[Tr.Kurdistan]Rückkehr der Schrecken der 90er

Kurdistaninfo 27.06.2010 14:53 Themen: Antirassismus Globalisierung Militarismus Weltweit
Die türkische Regierung und das Militär eskalieren den Krieg gegen die kurdische Freiheitsbewegung und die Bevölkerung im Allgemeinen immer weiter. Nachdem in den 90er Jahren nahezu 4000 Dörfer zerstört worden sind, mehr als 17.000 Menschen von Todesschwadronen umgebracht wurden und die Bevölkerung breit terrorisiert wurde, kehren diese Maßnahmen nun 2010 erneut zurück. In der letzten Woche wurden zwei Dörfer von Soldaten niedergebrannt, für viele Morde bekannte Spezialeinheiten werden reaktiviert und in die kurdischen Provinzen verlegt und viele Gräueltaten, Übergriffe und Einschüchterungsmaßnahmen, der 90er scheinen erneut die türkische Kriegsführung zu prägen.
FÜR FOLTER UND MORD VERANTWORTLICHE EINHEITEN WERDDEN REAKTIVIERT


Auf Entscheidung des nationalen Sicherheitsrates der Türkei (MGK) werden die Özeltims (Spezialeinheiten) der Polizei, die für die Mehrheit der Morde „unbekannter“ Täter in den 90er Jahren in der kurdischen Region verantwortlich sind, wieder in die Gebiete entsandt bzw. ihre Aktivitäten verstärkt werden.
Es wurde erklärt, dass diese Einheiten im Moment in 48 Kreisen aktiv sind und ihre Aktivitäten im „Antiterrorkampf“ erhöht werden würden. Insbesondere in ländlichen Regionen sollen große Kontingente stationiert werden. Diese Einheiten sind besonders berüchtigt, für schwerste Übergriffe auf die Zivilbevölkerung unter dem Verwandt des Kampfes gegen die PKK.

Viele ehem. Mitglieder dieser Einheiten litten nach dem Dienst an schweren psychologischen Störungen und waren nicht mehr fähig sich in ein „normales“ Leben einzufügen, viele von ihnen töteten sich selbst, einige erhielten auch Strafen wegen begangener Übergriffe.

Mitglieder der Özeltims sorgten schon letzte Woche in Hakkari für heftige Auseinandersetzungen, nachdem von ihnen ein Kaffeebesitzer mit dem Tod bedroht worden war, weil er sich geweigert hatte an einem Feiertag für sie den Laden zu öffnen.



LEICHEN VON GUERILLAS MISSHANDELT UND VERSTÜMMELT

In den 90er Jahren wurden gefallene Guerillas häufig von Soldaten verstümmelt, sie wurden mit Panzern durch Ortschaften geschleift und viele andere Grausamkeiten an Verstorbenen wurden als Teil psychologischer Kriegsführung begangen. Mit der Ausweitung des Krieges treten diese Praktiken nun erneut auf. Am 25.06.10 wurden sowohl in Gümüşhane als auch in Diyarbakır /Silvan von Soldaten die Leichen von drei gefallenen Guerillas auf schreckliche Weise geschändet. An der Leiche von Bayram Dün war der Kopf teilweise zerquetscht und teilweise zertrümmert worden. Während auf seinem Körper nur Spuren von Einschüssen zu finden waren, war sein Kopf nicht mehr zu erkennen. Die Soldaten scheinen auf dem Kopfe der Leiche herumgesprungen zu sein. Die Angehörigen, welche die Leiche zu Gesicht bekamen, fielen in Ohnmacht, viele riefen „Rache“, „Wir werden in die Berge gehen und mit Euch abrechnen!“.
Auch an der Leiche von Hamit Ulaş (Sendoz Amed), sind Spuren ähnlicher Grausamkeiten zu finden und einige Spuren nähren den Verdacht, dass er lebend gefangen genommen worden war und hingerichtet wurde. Während am, Köper von Ulaş keine Verletzungen zu sehen sind, sind deutliche Einschüsse im im Hals, Gesicht und Kopf zu sehen. Weiterhin wurde sein Kopf zerschnitten, so dass er nicht mehr zu erkennen war. Sein verdrehter Hals und verformter Schädel, weisen darauf hin, dass sein Leichnam von Soldaten nach seinem Tod noch geschändet wurde.
Der Körper eines Guerillas, Necati Güneş, der angeblich bei dem Angriff der HPG auf Militärstützpunkt gefallen sein soll bleibt verschwunden. Es existieren Berichte, nachdem eine an der Schulter und im Bauchverletzte Person ins Krankenhaus eingeliefert worden war und kurz darauf wieder weggebracht wurde. Menschenrechtler_innen verfolgen diesen Fall weiter.


