Antifa Workcamp Ravensbrück abgeschlossen

Antifa-Ravensbrückworkcamp 30.07.2010 14:12 Themen: Antifa
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Das Antifaschistische Workcamp Ravensbrück fand erfolgreich vom 24.07. - 30.07.2010 statt. Mit knapp 40 jungen Antifaschist_Innen wurden in dieser Zeit drei Arbeitsprojekte im sogenannten Siemenslager abgeschlossen, sich der Thematik des Faschismus, der Verstrickung des Kapitals in Kriegsverbrechen und dem Problem des existierenden Neofaschismus in insgesamt acht Infoveranstaltungen genähert. Am 28.07.2010 konnte mit einem Aktionstag in der angrenzenden Stadt Fürstenberg auf die Problematik aufmerksam gemacht werden.


Zu Siemens und den Arbeitsprojekten
Ein Projekt bestand in der Freilegung des Weges vom KZ Ravensbrück zum Siemenswerk. Diesen mussten die Frauen täglich mehrmals gehen. Insgesamt wurden tausende Menschen in den 20 Fertigungshallen von Siemens für die deutsche Rüstung von August 1942 bis April 1945 ausgebeutet. Zeitweise (Anfang 1945) arbeiteten 2.400 Frauen gleichzeitig. Das Besondere an diesem Außenlager war die Tatsache, dass auch "Zivile Arbeiter_Innen" mit den Häftlingen arbeiteten. Sie sahen also die Bedingungen im Lager, verhielten sich aber Größtenteils indifferent. Nur in wenigen Fällen gab es ernsthafte Kontakte, geschweige denn Anzeichen von Solidarität. Ein weiteres Projekt legte die Bahngleise, die ins Lager führen frei. Hier kam das Material für die Produktion an und die fertigen Arbeitserzeugnisse wurden verladen. Es ist nicht bekannt, ob an der Rampe auch Deportationen stattfanden. Im dritten Projekt wurde das Kraut von 2 der 20 Montagehallen-Fundamenten entfernt. Darüberhinaus wurde noch ein Schild erarbeitet und aufgestellt, was auf das Lager aufmerksam macht. Denn bis heute liegt das Gelände brach und ist nicht Teil der Gedenkstätte. Ein Zustand, den wir ändern wollen und für den ein erster, wichtiger Schritt getan wurde. Um auch in der Stadt präsent zu sein wurde hier ein "Lesekreis" abgehalten. Es wurden u.A. Texte von ehemaligen Ravensbrückrinnen und zum Thema Zwangsarbeit laut verlesen. Desweiteren gab es Diskussionen mit den Besuchern des Marktplatzes. Hier war eine seltsam anfeindende Einstellung einiger Fürstenberger_innen zu bemerken("Es wurde schon viel zu viel Geld in NS-Gedenkstätten gesteckt." oder "Wir Fürstenberger haben schon immer unter dem KZ Ravensbrück gelitten"), während die Touristen des kleinen Städtchens eher positives Feedback gaben.

Zu den Veranstaltungen
Ravensbrücküberlebende konnte wir leider nicht einladen, da viele von ihnen bereits verstorben oder gesundheitlich angeschlagen sind. Allerdings konnten wir Bärbel Schindler-Saefkow für eine Veranstaltung gewinnen, die beeindruckend und aufwühlend über das Wirken ihrer Eltern und ihren eigenen Bezug zur Gedenkstätte berichtete. Desweiteren diskutierten wir mit Heiner Fink - Vorsitzendem der VVN - über "DDR und Antifaschismus". Heiner besuchte tags darauf das Antifaworkcamp in Buchenwald, welches zeitgleich stattfand. An dieser Stelle nochmal solidarische Grüße an die Genoss_Innen! Weitere Veranstaltungen befassten sich mit der "Militarisierung der Gesellschaft", "Antifa-Recherche", "Die Extreme Rechte im Land Brandenburg" oder "Anfängen des Antifaschismus".

