Gera: CM für Freiräume - Polizei prügelt los

CM 16.05.2010 13:53 Themen: Freiräume
Critical Mass Aktion fordert endlich wieder alternative Freiräume in Gera
Polizei dreht durch, verprügelt Leute und steckt diese bis in die Nacht in Gewahrsam – politisches Nachspiel?
Critical Mass Aktion fordert endlich wieder alternative Freiräume in Gera
Polizei dreht durch, verprügelt Leute und steckt diese bis in die Nacht in Gewahrsam – politisches Nachspiel?

Auf einmal bewegte sich am Samstag ein Tross von 30 radelnden Leuten durch die Innenstadt. Sie fordern neue alternative Freiräume, die in Gera seit Jahren fehlen. Dahinter steht eine Kritik an Konsumzwang, der die Freizeit dominiert, an Ordnungswahn in den Köpfen und an Polizeischikanen gegen Jugendliche, die sich den öffentlichen Raum zum Leben zurückholen wollen. Alles das ist mit dafür verantwortlich, dass sich in dieser Stadt, viele Menschen nicht verwirklichen können. Anstelle von Solidarität stehen Vereinzelung und Rückzug ins Private. Das Anliegen der Critical Mass ist daher die Schaffung eines selbstverwalteten Zentrums für Politik, Kultur und Spaß, dass es trotz zunehmenden Leerstands immer noch nicht gibt. Darin wollen wir mit vielen anderen Leuten alternativ zum Mainstream unsere Freizeit gestalten, Leben bereichern und Kritik diskutieren. Und das alles solidarisch und ausprobierend nach unseren Bedürfnissen.

Um dieser Botschaft Gehör zu verschaffen, wurde sich der öffentliche Raum mit einer Critical Mass als Protestform für ein paar Stunden symbolisch zurückgeholt. Vom Theater radelten die TeilnehmerInnen über die Sommerbadstraße in den Stadtwald, wo an den immer wieder von der Polizei heimgesuchten Dirt Bike Strecken Redebeiträge gehalten wurden. Nachdem diese viel Applaus erhielten, fuhr die Gruppe Richtung Gera-Arcaden, wo mehrere Umrundungen eines Kreisverkehrs und Parolen für Aufmerksamkeit sorgten. Die Reaktion in den länger werdenden Autoschlangen reichten von Lachen, Winken und Hupen bis zum Versuch in die Fahrräder hineinzufahren. Trotzdem war die Stimmung auf dem weiteren Weg über die Heinrichstraße zurück zum Theater entspannt und fröhlich. Die Situation eskalierte erst Richtung Berliner Straße.

Auf der Eselsbrücke rasten unvermittelt etwa zehn Einsatzfahrzeuge der Thüringer Bereitschaftspolizei, die augenscheinlich von einer gerade beendeten Neonazikundgebung in Gera-Lusan kamen, auf die Critical Mass zu. Dabei nahmen diese billigend in Kauf Personen zu überfahren. Ohne den Dialog zu suchen, prallten aufspringende Autotüren gegen TeilnehmerInnen, Polizisten verteilten vollkommen überzogen Tritte und Schläge und versprühten zudem Pfefferspray. Auch die Rufe, eine Spontandemonstration anmelden zu wollen, wurden ignoriert. Schließlich wurde ein ganzer Stadtteil abgeriegelt, DemonstrantInnen durch die Straßen gejagt und zu Boden gerissen, wobei die Polizisten mit vollem Gewicht auf eine Person einsprangen, eine andere direkt ins Gesicht schlugen und Fahrräder demolierten. Weitere TeilnehmerInnen erlitten Prellungen und Stauchungen. Insgesamt wurden drei Menschen festgenommen und erst in der Nacht wieder freigelassen. Außerdem kam es zu mehreren Ingewahrsamnahmen, schikanösen Personalienkontrollen und Identitätsfeststellungen.
Ironischer Weise bestätigt das Geschehene genau das Anliegen und die Kritik der Critical Mass. Die unerwarteten Polizeiübergriffe haben diejenigen getroffen, die gegen Schikanen protestieren und alternative Freiräume fordern. Ein zuvor nicht angemeldeter Protest rechtfertigt in keinem Fall eine solche Brutalität. Zumal ist eine Critical Mass eine Protestform des zivilen Ungehorsams und somit in weiten Teilen der Bevölkerung legitim. Die Reaktion der Polizei zeigt wieder einmal das Nulltoleranzprinzip, mit dem in Thüringen alternative Projekte im Keim erstickt werden sollen. Ob besetzte Häuser in Erfurt oder Dirt Bike Strecken in Gera, die Konsequenz sind Räumung, Verdrängung und Repression.

