Kieler Nachrichten = Klatsch & Niedriglohn

AutorIn des Beitrags 30.06.2010 16:47 Themen: Soziale Kämpfe
+++ Arm trotz Arbeit +++ Demonstration gegen Ausbeutung bei den KN und in Solidarität mit den Tabel-Arbeiter_innen +++ Viele Organisationen - wenig Teilnehmer_innen +++
Heute am 30.6. demonstrierten am Mittag ungefähr 100 Menschen in der Kieler Innenstadt gegen Leiharbeit und prekäre Beschäftigung bei den Kieler Nachrichten (KN). Es ging um die Entlassung der Mitarbeiter_innen der Druckerei der KN, welche im Jahr 2000 durch die KN "ausgegliedert" wurden und die Weiterverarbeitung der Zeitung im Druckzentrum Moorsee an die Leiharbeitsfirma Tabel vergeben wurde. Nachdem die Tabel-Beschäftigten es nun endlich geschafft hatten einen eigenen Betriebsrat zu gründen, wurde den 389 permanenten "Leiharbeiter_innen" spontan gekündigt.

Eine Passage aus dem Aufruf: "Da die Bezahlung dort [bei Tabel] mehr als die Hälfte unter dem Tarif der Stammbelegschaft liegt, sparten die KN auf Kosten der Beschäftigten. Zudem verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen: Dort angestellte 400-Euro-Kräfte bekamen keinen bezahlten Urlaub, die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestpausen wurden ebenso wie Höchtsarbeitszeiten nicht eingehalten, ein Sitzverbot wurde eingeführt.
Nach mehreren erfolglosen Versuchen gelang es im Herbst 2009 endlich, einen Betriebsrat zu gründen, um sich gegen die miesen Arbeitsbedingungen zur Wehr zu setzen. Die Folge war jedoch, dass den 389 MitarbeiterInnen der Tabel-Gruppe zum 30. Juni gekündigt wurde. Drei neue Firmen bekamen den Auftrag, die sich explizit darum bemühen, dass keine oder möglichst wenige ehemalige Tabel-MitarbeiterInnen eingestellt werden."

Gegen diese unglaublichen Zustände bei den Kieler Nachrichten haben sich einige Tabel-Arbeiter_innen zur Wehr gesetzt und sind an die Öffentlichkeit gegangen. Sie haben auf ihre Situation aufmerksam gemacht und dabei Unterstützung von verschiedenen Seiten bekommen. In einem anderen Indymedia Artikel heißt es: "Man suchte Kontakt zu den Parteien und zeigte sich offen für die sozialen Bewegungen. Von der Linkspartei erfuhr man spürbare Unterstützung und traf sich auch mit Leuten von der FAU und Aktivisten von Chefduzen („Forum der Ausgebeuteten“). Da die KN über ein Meinungsmonopol in der Region verfügen, wurde es zu einem Problem die Öffentlichkeit zu erreichen. Schon ein Artikel in der TAZ war hilfreich. Man schrieb auch für kleine linke Zeitungen und schaffte es den Wikipedia-Eintrag über die Kieler Nachrichten um einen Absatz über die Lohndumpings-Politik des Verlags zu ergänzen."

Zu der Demonstration hatten neben den Betroffenen aus dem Umfeld des Betriebsrats auch die Gewerkschaft ver.di, die Linkspartei und linke Gruppen aus Kiel aufgerufen. Leider kämpfen aber offensichtlich bei weitem nicht alle gekündigten Tabel-Arbeiter_innen aus Moorsee für ihre Rechte. Von den knapp 400 Gekündigten waren geschätzte 50 Arbeiter_innen anwesend, die andere Hälfte der Demonstration bestand aus Unterstützer_innen verschiedener politischer Spektren, so dass neben Gewerkschafter_innen und Mitgliedern der Parteien (auch die Grünen & SPD waren vor Ort...) auch einige Anarcho-Syndikalist_innen, Autonome, Sozialist_innen und Kommunist_innen auf der Demo waren und auch optisch ihren Eindruck hinterließen. Leider hielt es auch der Betriebsrat der KN-Stammbelegschaft nicht für nötig sich zu positionieren. Die schlechte Beteiligung an der Aktion hinterließ bei einigen solidarischen Unterstützer_innen einen faden Beigeschmack. Trotz guter Öffentlichkeitsarbeit und Kontakten zu Gewerkschaften, Parteien und außerparlamentarischen Linken, trotz der offensichtlichen Schweinereien, die die lokale Monopol-Zeitung KN immer wieder poduziert, waren viele der Betroffenen, aber auch die Gerwerkschaften, nicht in der Lage die notwendigen und richtigen Forderungen der kämpfenden Tabel-Arbeiter_innen zu unterstützen (und hier sollte auch nicht die Uhrzeit als Grund für die Akzeptanz von Beschneidungen von Arbeitnehmer_innenrechten geltend gemacht werden). So blieb es beim kleinen Aufbegehren Einiger, die allerdings verstanden haben, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine darstehen, sondern dass die Ausbeutung der Arbeiter_innen, gerade auch in Zeit- und Leiharbeitsfirmen, Alltag in Deutschland ist.

