Fußball spielen könnten. Daraufhin habe ich den Anrufer an den Pächter des dortigen Areals verwiesen. Als ich am Freitag allerdings den Personenkreis sah, der dort anreiste, habe ich vorsorglich die Behörden informiert".
In den folgenden Jahren fand das Turnier unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf Privatgrundstücken statt. Einladungen wurden weiterhin über das Internet verschickt oder die Termine persönlich weitergegeben.

Ein Beleg für das Fortbestehen des neonazistischen Propagandaspektakels mit „sportlicher“ Betätigung sind Recherchen regionaler Antifagruppen und ein letztes Jahr erschienener Artikel beim „blick nach rechts“.

In der lokalen Presse wurde das „Fußballspiel der Rechten“ nur am Rand erwähnt. Hintergründe wie zum Beispiel, dass dieses Fußballturnier schon seit Jahren unter dem Namen „Rudolf Heß Gedenkturnier“ stattfindet und nicht nur der sportlichen Betätigung dient, fanden keine Erwähnung. Eher bekam man beim Lesen der Pressemeldung den Eindruck, dass die Polizei harmlose Jugendliche beim Fußball spielen störte.

Eine Innenansicht.

Eine Waldlichtung bei Greiz, von der Hauptstraße kaum einsehbar. Ein Notstromaggregat tuckert seelenruhig vor sich hin. An dem einen Ende der Lichtung stehen viele Fahrzeuge, am Anderen wurde ein provisorisches Fußballfeld aufgebaut. Für Zuschauer und Fans wurden fein säuberlich am Rande des Spielfeldes Biertisch Garnituren aufgestellt. Nicht weit weg stehen ein Schankwagen und ein Verkaufsstand mit allerlei Artikeln für den Neonazistischen Lifestyle.

In einem Internetforum las sich das so:

„Freie Nationalisten aus Greiz, Neustadt (SOK), Hof, Mylau und Reichenbach haben am 25.8. ein Fußballtournier veranstaltet. Angetreten waren 6 Mannschaften, darunter auch die "Braunen Teufel" aus Greiz/Mylau, die es trotz wöchentlichem Training nur auf Platz 6 schaften.
Anwesend waren 80 Personen - viele hatten ihre Babys und Kinder mit.“

Für Außenstehende ein martialisches Bild, für Teilnehmer ein ganz normales Leben.

Ein Rückblick.

Im Zusammenhang mit dem „Rudolf Heß Turnier“, fällt oftmals der Name „Braune Teufel Vogtland“. Von Anfang an war die Kameradschaft maßgeblich an der Organisation dieser Veranstaltung beteiligt. Der, angeblich als Fußballmannschaft gegründete, Verbund von Neonazis aus dem Vogtland ist trotz wiederkehrender strafrechtlicher Verfolgung einiger Mitglieder weiterhin aktiv.

Ob von Anfang an die Idee bestand eine Alternative zu den jährlich, in anderen Teilen Deutschlands, stattfindenden „Rudolf Heß Gedenkveranstaltungen“ zu etablieren, kann nicht belegt werden. Eine rege Vernetzung und das Gefühl einer „Volksgemeinschaft“ verschiedener Neonazigruppen wurden und werden weiterhin ermöglicht.

Eine Zusammenfassung

Seit vielen Jahren schaffen es Neonazis, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt oder wahrgenommen, die braune Erinnerungskultur mit Erlebniskultur zu paaren. Dank ausreichender eigener Grundstücke sind die Neonazis im Vogtland nicht auf öffentliche Sportplätze oder ähnliches angewiesen. Von verfügbaren Rechtlichen Mitteln wurde bisher kaum Gebrauch gemacht. Nur 2005 und 2009 wurde der Ablauf des „Gedenkturniers“ durch Polizei und Ordnungsbehörden empfindlich gestört.

Vom Mitläufer zum Täter – ein Weg, den einige Teilnehmer des Gedenkturniers schon gegangen sind und andere noch gehen werden.
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Ergänzungen

Was noch zu erwähnen wäre

unwichtig 06.08.2010 - 16:43
Einen festen Termin für das "Rudolf Heß Gedenkturnier" gibt es nicht. Beliebt sind Termine um den Todestag des Bruchpiloten herum. Aber auch da sind die Nazis flexibel. Bisher lagen die Termine zwischen dem 08.08 und 30.08. alles Samstage im August.

Nazidemo auch in Altenburg

antifa 10.08.2010 - 09:58
am 17.08.10 marschieren Neonazis im thüringischen Altenburg zum wiederholten Mal.

Siehe auch: