China: Wildcat-Streik bei Honda

Bernhard / Welt in Umwälzung 05.06.2010 15:21 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Ein selbstorganisierter Streik bei Honda China hat 4 Montagewerke zum Stillstand gebracht, der größte Streik bei einem internationalen Autokonzern in China. Eine neue Generation Arbeiter hat sich zu eindrucksvoll zu Wort gemeldet.
Streik bei Honda China legt 5 Fabriken lahm

Bei uns hat man wenig darüber gelesen. Aber viele Komentatoren aus den Zeitungen des Kapitals fragen sich: "Ende eines (Ausbeutungs-) Modells?". Vor allem die Financial Times und die New York Times haben intensiv über den Streik in der Getriebefabrik von Honda in Foshan, Provinz Guangdong, China berichtet.

Am 17.5. streikten fast 100 Arbeiter der Fabrik, weil sie unzufrieden waren mit Löhnen und Zulagen. Das Unternehmen versprach, innerhalb einer Woche eine Lösung zu finden. Am 21.5. gab es Gerüchte, dass die Firma die Löhne nicht erhöhen wolle, sondern statt dessen in anderen Städten neue Arbeitskräfte rekrutiere. Deshalb wurde die Arbeit erneut niedergelegt.
Am 22.5. kündigte das Unternehmen die Entlassung von zwei Arbeitern wegen Streikbeteiligung und Arbeit-nach-Vorschrift an. Am Nachmittag wurde wieder gearbeitet. Am 24.5. bot das Unternehmen eine Lohnerhöhung zwischen 120 bis 155 Yuan an, dies fand aber keine Zustimmung, der Unterschied zwischen den Arbeitererwartungen und dem Angebot ist einfach zu groß.
Auf ihrer Website hat die Southern Metropolis Daily die Forderungen der Arbeiter veröffentlicht: Rmb 800 mehr im Monat (bisher gibt's Rmb 1000 bis 1500), also eine Lohnerhöhung von weit über 50 %. Außerdem für jedes Jahr Betriebszugehörigkeit 100 Rmb/Monat und garantierte Lohnsteigerungen von 15 Prozent im Jahr

Schon bald stehen in Guanzhou (Kanton) und Wuhan je 2 Montagefabriken von Honda, weil keine Teile mehr aus Foshan kommen. Es ist damit der größte Streik bei einem internationalen Autokonzern in China.

Bei Honda Foshan arbeiten 1900 Leute, etwa ein Drittel sind Praktikanten, die noch in der Ausbildung stehen und noch weniger Geld kriegen. Offenbar sind es vor allem sie, die den Streik organisieren. Ohne Gewerkschaft, ja sogar gegen sie. In der Fabrik ist die Staatsgewerkschaft nicht präsent, schickt aber 200 Leute vor die Tore, wo es zu Auseinandersetzungen mit jungen Streikenden kommt.

Zu Beginn des Streiks verhandeln die Arbeter sehr direkt und ohne formale Vertretung mit der Firma; am 31. Mai werden sie dann offenbar genötigt, ein Verhandlungskomitee zu wählen. Honda hat schließlich 24 % Lohnerhöhung angeboten und die Arbeiter ein entsprechendes Streikverzichtdokument unterschreiben lassen. Viele unterschreiben aber nicht und streiken erstmal weiter.

In den ersten Tagen ist von den chinesischen Medien breit berichtet worden; durchaus mit Sympathie für die Arbeiter. Aber nachdem auch die Arbeiter in einer Teilefabrik von Hyundai im weit entfernten Beijing in Streik getreten sind, wurde die Berichterstattung deutlich zurückgefahren. Dieser Streik dort dauerte nicht lange, Hyundai versprach sofort ordentliche Lohnerhöhungen.

