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Interview zur Demo am 30.04. in FFM

AG Unabhängige Presse Rhein-Main 21.04.2010 15:16
Am 30. April veranstaltet das antinationale & sozialrevolutionäre Krisenbündnis Frankfurt eine bundesweite Demontration unter dem Motto: „Endlich wird die Arbeit knappp! Kapitalismus abwracken! Gegen Lohnarbeit, Leistungsterror und Konkurrenz!“ in Frankfurt. Wir trafen uns mit einem Vertreter des Bündnis und stellten ihm einige Fragen zu der Demo.
AG Unabhängige Presse Rhein-Main: Wir sitzen hier mit einem Vertreter des sozialrevolutionären Bündnis, der uns jetzt gleich etwas zur anstehenden Demo am 30.04. und zum Bündnis im Allgemeinen erzählen wird.
Dann stell doch mal bitte dich und das Bündnis vor:

Lars: Hallo, ich heiße Lars und vertrete heute das sozialrevolutionäre und antinationale Krisenbündnis Frankfurt. An ihm sind verschiedene Antifagruppen beteiligt also zum Beispiel die campusantifa oder die antifa [ko], ansonsten sind dabei die Basisgewerkschaft FAU, die Krisengruppe und ÖkolinX, die ja auch im Frankfurter Römer sitzen. Das Bündnis gibt es jetzt seit ca. anderthalb Jahren. Unsere erste große Aktion war die Mobilisierung zu der Krisendemo am 28.03.09, auf der wir mit einem eigenen sozialrevolutionären Block vertreten waren und dessen Absicht es war sich von der Staatsfixiertheit der meisten dort vertretenen Gruppen zu distanzieren. Das Konzept ging auf, es kamen mehrere tausend Menschen in unseren Block. Beflügelt von diesem Erfolg und den vielen Gemeinsamkeiten der beteiligten Gruppen haben wir dann beschlossen in dieser Konstellation weiter zu arbeiten.

AGUP: Ihr habt ja seit mehreren Monaten eine Kampagne hier im Rhein-Main Gebiet laufen. Erzähle uns doch bitte ein bisschen was darüber.

L: Genau, also die in der Ankündigung angesprochene Demo steht im Zusammenhang mit unserer aktuellen Kampagne. Sie heißt „3,2,1...uns! Kapitalismus abschaffen“. Im Rahmen dieser versuchen wir so ein bisschen die aktuelle Krise des Kapitalismus aufzugreifen und die Chancen, die sich daraus ergeben auszuloten. Natürlich sagen wir der Kapitalismus ist immer ein Problem für die meisten Menschen auf der Welt, aber gerade in der Krise erscheint dies besonders deutlich. In ihr wird der der Widerspruch deutlich, dass es auf der einen Seite zwar genügend Güter für alle gibt, sie aber auf der anderen Seite im Kapitalismus nicht zur Bedürfnisbefriedigung aller Menschen benutzt werden (können), man denke nur an die tausende, noch gut funktionierende, Autos, die im letzten Jahr „abgewrackt“ wurden. Im Zweifelsfall wird der Gebrauch des materiellen Reichtums sogar mit Gewalt von Polizei und Justiz verhindert.
Im Rahmen der Kampagne haben wir auch schon ne Menge Aktionen organisiert. Unter anderem eine Demo gegen die AG Wohlfahrt, die glücklicherweise dann auch zwei Tage später abgeschafft wurde. Das war so eine rassistische Ermittlungstruppe, die darauf spezialisiert war illegalisierte Migrant_innen abzuschieben. Ansonsten haben wir noch mit einem eigenen Aufruf zur Studidemo am 30.01. mobilisiert und Aktionen gegen Leiharbeit und für kostenlosen öffentlichen Nahverkehr gemacht. In diesem Kontext findet auch die Demo statt, sie soll gleichzeitig der Höhepunkt der Kampagne sein.

