(Bln) Der Fall Dennis J.

(.....) 29.06.2010 17:16 Themen: Repression
Am letzten Tag des Jahres 2008 wurde Dennis J. in Schönfliess von Berliner Polizeibeamten getötet. Der Prozess gegen die Beamten geht vermutlich am Samstag zu Ende. Was das besondere an diesem Fall ist und welche Bedeutung er für die linke Szene haben könnte, soll hier erläutert werden.
Das Opfer
Dennis wurde am 16. Mai 1982 geboren. Als Jugendlicher wurde er zu dem was Medien und Politik als "Intensivtäter" bezeichnen. Er war eher Einbrecher und Dieb als einer der die Leute abzieht. Dafür hat er einige Jahre im Knast gesessen. Vermutlich war er kein unsympathischer Typ, denn sein Freundeskreis scheint recht groß zu sein. Im Prozeß wurde er als hilfsbereit beschrieben. In dem Milieu, in dem er verkehrte spielen Nationalitäten keine Rolle, zu seinem Umfeld gehören Deutsche genauso wie Türken, Araber und andere.
Nach Einbrüchen im Sommer 2008 und einer nicht angetretenen Haftstrafe wegen Verkehrsdelikten musste Dennis untertauchen. Am Silvestertag 2008 fährt er nach Schönfliess um seine Freundin abzuholen.
Dennis soll hier nicht zum Märtyrer gemacht werden, er war ein ganz normaler Jugendlicher, wie es in Neukölln viele gibt.
Hier gibts Videos  http://jockel44.de/videos.html

Die Täter
PK Reinhard Rother (36), der Todesschütze ist seit 1997 bei der Polizei. Beim Abschnitt 25, Referat Verbrechensbekämpfung, ist er der Spezialist für Personenfahndungen. Laut Vorgesetztem hat er im Lauf der letzten Jahre neue Wege zur Vollstreckung von Haftbefehlen entwickelt. Er ist ein trickreicher Kopfgeldjäger der alle Rekorde bei Festnahmen gebrochen hat. Im Prozess wirkt er wie ein extrem cholerischer Typ, einer der Frau und Kinder schlägt wenn sie nicht nach seiner Pfeife tanzen. Wenn Rother hinter einem her ist, muss man mit allem rechnen.

PHK Heinz Staub (61), ging zur Polizei als die 68er auf die Barrikaden gingen. Er hat alles mitgemacht, RAF Fahndung in den 70er Jahren, Hausbesetzungen in den 80ern. Ein erfahrener Folterspezialist, der laut eigener Aussage wegen seinen Kentnissen in Kontaktkarate in Schönfliess vor Ort war. Unbewaffnet, ausser Dienst. Staub hat Freude am Verfahren, frech lacht er den Angehörigen ins Gesicht. Staub freut sich immer, wenn Obuktionsergebnisse verlesen werden oder wenn seine Anwälte scheinbar Punkte machen.

POK Olaf Böge (33), eigentlich der Einsatzleiter bei der Festnahme, ist er jedoch ein Feigling. Will nicht aus dem Auto gekommen sein während seine Kollegen in Gefahr waren weil angeblich der Sicherheitsgurt klemmte. Will nichts mitbekommen haben, weil er ständig telefonierte. Ein farbloser Befehlsempfänger mit ausdruckslosem Gesicht.


Das Verfahren
Prozessberichte gibt es hier:
 http://de.indymedia.org/2010/05/280529.shtml
 http://de.indymedia.org/2010/05/282183.shtml
 http://de.indymedia.org/2010/06/284334.shtml
 http://jockel44.de/nachrichten.html
 http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/der-superbulle-namens-rotti/

Das Gericht hatte wenig Interesse den Sachverhalt aufzuklären. Unklar ist wo genau der Tip herkam, der zum Einsatz am Tattag führte; was es mit dem bei einem Einbruch verschwundenen Computer eines Polizisten auf sich hat, wegen dem das Umfeld von Dennis unter Druck gesetzt wurde. Unklar wie sich die Berliner Beamten am Tatort absprachen und Spuren verfälschten.
Am Samstag, 3.Juli soll das Urteil kommen. Die Staatsanwaltschaft hat für Rother genau soviel gefordert wie für Steinewefer am 1.Mai, dreieinhalb Jahre Haft.
Letztendlich sollte uns das Urteil egal sein.