Weitere Infos:
TAZ:  http://www.taz.de/1/nord/artikel/1/kieler-nachrichten-servieren-drucker-ab/
Stellungnahme der FAU Kiel:  http://www.fau.org/ortsgruppen/kiel/art_100616-170632
Aufrufe/Druckvorlagen auf:  http://avanti-projekt.de/kiel/ereignis/gegen-leiharbeit-und-menschenunw%C3%BCrdige-arbeitsbedingungen-bei-den-kieler-nachrichten
Hintergründe:  http://de.indymedia.org/2010/06/284238.shtml
Diskussion:  http://www.chefduzen.de/index.php/topic,21494.0.html
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Ergänzungen

Demonstration am 02.07.2010, 16h in Kiel

nonazis 30.06.2010 - 17:41
Solidarität mit Claudiu C. und allen anderen Betroffenen rechter Gewalt! – Schluss mit der Nazigewalt in Kiel – Weg mit der neonazistischen „Aktionsgruppe Kiel“!

Am 18.04.2009 versuchten ca. 30 Neonazis einen Infostand des „Runden Tisches gegen Rassismus und Faschismus Kiel“ in der Kieler Innenstadt anzugreifen, wobei es zu Auseinandersetzungen mit Nazigegner_innen kam. Am Rande des Geschehens wurde der vollkommen unbeteiligte Claudiu C. von dem Kieler Neonazi Christopher R. niedergeschlagen, wohl weil der als Tänzer beim Kieler Opernhaus arbeitende Mann aufgrund seiner Erscheinung in dessen „Feindschema“ passte. Der Täter R. ist ein langjähriger Aktivist der lokalen Neonazi-Szene, derzeit in der so genannten „Aktionsgruppe Kiel“ aktiv und trat bei der Kommunalwahl 2008 als Direktkandidat für die NPD an.

Der Tänzer Claudiu C. wurde von hinten angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Er ist infolge des Angriffes dauerhaft arbeitsunfähig und auf einem Ohr taub.

Der brutale Naziübergriff auf Claudiu C. reiht sich ein in eine bis heute andauernde Serie von Angriffen, Anschlägen und Überfällen durch Neonazis aus dem Umfeld von „Aktionsgruppe Kiel“ und NPD. In den vergangenen zwei Jahren richteten die Neonazis mehrere 10.000 Euro Sachschäden an, eine Vielzahl von Menschen wurde verletzt, einige schwer. Auf das linke Zentrum „Alte Meierei“ wurde von Unbekannten sogar scharf geschossen. Zuletzt flogen am 9.Mai Steine gegen Fenster u.a. eines Kinderzimmers des Wohnprojektes „Dampfziegelei“, in dem gerade ein vierjähriges Kind schlief. Gleichzeitig wurden auch beim Buchladen „Zapata“ zum wiederholten Male die Scheiben eingeworfen. Betroffen von der Gewalt Kieler Neonazis sind linke und alternative Einrichtungen, aber auch Menschen mit Migrationshintergrund befinden sich in ihrem Visier.

Besonders hervorzuheben ist, dass sich die „Aktionsgruppe Kiel“ teilweise öffentlich im Internet zu ihren Gewalttaten bekennt und auch jetzt noch weitere ankündigt. Gleichzeitig treten zentrale Personen der Gruppe – Daniel Zöllner und Peter von der Born – offen mit ihren Namen und Fotos in Erscheinung. Trotzdem lässt die Kieler Polizei die Gruppe weitgehend in Ruhe: Bei der genannten Vielzahl schwerer rechter Übergriffe in Kiel ist bis heute lediglich Christopher R. gefasst!

