Die Linke und die Krise

lesender arbeiter 04.06.2010 13:24 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Eine Berliner Veranstaltung mobilisierte nicht nur zu den Krisenprotesten am 12.Juni. Dort werden auch unterschiedliche linke Perspektiven angesprochen.
Wie es den Dax und der Börse in der Finanz- und Wirtschaftskrise geht, ist das Thema der Massenmedien. Aber wie gehen die Lohnabhängigen und Erwerbslosen damit um? Dieser Frage widmete sich der Berliner Politikwissenschaftler und soziale Aktivist Jörg Nowak in seinem ersten Film.
Im Sommer 2009 ist der Filmemacher quer durch die Republik gefahren, um mit Menschen zu reden, die auf unterschiedliche Weise von der Krise betroffen sind. Die Route hat sich an Zeitungsmeldungen über Entlassungen, Werksschließungen und Kämpfe in Betrieben orientiert. Es sind Erwerbslose, Lohnabhängige und ein Intellektueller, die hier Auskunft geben. Sie sind unzufrieden mit den Auswirkungen des Kapitalismus, an PolitikerInnen und auch an die Gewerkschaftsführung glauben sie nicht, aber auch das Vertrauen in ihre eigene fehlt. Widerstand wurde teilweise versucht, ist aber auch oft gescheitert.

Von der Krisendemo in die Sommerpause?

Der Film diente als Einstieg in eine Diskussion in Berlin, in der es um die Frage ging, wie die Linke mit der Krise umgehen soll. Es ging um die Antikrisendemonstration, die am 12.5. in Berlin und Stuttgart stattfindet. Es ging den VeranstalterInnen aber ausdrücklich um mehr als eine Mobilisierungsveranstaltung. Es gibt unterschiedliche Perspektiven eines linken Umgangs mit der Krise, die in den Vorbereitungsbündnis zur Krisendemo deutlich wird und die auch im Vorfeld deutlich werden sollte. Denn ein linker Streit in dieser Frage ist gerade nicht lähmend und demotivierend. Im Gegenteil: Er könnte dazu führen, dass größere Teile der Linken wieder in die die Diskussion um Reaktionen auf die Krise einbezogen werden. Zudem könnte dadurch erreicht werden, dass sich die linken Reaktionen nicht auf die Mobilisierung zur Krisendemo beschränkt und danach ist erst einmal (Sommer)pause.
In diesem Sinne hat die gut beuchte Veranstaltung ihren Sinn erfüllt. Ein Vertreter der Gruppe Theorie und Praxis Berlin, die sich nach eigenen Selbstverständnis um eine Kapitalismuskritik auf der Höhe der Zeit bemüht, sparte denn auch nicht mit Kritik an linken Positionen, die in der Krise lediglich den Staat als Regulierungsinstanz anrufen. „Der Staat ist kein Mittel der Emanzipation und der Kapitalismus ist keine Intrige der da oben gegen die da unten“, brachte er seine Kritik prägnant und erfrischend polemisch auf den Punkt.
Damit stieß er bei einem großen Teil des Publikums auf Zustimmung. Anders war es schon mit seiner Kritik an dem Konzept der revolutionären Realpolitik, die ganz schnell zu einem „linken Co-Management bei der kapitalistischen Krisenbewältigung„ führen könne.

Forderung an wen?

Die Konsequenz, deshalb möglichst keine konkreten Forderungen bei den Krisenprotesten zustellen, wurde von dem Vertreter der Internationalen KommunstInnen, die die Diskussion organisierten, nicht geteilt. Es ist ein Unterschied, wenn linke Gruppen Forderungen an den Staat stellen, oder wenn AktivistInnen Forderungen stellen und selber erkämpfen versuchen. Er machte das am Beispiel der Forderung nach der 30 Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich deutlich. Es ist natürlich absurd, eine solche Forderung an das Parlament zu stellen. Wenn aber eine Gewerkschaft eine solche Forderung aufstellt und dazu auch bereit zu streikten ist, kann es nur begrüßt werden, selbst wenn die Forderung nicht umgesetzt wird. Dann machen die KollegInnen Kampferfahrungen und stellen sich die Frage, ob es nicht am Kapitalismus liegt, dass weniger Arbeit nicht möglich ist. Bei Appellen an den Staat hingegen, wird nur über andere Regierungskoalitionen nachgedacht. Auch zur Rolle des Klassenkampfes gab es unter den Diskutanten Kontroversen. Während der TOP-Vertreter das Klassenkonzept heute für obsolet hält, weil die Einbeziehung auch der Lohnabhängigen in dem Staat damit nicht erfasst werde, betont der Vertreter der Internationalen KommunistInnen, dass gerade diese nationalstaatliche Einbindung durch verstärkten Klassenkampf entgegen gewirkt werden könne. Das drücke die Parole „Klassenkampf statt Standortlogik“ gut aus. Durch klassenkämpferische Politik könne die Mystifizierung a la „Wir sitzen alle in einem Boot“ oder „Wir müssen für die Nation, die Firma etc. Verzicht üben“, hinterfragt und tendenziell aufgehoben werden. Dazu seien allerdings starke linke Kräfte nötig, die eine Kapitalismuskritik und auch eine antikapitalistische Praxis auf der Höhe der Zeit haben.

