HH-Harburg: Kundgebung "gegen Gewalt"

kritische Beobachter 06.07.2010 22:26 Themen: Antifa Antirassismus
Aufgrund der Vorfälle der verschiedenen Gewaltdelikte, die sich in den letzen Wochen im Hamburger Süden ereignet haben, fand am heutigen Abend eine Kundgebung vor dem Harburger Rathaus statt. Zu der Kundgebung aufgerufen hatten Einzelpersonen, die sich in Form einer Facebook Gruppe organisierten. Anläßlich diesen Indymedia-Artikels ( http://de.indymedia.org/2010/07/285523.shtml) erschien ein kritischer Blick auf die Kundgebung angebracht.
Um eins vorweg zu sagen, es geht in keinem Fall darum, die berechtigte Trauer um Pascal oder andere Opfer von Verbrechen zu delegitimieren. Allerdings ist es höchst problematisch, wenn diese Opfer für reaktionäre Ziele politisch instrumentalisiert werden. Diese Befürchtung bewahrheitete sich auch bei den Geschehnissen heute in Harburg.

Die Ansammlung von ca. 300-400 Menschen vor dem Rathaus wirkte zunächst sehr entspannt und dazu lief seichte Popmusik aus der Lautsprecheranlage. Das erste Mal seltsam wurde es allerdings, als Menschen ein Transparent mit der Aufschrift: „Deutschlands Zukunft – Ein Ritt auf Messers Schneide“ entrollten. Wie aus der individuellen Trauer eine Angst um die Zukunft des deutschen Kollektivs wurde läßt sich nur durch einen nationalistischen Hintergrund der Transparentmaler erklären oder zumindest verwechselt dort jemand seine Trauer um einen Freund mit einer „nationalen Bedrohung“.

Die Kundgebung begann dann mit einer Schweigeminute, zu der einige TeilnehmerInnen Fackeln entzündeten. Schon mit dem darauf folgenden ersten Redebeitrag merkte mensch schnell, welcher Unterton bei dieser Kundgebung mitschwang. So freute sich der Redner über die hohe TeilnehmerInnenzahl, beklagte jedoch zugleich, dass nur wenige „Neu-Harburger“ die Kundgebung besuchten. Dass mit „Neu-Harburgern“ Menschen mit Migrationshintergrund gemeint waren, war eindeutig, obwohl dies nicht explizit gesagt wurde. Auch erscheint zweifelhaft, warum dies betont werden mußte und ob es überhaupt den Gegebenheiten entsprach.

Der eigentliche Inhalt der Kundgebung bestand dann aus einer Fragerunde an Abgeordnete der vier in der Harburger Bezirksvertretung sitzenden Parteien. Auf die Frage, was die Politik gegen die Gewalt zu unternehmen gedenke und wie eine schnellere und härtere Bestrafung des Täters zu ermöglichen sei, wurde auf die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und des Jugendstrafrechts hingewiesen. Daraufhin ertönte bei den Worten „Demokratie“ und „Rechtsstaat“ laute Buh-Rufe. Ab diesem Zeitpunkt kippte die Stimmung völlig. Nicht dass sich hier gegen Rechtsstaat & Demokratie ausgesprochen wurde stellt das Problem dar, sondern in welchem Kontext dies geschah. Auf beschwichtigende Worte von der Bühne reagierte der Mob mit widerlichen Zwischenrufen. Eine ältere Person trat hier besonders hervor, als diese über „Ausländer“ hetzte und darauf verwies, daß „wir“ alle doch Steuerzahler seien, und erntete dafür tosenden Applaus.

Selbst als von der Bühne Positionen vertreten wurden, die den rechten Rand der CDU wiederspiegeln dürften - wie z.B. man solle doch den Eltern von SchulschwänzerInnen die Sozialleistungen kürzen - war dies den KundgebungsteilnehmerInnen nicht genug und sie buhten weiter.

Insgesamt wurde deutlich, daß von den KundgebungsteilnehmerInnen mehr gefordert wurde als einem Rechtsstaat (bisher) möglich ist, sie plädierten dafür, demokratische Grundsätze zu ignorieren und zeigten deutlich was sie wollten: harte Strafen und Weg mit „den Ausländern“.
Natürlich ist nicht klar, ob das die Forderung aller Menschen war, von einer Distanzierung oder Entsetzen über die „Meinungsäußerungen“ war aber nichts zu sehen. Es bestand keine Bereitschaft, sich mit den komplexen gesellschaftlichen Ursachen von Kriminalität und hausgemachten „Integrationsproblemen“ auseinanderzusetzen, den
Anwesenden schien die einfache Formel von den „kriminellen Ausländern zu genügen.

Was sich derzeit in Harburg formiert könnte zu einer gefährlichen reaktionären Bewegung quasi „von Unten“ führen und welches Potential für Rechtspopulisten in Hamburg besteht zeigte ja die Schill-Partei eindeutig.

