NPD-Bundesparteitag am 4./5. Juni in Bamberg

Antifas aus Bamberg 06.06.2010 18:03 Themen: Antifa
+++ NPD-Bundesparteitag mit rund 300 Neonazis zum zweiten Mal in Bamberg +++ Geplante Fusion von NPD und DVU bestätig +++ Verschiedene Protestaktionen +++ Antifa-Demo mit etwa 350 Personen +++ Völlig überdimensionierte Präsenz der Bayerischen Polizei +++
NPD-Bundesparteitag in Bamberg – Opposition und Fusion

Am 4. und 5. Juni fand im Hegelsaal der Kongress- und Konzerthalle in Bamberg der Bundesparteitag der NPD statt. Diese hatte sich mit einem Trick in die örtliche Veranstaltungshalle eingemietet, indem sie den Termin zunächst im Herbst 2009 durch eine Berliner Agentur für eine „Bücherausstellung“ anmieten ließ. Nach der plötzlichen Stornierung der geplanten Veranstaltung, wurde der Junitermin nur wenige Minuten später durch einen Anwalt der NPD erneut belegt und später gerichtlich durchgesetzt. Letztlich fanden sich am Freitag und Samstag rund 300 Delegierte, Helfer_innen und Ordner_innen aus dem Kameradschaftsspektrum zum Bundesparteitag ein, der nach 2008 zum zweiten Mal in Bamberg stattfand.

Protestaktionen gegen den NPD-Bundesparteitag

Gegen den Parteitag wurden am Freitag und Samstag in Bamberg mehrere Protestaktionen organisiert. Während sich am Freitag rund 100 Personen an einer ersten Kundgebung zur „Begrüßung“ der Neonazis am Vormittag beteiligten, hatte ‚Die Linke‘ zu einer Demonstration ab 15.00 Uhr mit etwa 120 Teilnehmenden aufgerufen. Die Demonstrierenden reihten sich schließlich in die vom bürgerlichen ‚Bamberger Bündnis gegen Rechts‘ organisierte Menschenkette um die Konzert- und Kongresshalle ein, die kurz nach 17.00 Uhr geschlossen wurde. Nach Angaben der lokalen Presse beteiligten sich daran rund 3500 Personen. Die Polizei hatte den Einsatz der Bereitschaftspolizei bis dato bei einer überschaubaren Zahl belassen, das USK trat bei den bürgerlichen Protesten bis zum Nachmittag nicht in Erscheinung.

Etwa zur selben Zeit trafen auch die ersten Antifaschist_innen am Bahnhof zur vor allem regional mobilisierten Antifa-Demo ein, die von einem völlig übertriebenen Aufgebot der Bayerischen Bereitschaftspolizei empfangen wurden. Im Verhältnis zur Polizeipräsenz 2008, als bis zu 1000 gewaltbereite Autonome aus dem Bundesgebiet erwartet und mit Unterbindungsgewahrsam gedroht wurde, hatte sich die Zahl der Beamt_innen am Freitag sogar noch erhöht. Für die Polizei bereit standen zudem zwei Wasserwerfer und ein Räumfahrzeug; eingesetzt wurden ein Helikopter und mehrere Fahrzeuge des BRK, die die Demo begleiten würden.

Die angereisten Antifas mussten sich vor Demobeginn intensiven Personenkontrollen unterziehen, einzelne wurden zeitweise zur Identitätsfeststellung von der Polizei festgesetzt. Mit Verspätung startete die Demo unter dem Motto „Lichterkette. Stacheldraht. Normalität im deutschen Staat – Gegen das Ganze, und die NPD als Teil des Selben“ um 18.15 Uhr in die Innenstadt. Begleitet von Motorrad-Einheiten und USK an der Spitze sowie flankiert von rund 500 Beamt_innen in grün und schwarz entlang der Route, verlief die Demo bis auf wenige Rangeleien insgesamt ruhig. Vor allem aber bei der Zwischenkundgebung im Bamberger Zentrum konnte sich Gehör durch verschiedene überregionale Redebeiträge verschafft werden. Thematisiert wurden dabei der gesellschaftliche Normalzustand, die Gleichsetzung von Rechts- und Links“extremismus“ sowie die Forderung nach einer radikalen Kritik statt bürgerlicher Symbolpolitik gegen Rechts. Bis zur Abschlusskundgebung um 20.30 Uhr an der Weide – dem Platz vor der Konzert- und Kongresshalle – hatten sich weitere Personen dem Demozug angeschlossen, so dass von etwa 350 Teilnehmer_innen ausgegangen werden kann. Die Demo-Sanis mussten während der gesamten Demo nicht eingesetzt werden.

Die Bayerische Polizei und ihre Quote

Obwohl von den Demonstrierenden keinerlei Aggression ausging, schien die Geduld der Polizei an der Weide ein Ende gefunden zu haben. Bereits zuvor hatten die Beamt_innen des USK einzelne Personen fotografiert, die nun aus der Menge herausgezogen und festgenommen wurden, was nicht verhindert werden konnte. Nach Angaben der Polizei kam es bis zum frühen Abend zu insgesamt 11 „Zwischenfällen“ (sechs Straftaten, fünf Ordnungswidrigkeiten nach dem Versammlungsgesetz bzw. nach dem Waffengesetz). Alle Betroffenen wurden nach der Identitätsfeststellung in der GeSa wieder freigelassen. Gegen 23.15 Uhr kam es am zentralen Maxplatz zu erneuten Streitigkeiten mit der Polizei, bei der eine Person zu Boden gebracht und verhaftet wurde; auch sie kam wenige Stunden später wieder frei. Weitere Auseinandersetzungen mit Polizei oder Neonazis blieben in der Nacht aus, obgleich am Abend kleinere Gruppen der Neonazis in Kneipen beobachtet wurden und es Hinweise darauf gab, dass Teile des NPD-Bundesvorstandes in der Nähe des Stadtzentrums übernachteten.