Am 1.6. verfaßte die Gewerkschaft einen "Offenen Brief an die Arbeiter von Honda Motors", ( http://libcom.org/news/open-letter-local-chinese-trade-union-honda-motors-factory-workers-02062010) der als Entschuldigung für die Rangeleien zwischen Gewerkschaftern von ausserhalb und einigen streikenden Honda-Arbeitern daherkam. Dabei allerdings wiederum diejenigen angegriffen hat, die nicht sofort die Arbeit wieder aufgenommen haben. Das Verhandlungskomitee der Arbeiter selbst hat nun seinerseits einen "Open Letter to the Public and All the Workers in Honda Auto Parts Manufacturing Co." ( http://chinastudygroup.net/2010/06/open-letter-to-the-public-and-all-the-workers-in-honda-auto-parts-manufacturing-co/) veröffentlicht, in dem diese Kritik der Gewerkschaft zurückgewiesen wird. "(...) das Management hat alle Mittel eingesetzt, um die Arbeiter zu spalten. Die Lehrer der Schulen wurden geschickt, um den Praktikanten damit zu drohen, daß sie keinen Abschluß kriegen würden. Das war der Grund, warum einige Arbeiter die Arbeit am 31.5. wieder aufgenommen haben. Die Nanhai Regionalgewerkschaft und die Gewerkschaft aus Sishan Stadt haben kein Wort des Protests gegen solche Praktiken verlauten lassen. Vielmehr haben sie als Komplize der Firma gehandelt, um den Druck auf die Praktikanten zu erhöhen. (...) Wir verurteilen scharf das Handeln der Gewerkschaft " Am Ende führen sie aus, daß "der Kampf für das Recht ist nicht ein Kampf nur für die Interessen von 1800 Arbeitern. Wir beziehen uns auf die Rechte und Interessen der Arbeiter im ganzen Land. Wir wollen ein Beispiel geben in diesem Kampf. Wir wissen, daß Honda auch viele Leiharbeiter beschäftigt. Sie sind keine direkten Beschäftigten von Honda, aber sie arbeiten am selben Platz wie wir. Wir wurden informiert, daß auch sie ein Verhandlungskomitee wählen. Wir erklären unsere volle Unterstützung! (...)"

Soweit wir wissen, wird derzeit wieder gearbeitet, aber nur unter Vorbehalt. Das Komitee verhandelt weiter. Einen Termin für die Wiederaufnahme der Produktion in den anderen Montagewerken gibt es noch nicht.

Alle sind sich einig, daß sich da eine neue Generation von Arbeitern zu Wort gemeldet hat, die nicht mehr mit ihrer Rolle als Billigarbeiter der Welt einverstanden ist. Es sind die Kinder der ersten Generation Wanderarbeiter. Die Financial Times (1.6.10) zitiert einen "Arbeiteraktivisten" : "Wir sind nicht mehr wie unsere Eltern. Ihre Wünsche waren einfach - etwas Geld verdienen und ins Heimatdorf zurückkehren. Wir wollen in der Stadt bleiben und hier unser Leben genießen. Aber wir verlangen Respekt"

Einige wichtige Artikel:

Strike action ushers in new era of work relations, says expert
 http://english.people.com.cn/90001/90776/90882/7010231.html

Honda offers pay-rise to Chinese plant strikers
 http://news.smh.com.au/breaking-news-world/honda-offers-payrise-to-chinese-plant-strikers-20100601-wurp.html

Chinese workers swap angst for anger
 http://www.ft.com/cms/s/0/5500ea0c-6d15-11df-921a-00144feab49a.html

Unrest May Signal New Phase in China Economy
 http://www.nytimes.com/2010/05/30/business/global/30strike.html?scp=1&sq=unrest%20may%20signal&st=cse

Wir bleiben dran:
 http://www.umwaelzung.de/aaktuell.html
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Ergänzungen

Copycat Streik bei Honda...

Bernhard / Welt in Umwälzung 08.06.2010 - 10:49
Foshan, 7.6.10: Die Arbeiter von Foshan Fengfu Autoparts sind in Streik gegangen. Die Fabrik ist ein Joint Venture einer taiwanesischen Firma mit Yutaka Giken, welche wiederum zu 70 % Honda gehört. In der Fabrik werden Auspuffanlagen für die zwei Honda- Werke in Guangzhou hergestellt. Laut Reuters waren es 20 Arbeiter, die erfolgreich weitere 250 für einen Streik agitierten. In der Fabrik arbeiten etwa 460 Menschen.

Der Streik bei Honda selbst scheint beigelegt. Das Verhandlungskomitee hat in einem weiteren Offenen Brief allen Unterstützern gedankt und den Aufbau von Strukturen vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Management angekündigt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Danke — David McAllister