[Harz] Naziaktivitäten und Widerstand

Quedlinburg

In Quedlinburg herrscht immer noch eine verhältnismäßige Idylle. Es ist zu erwähnen, dass sich nach dem Veröffentlichen unseres letzten Artikels auch in dieser kulturellen Harzstadt einiges geändert hat. Jetzt, wo die Temperaturen wieder steigen, ist auch ein neuer Aktionismus bei den Neonazis zu beobachten. Die alten Verbindungen zu Halberstädter Neonazis zeigen sich nun wieder deutlicher. Sie nennen sich wie selbstverständlich die"Autonomen Nationalisten Sachsen-Anhalt". Es verwundert jedoch, dass sie eng mit der NPD Harz, vor allem mit dem immer unbeholfen wirkenden NPD-Kreisvorsitzenden Thorsten Fleischmann vernetzt sind. Wenn dies ein neuer Trend der sogenannten Autonomen Nationalisten sein soll, ist es erschreckend, wie schnell sie doch ihren internen Leitfaden vernachlässigen. Oder liegt es vielleicht doch eher am begrifflichen Irrtum um das Wort "autonom"?

Der Versuch einer Internetpräsenz der "Autonomen Nationalisten Sachsen-Anhalt" disqualifiziert sich mal wieder allein schon durch die gravierenden Rechtschreib- u. Grammatikschwächen. In diesem Punkt stehen sie ihrem NPD-Kumpel Thorsten Fleischmann in nichts nach. Da fragt sich doch der kritische Betrachter wie das eigentlich mit dem Sprachverfall gemeint war, vor dem von nationaler Seite ständig gewarnt wird. Des weiteren finden sich auf der Seite vielversprechende Themenkategorien, wo sich die "Autonomen Nationalisten Sachsen-Anhalt" auch mal theoretisch beweisen könnten. Doch auch hier wird der Betrachter jedes Mal auf´s Neue enttäuscht und mit alten Youtube-Videos vertröstet oder es wurden zur Abwechslung 3-4 Sätze geschrieben, die aber sinnvollen Inhalt, korrekte Rechtschreibung und Grammatik vermissen lassen.
Zum Glück ist dies alles nichts Neues, denn das wäre auch schon wieder zu viel der Veränderungen. Ebenfalls ist im Forum die Rubrik "Termine" zu finden. Dort verabreden sich die "Autonomen Nationalisten" zur gemeinsamen Fahrt zu Demonstrationen. Auf ihrem Konto haben sie bereits die Naziaufmärsche in Hildesheim am 05.06.2010 und Merseburg am 19.06.2010. Immer dabei ein ominöser Kameramann, der die kompletten Demonstrationen abfilmt. Immer mit im Bild sind die beiden jungen Neonazis Thomas W. aus Halberstadt und Manuel H. aus Quedlinburg, die Mitinitiatoren der "Autonomen Nationalisten Sachsen-Anhalt".

Thomas W. vermummt in der Headergrafik

Auch während der Fußball-WM reißt der Rechtstrend selbstverständlich nicht ab. Niemand scheint auch nur ansatzweise zu verstehen, dass Deutschland kein Sportverein ist.
Nach der Niederlage des deutschen Teams gegen Serbien ließen es sich ca. 10 Alkoholleichen, getarnt als Neonazis, nicht nehmen am Kulturzentrum Reichenstrasse anwesende Personen zu beleidigen und zu bedrohen. Ins Visier geriet relativ schnell ein alternativer Jugendlicher, der anscheinend durch seine gefärbten Haare die Neonazis provozierte. Er musste sich sinnlose Fragen anhören, wie "Warum hast du bunte Haare?". Die Diskussion gipfelte schließlich in einer Ohrfeige mit der flachen Hand für den alternativen Jugendlichen. Die herbeigerufene Polizei hatte nichts besseres zu tun als die Neonazis verbal zurechtzuweisen ohne dabei den Einsatzwagen zu verlassen. Zu diesem Zeitpunkt waren keine AntifaschistenInnen vor Ort, sodass auch das Konzept des antifaschistischen Selbstschutzes leider nicht griff.

Nach dem Spiel des deutschen Teams gegen Ghana war die Stimmung relativ entspannt. Wie nach jedem Spiel feiern die Anhänger der deutschen Nationalmannschaft auf dem Mathildenbrunnen, 2 Minuten Fußweg vom KuZ Reichenstrasse entfernt. Unter den "normalen" Fans tummeln sich immer wieder auch Rechtsoffene und einschlägige Neonazis. Am besagten Abend schlenderten auch zwei Antifaschisten durch die Quedlinburger Straßen, um den nationalen Taumel zu beobachten. Zwei rechtsgerichtete Deutschlandfans griffen die Anifaschisten zunächst verbal an und versuchten dann auch die Antifas körperlich zu bedrängen. Das Resultat dieser körperlichen Auseinandersetzung war eine gebrochene Nase und ein blaues Auge. Für diese beiden war die Feier beendet.