Der Aktionstag
Nach den doch sehr anstrengenden Arbeitsprojekten folgte am Donnerstag ein Aktionstag in Fürstenberg. Mit Fahnen, Transperenten und Parolen wie "Was ist den Nazis ein Leben wert? Das sieht man doch im Siemenswerk!" oder "Es liegt zwar schon sehr lang zurück, doch wir gedenken an Ravensbrück" zogen wir lautstark und gut gelaunt durch die Stadt zu einer 2-stündigen Kundgebung. Neben diversen Redebeiträgen, einem Transpi-Workshop und netter Musik wurden knapp 120 Unterschriften für die VVN (hier Erhalt und Ausbau von Gedenkstätten in Brb. gesammelt). Nach der Kundgebung entschlossen sich die Leute spontan zu einer Schweigeminute am Sowjetischen Ehrenmal und vor der "Kommandantur Ravensbrück" zu Ehrung der gefallenen Befreier und der ermordeten Häftlinge. Die Polizei - bisher passiv und zurückhalten - stoppte die Demo und wollte einen Verantwortlichen für die Sponti. Nachdem ein Genosse dies tat, wurde Verstärkung gerufen und der anwesende Einsatzleiter erklärte und es liegen keine Gründe für eine spontane Demonstration vor. Damit erklärte er uns zu einer illegalen Versammlung und forderte die Personalien aller Leute zwecks Erhebung einer Ordungswidrigkeit. Gegen die "Anmelder" wurde sogar Anzeige erstattet. Trotz Protestes und Diskussion + Anwalt und 4fachem Einspruch und Dienstaufsichtsbeschwerde setzen die Bullen ihre Maßnahme durch. Auch eine weitere Spontandemo gegen "Polizeirepression" oder gegen "Staat, Kapital und das schlechte Wetter" wurden nicht gestattet. Einige der Polizist_Innen schienen sich dabei nicht sonderlich wohl zu fühlen und bekundeten grundsätzlichen Zuspruch zu unserem Anliegen - "aber man mache ja nur seine Pflicht..." Jaja, das kennen wir schon! Die Kriminalisierung des Camps und unserer Arbeit ist inakzeptabel.

Rahmenbedingungen
Den finanziellen Rahmen für das Projekt bildete ein Antrag beim "Lokalen Aktionsplan" OPR über 7.300Euro. Damit wurde die Unterbringung in der Gedenkstätte (Betten, Verpflegung, Logistik) abgedeckt. Es wurde explizit vegetarisches bzw. veganes Essen angeboten, um einen Einblick in herrschaftskritische "Genusspolitik" zu geben. Auch die Referent_Innen und ihre Unkosten sind durch die Förderung abgedeckt. Es bleibt abzuwarten, ob die Abrechnung des Projektes erfolgreich ist (formal wäre sie das) oder ob die in Brandenburg aktuell marodierende Extremismuskeule zuschlägt. Das Camp war konzeptionell so ausgerichtet vollkommen transparent zu sein, um zu vermeiden, dass konstruierte "Linksextremismus"-Vorwürfe fruchten. Ob dies klappt wird sich zeigen.

Antifa 2.0
In jedem Fall wird es eine Fortsetzung des Camps 2011 geben - so oder so. Das Konzept des Camps hat sich weitestgehend als unglaublich effizient erwiesen - Menschen, die nie zuvor politisch aktiv waren, haben Reden geschrieben, Verantwortung übernommen oder einfach nur die Arbeitsgruppen am Leben gehalten. Auch "Wohlfühlbeauftragte" und Tagesplenum waren geeignet, dass Camp zu organisieren und Hierarchien abzubauen. Dennoch sind wird es an den ein oder anderen Ecken noch Abänderungen geben die im Vornherein nicht absehbar waren

Ausführliche Infos gibts auf der Homepage unter: http://ravensbrueckcamp.blogsport.de/
Die Seite wird noch weiter aktualisiert werden (z.B. um die Ergebnisse der Archiv-Recherche-AG) - vorbei schauen lohnt sich also!

Nie wieder Krieg! - Nie wieder Faschismus!
Ihr seid nicht vergessen! - Kampf dem neuen und alten Faschismus
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Ergänzungen

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