Die Geschehnisse vom Samstag werden ein Nachspiel haben. Wir werden dafür eintreten, dass die Polizeiübergriffe auf uns und die Forderungen nach alternativen Freiräumen in Gera auf die politische Tagesordnung kommen. Denn eines ist klar: wir werden dies nicht einfach hinnehmen. Unser Dank und unsere Solidarität gilt allen MitstreiterInnen, die an der Aktion teilgenommen haben, verletzt oder festgenommen wurden.

Critical Mass für alternative und selbstverwaltete Freiräume in Gera
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Ergänzungen

Freiräume schaffen - Nazifeste verhindern

4531235 16.05.2010 - 17:19
Super Sache! Wird Zeit, dass es in Gera und Erfurt endliche wieder selbstverwaltete Hausprojekte gibt.

Am 10. Juli ist es außerdem an der Zeit in Gera das größte Nazifest Europas zu blockieren:
 http://aag.antifa.net/aag/sommer2010.html

Das sagt MDR

# 16.05.2010 - 20:10
Streit um Polizei-Einsatz in Gera

Eine Rangelei zwischen Radfahrern und Polizisten in Gera ist nach Angaben der Polizei am Sonnabend eskaliert. Ein Mann habe sein Fahrrad auf einen Polizisten warf. Der Beamte und zwei seiner Kollegen seien leicht verletzt und drei der Radler wurden vorübergehend festgenommen worden.

Die laut Polizei etwa 20 jungen Radfahrer sollen am Nachmittag einige Straßen und Kreuzungen in der Innenstadt von Gera blockiert haben. Die Polizei sei von Autofahrern alarmiert worden und habe einige Anzeigen wegen Nötigung und Widerstands gegen Polizeibeamte aufgenommen worden. Am Sonntag suchte die Polizei nach Autofahrern, von der Blockade der Radfahrer betroffen gewesen seien sowie Zeugen des Angriffs auf den Beamten.

Alternative Darstellung

Eine "Freirauminitiative" in Gera, von der nach eigenen Angaben die Aktion der Radfahrer organisiert worden war, stellte die Ereignisse in einer Pressemitteilung anders dar als die Polizei. Danach handelte es sich um eine nicht angemeldete Demonstration – eine so genannte Critical Mass –, die alternative Freiräume in der Stadt gefordert habe.

Der Mitteilung zufolge radelten etwa 30 Teilnehmer durch die Innenstadt, wo mehrere Umrundungen eines Kreisverkehrs für Aufmerksamkeit sorgen sollten. Die Aktion sei friedlich verlaufen, bis auf der Eselsbrücke etwa zehn Einsatzfahrzeuge der Thüringer Bereitschaftspolizei in den Tross "gerast" seien. Danach sollen Polizisten Tritte und Schläge verteilt und Pfefferspray versprüht haben. Demonstranten seien zu Boden gerissen, eine Person ins Gesicht geschlagen und Fahrräder demoliert worden. Die Initiative bestätigte die Festnahme dreier Teilnehmer, die erst in der Nacht wieder freigelassen worden seien.

16. Mai 2010

 http://www.mdr.de/thueringen/ost-thueringen/7333540.html

Zu diesem Thema:

Pauler 16.05.2010 - 20:40

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Zu diesem Thema: — Pauler

Was können die eigentlich? — Rechtschreiber

@ rr — (A) // (E)

@ Sonja — Medienkritiker

@ (A) // (E) — rr

@ rr gehts noch? — marsamaise

@rr-Schere im Kopf — tierr@