Berlin Weitlingkiez-Stolpersteine geschändet

... 04.05.2010 12:06 Themen: Antifa
In den vergangenen Wochen kam es wiederholt zur Schändung von „Stolpersteinen“ im Lichtenberger Weitlingkiez. Vermutlich Rechtsradikale stören das Gedenken an Holocaustopfer und kämpfen um die Hegemonie im Kiez.
Vorgeschichte

Die Stolpersteine, von denen in diesem Artikel die Rede ist, wurden am 17. November des vergangenen Jahres an der Ecke Emanuel-/Leopoldstraße (Nähe S-Bhf Nöldnerplatz) im Lichtenberger Weitlingkiez verlegt. Sie erinnern an das Schicksal von Arthur, Gertrud und Max Loewenberg, die allesamt im März des Jahres 1943 von den Nazis in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und sehr wahrscheinlich ermordet wurden (offiziell gelten alle als vermisst).

Parallel dazu wurden ebenfalls am 17. November zwei weitere Stolpersteine in der anliegenden Weitlingstraße (Hausnummer 24, direkt beim S-Bahnhof) verlegt, welche an Herta und Sophie Wegfraß erinnern. 1944 deportiert und zur Zwangsarbeit gezwungen, überlebten beide den Holocaust.

Bei der Verlegung ging es neben dem Gedenken des Schicksals der Opfer des Faschismus auch darum, ein für alle wahrnehmbares Zeichen antifaschistischen Engagements in einer Hochburg der rechten Szene zu setzen. Die Verlegung der Stolpersteine stieß seinerzeit durchaus auf Interesse der lokalen Öffentlichkeit, ihrer Einweihung wohnten über 50 Menschen bei, eine anschließende Abendveranstaltung zum Thema „Zwangsarbeit in Lichtenberg“ war ebenfalls gut besucht. Auch die örtliche nationale Szene war seinerzeit vertreten, machte Bilder fürs Familienalbum, zog sich später aber zurück.

Schändung der Steine

Nachdem an den Stolpersteinen beinahe ein halbes Jahr lang keinerlei Beschädigungen festgestellt werden konnten, kam es in der Nacht vom 10. auf den 11. April erstmals zur Schändung der Steine an der Ecke Emanuel-/Leopoldstraße. Diese wurden mit schwarzem Sprühlack übermalt und die Gravur somit unleserlich gemacht. Ein aufmerksamer Anwohner benachrichtigte die Polizei und den Verein „Licht-Blicke“, der die Information breiter streute. Rasch fand sich eine Gruppe engagierter Menschen zusammen um die Steine zu reinigen, zudem wurden Zettel in der Umgebung verteilt, die über den Vorfall informierten und Hinweise erbaten. Bei der Polizei wurde der Vorfall zur Anzeige gebracht.

In der Nacht vom 24. auf den 25. April wurden die Steine erneut mit Sprühlack angegriffen, wieder wurden die Steine rasch gereinigt, nachdem Anwohner die Tat gemeldet hatten. Erneut wurde die Nachbarschaft informiert, Hinweise zu den Tätern gibt es auch diesmal nicht.

Was tun?

Zunächst soll an dieser Stelle bemerkt werden, dass uns die Angriffe auf die Steine nicht wirklich überrascht haben, vielmehr hatten wir von Beginn an damit gerechnet das örtliche Faschisten sich daran vergehen. Interessant ist, dass die „Stolpersteine“ in der Weitlingstraße bisher verschont geblieben sind, offenbar hält der rege Publikumsverkehr die feigen Täter dort von Anschlägen ab.

Für uns stellt sich nun die Frage nach dem Umgang mit den Vorkommnissen. In erster Linie ist uns daran gelegen, die unmittelbare Nachbarschaft darauf aufmerksam zu machen, was in ihrem Umfeld geschieht. Schließlich sollte es den Anwohnern nicht gleichgültig sein, wenn offenbar rechtsgerichtete Menschen dort ihr Unwesen treiben und das Gedenken an Holocaustopfer verunglimpfen.

Darüber hinaus wollen wir eine breitere Öffentlichkeit auf die Geschehnisse im Weitlingkiez aufmerksam machen, schließlich stellen sie vermutlich eine Machtprobe der nationalen Szene dar.
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Ergänzungen

Ergänzung

.:.:. 04.05.2010 - 12:50
Wenn man in einem Indy-Artikel von "wir" spricht, dann sollte vielleicht in irgendeiner Weise ersichtlich sein, wer da spricht. Nur so kann mensch auch für Leute erreichbar sein, die das Thema interessiert und die dort selbst aktiv werden wollen.

Kleine Ergänzungen:
Der Neonazi, der den Rundgang beobachtete und fotografierte war Christian Bentz, bekannter Lichtenberger Schlägernazi und Anti-Antifa.

Die Steine wurden in beiden Fällen nach wenigen Stunden wieder gereinigt, der Erfolg der Neonazis war dementsprechend keiner, vergleichbar mit Naziaufklebern, die gleich wieder abgekratzt werden.
Demnach ist als Reaktion eine schnelle Reinigung durchaus angebracht, eine Information an AnwohnerInnen sinnvoll, um Auseinandersetzungen mit den Stolpersteinen anzuregen. Eine Öffentlichkeit darüber hinaus ist aufgrund der Faktenlage (war keine aufwändige oder besonders krasse Nazi-Aktion, war schnell wieder behoben) nur bedingt sinnvoll.

Solidarische Grüße aus Hohenschönhausen.

Antifaschistische Parade!

AFA 04.05.2010 - 18:30
Genau da in Lichtenberg wird es diesen Samstag eine Antifaschistische Parade geben.

Siehe:

 http://ujz.blogsport.de/

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kommt mal klar — Es wurde keinE AutorIn angegeben!

schändung — karpfen