AGUP: Dann kommen wir jetzt direkt zur Demo. Im Vorfeld kommen da ja meist nur Schlagworte und Parolen statt differenzierter Inhalte rüber, deshalb habt ihr jetzt die Möglichkeit diese etwas ausführlicher darzulegen. Was sind eure Forderungen und Ziele? Was wollt ihr mit der Demo erreichen?

L: Für das Bündnis geht es vor allem um zwei Punkte bei der Demo.

Einmal geht es darum gerade in der Krise deutlich zu machen, dass durch die technische Entwicklung und die Produktivitätssteigerung, die es gibt, eigentlich Arbeit immer überflüssiger wird. Im Kapitalismus führt diese Produktivkraftsteigerung leider nicht zu einer Verbesserung der Situation der Menschen. Eher das Gegenteil ist der Fall: sie werden immer weiter unter Druck gesetzt und ihre Lebenssituation verschlechtert sich dramatisch.
Dagegen wollen wir eine Position stark machen, die Lohnarbeit eben nicht als ein Erfordernis menschlicher Natur oder als eine Form überzeitlicher Notwendigkeit begreift. Das Problem rührt vielmehr daher, dass Lohnarbeit in einer kapitalistischen Gesellschaft immer wieder stattfinden muss, da sie die einzige Quelle des Mehrwerts ist. Das Ziel einer durch das Kapitalverhältniss strukturierten Produktionsweise ist es eben gerade nicht möglichst gut die menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen, sondern das Kapital erweitert zu reproduzieren.
Das wollen wir kritisieren und deutlich machen, dass Lohnarbeit nur im Kapitalismus notwendig ist. Eine Gesellschaft, die anders organisiert wäre, in der also die Individuen sich rational und vernünftig darüber verständigen würden, wie die menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen wären, müsste nicht nur viel weniger Zeit für Arbeit aufbringen, sondern diese könnte, auch ganz anders, nämlich in nicht entfremdeten Formen stattfinden.
Das ist der eine Punkt. Also die Ideologie der Lohnarbeit angreifen, die sich quer durch alle Parteien zieht, natürlich auch bis zur Linkspartei, bei der es immer heißt: „Arbeit, Arbeit, Arbeit!“.

Auf der anderen Seite wollen wir mit der Demo gerne Werbung dafür machen sich der aktuellen Arbeitshetze wie sie zum Beispiel von Roland Koch aber auch von der SPD gefahren wird, zu entziehen, sich zu organisieren und dann natürlich auch dagegen zu wehren. Wir setzen da vor allem auf Methoden der Selbstorganisierung und nicht auf Appelle an den Staat. Den Begreifen wir als Teil des Problems. Er ist natürlich auch darauf angewiesen, dass die Wirtschaft brummt, dafür braucht es Leute, die arbeiten. Wenn es nun aber aufgrund der aktuellen technischen Entwicklung immer weniger Arbeit gibt, ist es nur logisch die Menschen mit immer fieseren Methoden in immer schlechtere Arbeitsplätze zu zwingen, wie beispielsweise durch Leiharbeit oder Hartz IV.
Wir glauben, dass dies eine globale Entwicklung ist, die sich jetzt nicht nur auf Deutschland beschränkt, und die an ganz vielen Punkten angegriffen werden kann.
Dafür wollen wir Werbung machen und hoffen, dass sich dem möglichst viele Menschen anschließen.

AGUP: Kannst du gleich noch etwas dazu sagen, wen ihr mit der Demo erreichen wollt an welche Bevölkerungsgruppen ihr euch wendet. Ob ihr glaubt auch Menschen außerhalb der linken Millieus erreichen zu können?

