Leipzig: Ausschreitungen bei Anti-Israel-Demo

Augenzeugin 03.06.2010 10:43
Am 02.06.2010 um 18:00 Uhr fand in der Leipziger Innenstadt eine Demonstration der SAV Leipzig in Zusammenarbeit mit Die Linke.SDS gegen den israelischen Militäreinsatz gegen die „Free-Gaza-Flotte“ statt. Diese zeigte jedoch deutlich, welches Verhältnis eine große Anzahl seiner Teilnehmer_innen zum Thema Frieden, Israel und Antisemitismus einnehmen.
Nachdem sich einige Personen auf dem Nikolaikirchhof einfanden, die dem Demonstrationsaufruf und –inhalt kritisch gegenüberstanden und Israelfahnen bei sich trugen, kam es bereits zu ersten verbalen Entgleisungen: Die Polizei wurde von einem Demonstrationsteilnehmer - welcher sich als Anmelder ausgab – hingewiesen, dass „dieses Problem später geklärt werde“ (gemeint sind die kritischen Teilnehmer_innen), und das „ich dann für die Toten verantwortlich bin, denn ich bin der Veranstaltungsleiter“ Diese Drohung und Ankündigung von Gewalt scheint erschreckend, nicht jedoch für die eingesetzten anwesenden Polizist_innen. Nach diesem Statement wurde der Wunsch, Israelfahnen und deren Träger_innen von der Demonstration fernzuhalten, von der Polizei mit dem Kommentar durchgesetzt, „dass es das Recht des Anmelders sei, Teilnehmer_innen auszuschließen, wenn dies sein Wunsch sei.“

Der Demonstrationszug setzte sich schließlich in Richtung Augustusplatz in Bewegung und traf auf eine weitere Gruppe Israelfreund_innen, welche die antisemitische Friedensbewegtheit zu kritisieren versuchten. Als sich die Demonstration auf gleicher Höhe mit den Kritiker_innen befand erfolgte ein unvermittelter Angriff. Dabei wurde mit Vierkantholzlatten auf die Gruppe eingeschlagen, Fußtritte und Schläge ausgeteilt und mit einem Schuh geworfen. Mehrere Israelflaggen wurden der von dem Gewaltausbruch überraschten Gruppe ent- und innerhalb des Demonstrationszuges zerrissen, auf den Boden geworfen und sich die Füße darauf abgetreten. Während des Angriffs schrie eine große Anzahl der Angreifer_innen im Chor „ Mörder! Mörder!“. Die anwesenden Polizist_innen reagierten auf die Gewalt aus der Demonstration heraus mit Abdrängen und Pfeffersprayeinsatz gegen die angegriffenen Kritiker_innen, welche trotz der massiven Gewaltanwendung,zum Glück teils nur leicht verletzt wurden. Eine Festnahme der Täter_innen, trotz direkter Hinweise welche Personen sich beteiligt hatten, fand nicht statt. Jedoch wurde ein Teil der Kritiker_innen von der Polizei auf das Universitätsgelände abgedrängt, festgehalten und erkennungsdienstlich behandelt. Wiederholtes Anfragen, weshalb die Angreifer_innen nicht festgenommen werden, warum die Demonstration nicht für aufgelöst erklärt wird und wieso stattdessen die Opfer und Leichtverletzten festgehalten werden, wurde vom verantwortlichen Polizisten nicht beantwortet. Beschwerden und Anzeigen sollten auf der zuständigen PD abgegeben werden. Auf dem Augustusplatz wurden schließlich Platzverweise verteilt und diese mit Schubsen und Drängeln durchgesetzt. Die Einsatzleiterin und der Polizeibeamte Herr Emich (Dienstgrad unbekannt) reagierten gleich ihren Kolleg_innen und weigerten sich eine Anzeige oder Hinweise auf anwesende Täter_innen aufzunehmen bzw. die Angreifer_innen festzunehmen.

Neben dem skandalösen Handeln der Leipziger Polizei ist zu erwähnen, dass Dr. Volker Külow, Gesamtverantwortlicher der Partei Die Linke in Leipzig, es nicht für nötig erachtete, das antisemitische und gewalttätige Verhalten eines Großteils der Demonstrationsteilnehmer_innen zu verurteilen, welche sich für vermeintlich humanitäre Ziele wie den Stopp von Waffenlieferungen und „staatliche Piraterie“ von Israel einsetzten. Weder erfolgte eine Distanzierung noch ein Verlassen der Demonstration. Dies ist ein nicht nachvollziehbares Verhalten.
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Ergänzungen

Pressemitteilung von sDS Leipzi, SAV Leipzig

egal 04.06.2010 - 12:10
Pressemitteilung: "Die Fotos, die man haben wollte"
Donnerstag, den 3. Juni 2010

Am vergangenen Montag überfiel die israelische Armee in internationalen
Gewässern die Schiffe der "Free-Gaza" Bewegung, die von Zypern aus
aufgebrochen waren, um Hilfsgüter nach Gaza zu bringen und um die
völkerrechtswidrige Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Bei
diesem Angriff, der international scharf verurteilt wurde, wurden
mindestens 9 Zivilisten getötet und mehr als 20 teilweise schwer verletzt.
Anlässlich dieses wiederholt völkerrechtswidrigen Gewaltaktes von Seiten
der israelischen Regierung fand sich in Leipzig ein Bündnis zusammen, um
eine Protest-Demonstration auf die Beine zu stellen. Der offizielle
Veranstalter, die Gesellschaft für Völkerverständigung e.V. Leipzig
(GfVV), wurde dabei von die Linke.SDS, SAV, DIE LINKE Leipzig und
verschiedenen Migrantenvereinen und Einzelpersonen unterstützt.