(Demokratie & Rechtsstaat stellen für eine emanzipatorische Linke keinen positiven Bezug darstellen, da in ihnen das Prinzip der Ungleichheit & Herrschaft verankert ist. Trotzdem gilt es sie gegen reaktionäre Ideologien zu verteidigen)
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Ergänzungen

Eröffnungsrede hielt ehem. NPD-Funktionär

Sofia 07.07.2010 - 02:00
Welches Kind diese Veranstaltung war, erkannte man schon bei der Eingangsrede. Diese hielt der ehemalige NPD-Funktionär, Dirk Eisenschmidt, der später in der Schillpartei (Partei Rechtsstaatlicher Offensive) aktives Mitglied war. 2001 erhielt diese Partei 19,4% Stimmen, in Harburg lag sie deutlich über dem Durchscnitt.

Am Rande bemerkt, es redeten nicht alle Parteien der Bezirksfraktion. Die LINKE war nicht vertreten.

Die Stimmung wurde gezielt durch Klaköre angekurbelt. Es waren die gleichen Personen, die sich ständig lautstark einmischten und für sofortige und harte Bestrafung von jugendlichen Straftätern eintraten. Diese Klaköre schafften es auch, den Beifall im Publikum zu bekommen. Möglicherweise war dies sogar organisiert. Ein gefundenes Fressen für Konservative, autoritäre Charaktere und Faschisten.

Die Hetze gegen MigrantInnen war m.E. eher unterschwellig, aber sie schwang immer mit in den Redebeiträgen, ohne es konkret zu benennen. Die Politiker, die von den Bürgerinnen und Bürgern abgestraft wurden, verhielten sich nicht besser. Im Gegenteil: Es gab den Vorschlag, bei Verhaltensauffälligkeit der Kinder oder bei Kindern, die nicht in die Schule gehen, das Hartz 4-Geld der Eltern zu kürzen; es wurde der Unsinn erzählt, dass jemand der EUR 5.000,- Steuern hinterzieht, sofort ins Gefängnis kommt, aber ein Jugendlicher, der einen absticht, nicht verurteilt wird, es gab den Vorschlag für Schnellgerichte bei Jugendlichen und die Aushebelung des Jugendstrafrechts usw. Ein Politiker, der den humanistischen Ansatz des Jugendstrafrechts verteidigte, ruderte sofort zurück, als er merkte, dass er bei den Bürgern nicht punkten konnte.

Das konnte selbst ein Teil der Jusos, die als Ordner eingesetzt waren, nicht verkraften. Sie streiften sich kurzerhand ihre Ordnerbinde ab.

Keine und Keiner gab Contra! Fortschrittliche, undogmatische Geister schienen nicht vertreten zu sein. Keiner fragte nach den sozialen Ursachen für diese Gewalttat und für die Ursachen von Gewalt in dieser Gesellschaft.

Da braut sich was zusammen im Süden Hamburgs. Haltet Augen und Ohren offen!!!!!

Sowas nervt...

... 07.07.2010 - 23:03
Hat sich überhaupt mal einer von euch "kritischen Beobachtern" wirklich mit der Absicht dieser Aktion am Dienstag Abend auseinander gesetzt?
Die Veranstalter hatten in keiner Art und Weise beabsichtigt, dass diese Aktion zu einer rechtsradikalen Veranstaltung umschwingt.
Wenn sich einer von euch mal die genaue Info zu der Facebook-Gruppe durchliest, werdet ihr erkennen, dass sich dort keine rechtsradikalen Stichelein verstecken.
Hier gerne der Link:
 http://www.facebook.com/group.php?gid=127847803921818&v=info&ref=ts

Wenn ich hier lesen muss, dass der Autor des Artikels( http://de.indymedia.org/2010/07/285679.shtml) es "seltsam" findet, dass Menschen ein Banner mit der Aufschrift "Deutschlands Zukunft - Ein Ritt auf Messers Schneide" hochhalten, kann ich mir nur an den Kopf fassen.
Ich weiß nicht, wie man auf die Idee kommt hier hinein zu interpretieren, dass die Maler einen "nationalistischen Hintergrund" hatten.
Für mich sagt dieses Banner lediglich aus, dass der Transparentmaler anscheinend Angst um Deutschlands oder seine eigene Zukunft hat. Mehr nicht!!!!

Wenn ich abends alleine in der Bahn sitze & dann durch Harburg laufe, fühle ich mich einfach nicht mehr sicher. (Die jüngsten Ereignisse zeigen ja auch warum)
Für diese Tatsache mache ich NICHT Menschen mit Migrationshintergrund verantwortlich.
Solche Typen sind überall zu finden, egal aus welchem Land.


Die einzigen, die diese Veranstaltung fälschlicherweise in die rechte Szene drücken, seid ihr!!!