L: Wir wissen natürlich nicht, ob das funktioniert, aber genau das ist natürlich gerade der Plan dabei. Weil wir auch glauben, dass es nicht genügt, wenn die Linke sich quasi immer selber abfeiert, sondern dass es genau darum gehen müsste andere Kreise der Gesellschaft zu erreichen. Gerade weil das Problem weite Teile der Bevölkerung betrifft und nicht nur die Linke. Dafür wünschen wir uns, dass die Demo einen klaren Ausdruck hat und inhaltlich klar zu erkennen ist. So setzen wir nicht auf einen subkulturellen Habitus, der sich vornehmlich durch gewisse äußerliche Merkmale abgrenzt, sondern wollen versuchen unsere Argumente unter die Leute zu bringen, von denen wir glauben, dass sie um einiges besser sind, als das was die herrschenden Parteien und das Staatspersonal anzubieten haben.
Ein Problem gibt es leider dabei, das nicht so richtig in unserer Hand liegt, sondern in denen der Polizei. Die hat ja in den letzten Jahren in Frankfurt gezeigt, dass sie das bürgerlich-demokratische Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit nicht allen politischen Gruppierungen gleichermaßen zugesteht. Als Beispiel gab es am 30.01. bei der Studierendendemo ja einen riesigen Wanderkessel, bei dem überhaupt keine Außenwirkung möglich war, weil die Transparente von mehrreihigen Bullenspalieren verdeckt waren. Das ist natürlich so ein Faktor, auf den wir versuchen uns einzustellen, weil wir keine Lust haben einen Wanderkessel für die Polizei abzugeben.

AGUP: Wie versucht man den dem entgegenzuwirken?

L: Also einerseits zum Beispiel mit solchen Interviews, in denen die interessierte Öffentlichkeit darauf hingewiesen wird, dass es ein Problem in Frankfurt gibt mit der Demonstrationsfreiheit, und die vielleicht auch einen öffentlichen Druck aufbauen. Auf der anderen Seite überlegen wir uns was wir an dem Tag rechtlich noch tun können, zum Beispiel mit Anwält_innen. Ansonsten gibt es natürlich immer noch andere Möglichkeiten. Wenn die Polizei nicht auf Deeskalation setzt, dann gehen wir davon aus, dass dies von vielen Demonstrationsteilnehmer_innen wahrscheinlich nicht einfach so hingenommen wird. Wir würden das gerne vermeiden, weil es uns um Inhalte geht und darum diese zu vermitteln. Insofern liegt das Problem da nicht bei uns, im Zweifelsfall ist es die Frankfurter Polizeiführung, die das in der Hand hat.

AGUP: Traditionell finden ja am „Tag der Arbeit“ dem 01. Mai auf der ganzen Welt linke Demonstrationen statt. Auch viele linksradikale Gruppen rufen an diesem Tagen zu antikapitalistischen Blöcken parallel zu den Demos der großen Gewerkschaften auf. Ihr veranstaltet eure Demonstration aber bereits einen Tag vorher. Habt ihr euch im Kalender geirrt?

L: Nein, natürlich nicht! Das Datum ist ganz bewusst gewählt.
Der Name des Tages sagt es ja bereits, bei den meisten Veranstaltungen an diesem Tage wird es darum gehen bei Bratwurst und Bier den Gewerkschaftsfunktionären bei der Abfeierei der „Arbeit“ zu lauschen. Meist wird es in den Reden wohl auch darum gehen an den Staat zu appellieren den „Lohnabhängigen“ doch bitte ihre Arbeitsplätze zu erhalten, wofür die Gewerkschaften inzwischen ja sogar Lohnkürzungen akzeptieren. Eine weitere unschöne unschöne Position ist ein Standortnationalismus, bei dem ganz bewusst die Proletarier_innen des „Standort Deutschlands“ gegen die in anderen Ländern ausgespielt werden.
Wie aus unseren obigen Ausführungen hervorgehen sollte, können wir nur wenig mit dem ritualisierten Spektakel des ersten Mai und überhaupt nichts mit dem Großteil der dort vertreten Positionen anfangen, weswegen wir uns mit dem Datum auch ganz bewusst davon abgrenzen wollen. Stattdessen werden wir auf unserer Demonstration eine grundsätzliche Kritik an den Basiskategorien der bürgerlichen Gesellschaft formulieren, zu denen auch die von der alten Arbeiter_innenbewegung so oft mystifizierte (Lohn-)„Arbeit“ zählt.

