Rostock: Erste Einschätzung

Red_Angel 01.05.2010 18:07 Themen: Antifa
Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich heute mehr als 1000 Menschen bei Protesten gegen den Naziaufmarsch und erzwangen Verlegung der Route. Eine vorläufige Bilanz.
Rostock kann Blockaden. Das hat der heutige Tag gezeigt. Neben vielen Antifaschisten aus der "autonomen Szene" nahm aber auch die lokale Politprominenz, und was besonders erfreulich ist, auch zahlreiche "einfache" Bürger teil. Letzteres eröffnet insbesondere aufgrund der verstärkten Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Leute aus dem linksradikalen Spektrum Perspektiven für die Zukunft.

Die Nazis können sich über eine Teilnahmerzahl freuen die über den Erwartungen liegt, es nahmen zwischen 500 und 600 von ihnen daran teil. Auswertungen des Bildmaterials werden zeigen, ob dies an ein verstärkten regionalen Zuspruch gelegen hat, oder an ein teilweises Ausweichen weg von Berlin, wo das angekündigte und bereits im Vorfeld programmierte Desaster für die Nazis eintrat.

Den Gegendemonstranten ist es gelungen durch mehrere Blockaden den Anhängern der NPD den geplanten Zutritt nach Lütten-Klein zu verwehren. Eine völlige Blockade schien streng genommen bereits relativ frühzeitig als zu optimistisch, da Teile der Zivilgesellschaft auf Feste weitab der Naziroute bestanden hatten. Die Begründung des DGB's man halte mit seiner Veranstaltung die Nazis aus der Innenstadt ab, klingen wenig überzeugend, hatten diese doch nie vor dort zu marschieren. Als Fehler hat sich ebenfalls erwiesen, dass einige mit ihrem Fest was ursprünglich in Lütten-Klein stattfinden sollte, keinen längeren Atem behalten hatten. Noch bevor man überhaupt einen Ablehnungsbescheid erhalten hatte, verzichtete man bereits nach ersten Gesprächen mit den Ordnungsämter auf den Ort und ließ sich in das Fischerdorf verlegen. Dadurch wurde die Zahl der Teilnehmer an den Blockaden möglicherweise unnötig verringert.

Voll zufrieden dürfte die Polizei gewesen sein. Zwar wurde es zwischendurch für die Beamten immer mal wieder hektisch, die Trennung durch den Bahndamm und der Stadtautobahn erleichterte dabei jedoch die Arbeit. Sollte es von der Polizei Taktik gewesen sein, und dafür spricht einiges, die Blockaden zuzulassen, um einen Vorwand zu bekommen, die Nazis in ein leicht abschirmbares Gebiet zu verlegen, so ist diese als erfolgreich zu beurteilen. Vergessen werden darf dabei jedoch nicht, dass sie dies einzig und alleine Aufgrund des zu erwarteten antifaschistischen Engagement tat.

Soll in Zukunft in Rostock tatsächlich ein Naziaufmarsch verhindert und nicht "nur" eine kürzere und bedeutend weniger repräsentative Route abgetrotzt werden, bedarf es jedoch ein Umdenken in einem Teil der Zivilgesellschaft. Der vorauseilende Gehorsam und Verzicht auf Veranstaltungen in Lütten-Klein und damit in der Folge die Notwendigkeit den zivilen Ungehorsam auf einen Punkt zu konzentrieren, machte ein dafür notwendige Einkesselung fast unmöglich.

Der hohe Zuspruch in großen Teilen der Zivilgesellschaft für die Blockaden zeigt jedoch, dass hier eine Entwicklung angestoßen worden ist.
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Ergänzungen

Ein einfacher

Bürger 01.05.2010 - 20:21
Die Manöverkritik des Lautis während uns die Staatsmacht in Lütten-Klein eingeschlossen hatte mag einen wahren Kern haben, interessiert aber auf einer Demo herzlich wenig. Das ist was für die Nachbetrachtung. Stattdessen wären häufigere Ansagen sinnvoll, wie es nun um das zu blockierende Ereignis bestellt ist, denn gerade "einfache Bürger" schienen eben nicht zu wissen, wo sie Infos herkriegen. Und manch Protestant nimmt auch absichtlich keine Elektronik mit.

Aus dem 17-Uhr-Bericht der Staatsmacht geht hervor, dass es erklärtes Ziel war, die sich verlagern wollende Blockade zu blockieren. Aber nichts anderes war zu erwarten. Viel schlimmer finde ich, dass hier auf Indy die Alternativroute der Nazis heruntergespielt wird. Bitte, die durften durch ein WOHNGEBIET laufen und ihre Hetze verbreiten. Da würde ich mir fast wünschen, sie wären durch das an einem Feiertag eh ausgestorbene Kapitalprotzzentrum Lütten-Klein gelatscht. Mag sein, dass sie da ganz prächtige Schnappschüsse hätten schießen können, klar. Die Belästigung der Bürger durch diese braune Scheiße wäre dann wohl aber geringer gewesen. Noch schlimmer ist letztendlich, dass die Nazis bis ganz in die Nähe des Sonnenblumenhauses auf ihrer Alternativroute gekommen sind - das Klenow-Tor liegt ja vis-à-vis und nur Straße und Bahn trennt die Gebiete.

