[Tr.Kurdistan] Folter und Staatsterrorismus

Kurdistaninfo 04.08.2010 12:40 Themen: Antirassismus Globalisierung Weltweit
Der tiefe Staat schlägt wieder zu: Bomben und extralegale Morde

Während der Krieg in Kurdistan auf allen Ebenen eskaliert, die kurdische Bevölkerung außerhalb Kurdistans von Lynchmobs und Pogromen türkischer Nationalisten, die vom Staatsapparat mit Unterstützung und Verständnis bedacht werden bedroht wird, während das türkische Militär der lokalen Bevölkerung Nors- und Südkurdistans die Lebensgrundlage entzieht, indem es Wälder, Felder, Obsthaine in Brand setzt und Viehherden bombardiert und Menschen und Vieh vertreibt steigert sich auch die Aktivität Kräfte des sog. Tiefen Staates – von staatlichen und parastaatliche Mörderbanden. Die Übergriffe und Aktivitäten des tiefen Staates wurden auch vom Innenminister Beşir Atalay angeheizt, indem er erklärte, „Tut alles was nötig ist um die Amanos Region zu säubern.“ Die Feuerwehr weigerte sich die brennenden BDP Einrichtungen und kurdischen Läden in Dörtyol nach den Pogromen zu löschen und auch die vom türkischen Militär gelegten Waldbrände forderten mittlerweile ein Todesopfer. Diese Politik der systematischen Übergriffe und schweren Menschenrechtsverletzungen machen eine von kurdischer Seite immer wieder durch einseitige Waffenstillstände unterstützte politische Lösung immer schwerer.
EHEM. ADMIRAL BEKENNT, DASS STAATLICHE MORDE IN DEN 90ern ANGEORDNETE POLITIK WAREN

Der pensionierte Admiral Attila Kıyat erklärte, dass die Morde unbekannter Täter in den 90er Jahren staatliche Politik gewesen seien. „Ich frage jetzt, die Ministerpräsidenten, Premierminister, Generalstabschefs Ausnahmezustandsgouverneure von 94, 95, 93, 96, und 97, wie könnt ihr noch ruhig schlafen? Tretet endlich heraus und erklärt, ob die Morde unbekannter Täter Teil der Strategie zur Terrorbekämpfung gewesen sind, ob hier Staatspolitik exekutiert wurde. Wenn ihr sagen wollt, `Nein so eine Staatspolitik gibt es nicht` sagt es! Aber nein sie sagen es nicht.“


JUSTIZ LÄSST ZWEI MUTMASSLICHE JITEM MITGLIEDER TROTZ MORDVORWURFS FREI
Am 15. Dezember 2009 eröffneten zwei, als Mitglieder des Geheimdienstes Jitem bekannte Dorfschützer, der für mehr als 17.000 extralegale Morde verantwortlich gemacht wird, das Feuer aus Sturmgewehren auf kurdische Demonstatrant_innen, die Polizei. Die Polizei, welche die Polizei zuvor in Richtung der Dorfschützer getrieben hatte, sah zu als diese das Feuer eröffneten. Dabei starben zwei Personen und acht wurden verletzt. Unter den Getöteten befand sich ein 43jähriger Vater von vier Kindern. Nach Anfänglicher Inhaftierung wurden die Dorfschützer nun auf Entscheidung des Gerichts vom 27.07.10 freigelassen, „da aus legitimer Notwehr gehandelt worden sei“ während bei dem Angriff verletzte wegen „Propagandadelikten u.a.“ verurteilt wurden. Dabei wird außer Acht gelassen, dass der Angriff den Zeugenaussagen zu Folge ein geplanter Hinterhalt war, bei dem von mindestens drei Positionen aus das Feuer eröffnet worden ist.
Das Gericht unterstützt mit seiner Argumentation das Vorgehen parastaatlicher Banden und motiviert diese so zu weiteren Aktivitäten.


BOMBE GEGEN BDP STADTVERWALTUNG VON DERSIM

Am 03. August wurde im Keller der Stadtverwaltung von Dersim eine zeitgesteuerte Bombe gefunden. Die Stadtverwaltung von Dersim wird von der linken prokurdischen BDP regiert und ist kontinuierlich bedroht von Kräften des tiefen Staates. Die Realität dieser Bedrohung wurde an dem neuen Anschlagsversuch, der mit industriellem C4 Plastiksprengstoff ausgeführt werden sollte erneut deutlich. Die Täter nutzten die Anwesenheit vieler Menschen im Rahmen des Munzur Festivals um die Bombe, die von einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung rechtzeitig gefunden worden ist, zu legen.


TAXIFAHRER ZU TODE GEFOLTERT

Am 01.08.10 wurde die Leiche des zwei Tage zuvor Vermissten kurdischen Taxifahrers Salih Taşar (29) an der Straße zwischen Şırnak und Siirt gefunden. Es gibt deutliche Hinweise auf einen sog „Mord unbekannter Täter“. So wurde die Leiche am Straßenrand abgelegt. Sie war an Händen und Füßen gefesselt und wies schwerste Folterspuren auf. Weitere Hinweise auf einen organisierten Hintergrund des Verbrechens sind die SMS, die der Bruder des getöteten erhalten hat. In einer stand: „Wir als Organisation haben Euern Mann getötet. Wir werden noch viele auf diese Weise töten.“ Diese Drohungen sind typisch für die Geheimdienstpraktiken der 90er Jahre. Insbesondere in der Region Şırnak operieren in letzter Zeit wieder verstärkt, die sog. Dolchteams (Hançer Timi), die für eine Vielzahl von Morden verantwortlich sind. Die Teams, die sich aus Dorfschützern, Soldaten und Geheimdienstelementen rekrutieren waren u.a. für einen ganz ähnlichen Mord an zwei Mitgliedern der mittlerweile verbotenen, linken, prokurdischen DTP beteiligt. Der Kreisleiter der BDP Şırnak, Salih Diren erklärte dazu: „Ich kenne Sahip Taşar. Er war ein Mensch, der niemanden ein Leid zugefügt hat. Wir haben einen Verdacht, warum er umgebracht worden ist. In den 90er Jahren wurden auch Menschen, die nichts mit Politik zu tun hatten umgebracht um eine Botschaft zu übermitteln. Ich denke, das war ein Mord dieser Art.“


10 JÄHRIGER IN GEVER VON POLIZEI SCHWER GEFOLTERT

Bein den Protesten gegen die antikurdischen Pogrome der letzten Tage, wurde in Yüksekova (Gever) ein zehnjähriger festgenommen und schwer gefoltert. Dem Vater rief der Junge aus der Haft zu „Vater rette mich, sie bringen mich hier um.“ Der Zehnjährige, der wegen des angeblichen Wurfs eines Molotowcocktails festgenommen worden war, wurde zehn Stunden lang schwer misshandelt. Der Junge ist nach seiner Entlassung schwer Traumatisiert.
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Ergänzungen

Mainstream Presse

unwichtig 05.08.2010 - 08:03
Hier noch ein Artikel aus der FR über die neue Offensive der PKK als Reaktion auf Erdogans erneutem Versuch die "kurdische Frage" mit Gewalt zu lösen:

 http://www.fr-online.de/politik/pkk-reckt-die-faeuste/-/1472596/4526390/-/index.html

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