AGUP: Bleibt ihr am ersten Mai also alle zu Hause?

L: Nein. Auch am ersten Mai gibt es vieles zu tun, wobei die verschiedenen im Bündnis vertretenen Gruppen, da jeweils andere Schwerpunkte setzen. Die Ökologische Linke mobilisiert beispielsweise zur traditionellen revolutionären 18 Uhr Demo in Berlin, die FAU wird wohl versuchen auf der Gewerkschaftsdemo in Frankfurt emanzipatorische Positionen stark zu machen und die Antifagruppen im Bündnis haben vor den zentralen Naziaufmarsch der Nazis in Süddeutschland, der in Schweinfurt angemeldet ist, zu verhindern. Einige Leute aus dem Bündnis werden aber auch einfach nur den freien Tag ohne Plackerei genießen.

AGUP: Ok, danke!
Ihr formuliert als langfristige Ziele die Abschaffung der Lohnarbeit und des Kapitalismus. Wie seht ihr die Dialektik von Kämpfen um begrenzte Ziele und der angestrebten grundlegenden gesellschaftlichen Veränderung?

L: Ja...
Sehr schwierig. Einerseits ist es im Kapitalismus natürlich möglich konkrete Verbesserungen zu erkämpfen. Andererseits sind die Verbesserungen, die man erkämpfen kann, sei es die Erhöhung des Lohns, sei es die Abschaffung der Studiengebühren oder eine Legalisierung von Migrant_innen, im Kapitalismus natürlich immer wieder prekär. Die Dynamik des Kapitalismus mit seiner Logik der Verwertung tendiert immer dahin all diese Verbesserungen wieder einzuholen. Am Beispiel der Studiengebühren kann man das ganz gut deutlich machen. Es ist ja gelungen die wieder abzuschaffen, das hat aber nicht dazu geführt, dass man jetzt in einer demokratischeren oder grundsätzlich angenehmeren Hochschule studiert, sondern man hat jetzt zwar keine Studiengebühren, dafür aber Bachelor/Master und eine im Kern autoritäre Hochschule. Zudem könnte die schwarz-gelbe Landesregierung die Gebühren natürlich jederzeit wieder einführen.
Das verweist halt darauf, dass man zwar konkrete Verbesserungen erkämpfen kann, für ein wirklich schönes Leben für alle aber die Überwindung des Kapitalismus notwendig ist.

AGUP: In eurem Aufruf ist die Rede von emanzipativen Prozessen. Wie stellt ihr euch die vor? Wie können die Aussehen? Wie sind sie zu erreichen? Und vor allem geht es dabei mehr um den Lernprozess oder um eben die aktuelle Verbesserung der Lebensverhältnisse?

L: Also im Idealfall geht das ja Hand in Hand. Aufgrund dessen, dass halt diese konkreten Verbesserungen im Kapitalismus immer so prekär sind, sind uns vor allem Prozesse von Selbstorganisierung und auch von Selbstaufklärung wichtig, die dabei entstehen können. Es geht also um eine Art Lernprozess, den man wahrscheinlich nur im Kollektiv und in sozialen Auseinandersetzungen machen kann. Diese könnten letztendlich dazu führen, dass sich eine möglichst große Anzahl von Menschen zusammentut und an die Stelle des Kapitalismus eine vernünftige Gesellschaft setzt. Das wird natürlich nicht von alleine passieren, weswegen es auch Formen linker Organisierung, als Teil dieser Prozesse, braucht.

AGUP: Jetzt stelle ich mir die Frage, ob nicht die Geschichte der sozialistischen- und der Arbeiterbewegung lehrt, dass solche emanzipativen Prozesse nicht notwendigerweise aus Klassenkämpfen hervorgehen müssen. Was sind die spezifischen Voraussetzungen, die euren Kampf hoffnungsvoll machen?

