Hamburg hat abgestimmt
Die Hamburger Primarschule ist grandios gescheitert. Trotz einer Allianz von Linkspartei bis CDU war es der Masse der Bevölkerung nicht vermittelbar, in Deutschland ein Schulwesen das wenigstens in die Richtung europäischer Standard geht, zu installieren. Am Ende hat die Front aus „Volksinitiative Wir wollen lernen“, FDP, NPD und Springer-Presse gesiegt. Die Grafik der Wahlbeteiligung zeigt, dass es vor allem nicht gelungen ist, die Profiteure der Schulreform in den ärmeren Stadtteilen zu mobilisieren. Hohen Wahlbeteiligungen in wohlhabenen Stadtteilen (60,3 % in Nienstedten, 58.8 % in Blankenese) stehen niedrige Wahlbeteilungen in „sozialen Brennpunkten“ gegenüber (25,3 % in Wilhelmsburg, 12,5 % in Billbrook). http://statistik-nord.de/fileadmin/maps/referendum_hh_2010/atlas.html
Mit einem Ergebnis von 276.304 Ja-Stimmen gegen 200.093 Nein-Stimmen hat sich die rechtspopulistische Initiative „Wir wollen lernen“ um den Blankeneser Rechtsanwalt Walter Scheuerl klar gegen längeres gemeinsames Lernen durchgesetzt. Die Vorlage der Bürgerschaft, die eine 6-jährige Primarschule enthielt, kam auf 218.065 Ja-Stimmen und 260.989 Nein-Stimmen. Die grüne Bildungssenatorin Christa Goetsch wird in der Presse zitiert mit: „Ich muss ganz unsenatorisch sagen: Es ist ein ziemlicher Scheißtag und eine bittere Enttäuschung.“ http://www.mopo.de/2010/20100719/hamburg/politik/desaster_fuer_goetsch.html So empfinden wohl auch alle Hamburgerinnen und Hamburger, denen an gerechten Bildungschancen für alle gelegen ist. Der gestrige Tag war kein guter, für diejenigen die das extrem selektive deutsche Schulsystem endlich reformieren wollten. Nachdem die Initiative „Eine Schule für alle“, die ein längeres gemeinsames Lernen bis Klasse 10 per Volksbegehren durchsetzen wollte schon im Jahr 2008 gescheitert war, zeigte sich nun, dass gegen den „Bürgerblock“ nicht mal eine Schule für alle bis Klasse 6 durchzusetzen war. Die Signalwirkung auf andere Bundesländer, insbesondere Nordrhein-Westfalen, dürfte verheerend sein.
Dennoch ist nicht alles verloren. Die Schulreform kommt, wenn auch in kastrierter Form. Die Stadtteilschulen werden künftig Haupt- und Realschulen ersetzen und zum Abitur nach Klasse 13 führen. Sitzenbleiben und Büchergeld werden abgeschafft und behinderte Kinder bekommen das Recht, eine allgemeine Schule zu besuchen. Dies konnte auch Scheuerl nicht verhindern. In Berlin hat Klaus Wowereit das Konzept der Hamburger Schulreform mit den Stadtteilschulen übernommen. Die 6-jährige Grundschule musste in Berlin nicht eingeführt werden, da sie seit 60 Jahren Realität ist. In Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern ist die Hauptschule auch bereits abgeschafft. In Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg musste die Hauptschule nicht abgeschafft werden, da sie dort nie eingeführt wurde.
Das Hamburger Wahldesaster bekam im übrigen noch dadurch einen bitteren Beigeschmack, da Bürgermeister Ole von Beust relativ überraschend zurücktrat und nun durch den Law-and-Order-Freak Christoph Ahlhaus ersetzt wird. Im Falle Walter Scheuerl wird nun über Parteigründungsambitionen gemunkelt. Als hätte Hamburg den ganzen Scheiß nicht schon einmal erlebt...
Dennoch ist nicht alles verloren. Die Schulreform kommt, wenn auch in kastrierter Form. Die Stadtteilschulen werden künftig Haupt- und Realschulen ersetzen und zum Abitur nach Klasse 13 führen. Sitzenbleiben und Büchergeld werden abgeschafft und behinderte Kinder bekommen das Recht, eine allgemeine Schule zu besuchen. Dies konnte auch Scheuerl nicht verhindern. In Berlin hat Klaus Wowereit das Konzept der Hamburger Schulreform mit den Stadtteilschulen übernommen. Die 6-jährige Grundschule musste in Berlin nicht eingeführt werden, da sie seit 60 Jahren Realität ist. In Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern ist die Hauptschule auch bereits abgeschafft. In Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg musste die Hauptschule nicht abgeschafft werden, da sie dort nie eingeführt wurde.
Das Hamburger Wahldesaster bekam im übrigen noch dadurch einen bitteren Beigeschmack, da Bürgermeister Ole von Beust relativ überraschend zurücktrat und nun durch den Law-and-Order-Freak Christoph Ahlhaus ersetzt wird. Im Falle Walter Scheuerl wird nun über Parteigründungsambitionen gemunkelt. Als hätte Hamburg den ganzen Scheiß nicht schon einmal erlebt...