An der am Samstag angemeldeten Antifa-Kundgebung um 11.30 Uhr in direkter Nähe zur Veranstaltungshalle nahmen noch einmal 40 Personen teil. Zwar wurde die Anzahl der eingesetzten Beamt_innen deutlich reduziert, jedoch gab es auch hier verstärkte Personenkontrollen zum Beginn der Kundgebung. Gegen die Präsenz von offensichtlichen Fotografen der NPD während der Redebeiträge wurde von Seiten der Polizei nichts unternommen. „Die Teilnehmer_innenzahl am Freitag, die Thematisierung des gesellschaftlichen Normalzustandes und der NPD in Bamberg beurteilen wir als positiv“, so Anna Lenhardt von der Antifa Bamberg. „Wir haben aber keinerlei Verständnis für die völlig unnötige Präsenz derart vieler Einsatzkräfte und das Verhalten der Polizei, vor allem im Vorfeld und zum Ende der Demonstration. Einmal mehr haben sich die Beamt_innen eine Rechtfertigung für ihren übertriebenen Einsatz gesucht, um die Quote zu erfüllen.“

Erneuter Parteitag in Bamberg?

Abgeschirmt von den Protestaktionen tagten die überwiegend mit PKWs angereisten 187 stimmberechtigten Delegierten ab Freitag Mittag in der Konzert- und Kongresshalle. Gegen 13.00 Uhr traten Teile der NPD vor die Medien, um den anwesenden Vertreter_innen der „Systempresse“ die Inhalte des mehrfach verschobenen Programmparteitages zu erörtern. Nachdem der so genannte „Deutschlandpakt“ mit der ebenso nationalistischen Deutschen Volksunion (DVU) 2009 aufgelöst wurde, bestätigte Udo Voigt (Berlin), Vorsitzender der NPD, nun die geplante Fusion mit der DVU. Deren Vorsitzender Matthias Faust (Hamburg) war als „Ehrengast“ zum Parteitag geladen. Der mehrfach wegen Volksverhetzung vorbestrafte Liedermacher Frank Rennicke (Ansbach) soll nach Vorstellungen Voigts obendrein der nächste Bundespräsident werden. Beide Entscheidungen sorgen für andauernde Streitigkeiten innerhalb der NPD.

Die Inszenierung des Parteitages wurde schließlich mit dem üblichen Pathos und einem „Gedenken“ an den verstorbenen NPD-Anwalt Jürgen Rieger um 14.00 Uhr eröffnet. Wie im Vorfeld bekannt wurde, sollte mit einem Antrag des NPD-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern der Ausschluss der Presse erreicht werden, was jedoch an der Entscheidung (93 zu 78 Stimmen) der Delegierten scheiterte. Die weit über 150 Änderungsanträge, drei Programmentwürfe sowie Grundsatz- und Detailfragen zur künftigen Ausrichtung der Partei waren damit Gegenstand ausgedehnter Diskussionen am Freitag und Samstag. Bis zum Samstag Abend hatten die Delegierten Bamberg weitestgehend verlassen. Dass sie wieder kommen würden, hatte Voigt bereits am Freitag angekündigt.

Quellen:
Mobi-Seite:  http://lichterkettestacheldraht.blogsport.de/
Polizeibericht:  http://www.polizei.bayern.de/news/presse/aktuell/index.html/116876

Weitere Berichte zum Parteitag sowie v.a. zum bürgerlichen Protest:
NPD-Blog:  http://npd-blog.info/category/bundesparteitag-2010/
TAZ:  http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/ein-alter-traum-der-rechtsextremen/
Bayerischer Rundfunk:  http://www.br-online.de/studio-franken/aktuelles-aus-franken/bamberg-npd-2010-kw22-ID1275480592122.xml
Nürnberger Nachrichten:  http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1236896&kat=27&man=3
Tagesschau:  http://www.tagesschau.de/inland/npdparteitag102.html
Süddeutsche:  http://www.sueddeutsche.de/bayern/npd-parteitag-bamberg-schaut-hin-1.954142
Spiegel:  http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,698832,00.html
Zeit:  http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-06/npd-parteitag-bamberg-2
Videobericht TV-O:  http://www.tvo.de/default.aspx?ID=1059&showNews=741910
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Ergänzungen

Platzverweise und Aufenhaltsverbote

Antifafrankonia 06.06.2010 - 19:24
Einige Personen erhielten bei Kontrollen vor der Demonstration unter fadenscheinlichen und willkürlichen Gründen (Mitführen von Sonnenbrille und Pullover mit Kapuze) einen Platzverweis und ein Aufenthaltsverbot für die gesamte Innenstadt.

Polizei eskortierte den Führer (der NPD)

X 07.06.2010 - 15:40
Der Staat hat sich den Nazis mal wieder nützlich angedient:

"Voigt kam allerdings zu spät, weil er und andere Delegierten im Stau auf der Autobahn standen. Die Polizei eskortierte ihn schließlich nach Bamberg."

 http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/der-neue-kurs-spaltet-die-npd-0912



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