3. Besetzung gg Gentechnik 2010

B. Setzer 23.04.2010 09:29 Themen: Biopolitik Ökologie
Seit heute morgen besetzen circa 20 Menschen, von Bäuer*innen bis Öko-Aktivist*innen einen Genmaisacker im unterfränkischen Düllstadt nahe Würzburg. Durch die Besetzung soll die Aussaat mehrerer gentechnisch veränderter Maislinien aus dem Hause Monsanto verhindert werden. In den letzten Jahren war Unterfranken eines der wenigen Zentren des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen in Westdeutschland, gleichzeitig aber auch Kristallisationspunkt des Widerstandes. 2009 überstand kein einziges Gentechnikfeld in der Region die Anbausaison unbeschadet.
Schwarzach am Main, Ortsteil Düllstadt: Ein 12 Meter hoher Turm, behangen mit gentechnik-kritischen Transparenten, ein massiver Stahlbetonblock zum Anketten und ein bunt bemaltes Zirkuszelt. Die Besetzer_innen haben sich eingerichtet und allerhand Vorkehrungen getroffen, um möglichst lange auf der Fläche zu bleiben, auf der auch dieses Jahr die Firma "Hetterich Feldversuche" (Tel: 09352-979409-0) den umstrittenen und inzwischen weitgehend verbotenen Gentechnik-Mais MON810, nebst weiterer Maislinien der Firma Monsanto, anbauen will. Das ist durch ein Schlupfloch im komplizierten deutschen Gentechnikrecht möglich: Dieses kennt nämlich zwei Arten des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen. Zum einen den (gewerblichen) Anbau, der, was MON810 angeht, im April letzten Jahres verboten wurde, und die Freisetzung. Als letztere ist der Anbau in Düllstadt deklariert, und somit, trotz erheblicher Sicherheitsbedenken, weiterhin legal.

"Es bestand jedoch ohnehin von Anfang an der Verdacht, dass das Anbauverbot von MON810 eher eine wirtschafts- als umweltpolitische Maßname war", meint Aktivist Bernd Setzer. "Schließlich handelte es sich um eine US-amerikanische Firma. Die Vehemenz mit der sich die Bundesregierung nun für die europaweite Zulassung der GV-Kartoffel "Amflora", ein Produkt der deutschen BASF, eingesetzt hat, zeigt, dass es vornehmlich darum geht, deutsche Wirtschaftsinteressen zu schützen, nicht etwa Mensch und Umwelt." Den Besetzer*innen ist es besonders wichtig zu thematisieren, dass nicht nur der "böse US-Multi" Monsanto mit Gentechnik wirtschaftet, sondern gerade Deutschlands Chemie-Industrie kräftig mitmischt.

Dabei besteht gerade aus diesem Blickwinkel dringender Handlungsbedarf, wie die Aktivist*innen meinen. "Bei der Gentechnik handelt es sich zweifelsohne um eine hochriskante Technologie, die, einmal in der Natur freigesetzt, nicht mehr rückholbar ist", so Setzer. "Für Genmais und Genkartoffel gilt eines gleichermaßen: Nicht die Welt braucht sie, sondern die Bilanzen der Konzerne die sie verkaufen."

Die Aktivist*innen freuen sich über Unterstützer*innen und Besucher*innen, unabhängig von deren Meinung zur Gentechnik oder der gewählten Aktionsform.
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Ergänzungen

Veranstaltungsprogramm auf und um den Acker

B. Setzer 23.04.2010 - 09:37
- Campaufbau
Freitag, den 23.4., den ganzen Tag über. Um 11:00 Uhr gibt's Brunch.

- Diskussionen, Debatten, Kaffee und Kuchen
täglich 17:00 Uhr und auch sonst jederzeit

- Bantam-Saataktion
Auch dieses Jahr soll in Unterfranken Bantam- statt Gentechnik-Mais wachsen.
In der Kräutergärtnerei Will in Albertshofen stehen am Freitag, dem 23.
April, und am Samstag, dem 24. April, Infomaterial, Saatgut und Pflänzchen
zur Abholung bereit

- Vortrag "Monsanto auf Deutsch" von Jörg Bergstedt
über die Seilschaften rund um die Aggro-Gentechnik in Deutschland
gibt es am Samstag, dem 24.04., um 20 Uhr.
Achtung: Der Vortrag war ursprünglich im Schwarzacher Hof, Schweinfurterstr. 5, Schwarzach, geplant
und wurde kurzfristig umgelegt.

