Fussball mal anders...

Lena Suworow 30.05.2010 13:19 Themen: Antifa Freiräume
Am gestrigen Samstag spielte im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion der SV Babelsberg 03 gegen den FC St. Pauli II und gewann mit 4:1. Dies war zugleich das Saisonfinale und Aufstiegsfest, denn Babelsberg 03 spielt zukünftig in der 3. Bundesliga. Ein Novum dürfte sein, dass das Fussballspiel gänzlich ohne Polizei und Blocktrennung von statten ging.
Am Abend fand der zweite Tag des Ultrash-Festivals im autonomen Jugendzentrum "Archiv" statt.
Außerdem gibt es in Potsdam eine Diskussion zum Public-Viewing für die bevorstehende Fussball-WM auf dem zukünftigen selbstverwalteten Jugendzentrum "Freiland" ohne Nationalfahnen.
Babelsberg 03 gegen den FC St. Pauli (wenn auch nur die zweite Mannschaft), dazu letztes Spiel in der Regionalliga und zugleich Aufstiegsfeier für das Team, dies bedeutet natürlich ein Highlight in der antifaschistischen Fussballszene. So waren dann auch mehr als 2500 Zuschauer_Innen im Karl-Liebknecht-Stadion, darunter neben den Babelsberger Heimfans natürlich auch ca. 100 Hamburger und mehrere Freunde aus Leipzig (Chemie), Düsseldorf (Fortuna) oder Berlin (TeBe).

Schon der Weg zum Stadion war ungewöhnlich. Während Polizisten sonst an jeder Ecke für "Ordnung und Sicherheit" sorgen, Heim- und Gästefans trennen und den Naziladen bewachen, war gestern nicht ein Bullenauto zu sehen. Statt dessen bevölkerten Fussballfans die Karl-Liebknecht-Straße, die Cafes und den Fanladen in der Karl-Gruhl-Straße.
Im Stadion wurde für dieses Spiel die sonst übliche Blocktrennung aufgehoben, warum auch die befreundeten Fangruppen voneinander trennen. Die Polizei war im Stadion nicht anzutreffen, nur der vorgeschriebene Ordnungsdienst war anwesend, hielt sich aber im Hintergrund. Der Pufferblock zwischen der Nordkurve (Babelsberg-Kurve) und Gästeblock, sonst Standpunkt der häufig filmenden Polizei, war offen und wurde als zusätzlicher Fanblock genutzt. So schlenderten dann auch die Fans zahlreich zwischen den Blöcken und hatten Spaß miteinander. Spaß machte auch der Support der beiden Teams, auch wenn stimmungstechnisch sicherlich mehr bei beiden Fanszenen geht. Bei bestem Wetter hatte das Babelsberger Team mit den Hamburgern keine Probleme, dominierte spielerisch und gewann swchließlich mit 4:1. Der Aufstieg in die 3. Bundesliga wurde schon vor zwei Wochen klar gemacht.
Im Stadion selber kam mensch sich wie bei einem alternativen Festival vor. Auf dem Nebenplatz stand eine Bühne für das Konzert nach dem Spiel, der Soundcheck beider Bands (Los Bomberos de Monte Cruz und Blitztraktor) ließ ab und an Musikfetzen herüber wehen, während im Stadion Punks, Antifas, Altautonome und andere alternative Menschen einen Großteil des Stadions in ihrer Hand hatten. Die Stimmung war überall sehr angenehm und viele meinten, dass sie so ein Erlebnis mit vielen Freunden und ohne Bullen selten gesehen haben. Der Verlauf dieser Veranstaltung hat somit auch gezeigt, wie entspannt ein Fussballspiel gestaltet werden kann, wenn keine Nazis, verfeindete Fangruppen oder Bullen im und um das Stadion präsent sind.
Nach dem Spiel folgte eine Feier auf dem Rasen, die aber von vielen Personen kritisch gesehen worden ist, da dies eine Feier war, in welcher der DFB mit einbezogen war. Auch ließen es sich so "tolle" 03-Fans wie der Innenminister des Landes Brandenburg Rainer Speer oder Oberbürgermeister von Potsdam Jann Jakobs nicht nehmen, profilierungssüchtig Glückwünsche aussprechen zu müssen. Buuh-Rufe gegen untern anderem diese Personen und Anti-DFB-Gesänge wurden von einem Teil der Fanszene angestimmt. Geehrt wurden schließlich noch zwei langverdiente Babelsberger Spieler, die zur neuen Saison den Verein verlassen.
Zum Ende spielten dann die bereits genannten Bands auf einer Bühne und mensch konnte bei Bier oder einem Cocktail dem Rest-Nachmittag fröhnen.