Natürlich wünsche ich mir, dass die Brut überhaupt nicht von Fleck kommt. Mir ist denn aber zu Ohren gekommen, dass viele Menschen nichts von der Blockadeaktion wussten und vor allem nur das weit ab vom Schuss gelegene, gediegene Fischerdorffest kannten. Als einfacher Bürger kann ich euch versichern, dass Spuckies am Laternenpfahl und Plakate auf Stromkästen eher wenig Beachtung finden. In der Szene mag das anders sein. Andere Lütten-Kleiner müssen sich die Kritik gefallen lassen, dass ihre Courage noch mächtig Nachholbedarf hat, schauten sie doch nur z. B. in der Rigaer Straße von ihren Balkonen, statt mal mitzumachen. Das, was heute gelaufen ist, war jedenfalls kein Erfolg. Bei derlei Vorgehen haben die Nazis bei der Planung zukünftiger Demos leichtes Spiel. Die Groß-Kleiner jedenfalls haben es nicht verdient, solchen Spuk auf ihren Straßen zu haben. Vorschlag fürs nächste Mal: "Welche Alternativrouten könnten die Nazis gehen wollen, wenn ..." und das dann in die eigene Planung mit aufnehmen.

Hier noch ein Artikel

AfA 01.05.2010 - 21:23

@Bürger

Krawalltourist ;) 01.05.2010 - 22:44
Bei den Blockaden waren so 600 - 700 Leute. Wenn du die umzingeln willst, hätte man 3-4 Blockaden gebraucht. Macht pro Blockade wieviel?

Dazu schwieriges Terrain und eine ziemlich gut agierende Polizei. Ich denke mal, heute wurde alles rausgeholt was möglich war. Es gab einige direkte Aktionen gegen Nazis und dabei auf unserer Seite keine Verluste durch Polizei oder ähnliches.

Was die Mobi angeht, gebe ich dir Recht aber vergiss nicht die zahlreichen Flyer die in die Briefkästen landeten.

Versaut haben es die Spinner von ... . Wenn die auf den Quatsch im z.B. Fischerdorf verzichtet hätte und man auch gegenüber der Presse nur eine Veranstaltung beworben hätte, wäre vieles mehr drin gewesen.

Die sollten sich schämen und ich hoffe die kriegen von den Rostockern noch ordentlich die Leviten gelesen.

Szenario genau so vorher geplant

egal 02.05.2010 - 10:54
 http://www.mvregio.de/show/387959.html

Polizei und Nazis haben das eingetretene Szenario vorher so geplant und abgesprochen.

Hamburger/Elmshorner/Pinneberger

und noch mehr Dorfnazis 02.05.2010 - 13:28
Im folgendem Link ein Video von Nazis die am 1.Mai von Hamburg-Hauptbahnhof nach Rostock gefahren sind.

 http://www.youtube.com/watch?v=ALcGUC5i3kM&feature=related

Alles Taktik

far 02.05.2010 - 20:16
Traurig aber wahr, die Cops haben die Blockaden wirklich effektiv unterstützt. Früh am Tag sah es noch so aus, als wenn sie dies mit allen Mitteln verhindern würden wollen, schon recht zeitig war die Route abgesperrt.
Auch ein erster Versuch wurde verhindert, beim zweiten kamen dann einige Menschen durch.
Als ich mit einer größeren Gruppe unterwegs war und wir auf Umwegen auf die Route gelangen wollten, wurden wir in einer Seitenstraße gekesselt und uns wurde mitgeteilt das es für uns hier nicht weitergehen würde und wir nur zum Versammlungsort wieder zurück dürften. Nach kurzer Zeit kam der Cop wieder zurück und teilte sehr überrascht mit (gute schauspielerische Leistung) das sie uns jetzt zur Blockade leiten würden, wenn wir wollen. Wir waren baff und nach einigem hin und her haben wir uns erst mal für die Blockade entschieden, obwohl uns das ganze mehr als merkwürdig vorkam.... kurz danach wurde unsere Blockade dann nach vorne auf die große Kreuzung verlegt, wie irgendwie alle Blockaden die es so gab.... spätestens da war klar, dass die Cops froh sind, wenn sie alle Gegendemonstranten auf einen Fleck haben, kesseln können und so für die Nazis eine reibungslose Demo durch Groß Klein geleiten können.
Tja, irgendwie clever.....

Aber um wirklich beide Seiten (Lütten und Groß Klein) zu blockieren, hätten einfach mehr Menschen unterwegs sein müssen. Von Erfolg mag ich daher auch nicht sprechen. Sie konnten zwar die ursprüngliche Route nicht laufen, aber sie konnten halt marschieren. Und Groß Klein ist auch dicht bewohnt, also sind sie nicht mal durch leere Landschaften gelatscht.

Natürlich ist es somit auch schade, dass es nur wenige Antifas nach GK geschafft haben. Aber die paar die da waren, waren trotzdem - wenn auch nicht lange - sehr lautstark und haben zumindest verbal den Nazis etwas entgegen gesetzt. Ansonsten waren halt einfach zu viele Cops am Start.... und die Bürgerlichen feiern ihr gelungenes Festchen am Arsch von Lütten Klein, weil sie etwas gegen Rechts getan haben. Herzlichen Glückwunsch.

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