ZWEI DÖRFER IN DER UMGEBUNG VON HASANKEYF VON SOLDATEN NIEDERGEBRANNT

Das türkische Militär brannte in den Morgenstunden des 25.6., in der Region Êlîh (Batman) im Kreis Hasankeyf zwei Dörfer nieder. Die Dörfer Bizinka (Keçeli) und Xerbekar (Palamutlu) sind und angrenzende Gärten und Obstplantagen der von Landwirtschaft Lebenden Bewohner_innen, sind vollkommen zerstört worden. Die beiden Dörfer sind von türkischen Soldaten „aus Sicherheitsgründen“ in Brand gesetzt worden.
Menschenrechtler_innen, welche die Ereignisse begutachteten, sagten, sie seien „schockiert“ über diese Vorgehensweise. Dieselben Dörfer waren 1993 schon geräumt und in den letzten 17 Jahren 4-mal niedergebrannt worden. Da es weder Wasser, noch Strom in den Dörfern gibt, leben die Menschen dort nur im Sommer um in den Gärten Landwirtschaft zu betreiben. Der Brand breitete sich aus der Gegend der Militärbasis über das Dorf aus. Tausende Haselnuss-, Mandel-, Walnussbäume verbrannten. Mehrere hundert Hektar Agrarland wurden zerstört. Die Dorfbewohner_innen wurden vom türkischen Militär am Löschen gehindert.
Menschenrechtler_innen, die den Brand beobachten konnten sagten: „Worauf stützen sie sich dabei, mit welchem Mut machen sie das? Hierfür kann es weder einen juristischen noch menschlichen Grund geben.“
Auch in Wan bombardierten türkische Militärs zur Vergeltung eines Guerillangriffs ein Dorf, in dem eigentlich Dorfschützer, die mit dem türkischen Militär seit Jahren auf Operationen gehen wohnen. Bei der Bombardierung durch Mörser und Artillerie entstand großer Sachschaden an Wohnhäusern und Gärten.


NACH GUERILLAAKTION ERSCHIESSEN MILITÄRS EINE 70JÄHRIGE

Nach einer Guerillaaktion in Karakoçan in der Provinz Elazığ, am 25.07., bei der nach Angaben der HPG fünf türkische Soldaten ums Leben kamen, eröffneten Soldaten auf eine Familie das Feuer und töteten eine 70jährige Frau und vier ihrer Familienmitglieder wurden verletzt, darunter ein 5jähriges Kind.
Der BDP Kreisleiter von Karliova erklärte zu den Ereignissen: „Die Famile war nicht im Gefecht, als sie beschossen wurde. Sie war im Vorbeifahren und plötzlich wurde das Feuer eröffnet.“ Er erklärte weiterhin: „Nach dem Gefecht beschossen die Soldaten das Dorf und die Umgebung für eine länger Zeit. Eine große Zahl von Häusern wurde beschädigt und Fenster sind zerbrochen.“


SOLDATEN DURCHSIEBEN MINIBUS UND ZÜNDEN FELDER UND NUTZFLÄCHEN AN

Am 21 dursiebten Soldaten der Bağdere Jandarma Basis einen Minibus mit Zivilisten, mit Kugeln. Dabei wurden 4 Personen verletzt. Auch hier war zuvor die Jandarma Basis angegriffen worden. Die Schüsse fielen später, nachdem die Soldaten schon Felder und Nutzflächen der Bevölkerung in Brand gesetzt hatten.


AUSGANGSSPERRE ÜBER DÖRFER VERHÄNGT

Weitere Maßnahmen aus den 90er Jahren wie Ausgangssperren in den Dörfern werden nun wieder in die Praxis umgesetzt. In einigen Dörfern in der Region Tatvan, Bitlis und Hizan wurden die Dorfbewohnervorsteher von den Militärs damit beauftragt, die Dorfbevölkerung davor zu warnen, ohne sich beim Militär abzumelden das Dorf zu verlassen. Die Armee erklärte, wenn es die Bevölkerung nicht täte, dann wäre sie „nicht verantwortlich für etwaige negative Folgen“. Dies Drohungen wurden unter anderem über die Lautsprecher der Moscheen in den Dörfern verbreitet.
Auch in der Region Bingöl leben die Dorfbewohner_innen zur Zeit in Angst vor den Özeltims. An mehreren Dörfern haben diese Spezialeinheiten Stellung bezogen und dokumentieren jeden der das Dorf betritt oder verlässt. Insbesondere nachts bewegen sich die Einheiten in bedrohlicher Weise um das Dorf herum. Viele Dorfbewohner_innen trauen sich aus Angst um ihr Leben nicht einmal mehr ihr Vieh auf die Weiden zu bringen und nachts verlassen sie nicht mehr die Häuser.
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Ergänzungen

@ mods Quellen

Kurdistaninfo 27.06.2010 - 16:36
Quellen: ÖP, yuksekovahaber, DIHA bitte noch druntersetzen (ps: rechte scheisse von "ratte" über mir bitte löschen)