Augsburg: Für eine gentechnikfreie Region

Auxburger 18.07.2010 12:48 Themen: Biopolitik Ökologie
Im Dezember 2009 hat sich ein breites Bündnis von Verbänden und NGOs zusammengeschlossen, das von der Landwirtschaft bis zum Verbraucher alle gesellschaftlichen Gruppen umfasst, um zu erreichen, dass der Landkreis und Stadt Augsburg gentechnikfrei in Anbau und Fütterung werden.
Genmais deutschlandweit ausgesäht

Vor einigen Wochen sei bekannt geworden, heißt es in einer Pressemitteilung, dass in ganz Deutschland auf einer Fläche von rund 3200 ha ein mit dem Genmais NK 603 kontaminiertes Maissaatgut von Pioneer Hi-Bred ausgesät wurde. Bayern sei dabei mit rund 900 ha betroffen, ein Schwerpunkt liege in Schwaben. Erst vor zwei Jahren war der Bt-Mais der Linie MON810 des US-amerikanischen Agrarkonzerns Monsanto in die Kritik geraten, dass neben den Zielinsekten, in diesem Fall des Maiszünwslers auch weitere Organismen geschädigt werden können. Schwarz-Rot hatte sich in Berlin bereits 2008 auf ein neues Gentechnik-Gesetz geeinigt. Das Saatgut-Unternehmen Pioneer mit Sitz in Buxtehude setzte trotzdem auf den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen wie dem Maiszünsler-resistenten BT-Mais – gleichberechtigt neben der ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft.


Wer kommt für etwaigen Schaden auf?

Auch wenn mittlerweile das Umpflügen der betroffenen Aussaaten behördlich angeordnet worden sei, bestünde noch immer Unklahrheit darüber, wer für den Schaden der Landwirte aufkommen müsse, heißt es weiterhin. Der Hersteller und Vertreiber Pioneer verweigere dies, der Genmais NK 603 stamme vom Gentechnikkonzern Monsanto und das ausgelieferte Saatgut sei unbelastet gewesen, meine Pioneer. Dass sich die Gentechnikkonzerne nun gegenseitig die Schuld zuweisen und die Landwirte dabei als Geschädigte zurücklassen, sei ein Skandal meint das Bündnis für eine gentechnikfreie Region.


Großes Bündnis gegen großes Problem

Erst Anfang Juni 2010 begrüßte das Bündnis für eine gentechnikfreie Region Augsburg Stadt und Land in Gessertshausen zum Vortrag von Louise und Percy Schmeiser, den weltbekannten Kämpfern gegen Agrogentechnik, mehr als 600 Besucher. Nach der Begrüßung durch einige Vertreterinnen und Vertreter des Bündnisses trug Percy Schmeiser seine Lebensgeschichte und den damit verbundenen Kampf gegen die Gentechnikkonzerne vor. Er sprach den Besuchern und den Vertretern des Bündnisses Mut zu, ihr Engagement konsequent und kraftvoll fortzusetzen, da Europa, Deutschland und Bayern noch praktisch gentechnikfrei sind. In Kanada ist es bei vielen Pflanzen wie Mais oder Raps nicht mehr möglich gentechnikfrei oder sogar ökologisch zu produzieren.


Bündnis hofft auf mehr Beteiligung

Damit die Region Augsburg Stadt und Land schnell und dauerhaft gentechnikfrei bleiben könne, brauche es die Mithilfe aller. Hauptziel des Bündnisses sei die Erreichung einer großräumigen gentechnikfreien Region Augsburg Stadt und Land. Rechtlich möglich sei dies auf Basis freiwilliger Vereinbarungen, welche die Landwirte miteinander abschließen. Darüber hinaus könnten Gemeindegremien den Beschluss fassen, dass auf gemeindeeigenem Grund kein Einsatz von Gentechnik erlaubt sein solle und sich zur gentechnikfreien Kommune erklären. Die Stadt Augsburg selbst habe diesen Schritt bereits im Jahr 2005 gemacht.
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Ergänzungen

Mecklenburg-Vorpommern

NDR-Online 18.07.2010 - 15:48
Gentechnik-Gegner verwüsten Kartoffelfeld

Unbekannte haben auf dem Amflora-Feld im Müritzkreis etliche der gentechnisch veränderten Pflanzen aus dem Boden gerissen. Etwa ein Hektar des Feldes sei zerstört, sagte eine Sprecherin des Chemiekonzerns BASF, der die Kartoffeln dort in diesem Jahr erstmals kommerziell anbauen lässt. Sie sollen zur Stärkegewinnung als Rohstoff für Kleber und Beton dienen und nicht zum Essen. Die Tat ereignete sich bereits in der Nacht zum Donnerstag. Die Schadenshöhe ist noch nicht bekannt. Das Unternehmen erstattete Strafanzeige. Am 19. April waren die Kartoffeln unter Polizeibewachung gepflanzt worden.


"Kein demokratischer Diskussionsbeitrag"

Auf der jetzt vernichteten Fläche sollten Saatkartoffeln wachsen, die im nächsten Jahr für die Bestellung von 10 bis 15 Hektar gereicht hätten, sagte eine BASF-Sprecherin. Geschäftsführer Peter Eckes äußerte, die Zerstörung sei kein demokratischer Beitrag für eine Diskussion. "Wir haben im Vorfeld sehr aktiv und transparent über den Amflora-Anbau informiert und uns für eine offene Diskussion eingesetzt", sagte Eckes.


Weitere Proteste geplant

Gentechnik-Gegner hatten immer wieder gegen den Anbau protestiert. Die Kartoffel kann nach Angaben von Umweltverbänden eine Resistenz gegen Antibiotika auslösen. Vergangenen Dienstag hatten Demonstranten einen riesigen Kartoffel-Ballon mit Haifisch-Gesicht in Zepkow als Zeichen ihres Protestes aufsteigen lassen. An dem Tag hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) die Region besucht. Bündnis/Die Grünen, die Umweltorganisation BUND und die Bürgerinitiative "Müritzregion gentechnikfrei" haben für den 16. Juli weitere Aktionen geplant. Die Grünen distanzierten sich von der Feldzerstörung. Das Landesvorstandsmitglied Christian Prasser erkärte: "Das ist nicht das geeignete Mittel. Wir brauchen politische Lösungen." Zerstörungen würden nur Skepsis bei den Bürgern bringen. Auch könnten die Genveränderungen durch die einzelne Pflanzenteile noch eher in die Umwelt getragen werden.


Schreckt die Kartoffel auch Touristen ab?

BASF lässt bei Zepkow im Müritzkreis auf rund 15 Hektar Amflora-Kartoffeln anbauen. Die EU-Kommission hatte den kommerziellen Anbau der umstrittenen Knolle Anfang März genehmigt. Im Unterschied zum Versuchsanbau im Vorjahr muss der Konzern den Acker nun nicht mehr einzäunen lassen. Für den Bürgermeister der Nachbargemeinde Bollewick, Bertold Meyer, sind die Folgen der Brüsseler Entscheidung noch nicht absehbar. Wenn die Anbaufläche in den nächsten Jahren noch ausgeweitet wird, sehe er für die Tourismusentwicklung schwarz. Die Urlauber, so Meyer, reagieren sehr sensibel auf genveränderte Pflanzen. Wo so was wachse, wolle niemand Urlaub machen. Bollewick, bekannt durch die größte Feldsteinscheune Norddeutschlands, baut sich seit Jahren ein Image als Öko- und Bioenergiedorf auf.

Stand: 09.07.2010 17:50

Originalartikel:  http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/amfloradiskussion104.html