Viele Menschen in Kiel waren und sind betroffen von rechter Gewalt. Bisher hat es Claudiu C. und andere getroffen, letztlich kann es jede_n treffen, der/die nicht in das beschränkte Weltbild der Neonazis passt.

Anlässlich des Gerichtsprozesses am 06.07.2010 wegen des Angriffs auf Claudiu C. rufen wir auf zur:
Demonstration am Freitag den 02.07.2010, 16:00 Uhr Kiel Hbf.

Die Polizei hat bei Gewalttaten mit rechtem Hintergrund in Kiel ganz offensichtlich kein Interesse an ernsthaften Ermittlungen der Täter_innen – oft wird sie überhaupt nicht tätig!

Die etablierte städtische Politik, namentlich auch Bürgermeister Torsten Albig, hält es offensichtlich nicht für nötig, sich endlich eindeutig öffentlich gegen die rechten Umtriebe in Kiel zu positionieren.

Es liegt also allein in unserer Hand! Lasst uns gemeinsam für ein antifaschistisches Klima in Kiel sorgen. Wir rufen alle Kieler_innen auf Stellung zu beziehen und aktiv zu werden, wenn Nazis Leib und Leben von Menschen in unserer Stadt bedrohen!

Besucht die öffentlich stattfindende Hauptverhandlung am Amtsgericht Kiel, Deliusstr. 22 am Di den 06.Juli 2010, 9:00 Uhr, Saal 7. Zeigt Solidarität mit dem verletzten Tänzer Claudiu C. – Wenn wir viele sind haben Neonazis keinen Platz im Zuschauerraum!

Unterzeichner_innen (Stand 23. Juli 2010):

Ratsfraktion DIE LINKE I Buchladen Zapata I Juso HSG I LinksAlternative Liste I Wohnungsgenossenschaft Dampfziegelei e.G I Verein Hansastraße 48 e.V. I Arbeits- und Aktionskreis kritischer Studierender I Uli Schippels, MdL DIE LINKE I Björn Thoroe, MdL DIE LINKE I Die Personalräte -Theater Kiel- AöR I GEW- Studis an der CAU I AStA der Uni Flensburg I Konzertgruppe Rebelti@s musicales I Rasmus Andresen, MdL Bündnis 90/Die Grünen I Luise Amtsberg, MdL Bündnis 90/Die Grünen I Gr*I*P* (Group in Progress)

Zur Demo rufen auf (Stand 23. Juli 2010):

marlene hates germany I Autonome Antifa-Koordination Kiel I Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus in Kiel

FAU-Rolle heruntergespielt

FAUista 01.07.2010 - 09:27
Was zu kurz kommt ist, das die FAU nicht nur zahlenmäßig stark vertreten war an der Demo, sondern auch den Konflikt in die linke Szene Kiels getragen hat. Wir haben uns also nicht einfach nur mit den Tabel-Leuten getroffen und eine Stellungnahme abgegeben. Wir haben bewußt nicht aktiver zur Demo mobilisiert, da es ja nicht unser Konflikt war, sondern der von ver.di. Doch wir sind uns einig, dass wenn wir zu einer eigenen Demo mobilisiert hätten, wir sicher mehr Demonstraten mobilisiert hätten als ver.di. Es war schon irgendwie einr traurige Veranstaltung, vor allem für die Tabel-Beschäftigten. Man hätte da sicher viel mehr machen können mit einem anderen gewerkschaftlichen Ansatz. Erfolgsgarantien hat keiner, aber man kann es wenigstens versuchen. (PS: Ach ja ein neues Mitglied scheinen wir gewonnen zu haben , siehe Foto) ;-)

Re: FAU-Rolle heruntergespielt

FAUista 03.07.2010 - 16:10
Zu meinem eigenen Kommentar: Das "Wir sind uns einig" will ich zurücknehmen. Richtig ist "viele von uns denken das". Mein Kommentar stellt nur meine spontanen persönlichen Eindruck dar und war in keinster weise mit der OG abgestimmt. Mein Fehler, wenn da ein falscher Eindruck entstand!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Nie wieder Arbeit — Mein Name