[H]:Prozess gegen Boehringerbesetzer_innen

üpoi 12.06.2010 13:37 Themen: Biopolitik Repression Ökologie
Am Mi 9.6. und Do 10.6. fanden vor dem Amtsgericht Hannover der fünfte und sechste Prozesstag gegen die angeblichen Boehringerbesetzer_innen statt. Eine neue Eskalation in dem Verfahren stellte das zeitweilige Aussetzen des Antrags- und Rügerecht der Angeklagten durch den Richter Süßenbach dar. Auf die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage er zu Beginn der Verhandlung den Angeklagten ihre prozessualen Rechte derart beschnitt antwortete er: "Das ist die Verhandlungsführung des Vorsitzenden." Das Prinzip des Schmierentheaters „Justiz“ entblößte sich hierbei wieder einmal selbst: Für Gesetze hat sich im Gericht noch nie jemand interessiert, Gesetz ist, was der_die Richter_in sagt.
Während des fünften und sechsten Verhandlungstages gegen die fünf wegen Hausfriedensbruchs angeklagten angeblichen Besetzer_innen wurden 5 Polizeizeug_innen vernommen. Die ersten beiden Zeugen versagten bei der Identifizierung der Angeklagten gänzlich, was bei der Staatsanwaltschaft natürlich auf Missfallen stieß. In der Pause zur nächsten Zeugin ging der Staatsanwalt, welcher für den Vormittag des 5. Verhandlungstages die eigentlich zuständige Claudia Becker-Kunze vertrat, in Robe in den Zeugenwarteraum. Das Publikum durfte gespannt sein...oh wunder, diesmal klappte die Identifizierung der Übeltäter überraschender Weise ganz zur Zufriedenheit der Repressionsorgane.
Als dieser Vorgang am darauf folgenden 6. Prozesstag zu Anfang gerügt wurde, rastete Staatsanwältin Claudia Becker-Kunze das erste Mal in diesem Verfahren aus - Menschen berichteten von ihrem Eindruck, sie springe jeden Moment über ihren Tisch zur Anklagebank - und bedrohte den Angeklagten, der die Rüge vorgebracht hatte, mit der Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ihn.

Selbstverständlich kam sie bei den diversen bisher im Gerichtssaal geschehenen offensichtlichen Straftaten wie Körperverletzungen im Amt, Rechtsbeugung, Freiheitsberaubung, unerlaubte Beschlagnahme, Nötigung, sexuelle Belästigung etc. noch nie auf die Idee Verfahren gegen Justizwachtmeister_innen, Polizist_innen oder den Richter aufzunehmen. Auf diese angesprochen hatte sie die Straftaten der Repressionsorgane bisher nicht gesehen oder es handelte sich ihrer Einschätzung nach um vernachlässigbare „Einzelfälle“.
Die massive Einschüchterung von Prozessbeobachter_innen und Angeklagten durch körperliche und psychische Gewalt hat jedoch Methode und dient, genau wie die Justiz selbst, der Aufrechterhaltung der bestehenden Gesellschaftsordnung. Hierzu werden auch weiterhin alle Menschen, sofern sie nicht in das bürgerliche Raster passen, bei jedem Eintritt in den Gerichtssaal betatscht. Hierbei kam es während der bisherigen Verhandlungstage wiederholt zu sexuellen Übergriffen: Frauen wurden im Genitalbereich abgetastet, teilweise wurde ihnen auch in die Unterwäsche gegriffen und einem Mann wurde beim Abtasten mit der Handkante in die Genitalien geschlagen.

Die Liste der sichergestellten Gegenstände bestätigt auch auf jeden Fall die Dringlichkeit derartiger Kontrollen – es soll schon verknöcherte alte Richter gegeben haben, die an einem Herzinfarkt gestorben sind, als anarchistische Chaoten im Publikum mit Konfetti warfen oder mit Hilfe eines alten Festnetztelefons lautstark einen neuen Richter bei Quelle bestellten, weil der alte kaputt gegangen war. Um derartiges zu verhindern, lungerten auch wieder zwei Staatsschützer vor dem Verhandlungssaal herum, darunter leider nicht der stadtbekannte Menschenfreund Möller. Dieser kam jedoch in einem Beweisantrag der Angeklagten vor, da er als Zeuge geladen werden soll. Um Richter Süßenbach diese Ladung zu vereinfachen, wurde Möllers dienstliche Telefonnummer, welche aus der Akte hervorgeht, öffentlich verlesen : 0511/109-5481.
Ein Schelm, wer hierbei böses denkt, hier wird natürlich nicht dazu aufgerufen diesen armen Menschen zu nerven mit Fragen wie: „Wie viele Menschen haben Sie eigentlich schon in der Zelle vermöbelt?“ oder „Seit wann spitzeln Sie schon beim Staatsschutz mit?“ oder „Wenn Sie einmal reden wollen, rufen Sie einfach an, wir machen das ganz anonym.“
Auch über WG-Zimmer-Gebote oder ähnliches auf seinen Namen wird sich dieser sowieso schon stark überarbeitete Polizeibeamte nicht freuen. Der einzige Sinn und Zweck dieser Veröffentlichung ist dieser: Wenn mensch sich selbst wegen einer politischen Straftat anzeigen möchte, kann er es hierdurch auf viel kürzerem Wege direkt beim Zentralen Kriminaldienst Hannover bei 4.2 K, Herrn Möller tun.

Auf Grund des zeitweiligen Verbots, Anträge und Rügen vorzubringen, dauerten die Verhandlungstage diese Mal nicht bis in den Nachmittag, sondern endeten gegen Mittag. Im Strafverfahren fehlen nun noch 7 weitere Zeugen - ob Richter Süßenbach hinterher noch weitere lädt, ist fraglich.
Auf jeden Fall wird die Vorstellung am Do 17.6, Mi 23.6. und Do 24. 6 jeweils ab 8.00 Uhr im Landgericht Hannover, Raum 001 weitergehen, der Eintritt ist frei.

Kommt vorbei und unterstützt die Angeklagten -
Der Fließbandjustiz weiter in die Suppe spucken!
Justizwachtmeister_innen, Staatsschützern, der Staatsanwältin Claudia Becker-Kunze und dem Richter Süßenbach den Tag verhageln!!!

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Presse zum Prozess bisher:
 http://www.haz.de/Hannover/Dossiers/Boehringer-Streit-um-ein-Tierlabor/Boehringer-Gegner-stoeren-Gerichtsverhandlung-in-Hannover
 http://www.rtlregional.de/player.php?id=10793
 http://www.bild.de/BILD/regional/hannover/aktuell/2010/05/22/hannovers-irrster-prozess/tieraktivist-turnt-vorm-richter-herum.html

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Weitere Infos zu Boehringer, Tierversuchen, Tierbefreiung:
 http://boehringer-besetzung.blogsport.de
http://ärzte-gegen-tierversuche.de
 http://antispe.org/text
 http://nandu.net

Offensive Prozessstrategien und anderes zum Thema Justiz:
 http://prozesstipps.de.vu
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Ergänzungen