L: Das Problem ist ja, dass aus dem Kapitalismus in der Regel von alleine gar nichts Gutes hervorgeht, und dass deswegen auch keine Notwendigkeit von Emanzipationsprozessen besteht. Natürlich auch nicht bei Klassenkämpfen, trotzdem bleiben diese notwendig. Allein schon um das Überleben im Kapitalismus einigermaßen erträglich zu haben. Grundsätzlich geht es uns darum zu sagen – auch wenn es bei uns im Bündnis unterschiedliche Einschätzungen gibt zu konkreten Fragen wie man jetzt Klassenkämpfe bewertet, welche Reichweite sie haben und welchen Bezugspunkt sie darstellen - dass es eben nicht von alleine läuft mit der Emanzipation, sondern dass man so etwas braucht wie kollektive Lern- und Selbstorganisierungsprozesse. Das ist eben gerade der Unterschied zu großen Teilen der orthodoxen Arbeiter_innenbewegung, die sich ja immer sehr auf den Staat bezogen haben, und dann häufig die Frage der Emanzipation im Hier und Jetzt der Frage der Selbstorganisation hinten an gestellt haben.

AGUP: Als Bündnis habt ihr ja auch in andere soziale Auseinandersetzungen wie zum Beispiel die um die Universitäten interveniert.
Welche Rolle spielen für euch die Studierendenproteste im allgemeinen und welche Chancen & Potentiale seht ihr in den aktuellen Protesten?

L: Vielleicht erstmal zum ersten Teil der Frage.

Ich glaube aus unserer Perspektive stellt sich der frühere Zustand weniger idealisiert, als für den Großteil der Studierendenbewegung, dar. Es ist natürlich nicht so, dass es früher darum ging als Selbstzweck oder aus reinem Erkenntnisinteresse zu studieren. Was sich jetzt aber geändert hat, und das ist so glaube ich auch das Interessante für eine linke Perspektive dabei, dass jetzt die Polster viel dünner werden und ein Großteil der Studierenden durchaus merkt für was eigentlich diese ganze Ausbildung veranstaltet wird. Nämlich tatsächlich dafür geeignete Arbeitskräfte für den Standort Deutschland zu schaffen, dessen einzige Ressource ja bekanntermaßen das Wissen ist, und es geht natürlich auch darum diese Arbeitskräfte zu selektieren um die gesellschaftliche Arbeitsteilung aufrecht zu erhalten. Das merkt man inzwischen ja auch an der Universität schon selber.
Also gerade die Aufspaltung in gewisse Exzellenzcluster auf der einen Seite, die dann besonders leistungsstark und elitefördernd sein sollen, und auf der anderen Seite dann der große Rest des abgehängten akademischen Proletariats, das tendenziell überflüssig ist, und auch ein bisschen so behandelt wird.
Ich glaube das ist der interessante Punkt daran für die Linke, dass auch nicht nur im Zuge der Krise, sondern überhaupt im Zuge der Entwicklung des Kapitalismus der letzten Jahrzehnte auch für viele Studierende, die sich ja immer so ein bisschen als die angehende Elite verstehen, deutlich wird, dass sie eben nicht die angehende Elite sind, sondern dass das Karussell sich ziemlich schnell dreht und nur sehr wenige Plätze frei werden. Die Hoffnung wäre, dass dann daraus so etwas entsteht wie eine Einsicht darin, dass es ein grundsätzliches Problem in dieser Gesellschaft gibt.

Nun zur zweiten Frage.
Das hängt maßgeblich davon ab, wie es jetzt weiter geht und wie die Studierendenbewegung sich weiter verhält. Es ist natürlich klar, dass es sich leider nur um eine kleine Minderheit handelt, die da aktiv ist. Das kann man aber der Minderheit nicht vorwerfen, das müsste man eher den anderen vorwerfen.
Ich glaube wichtig wären vor allem drei Punkte für die weitere Entwicklung.