- Prozesstraining
Samstag, 24.04, den ganzen Tag über:
Training für offensive Prozessführung
Achtung: Diese Veranstaltung wurde aus Bamberg aufs Feld verlegt!

- Vortrag "Monsanto auf Deutsch" von Jörg Bergstedt
über die Seilschaften rund um die Aggro-Gentechnik in Deutschland
Sonntag, 25.4., 18 Uhr, in Würzburg, Festsaal "In der Burse" im Studentenhaus, Am Studentenhaus 1

- Prozess
Montag, 26.04., Landgericht Würzburg
Prozess in der 2. Instanz gegen eine Feldbefreierin, der vorgeworfen
wird, 2008 bei Biebelried (nahe Kitzingen), gentechnisch veränderten Mais
unschädlich gemacht zu haben

Wegbeschreibung

B. Setzer 23.04.2010 - 09:39
Zu erreichen ist das Feld per Bahn am besten über den Bahnhof Kitzingen,
von wo aus etwa stündlich Busse nach Schwarzach am Main fahren. Von dort
aus sind es noch 1,5 km Richtung Osten.

Bus von Kitzingen: mit der 8150 Richtung Gerolzhofen bis Landschulheim,
dann mit 8115 Richtung Dettelbach bis Düllstadt

Bus von Würzburg: mit der 8108 Richtung Nordheim bis Schwarzach, Abtei,
dann 8115 Richtung Wiesentheid bis Düllstadt

Auto: die A3 bis Ausfahrt 74 Schwarzach, weiter Richtung Schwarzach,
dann rechts auf die B22 Richtung Prichsenstadt, Gerolzhofen, schon kommt
Düllstadt, irgendwann rechts der Acker

Tramper*innen können sich auf der Raststätte Haidt an der A3 absetzen
lassen, und von dort aus etwa 3 km Richtung Norden laufen (von der Raste
zum Dorf Haidt, dort gleich am Ortseingang links halten, geradeaus über
Stefansberg Richtung Schwarzach, an der B22 nach rechts bis Düllstadt.

Das Feld liegt im Ortskern von Düllstadt!

Was die Besetzer*innen gut brauchen können

B. Setzer 23.04.2010 - 09:40
Vegane Nahrungsmittel
Brenn- und Bauholz
Bänke, Tische
Decken, Schlafsäcke
Fahrräder als Leihgabe

Spenden werden für Transport-, Material und eventuelle Repressionskosten auch gerne angenommen:
Konto "Spenden und Aktionen"
Nr. 92881806
Volksbank Mittelhessen
BLZ: 513 900 00
Stichwort: "Düllstadt"

Offener Brief an die Feldbesteller-Firma

B. Setzer 23.04.2010 - 09:41
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Hetterich,

die Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen ist, wie Ihnen
sicherlich bekannt ist, nach wie vor mit unüberschaubaren Konsequenzen
für Mensch und Umwelt verbunden. Dies gilt auch und gerade für jene
Pflanzen, für die Sie aktuell eine Freisetzungsgenehmigung auf dem
Düllstädter Acker besitzen.
Die Maissorten der Firma Monsanto, die sie ausbringen wollen,
produzieren entweder selbst Insektengifte oder sind resistent gegen den
Einsatz von Herbiziden. Dabei ist die umweltschädigende Wirkung von
MON810, den Sie freisetzen, inzwischen selbst durch das
Bundeslandwirtschaftsministerium bestätigt und der gewerbliche Anbau
dieses Gen-Maises folgerichtig verboten worden. Auch die von Ihnen
eingesetzte Maissorte NK603 steht in Verdacht, auf Säugetiere giftig zu
wirken, während Herbizidresistenzen oftmals zu einem gesteigerten
Spritzmitteleinsatz führen. Für die Umwelt macht es prinzipiell keinen
Unterschied, ob eine Pflanze zu Versuchszwecken oder kommerziell auf dem
Acker steht. Die Pollen sind in beiden Fällen nicht rückhol- oder
eingrenzbar.

