Babylon-Chefs scheitern im Fremdwort-Prozess

Stammgast 07.05.2010 11:58 Themen: Kultur Medien Soziale Kämpfe
Tobias Hackel und Timothy Grossman, Geschäftsführer des öffentlich geförderten Kinos Babylon Mitte in Berlin, scheitern bei einem ihrer Versuche, der FAU Berlin den Mund zu verbieten: Die FAU Berlin hatte Anfang 2009 behauptet, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlter Urlaub seien für einige Babylonbeschäftigte "Fremdwörter". Das Arbeitsgericht sieht darin eine erlaubte Meinungsäusserung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Geschäftsleiter können noch juristisch dagegen vorgehen.
Erkenntnissen der Quantitativen Linguistik zufolge verbreiten sich Fremdwörter entsprechend einer klaren logistischen Funktion. In vielen Fällen so weit, bis das Fremdwort gar nicht mehr als solches erkannt wird.
Die FAU Berlin behauptete während der Berlinale 2009 öffentlich, für Beschäftigte des Babylons seien Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlter Urlaub "Fremdwörter". Die Geschäftsführer des Babylon Grossman und Hackel gingen mit einer einstweiligen Verfügung gegen diese Feststellung vor. Die FAU Berlin ließ sich das nicht gefallen und forderte Klageerhebung. Am vergangenen Mittwoch scheiterten Grossman und Hackel mit ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht. Sobald das Urteil zugestellt und rechtskräftig wird, kann die FAU Berlin wieder ungestraft feststellen, dass Krankengeld und Urlaub für einige im Babylon einst fremd wie Fremdwörter waren.
Bis zur Zustellung des Urteils sei der FAU also noch geraten, eine Mitteilung des Betriebsrat vom Januar 2009 zu zitieren, die dieser im Auftrag eines Großteils der Beschäftigten verbreitete:

"Eine Atmosphäre in der keiner, der seinen Job behalten will, es wagt um Urlaub zu bitten, prägen das Arbeitsklima."

Doch die Zeiten sind vorbei. Anfang 2010 sahen sich Geschäfts- und Theaterleitung gezwungen, sich mit dem Errechnen von Urlaubsansprüchen des vergangenen Jahres zu beschäftigen. Erfreuliche Nachzahlungen waren die Folge. Urlaub und Krankengeld sind auch für die Geschäftsführung keine Unbekannten mehr.
Vorausgegangen waren 12 Monate eines erfolg- wie verlustreichen Konflikts, während dem die Mitarbeiterzahl von über 30 auf unter 20 reduziert wurde. Ein potentielles Ziel der Geschäftsführung ist damit erreicht: die heute stattfindende Betriebsratswahl wird nur noch einen Kandidaten auswählen, für einen dreiköpfigen BR ist das Babylon mittlerweile zu klein.
Die Geschäftsführer können hoffen: "Fremdwörter" verschwinden unter Umständen auch wieder aus einem Sprachschatz. In der Formel der entsprechenden logistischen Funktion ändert sich nur ein Vorzeichen.
Die Beschäftigten im Babylon werden das gemeinsam mit der FAU Berlin zu Verhindern wissen, und weiterhin auf Probleme im Babylon aufmerksam machen - darauf etwa, daß aktive Beschäftigte sich nach wie vor der Gefahr einer kalten Kündigung durch Schichtreduzierung ausgesetzt fühlen, und daß die von der Partei die Linke protegierten Geschäftsführer Grossman und Hackel sich nach wie vor alle Mühe geben, basisgewerkschaftliche Aktivität zu verhindern.

Am morgigen Samstag, dem 8. Mai feiert die FAU Betriebsgruppe den Tag der Befreieung auf dem Rosa-Luxemburg-Platz vor dem Babylon. Die FAU ergänzt die zeitgleich von der Partei die Linke im Babylon veranstaltete "Linke Kinonacht" mit Redebeiträgen, Musik, Performance, Lesung und Kurzfilmprogramm.

Aktuelle Informationen gibt es auf dem Blog einiger Babylon-Beschäftigter: prekba.blogsport.de
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Ergänzungen

hier gewonnen, da verloren

babba 07.05.2010 - 12:09
Vor Gericht und vor dem Babylon erkämpft und verteidigt die FAU erfolgreich Rechte der Mitarbeiter erkämpft. Beim Namen nennen darf sie das aber nicht:
"Nun ist es amtlich. Die FAU Berlin darf sich auch in ihrer Satzung nicht als Gewerkschaft bezeichnen. Mit der Begründung, sie habe dadurch gegen eine Einstweilige Verfügung verstoßen, wurden 200 Euro Ordnungsgeld – ersatzweise vier Tage Haft – verhängt."
Quelle:  http://linkeblogs.de/hiksch/

Terminhinweis

kinoarbeiter 07.05.2010 - 12:19

Nicht befriedet, nicht befreit – Begleitprogramm zur Linken Kinonacht


Wenn die Linkspartei mit der Linken Kinonacht dem Babylon Mitte erneut den Anschein eines linken Kino gibt, wollen wir das nicht unkommentiert lassen und auf die tatsächliche Situation in dem halbkommunalen Filmtheater hinweisen.
Die FAU-Betriebsgruppe des Kino Babylon Mitte lädt deshalb zu Musik, Filmen, Lesungen, Redebeiträgen und feiner Mai-Bowle. U.a. mit PunkrockMC , Andreas „Spider“ Krenzke und Harun Farocki.
Kommt zahlreich, zeigt eure Solidarität mit den Beschäftigten!
Sa 8. Mai / Rosa-Luxemburg-Platz / ab 19.00 Uhr

Super!

xyz 07.05.2010 - 12:27
Gute Nachrichten! Auch bei anderen Prozessen vorm Arbeitsgericht scheint es wohl nicht mehr so gut zu laufen für die Herren Grossman und Hackel:
 http://prekba.blogsport.de/2010/04/19/nichts-neues-im-arbeitsgericht/

Linke Kinonacht

Ulli 07.05.2010 - 14:07
Bis vor kurzem wurde die Party zur Linken Kinonacht im Roten Salon angekündigt. Die ist offenbar gestrichen oder verlegt...
Interessant auch folgende Ankündigung: 18:30 Uhr Podiumsdiskussion: "Medien und der 8. Mai" Wer da wohl aus dem Fachbereich 8 als Referent eingeladen worden war? ;-)

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