Erstens - und das gilt glaube ich für Gesellschaftskritik und linke Bewegungen überhaupt -, dass es eben darum gehen muss auch andere Herrschaftsverhältnisse anzugreifen und sich nicht nur auf seine partikularen Interessen zu beziehen. Denn ein Vorteil für mich bedeutet im Kapitalismus immer einen Nachteil für andere Leute. Man muss also Herrschaftsverhältnisse wie beispielsweise Sexismus oder Rassismus thematisieren und versuchen anzugreifen, in dem man eben genau solche Ideologien und Spaltungstendenzen problematisiert und ihnen entgegentritt.

Der zweite Punkt wäre auch hier wieder, dass in der Regel nichts Gutes von alleine passiert, sondern dass man alles selber machen muss. Das heißt, dass es Selbstorganisierung geben muss und natürlich Strukturen, die das auch umsetzen. Dazu gibt es ja bereits Ansätze. Die sind natürlich immer zu klein, aber irgendwo muss man ja anfangen.

Der dritte Punkt wäre - und der ist ganz wichtig - eine internationale oder globale Vernetzung. Gerade wenn man sich nicht auf so ein nationalistisches Standortmanagment runterkochen lassen will, ist es wichtig sich mit anderen Kämpfen, sowohl im universitären Bereich, als auch außerhalb, zu vernetzen.
Natürlich finden wir es als linksradikales Bündnis wichtig, dass es halt wenig Sinn macht, Kämpfe zu führen, ohne sie in den gesellschaftlichen Kontext zu setzen. Ansonsten fällt auf der einen Seite immer hinten runter, dass die Erfolge, die man heute gewinnt, morgen wieder den Bach runter gehen können, und man auf der anderen Seite in der Regel auch falsch verstanden wird.
Das ist bei der Kritik der Lohnarbeit in der Regel ja auch so. Wenn man nur sagt „Arbeit ist scheisse“ hat man in der Regel subjektiv zwar Recht. Das Problem ist, dass unter kapitalistischen Bedingungen der Großteil der Leute sagt: „Naja, ohne Arbeit geht es ja nicht.“
Deshalb ist es total wichtig zu betonen, dass die Zwänge unter denen wir heute leben gesellschaftliche Zwänge sind. Letztendlich auch von Menschen gemachte Zwänge, die damit auch von Menschen überwunden werden können. Es muss also vor allen Dingen darum gehen die Gesellschaft als Ganzes zu kritisieren.

AGUP: Lars wir danken dir für das Gespräch.


Die am 30. April unter dem Motto „Endlich wird die Arbeit knapp“ stattfindenden Demo beginnt um 19 Uhr an der Galluswarte und wird mit einer Party am Goetheplatz enden.

Weitere Infos zum Bündnis findet ihr unter: www.krise.blogsport.de

Anmerkung: Das Interview ist die verschriftlichte und leicht modifizierte Form eines Radiointerviews, das die AG Unabhängige Presse Rhein-Main mit dem Bündnis und einer Vertreterin der sinistra! führte. Das Interview wurde auf Radio X gesendet und lässt sich auf www.bildungsstreik-ffm.de anhören.
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Ergänzungen

16Bars zum 1.Mai

yt 21.04.2010 - 15:37

UND AM TAG DANACH!

Zugtreffpunkt FFM!! 21.04.2010 - 16:32
Zugtreffpunkt für Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet:
01. Mai | 07:15 Uhr | Frankfurt Hauptbahnhof (Infopoint)
Erscheint zahlreich! Gemeinsam nach Schweinfurt - Naziaufmarsch zerlegen!

sinistra²

sie 21.04.2010 - 21:38
dennoch erschließt sich mir nich, da die sinistra! ja nicht teil des krisebündnises ist, warum im artikel steht, das interview wurde mit einem vertreter des bündnises geführt...

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Scheiß Moderation! — hinz&kunz

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