Die Angehörigen
Nur dank ihrem Einsatz wurde der Fall nicht schon am Tag nach dem Mord abgeschlossen.
Kurz nach der Tat gab es eine Spontandemo in Neukölln, auch die Beerdigung ließ viele zusammenkommen  http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/multikulti-auf-der-strasse/

Die linke Szene
Zu dieser Aktion  http://www.morgenpost.de/berlin/article1022210/Randale_wegen_Todesschuessen_von_Schoenfliess.html
gab es einen Text in der Interim, ebenso zu Angriffen auf Funkstreifen am Jahrestag Silvester 2009.
Mehrfach wurden gemeinsame Demonstrationen mit den Angehörigen durchgeführt,
 http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/berlin/dennis_-_demo_gegen_polizisten/300000.php
Insgesamt war das Interesse bisher bescheiden, die Notwendigkeit auf polizeiliches Morden zu reagieren wird von vielen nicht erkannt. Paradoxerweise wird bei Morden durch Nazis sich immer mit dem Opfer solidarisiert, bei Morden durch Polizisten jedoch häufig die Schuld beim Opfer gesucht. Viele Linke fühlen sich von Menschen wie Dennis J. bedroht, Menschen die einem was wegnehmen könnten, die in einem politisch nicht 100% korrektem Umfeld leben.
Die Motive warum Nazis und Polizisten morden sind jedoch identisch, beide Personengruppen ertragen es nicht wenn jemand gegen die Ordnung verstößt.
Der jüngste Fall in Hamburg, wo jemand von Beamten zusammengeschlagen wird, weil er im Park pinkelt, zeigt diesen rabiaten Ordnungswahn. Wir müssen zur Kenntniss nehmen, dass polizeiliche Mörder und Schläger sich fast immer zufällig auf ihr Opfer stürzen, es gibt fast nie eine Vorbeziehung. Bei Dennis J. war das anders, der Beamte Rother hatte einige Tage vor der Tat den Schwager von Dennis angerufen und angekündigt, dass Dennis bei einer Festnahme erschossen werden könnte.
Weltweit führen solche Morde zu Unruhen, besonders 2005 in Frankreich, 2008 in Griechenland und auch immer wieder in Belgien. Die deutsche Polizei hingegen tötet ungestraft, Solidarität mit den Opfern ist in der linken Szene kaum vorhanden.
Polizeigewalt ist das was uns verbinden sollte, wenn das nicht funktioniert ist auch das ganze Gerede von sozialer Revolution nicht authentisch.
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Ergänzungen

Kommt zur Infoveranstaltung!

Dein Name 29.06.2010 - 17:24
Montag, 05.07.2010
19:30,
Festsaal Kreuzberg (Skalitzer Str. 130): Infoveranstaltung
"Tödliche Polizeigewalt: Niemand wird vergessen!" Oury Jalloh, Dennis J., Halim Dener, Tennesse Eisenberg... all diese Menschen starben in Deutschland duch Polizeigewalt. Oft kriegen wir kaum die Namen mit, aber manchmal findet sich die Familie oder Freundeskreis nicht mit der Polizeimeldung ab, recherchiert eigenständig und fördert oftmals erstaunliches zu Tage. Die "Notwehrtheorien" der beteiligten Cops halten Zeugenaussagen und Gutachten nicht stand, trotzdem werden die Verfahren eingestellt oder die Cops freigesprochen. An diesem Abend wollen wir mit der Oury Jalloh Initiative und der Famile von Dennis J. diskutieren, welche Problem auftreten wenn Polizisten gegen Polizisten ermitteln, welche Unterstützung gewünscht ist und damit hoffentlich auch ein Stückweit Solidarität entwickeln um der Ohnmacht etwas entgegen zu setzen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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acab — acab

-.- — JCB

Atzen gegen Fratzen — Ein fast ganz normaler Atze