Gentechnisch veränderte Pflanzen bringen dem Großteil der Gesellschaft
keinen Nutzen, was selbst GentechnikbefürworterInnen inzwischen zugeben.
Von dort aus werden immer plattere Tatsachenverdrehungen verbreitet, wie
zum Beispiel, dass die Gentechnik helfe, hungernde Menschen zu ernähren
oder den Klimawandel zu bekämpfen. Zuende durchdachte Argumente für die
Agro-Gentechnik fehlen jedoch - abgesehen von dem Profit, den sie ein
paar wenigen Menschen bringt.
Nicht nur für diejenigen, die sie zu sich nehmen, sind gentechnisch
veränderte Pflanzen potenzielles Gift, sondern auch für diejenigen, die
sie anbauen, direkt oder indirekt damit in Berührung kommen, oder auch
nur mit den betroffenen Wirtschaftskreisläufen in Berührung kommen. Ob
durch Herbizidresistenzen oder mit biologischen Pestizidfabriken, die
Gentechnikindustrie legt es darauf an, den Wettbewerb im Agrarsektor
weiter anzuheizen. Das geschieht auf Kosten der unabhängigen bäuerlichen
Landwirtschaft, des ländlichen Raumes und der Umwelt, sowohl in Franken
als auch im Rest der Welt.

Die Besetzung ihres Ackers will Sie nicht persönlich angreifen. Wir wollen
verhindern, dass die Gentechnik weiter verbreitet wird, weil die Folgen
untragbar sind und nicht mit Geld ausgeglichen werden könnten.

Wir fordern Sie daher auf, sofort und in Zukunft die Freisetzung
Gentechnisch veränderter Organismen zu unterlassen!

Mit freundlichen Grüßen,

Bewohner- und BefürworterInnen der Düllstädter Genfeldsiedlung

Akteneinsicht

egal 24.04.2010 - 19:10
24.04.2010
Auch am zweiten Tag haben die Besetzer*innen das Feld des Saatgut-Multis Monsanto nicht verlassen. Zum Glück lässt sich sagen, dass eine vielfältige Unterstützung der Anwohner*innen vor Ort noch immer solidarisch zu spüren ist. Gerade in Bayern weiß man, was man an den Unbeugsamen hat.
In den Medien werden die Aktivist*innen zwar schon dafür kritisiert, völlig fehl am Platz zu sein, weil angeblich weder Monsanto noch der Feldeigner dieses Jahr eine Aussaat von gv-Mais planten, aber sie trauen dem „Frieden“ nicht. Wer sich die aktuellen Pressemeldungen zur Aktion ansieht wird feststellen, dass es inzwischen drei verschiedene Versionen davon gibt, was an Stelle von gv-Mais-Anbau dieses Jahr auf diesem Feld passieren soll. Die einen behaupten, der Regierung in Unterfranken läge kein Antrag von Monsanto vor, gv-Mais anzubauen, die anderen schreiben, der Regierung läge gar eine Verzichtserklärung von Monsanto vor. In der Zeitung ist zu lesen, Herr Hetterich, der Feldbesitzer, beteuere, keinen GV-Anbau zu planen, den Besetzer*innen sagt er, wenn Monsanto den Anbau wolle, würde er dem nachkommen. Nichts von alledem wurde den Besetzer*innen bisher durch Nachweise belegt.

Monsanto hat sich in seiner jahrzehntelangen Firmengeschichte nicht durch vertrauensbildende Maßnahmen zu Verbraucher*innen ausgezeichnet. Auch dass die Behörden in der Gentechnik-Vorsorge die nötige Sorgfalt missen lassen, ist bekannt. Die Aktivist*innen tun deshalb gut daran, sich auf bloßes Hören-Sagen nicht zu verlassen. Sie bemühen sich, verlässliche Dokumente zu erhalten, aus denen ein Anbauverzicht eindeutig hervorgeht und fordern die beteiligten Firmen und Behörden auf, diese vorzulegen. Sollte dies bis Montag nicht geschehen sein, werden sie die gewünschten Informationen bei den zuständigen Behörden einholen. Diese sind nach dem Umweltinformationsgesetz verpflichtet, allen interessierten BürgerInnen Einsicht in umweltrelevante Akten zu ermöglichen. Wenn es eine Verzichtserklärung von Seiten Monsantos also tatsächlich gibt, dann muss sie bei bei den Behörden vorhanden und einzusehen sein. Eher denkt jedenfalls niemand von den Aktivist*innen daran, "das besetzte Feld zu räumen".

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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schön — Redi

Gute Aktion — name

Respekt — Verräterin