Ein Teil der Fans, welche in das Ultrash-Festival involviert war, machte sich auf dem Weg zum Archiv um dort entweder das Festival zu betreuen oder eben zu feiern. Das von den Ultras Babelsberg und den RASH-Leuten aus Berlin-Brandenburg organisierte zweitägige Fest hatte diesmal den Themenschwerpunkt Osteuropa. So gab es bereits am Freitag eine Infoveranstaltung der Moskauer Hardcore-Band "What we feel" über die Neonazi-Szene und die Intervention von seiten der Antifa. Das Ultrash ist aus der Babelsberger Fussballszene nicht mehr wegzudenken und spielt eine wichtige Rolle in der Antifa-Arbeit, der Solidarität und der Vernetzung. Überzeugen konnten am Samstag vor allem die vielen Polit-Stände im Hof des Archivs und der Auftritt von "The Upsessions", der mit Pyro-Einlagen Babelsberger Fans begleitet wurde.

Ebenfalls in Potsdam gibt es zur Zeit eine interessante Diskussion um ein Nationalfahnenverbot auf einem Public-Viewing-Gelände. Auf diesem Gelände soll in den nächsten Jahren das selbstverwaltete alternative Jugendzentrum "Freiland" entstehen. Nun will zur WM die große alternative und fussballinteressierte Potsdamer Szene dort ein Public-Viewing entstehen lassen, in dem Nationalfahnen und Suff-/National-und Proll-Generve nicht erwünscht sind. Dieses Konzept mit dem Namen "FreiBall" hat bisher zu unterschiedlichen Reaktionen in Potsdam geführt und dürfte auch zukünfig noch weitere nach sich ziehen lassen.
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Ergänzungen

dem bericht

lässt sich 30.05.2010 - 16:11
nur zustimmen. war mega nett und meinerseits garantiert nicht der letzte Ausflug ins Karli.
In der kommenden Saison wird dann ja mit Dynamo DD, Rostock, Braunschwein und Offenbach auch einiges geboten, so rein sportlich betrachtet.

Auf jeden Fall die netteste Gegengerade der dritten Liga.

Der einzige Nachteil im Karli ist das Bier: Rex Pils. bäh. Ich hatte das von früher nicht sooo eklig in Erinnerung, haben die die Brauerei gewechselt? Dagegen ist Astra ja fast ein premium bier; (spotz)

Glückwunsch aus Offenbach

Kickersfan 30.05.2010 - 19:30
Hallo nach Babelsberg,

wir freuen uns auf euch in der nächsten Saison und das ganz ohne Häme. Endlich wieder ein Verein mit guter Fanszene in unserer Liga, wo das Spiel und das drumrum Spass machen wird.
Auch beim OFC gibt es etliche antifaschistische Fans - also keine Sorge über event. dumme Gerüchte von Faschos in der OFC-Fan-Szene (die gibt es zwar, haben aber wenig zu melden).
Forza OFC!

presse

babelsberliner 01.06.2010 - 15:27
netter bericht aus der (ansonsten meinerseits eher kritisch gelesenen) jungen welt online vom dienstag.

 http://www.jungewelt.de/2010/06-01/035.php

Public Viewing? Antinationale Alternative

thiel 02.06.2010 - 15:31
Also erstmal schön das Fußball auch immer mal wieder ohne Hass und Gegner_innenschaft funktioniert!
Schöne Sache das.

Aber Public Viewing? Ich kann verstehen das Leute Interesse an Fußball als Sport haben und diese WM sehen wollen, aber dennoch macht ein Public Viewing auch OHNE Flaggen (zumindestens ein Anfang) das ganze noch nicht besser:

- Hymnengesang (und Flaggen wehen) am Anfang (und während) jedes Spiels, Patriotismus: Gemeinsam singen Fußball"Fans" eine Lobeshymne auf "ihren" Staat?! Allein das sollte uns abschrecken
- Das "Wir"-Gefühl, Nationalismus & Rassismus: ""Wir" sind wieder wer", solche Sätze wird es wieder zu hören geben. Es wird sich wieder auf ein gemeinsames Land berufen und somit findet eine Abgrenzung zum "anderen" (hier Fans anderen "Nationalmannschaften") statt. Wir sollten aufschreien, bei einem solchen Ausmaß an nationalistischen und rassistischen Gedanken"gut"
- Die MÄNNER-Fußballweltmeisterschaft, Sexismus: Warum ist eine "Männer" Fußball-WM so wichtig, wo doch "Frauen"-Fußballmeisterschaften meist komplett untergehen? Hier zeigt sich wieder einmal eine sexistische Herangehensweise: "Männer" seien die besserern Sportler etc."
- Homophobie und Heteronormativität im Profi-Sport: Kaum ein_e Spitzensportler_in hat sich bisher öffentlich geoutet, es herrscht eine sehr krasse Homosexuellenfeindliche Stimmung (Sportler_innen wird aberkannt ein_e richtige Frau_Mann zu sein etc.), ebenso werden Spitzensportler_innen Auszeichnungen aberkannt, deren Geschlecht, nach einem beschränkten gesellschaftlichen Maßstab, nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Solche Themen gehen zumeist völlig unter.
- Wettbewerbsgedanken: Uns sollte ein solcher krasser Leistungs- und Wettbewerbsdruck abschrecken. Ich zumindest wünsche mir eine Welt, in der sich niemand gegeneinander beweisen muss.
- Überwachung und Polizei: Zur Fußball-WM wird es wieder ein riesiges Aufgebot geben, auch auf den Public Viewing-Meilen
- Ausbeutung der Südafrikaner_innen: Für die Fußball-WM wird es massive Ausgangssperren für Bewohner_innen von sogenannten Townships geben, um die Stadtbilder zu verschönern. Ebenso wurden für den Bau von Stadien und Infrastruktur viele Dörfer umgesiedelt und die Bewohner_innen wieder einmal ihres Zuhauses beraubt. Gewinne wird es wieder nur auf einer Seite geben.