Circa 100-150 Menschen folgten dem Aufruf und fanden sich am gestrigen
Mittwoch auf dem Nikolaikirchhof ein.

Zu den Vorfällen am Rande der Demo erklärt Hassan Zeinel Abidine,
Vorsitzender der Gesellschaft für Völkerverständigung e.V. (GfVV)
Leipzig: "Die Demo verlief am Anfang sehr friedlich. Da sich die Störer,
sogenannte Freunde Israels, aber bereits an der Nikolaikirche
zusammenfanden und absehbar war, dass sie provozieren würden, riefen die
Organisatoren dazu auf, sich ruhig zu verhalten und nicht auf
Provokationen einzugehen. Im Gegensatz zu früheren Demonstrationen
wurden keine arabischen Sprüche skandiert. Seitens der Veranstalter rief
man ,Gaza mahnt uns Tag für Tag -- bringt die Mörder nach Den Haag'!"

Aber bereits wenige Minuten nachdem sich der Demozug in Bewegung gesetzt
hatte, wurden an der Seite der Demo Israel-Fahnen entrollt und die
Demonstrierenden als "Nazis" beschimpft. Gleichzeitig stürmte eine
Gruppe von etwa drei Störern in die Demo und fing an, Flyer an
Demonstrierende zu verteilen, in denen der Überfall der israelischen
Armee gerechtfertigt und den mitfahrenden Abgeordneten der LINKEN Inge
Höger und Anette Groth vorgeworfen wurde, islamistische Gruppen zu
decken. Einer besonnenen Forderung aus der Mitte der Demonstrierenden,
die Flyer doch woanders zu verteilen, kamen diese nicht nach. Daraufhin
eskalierte die Situation: "Es gab ein kurzes Gerangel zwischen einigen
Demonstrierenden und den Störern, welches jedoch von der Polizei, die
Pfefferspray auch gegen die Demonstranten einsetzte, beendet wurde",
kommentiert Ingmar Meinecke von der Sozialistischen Alternative (SAV)
die Vorfälle.

Allerdings führte dies zu Unmut auf Seiten einiger palästinensischer
Demoteilnehmer, die daraufhin in lauten Sprechchören "Kindermörder
Israel" riefen. Diesem Slogan widersprachen andere Demonstrierende zu
Recht lauthals. Dazu Jana Werner, aktiv bei Linke.SDS: "Das ist meiner
Ansicht nach gezielt provoziert gewesen: Wütende Palästinenser, die
,Kindermörder Israel' skandieren. Das sorgt für die Fotos, die man haben
wollte!" Und Pia Probst, Aktivistin von Linke.SDS fügt an: "Die
Gegendemonstranten haben damit den Skandal, gegen den sie
demonstrierten, erfolgreich selbst geschaffen."

Im Anschluss fand eine Kundgebung auf dem Augustusplatz statt. Es
sprachen u.a. Georg Meggle (Prof.em.Philosophie/Uni Leipzig), Torsten
Schleip (AG Flughafen Natofrei), Volker Külow (Stadtvorsitzender die
LINKE Leipzig) und Ingmar Meinecke (SAV Leipzig).

Die Gegendemonstranten versuchten weiterhin zu provozieren und machten
Fotos von Teilnehmenden und Redenden der Abschlusskundgebung auf dem
Augustusplatz. "Auf Nachfrage was mit den Bildern geschehe", so Jana
Werner, "kam keine Antwort. Aber es ist bekannt, dass Diffamierungen von
Linken auf antideutschen Blogs im Internet ein beliebtes Mittel dieser
Leute sind, um Kritiker der israelischen Regierungspolitik mundtot zu
machen!" Und Sophie Dieckmann, ebenfalls Aktivistin bei Linke.SDS
Leipzig fügt an: Wir verwehren uns entschieden gegen den Vorwurf,
Kritiker der völkerrechtswidrigen Erstürmung des Schiffes und der Tötung
von Zivilisten auf internationalen Gewässern wären Antisemiten! Und auch
die Diffamierung der Demonstrierenden als "islamistischen Gruppierungen
zugehörig" ist haltlos, verleumderisch und rassistisch gegenüber den
Demonstrierenden mit palästinensischem Hintergrund!"

DieLinke.SDS Leipzig, SAV Leipzig, GfVV Leipzig e.V.

"mit einem Schuh beworfen" hihi

"Das ist der Abschiedskuss, du Hund" 04.06.2010 - 21:24
Ob sich die Leibziger Anti-Ds dabei geehrt fühlten?

Die halbe Welt lacht sich noch heute darüber kaputt. Warlord Bush jr. war kurz vor seinem Abtritt auf einer Pressekonferenz 2009 mit einem Schuh beworfen worden. "Das ist der Abschiedskuss, du Hund", hatte der mutige irakische Journalist gerufen. (Leider wurde er dafür mehrere Jahre inhaftiert  http://www.stern.de/politik/ausland/schuh-attacke-auf-bush-abschiedskuss-fuer-den-verhassten-praesidenten-649212.html )

In vielen Ländern ist der geworfene Schuh inzwischen das Symbol des Widerstands gegen Tyrannen. Ich möchte die Leibziger Anti-Ds ja nicht überbewerten, so sehr ich sie nicht mag. Aber sie müssen sich vom ersten, in diesem Land geworfenen Schuh wirklich geehrt und in ihrem "Wahn des Weltenlenkens" bestätigt gefühlt haben, sonst hätten sie es hier im Artikel wohl kaum erwähnt.

Dieses bisschen Genugtuung sei den AutorInnen gegönt - der Rest ist wie so häufig Quatsch.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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aus — heiterem Himmel

tja — unknown