Ich bin gespannt auf das, was alle Kritiker sagen wenn einer euer Familienmitglieder, Freunden oder sogar ihr selbst in eine solche Situation kommen.
Dann herrscht bei euch Wut, Unverständnis & Intoleranz.
Ihr seid dann diejenigen die am lautesten nach einer Lösung schreien!!

Bericht über Demo

Pepe 08.07.2010 - 09:04
 http://www.abendblatt.de/hamburg/article1560567/Lichter-gegen-die-Verunsicherung.html

Harburg. Still war es vor dem Harburger Rathaus. Ganz still. Und nicht wenige hatten Tränen in den Augen, als sie rote Kerzen auf den Stufen vor dem ehrwürdigen Gebäue im Herzen des südlichsten Stadtteils ablegten. Für eine Schweigeminute unter dem Motto "Ein Licht gegen Gewalt" kamen am Dienstagabend etwa 600 Menschen aus Harburg und Umgebung zusammen, um des Todes des vor zwei Wochen an der Bremer Straße erstochenen Pascal E. zu gedenken - und um ihrer Trauer, ihrer Fassungslosigkeit sowie ihrer Sorge über die scheinbar eskalierende Gewalt im Stadtteil Ausdruck zu verleihen. Sie wollen ein deutliches Zeichen gegen die Gewalt setzen, wollen es nicht hinnehmen, dass Angst und Unsicherheit auf den Straßen ihr Leben beeinflussen.

Aufgerufen dazu hatte die Gruppe "Gegen Gewalt in Harburg", die Robert Rittich auf dem Internet-Portal facebook einrichtete. Anlass für die neu entfachte Diskussion um mehr Sicherheit in Harburg waren die Vorkommnisse der vergangenen Wochen. Dazu gehörte nicht nur der tödliche Messerangriff auf den 22 Jahre alten Pascal E. Eine Schlägerei am S-Bahnhof Neuwiedenthal nur wenige Tage nach seinem Tod machte schließlich das Maß voll. "So darf es auf keinen Fall weitergehen. Es reicht und es muss etwas geschehen", sagte Robert Rittich, der selber, so sagt er, bereits Opfer von fünf Überfällen wurde.

Mit dabei waren auch die vier Fraktionsvertreter Rainer Bliefernicht (CDU), Jürgen Heimath (SPD), Ronald Preuß (GAL) und Immo von Eitzen (FDP). Sie stellten sich den Fragen von Moderator Udo Brückner. Mit Buh-Rufen, aber auch mit Applaus reagierten die Teilnehmer der Mahnwache auf die Erklärungen, warum zum Beispiel die Verurteilungen von Tätern so lange dauern würden, warum diese besser geschützt werden als ihre Opfer und ob die Politik überhaupt etwas für die Sicherheit unternehmen würde.

Die Hoffnung ruht auf Bezirksamtleiter Torsten Meinberg. Er hatte sich am Montag mit Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) und Justizsenator Till Steffen (GAL) getroffen, um über die Serie von Gewalttaten in Harburg zu sprechen. Nach Abendblatt-Informationen herrschte Einigkeit darüber, dass Integrations- und Freizeitangebote von Neuwiedenthalern mit deutsch-russischem und arabisch-türkischem Migrationshintergrund nicht wahrgenommen und somit von sozialen Institutionen nicht erreicht werden.

Um diese Ausgrenzung zu überwinden, sollen Sozialarbeiter zu den Treffpunkten dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen geschickt werden, um erst einmal mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Als positiv bewerteten die Senatoren die Bemühungen der Harburger Sicherheitskonferenz, die unter dem Motto "Gemeinsam gegen Gewalt" in Zusammenarbeit mit der Lawaetz-Stiftung und den Polizeiwachen präventive Kriminalitätskonzepte, wie unter anderem integrative Fußballturniere, an Schulen ausrichtet.

Das Organisationsteam von "Ein Licht gegen Gewalt" war zufrieden mit der Resonanz und dem Verlauf der Mahnwache. "Sollte sich nichts ändern, wird dies nicht unsere letzte Aktion gewesen sein."

Die Stunde der Rechten

taz-hamburg 09.07.2010 - 13:37
vom 07.07.2010

Die Stunde der Rechten
Bei einer Mahnwache zum Gedenken an den Tod von Pascal E. führen am Dienstagabend rechtskonservative Redner das Wort. Jusos und Grüne distanzieren sich.

 http://www.taz.de/1/nord/hamburg/artikel/1/die-stunde-der-rechten/

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Keine Antwort — Verzweifelt

... — Kai

Nationale Bedrohung — Felix felicitas

XYZ — XYZ

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keine Ausgrenzung mehr — NO border No Nation

@NO border No Nation — Antifa Pjönjang

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NO NATIONS NO BORDERS NO BRAIN — Antifa Pjönjang

DER Unterschied — fight_bacK

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@AntifaEast — fight_bacK

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Beyonce - L E F T — Krösus

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Gewalt — lala