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Ergänzungen
Hamburg ist ein bischen wie Italien
na ja
ansonsten zeigt es nur, wenn ich die bemerkungen der gegener der geplanten "Reform" noch mal rekapituliere( " kinder werden gezwungen, mit schwachen und schlechten in einem raum zu sein") daß die asozialität der akademiker und reichenelite eigentlich nur eine einzige konsequenz den "klassenkampf" verschärft
in dem sinne
Wahlbeteiligung
Lächerlich bürgerliche Schulreform
Es war auch kein Schritt in die richtige Richtung, sondern ein bisschen Gutes mit einigem Schlechten und ganz viel Murks und Unsicherheit. Die Quittung bekam aber vor allem auch die Partei Die Linke und die Gewerkschaften, welche übereilig und opportunistisch wie immer alle Konzepte von einer Schule für alle (was 2008 noch gefordert wurde) über Bord warfen und sich rückgratlos in die Pro-Schulreform-Propaganda einreihten.
Dazu wurde der Wahlkampf von beiden Seiten mit einer Inhaltlosigkeit bis zum geht nicht mehr geführt. Reiner Populismus, ohne viel Inhalt und mit ganz viel Halbwahrheiten. Bei der Pro-Schulrefom-Demo wussten viele Schüler_innen nicht einmal, um was es gerade geht. Sprüche wie "für eine bessere Schule" war meistens der ganze Inhalt der Kampagne.
Aber auch das spiegelt Hamburg ganz gut wider. Der Kommentar "jedes Volk erhält das was es verdient" ist angesichst eines solchen "Volksentscheid" mehr als daneben. Die Mehrheit der Bevölkerung, die Arbeiterklasse, fand in beiden Vorlagen nicht wider, was sie verdient und fordert, und das ist das Ergebnis.
@Ernesto Hernandez
Die Linke, die GEW und viele Einzelpersonen, die die Schulverbesserer unterstützt haben, stehen für gemeinsames Lernen bis Klasse 10. Deshalb hat Die Linke auch nicht dem "Hamburger Schulfrieden" zugestimmt. Es ist aber ja an den aktuellen Vorgängen deutlich zu sehen, wie schwer so etwas durchsetzbar ist. Jetzt ging es "nur" darum, die Primarschule zu retten. Und wieso muss ein Kompromiss immer gleich ein fauler Kompromiss sein?
Die Arbeiterklasse hat in ihrer Mehrheit beide Vorlagen gar nicht erst gelesen. Das Problem ist, dass viele Menschen in der "Unterschicht" nicht daran glauben, dass sie irgendetwas bewirken können. Deshalb war ihre Forderung auch nicht "Eine Schule für alle", für die sie 2008 hätten unterschreiben können, sondern sie haben einfach keine.
Und aus dem Hause [´solid]/SAV kann ich außer Phrasen keine Lösung für dieses Problem hören.
Eine Frage der Hegemonie
Wie bereits im Falle des Bildungsstreiks zeigt sich, dass die Ideologie des Neoliberalismus keineswegs in sich zusammengebrochen ist, wie in linken Zeitschriften zu lesen war, sondern unabhängig vom Verlauf der Krise von der Mehrheit der Menschen tief verinnerlicht wurde - auch und gerade von jenen, die nicht zu den Profiteuren gehören. Egal ob Bildungsstreik, Krankenversicherung, Hartz IV oder Hamburger Primarschule: die Deutungsangebote der Linken erreichen ihre Adressaten nicht.
@ Katrin Wallkake
p.s.: warum nicht einmal eine proletarische Demo durch die Nobelviertel an Alster und Elbe machen (kann mensch mit Zwischenkundgebungen vor den Konsulaten diverser Staaten verbinden, Anlässe gibt es genügend)?
Ein Fehler und zwei Bemerkungen
Außerdem wurde ja nicht gegen die Reform ansich gestimmt, nur die 6 Jährige Grundschule wurde von "Wir wollen Lernen" bekämpft.
Nirgendwo steht geschrieben, dass eine 6 Jährige Grundschule an miesen Leistungen etwas ändert oder ob dadurch die Abhängigkeit von Finanzmitteln und Bildungsgrad abgeschwächt oder geändert wird ....
verzichtbarer Artikel
Problematisch an der Reform ist vor allem, dass es keine wissenschaftliche Grundlage für den Nutzen der Maßnahmen gibt. Extrem hoher organisatorischer Aufwand, sehr ideologisch geführte Debatte (auf allen Seiten) und am Ende wenig Nutzen für die Schüler. Die Maßnahmen, die erwiesenermassen die Lernleistungen von schwächeren Schülern fördern - kleine Klassenstärke, Förderunterricht und bessere Lehrerausbildung ließen sich mit einfachen umsetzen. Stattdessen wird eine emotionale Klassenkampf Debatte geführt, die am Ende einen Scherbenhaufen hinterlässt und eine Stadt spaltet. Etwas mehr politischer Professionalismus hätte uns allen mehr gebracht. Und das Klassenkampfgelabere in den einschlägigen Foren macht hoffentlich den Schreibern wenigstens gute Stimmung, ansonsten ist es nämlich unerträglich.
Hauptschulen in Sachsen-Anhalt
direkte demokratie
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Wen interessiert das Ganze? — Prekariat Familienvater
seit wann läuft frauentausch morgens? — ausgeschlafener
"Wen interessiert das Ganze?" — XXX
Viele bekommen immer weniger mit — Bankrun
Wen interessiert es? — Zappa
Achso — egal
Springer — Monty
@Italien — hamburg
abgestimmt — ist halt so
Front aus FDP und NPD? — Bödefeld
Also ich bin verdammt froh — Heiner
scheuerl/schill? — matt1109