Das soll nur ein kleiner Ausschnitt der großen Schattenseiten einer solchen Fußball-WM sein. Es ist schade, dass sobald die Fußball-WM nicht in Deutschland stattfindet, es vielen Linken und anderen egal zu sein scheint (Zumindest scheint mir das Thema kaum auf dem Schirm bzw. es wird aktiv zusammen Fußball geschaut und am "Spektakel" teilgehabt.

Als Alternative und um dem ganzen Treiben etwas entgegenzusetzen (und auch die eigene Szene aufzurütteln), haben wir, "Nationen wegkicken" eine antinationale Aktionswoche vom 19. bis zum 26. Juni in Berlin ausgerufen und würden uns über Unterstützung freuen. U.a. wird es am 20. ein antinationales Fußballfest, mit Musik, veganem Picknick und nettem Wettbewerbslosen gekicke geben. Weitere Infos, Termine und Ideen gegen diese WM findet ihr unter  http://nationenwegkicken.blogsport.de/ oder schreibt uns eure Meinung unter  nationen-wegkicken@riseup.net

Dies soll sich übrigens nicht gegen den Sport Fußball richten, sondern nur gegen die Fußball-WM und ihren Schattenseiten!

nicht nachgedacht

WM-Fan 02.06.2010 - 16:31
Das hier einige Menschen nur reflexartig leere Worthülsen und auswendig gelernte Phrasen abfeuern, ohne darüber nachgedacht zu haben, erkennt man schön am Beispiel, wo das WIR-Gefühl mit Rassismus gleichgesetzt wird.
Das Gegenteil ist die Realität.
Das Wir-Gefühl wird bei dieser WM in UNSERER Nationalmannschaft auch drei dunkelhäutige Spieler umfassen. Rassismus sieht anders aus. Im Gegenteil: Mannschaften, die Spieler verschiedener ethnischer Herkunft aufstellen, vertreiben Rassisten aus den Stadien. Welcher Nazi wird schon gerne in seiner Mannschaft einen Schwarzen sehen und den auch noch anfeuern. Deswegen tummelt sich das Gesindel hierzulande heute überwiegend nur noch in den Stadien der dritten Liga und darunter, wo der Ausländeranteil gering ist.

Also ich freue mich auf UNSER Team und hab auch keine Angst vor Ausgrenzungen anderer. 2006 hab ich mit Schwarz/Rot/Gold im Block der Ecuatorianer gesessen, mit denen wir zusammen ne Menge Spaß hatten und nach dem Spiel noch lange gefeiert haben.

Also nicht immer alles so bierernst und negativ sehen, vor dem Schreiben ein bisschen denken und 5 Euro in die Hohle-Phrasen-Kasse.

Schwachsinn

Kommi Kovicz 03.06.2010 - 14:25
Tut mir Leid, aber ich bin dafür zu sehr Fußballfan, als das ich mich darüber freuen könnte, dass ein Spiel zu einer politischen Veranstaltung wird, das hat beim Fußball genausowenig was zu suchen wie die braune Thor-Steiner Scheiße!
WM ohne Fahnen und Alkohol? Freuen darf man sich dann auch nicht mehr oder wie soll das ablaufen, wenn die Favorisierte Mannschaft gewinnt? Muss ich mich ärgern, wenn Deutschland gewinnt?

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Dortmund Lutscher — Thaibox Massaker

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@dizzy — hä?

@häh? — Dizzy

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ups?? — nunja

@Dizzy — Ololol Krawalkid

Public Viewing — Antinationaler

wie unspaßig — politisch unkorrekter

@Kommi Kovicz — Goleo