Proteste in Griechenland

antifa essen z 11.05.2010 22:51
Seit einigen Tagen zeigt sich in den Medien das Bild einer starken linken Bewegung, die sich gegen die Einschnitte, die im Rahmen des Sparprogramm stattfinden werden, wehren. Die Fragen, wer diese Akteure sind und welche Ziele sie verfolgen soll hiermit gestellt werden.
Seit einigen Tagen zeigt sich in den Medien das Bild einer starken linken Bewegung, die sich gegen die Einschnitte, die im Rahmen des Sparprogramm stattfinden werden, wehren. Die Fragen, wer diese Akteure sind und welche Ziele sie verfolgen soll hiermit gestellt werden.

Seit 1981 ist Griechenland in der europäischen Union, seit 2001 eines der 16 Mitgliedesländer der Währungsunion. Diese hat sich für eine gemeinsame Währung entschieden und zur Stabilität dieser einen sogenannten Stabilitätspakt erlassen, welcher besagt, dass nur 3 % des Bruttoinlandproduktes als maximale Neuverschuldung pro Jahr hinzukommen darf. Bei Verstoß gegen diesen Pakt kann es zu Sanktionen und Strafen innerhalb der Gemeinschaft.

Das Griechenland nunmehr eine Verschuldungsrate von 14 % hat, darf sich gefragt werden, wie dies an den Kontrollmechanismen der Währungsunion vorbei, geschehen konnte. Ähnlich, wie die anderen hoch verschuldeten Länder, Italien, Portugal und Spanien, bediente sich auch Griechenland einer einfachen Methode.

Nicht der Finanzbeamte, der im zuständigen Ressort sitzt, hat hier Täuschung begangen, sondern es wurde auf legitimen und legalem Weg durch die Unterstützung seitens erfolgsorientierter Finanzagenturen, die Bilanz entsprechend anders gebucht. So wurden Schulden über Jahre abgeschrieben und nicht in den aktuellen Haushalt einbezogen. Eine Herangehensweise, die nicht nur mittlere Unternehmen, sondern auch Staaten beherrschen.
Kritisch wurde es ab dem Moment, in dem diese hohe Verschuldung durch Prüfung bekannt wurde und Griechenland deutlich machen musste, dass es vor Eintritt in die Währungsunion schon nicht die entsprechenden Zahlen liefern konnte, wie manche andere Staaten auch.

Durch die Abwertung seitens der Rating-Agenturen kam es natürlich zu einer verstärkten Abstoßung von griechischen Staatsanleihen, die im Falle eines Staatsbankrotes wertlos werden. Die Deutsche Bank als eine der größten Halterin von griechischen Staatsanleihen gefährt somit auch die deutsche Wirtschaft, da ein Zusammenbruch auch zu einem finanziellen Bankrott dieser Bank führen könnte. Auch wenn die europöische Gemeinschaft ein supranationales Projekt ist, so zeigt sich doch in der Krise deutlich die starke Verwurzelung von Nationalismus und nationalen Interessen. In der öffentlichen Wahrnehmung wird aus einem völkischen Reflex heraus Griechenland als das Fremde, das Andere, die Bedrohung von Außen wahrgenommen. Nationale Interessen, die Sicherung und Stabilisierung der eigenen Wirtschaft, sind hier die Interessen des Staates.

Gemeinsam mit dem Internationaler Währungsfond (IWF) und der europäischen Währungsuion wurde an Griechenland die Forderung gestellt, umfassende Sparmaßnahmen durchzuführen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es sich bei den Protesten gegen die Sparmaßnahmen um den Beginn einer antikapitalistischen Bewegung handelt ?

Die Problematik der Bewertung wird auch dadurch verschärft, dass symbolische Angriffe auf Banken und andere “kapitalistische”/staatliche Organe stattfinden, die aber weder den Grund des Dilemmas treffen, noch mehr sind, als blinder Aktionismus.

Face the game, not the player heißt halt auch klar zu machen, dass es nicht die Spekulanten sind, die wieder als herzlose Kapitalisten auch aus den Reihen der CDU dargestellt werden, sondern, dass die grundlegende Struktur des Kapitalismus das Problem ist.

Weder eine Transaktionssteuer, noch ein anderweitiges Abstrafen der Banken wird zu einer Veränderung der grundlegenden menschenverachtenden Züge des Kapitalismus führen.

Sind die Proteste in Griechenland daher unterstützenswert ?

Jein. Aus einem kleinen Moment kann ein großer Umsturz geschehen und gerade Griechenland hat eine starke linke Szene, die die jetzigen Proteste auch dominieren könnte. Jedoch zeigt sich auch hier, die Verhaftung der Linken an Symbolen und Inszenierungen. Das Zerstören von Schaufensterscheiben mag dem frustrierten Griechen wahrscheinlich Genugtuung verschaffen und auch der Sturm auf öffentliche Gebäude zeigt eine Dynamik, die zumindest die Regierung als Gegner verfestigt.

Es brauch jedoch ein klares Ziel und dieses kann nicht sein, dass die Gewerkschaften gemeinsam mit den Beamten eine Rücknahme der Kürzungen im öffentlichen Dienst durchsetzen um anschließend bei den weiteren Protesten gegen Sparmaßnahmen im Sozialen und anderen Bereichen sich beruhigt zurückzulehnen. Ziel muss es sein, die Herrschaft an das Staatsvolk, an die BürgerInnen zu übergeben und sich letztendlich vom Kapitalismus zu verabschieden, denn nur so kann ein lebenswertes Dasein entstehen.

Die Proteste in Griechenland sind von Akteuren unterschiedlicher politischer Lager und inhaltlichen Positionen mitbestimmt. Einender Moment der jetzigen Bewegung ist der Unwille die Sparmaßnahmen auf den eigenen Schultern zu tragen. Diese zeigt, dass die Anforderung, den Gürtel enger schnallen zu müssen, um das Wohl der Nation zu sichern, nicht von allen geteilt wird.

Zu wünschen bleibt, dass der Konflikt eine solche Zuspitzung erfährt das die Abschaffung des kapitalistischen Systems als Notwendigkeit begriffen wird und dies auch in die Tat umgesetzt wird.

Es geht ums Ganze und nicht darum, dass der Staat als Risikoabsorber die sozialen Ungerechtigkeiten durch den Kapitalismus auffängt.
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Ergänzungen

Text aus Greece zu 3 Toten von Flesh Machine

En Fin 12.05.2010 - 12:39

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Solidarität mit dem Kampf in Griechenland! — Finanzbehörden abschalten

gute analyse — tagmata

Personalisierung — Reiner

Solidarität mit griechischen Arbeiter/innen — Anarchosyndikat Köln/Bonn