Wir zahlen schon für die Krise

Kritisch äußerten sich alle DiskutantInnen über die Parole „Wir zahlen nicht für Eure Krise“. Denn nicht nur momentan zahlen Erwerbslose und Lohnabhängige durch Nullrunden, Lohnverzicht etc. für die Krise. Im Kapitalismus zahlen die Lohnabhängigen vielmehr permanent für die Krise, in dem sie ihre bekanntlich ihre Lohnarbeit verkaufen und der Kapitalist den Mehrwert behält. Gerade weil viele antikapitalistischen Gruppen mit der Parole „Wir zahlen nicht für eure Krise“ Probleme haben“, gibt es auch einen speziellen antikapitalistischen Block auf der Berliner Demo.

Fazit. Die lebhafte Diskussion zwischen Podium und Publikum zeigte, dass kontroverse Debatten unter Linken nicht in Abgrenzungen und Schlammschlachten enden müssen, sondern eine emanzipative Linke weiterbringen kann. Die Diskussion sollte fortgesetzt werden. Die nächste Gelegenheit gibt sich schon beim Workshoptag „We love the Crisis“ am 5.6. in der Schule für Erwachsenenbildung im Berliner Mehringhof.
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Ergänzungen

last uns euch sie endlich beginnen

der trolligste Troll von Trollistan 04.06.2010 - 18:59
noch einige aufmerksamme Beobbachtungen zu Bärlin die angebliche Hauptstadt.

Kurfürstenstadt, Kaiserhauptstadt und Reichshauptstadt.

Ich hatte erleutert das diese Verhältnisse heute in Doitschland nicht mehr gelten. Berlin ist nur noch die Hauptstadt von Berlin. Wozu die Pferde scheu machen?

Einzigste revolutionäre Alternative sind die Parlamente, die zu erobern sind alles andere flällt den antifaschistischen Grundstruckturen der BRD zum Opfer, tut mir leid, sorry, je regrette.

Euer PolizistInnenhass ist lächerlich und der revolutionäre Staat eher ein Hinderniss als eine Verbesserung der Lage.

1 000 000 000 Menschen haben Berlin seit der Wende verlassen
1 000 000 000 Menschen sind nach Berlin hinzugezogen

Warum?

Der gelöschte Komnmentar von vorhin:

"Berlin ist die Hauptstadt?
Berlin ist die Hauptstadt von Berlin.
Bremen ist die Hauptstadt von Bremen. Schwerin ist die Hauptstadt von Mecklembug Vorpommern.
Mensch nennt das 16 Bundesländer und das ganze ist eine Bundesrepublick.
Zusätzlich ist das Land Berlin gegenwärtig der Regierungssitz Deutschlands. Es hätte auch Eisenhüttenstadt, Augsburg oder Helgoland sein können, der Regierungssitz Deutschlands. Das ist das System der B.R.D. auf das die alte Bundesrepublick so stolz blickt und welches jetzt für gaaaaanzz Doitschland gelten soll (20 Jahre, hat sich was geändert?).
Die Dezentralisierung der monarchistischen Strukturen, die einst dafür sorgten dass die NSDAP in gaaannzz Doitschland präsend/dominant war, sollten offensichtlich ganz neutralisiert werden.
Der Schrei nach einem 'Führer' für gaaaaannzz Doitschland sollte im Labyrinth der weiten doitschen Länder verhallen.
Vielleicht habe ich mir das alllleess auch nur eingebildet und das popelige Berlin hat doch wieder über gaaannzz Doitschland etwas zu entscheiden, dann entschuldige ich mich höflicher weise. Aber richtet eure revolutionäre Aufmerksamkeit besser auf gaaaannzz Doitschland als auf das häßliche braune Reichstags Gebäude. "

Ist es eurer Meinung nach gerechtfertigt Menschen zu revolutionären Heldentoten zu ermuntern, wenn sie sich über einige Faktoren nicht bewust sind. Seit ihr eigendlich Arschlöcher?


AKW's runterfahren
Krieg beenden
Hartz4 abschaffen - stattdessen (ausnahmslos) bedingungsloses Grundeinkommen
Polizeistaat zurückbauen
Regenwälder retten
Abschiebungen stoppen
NPD und andere Naziorganisationen verbieten
Rückgabe der "besetzten Häuser"

anreise aus hamburg

losjetzthier 05.06.2010 - 03:48
anreise aus hamburg 6h hbf. wer am gleichen tag zurück fährt, zahlt mit brandenburg und niedersachsen-ticket jeweils unter 10€

 http://img33.imageshack.us/img33/6260/bild77.png

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