Nach dem Spiel der deutschen Mannschaft gegen England machte sich ein Mob von ca. 15 Leuten, unter ihnen auch Neonazis, auf in Richtung Mathildenbrunnen. Die Gruppe ging direkt am am Kuz Reichenstrasse vorbei. Abgesehen von diversen Pöbeleien blieb es aber an diesem Tag ruhig.Es bleibt abzuwarten wie sich die Situation nach dem Spiel am Samstag, Argentinien vs. Deutschland, entwickelt.Festzuhalten bleibt, dass sich die Neonazis auf offizieller Ebene blamieren wo es nur geht. Nicht zu unterschätzen ist jedoch der neue alte Aktionismus der nicht zuletzt auch von den jungen Leuten, um Thomas W.aus Halberstadt und Manuel H. aus Quedlinburg, wieder entfacht wurde.

mit erhobener Faust: Thomas W., Manuel H., daneben Nadine K. aus Quedlinburg am 05.06.2010 in Hildesheim

Halberstadt

Versuchter Übergriff durch Suffnazis

Am 11.06.2010 kam es in Halberstadt vormittags, aus einer Gruppe Suffnazis heraus, zu einem versuchten Angriff auf zwei Asylbewerber aus Benin. Die Nazis warfen Flaschen in Richtung der beiden Personen, trafen jedoch nicht. Nachdem einer der beiden eine Flasche zurückwarf, liefen die Nazis den beiden nach und warfen erneut Flaschen. Die beiden Asylbewerber konnten flüchten.

AN-SA - Mehr Schein als Sein?

Die mehr oder weniger organisierten Nazis in Halberstadt mussten sich eingestehen, dass der 8. April eindeutig eine Niederlage war.¹ Seitdem wurden Schablonen gesprüht („Good night left side“) und Schriftzüge wie zum Beispiel „BRD = Volkstod“ an Hauptstraßen hinterlassen, welche jedoch wieder relativ zügig entfernt werden konnten.
Seit neuestem versuchen sich die Harzer Neonazis im Aufbau der „Autonomen Nationalisten Sachsen-Anhalt“. Hinter dem großen Namen stecken jedoch ein paar bekannte Nazis aus Halberstadt und Quedlinburg, welche auch des öfteren auf Nazidemos zu sehen sind. Außerdem existiert seit kurzer Zeit auch eine schlecht gemachte Internetseite der sogenannten „AN-SA“. Diese Seite stammt von Markus W. aus Halberstadt. Derzeit sind in dem Forum schon 23 Mitglieder registriert. W. nimmt gern seine Kamera mit auf Demonstrationen, um später schlecht gemachte Videos auf YouTube veröffentlichen zu können, die er mit rechtsradikaler Musik unterlegt. Diese so genannten „Autonomen Nationalisten Sachsen-Anhalt“ sind es auch, die eine Demo am 17.07. mit dem Motto "Recht auf Zukunft" veranstalten wollen. Die Neonazis können nur hoffen, dass es nicht so läuft, wie bei ihren früheren Planungen.²

rechts mit Kamera: Markus W. am 19.06.2010 in Merseburg

Neonazi-Treff-und Anlaufpunkt „Lolo´s Hof“

Zentraler Anlaufpunkt der Harzer Neonaziszene ist weiterhin „Lolo´s Hof“, wo im Dezember letzten Jahres auch das zweite NPD-Bürgerbüro in Sachsen-Anhalt eröffnet wurde. Doch auch dagegen regt sich Widerstand. Nachdem seit der Eröffnung Auto, Fenster, Fassade und andere Dinge beschädigt wurden, wurde der Nazi-Hof in der Otto-Spielmannstraße nun auch als solcher durch Sprühfarbe gekennzeichnet, außerdem flogen, ebenso wie beim Naziladen „Ragnarök“, erneut Pflastersteine durch die Scheiben. Auch den „Autonomen Nationalisten“, sofern man sie als solche bezeichnen kann, dient „Lolo´s Hof“ als Treffpunkt.

Es bleibt also abzuwarten, was wirklich am 17. Juli 2010 in Halberstadt passiert. Wer Interesse hat, den Zirkus kritisch zu beobachten oder ein paar Schellen zu verteilen, sollte sich an diesem Tag vormittags in Halberstadt einfinden.