Nächtliche ARGE-Besuche in Wuppertal

Taler 17.04.2010 23:48 Themen: Soziale Kämpfe
Wie an zwei Stellen Wuppertals und in verschiedenen Medien zu lesen und zu sehen war, sind in Wuppertal offensichtlich zwei ARGE-Geschäftsstellen Zielscheibe frustrierter Lohnarbeitsscheuer geworden.
Wie gestern der Wuppertaler Boulevardzeitung "WZ" (Westdeutsche Zeitung) zu entnehmen war und an zwei Stellen der Stadt bewundert werden konnte, hat es in der Nacht auf den 16.April an zwei ARGE-Geschäftsstellen im Tal mächtig geknallt.
Eingeschmissene Scheiben, Farbe an der Fassade und in den Räumlichkeiten und Lohnarbeits- und Hartz-4-kritische Sprüche zeugen von der nächtlichen Wut. Wie dem Bekenner_Innenschreiben zu entnehmen ist, scheint der Hintergrund der Aktion unter anderem eine letztjährige Umfrage des bundesweit bekannten Wuppertaler Arbeitslosenhilfe-Vereins "Tacheles e.V" zu sein. Dieser hatte Ende letzten Jahres unter sogenannten ARGE-"Kunden" eine Zufriedenheitsumfrage gemacht, die allen Wuppertaler ARGEn rundweg ein schlechtes Zeugnis ausstellte, aber dennoch Unterschiede in der Behandlung der von ARGE-Abhängigkeit Betroffenen ausstellte.
Ziel der "Arbeitslosen in Rage", war nun laut Bekenner_Innenschreiben die, laut Umfrage, schlechteste Arge als Dank für miese Behandlung der "Kunden" und die bestbewertete, um darzustellen, dass die Hartz-4-Gesetze als Instrument der Lohndrückerei und Repressionsmittel und das gesamte ARGE-System widerlich sind.

Hier eine Kopie des Schreibens der "Arbeitslosen in Rage", das auf www.directactionde.ucrony.net nach zu lesen ist.

Pflastersteine und Farbflaschen in die Büros der Arge geworfen

Wuppertal 16.April 2010

Folgende Erklärung wurde uns zugeschickt:

"Wir wollten mal Hallo sagen!

Deshalb haben wir in der Nacht vom 15. auf den 16.4 die ARGEn Schwarzbach und Weidenstraße mit Parolen, Steinen und Farbe eingedeckt.

Nach einer Umfrage, die Tacheles e.V. unter den ARGE-„Kunden“ gemacht hat, ist die ARGE Schwarzbach von den sieben Miesen ARGEn in Wuppertal die Allerfieseste. Deshalb war es uns besonders wichtig, sie mal zu besuchen. Die ARGE Weidenstr. haben wir dazu gewählt um deutlich zu machen, dass es gegen das ganze ARGE-System geht.

Dies kurz zur Einleitung:

Das ARGE System steht für Zwangsmaßnahmen, Kürzungen und Schikanen.
Die Einführung von Hartz-4 war ein bewusster Schritt, den Druck auf alle Lohnabhängigen zu erhöhen, denn Mensch hält eher mit der Perspektive auf Hartz 4 die Schnauze, wenn es um Rechte am Arbeitsplatz oder um mehr Kohle geht. So konnte in den letzten Jahren ein Niedriglohnsektor etabliert werden - mit zu Teil Löhnen von unter 3 Euro die Stunde (z.B. bei der Zeitarbeits Firma Gens in Wuppertal). Zudem etablierten sich unter der Mithilfe der großen Wohlfahrtsverbände (Diakonie, AWO, Caritas) die Ein-Euro-Jobs. Die Ein-Euro-Jobs sind eine Zwangsmaßnahme, die die Betroffenen nur unter der Inkaufnahme von Sanktionen ablehnen können. Durch die Ein-Euro-Jobs werden selbstverständlich besser bezahlte, unbefristete Jobs verdrängt. Das treibt die negative Prekarisierung des Lebens für viele Menschen weiter voran (nicht, dass wir das so genannte "Normale Arbeitsverhältnis" so super finden, aber es ist immer noch besser als die gleiche Scheisse für nen Euro die Stunde zu machen).
Die ARGE ist also ein Instrument um die Löhne zu drücken, die Arbeitsdichte zu erhöhen, also kurz gesagt ein Instrument um die kapitalistische Ausbeutung zu intensivieren.
Die ARGEn sind selber sehr oft der Ort unserer Schikanierung und Demütigung. Die MitarbeiterInnen der ARGE die sich beim Sanktionieren und Drangsalieren hervortun, sollten sich nicht zu sicher fühlen.
Ihre KollegInnen dagegen die sich anständig Verhalten, die ihre Spielräume zu Gunsten ihrer "Kunden" ausdehnen, müssen auch nicht mit kaputten Autoreifen, dass heißt mit Sanktionen unsererseits rechnen.
Auch wenn wir grundsätzlich dafür sind, dass sich ARGE-MitarbeiterInnen einen anständigen Job suchen.

Nun ein paar Sätze zu den Medien:

Die meisten Medien (ob nun Zeitung, Fernsehen oder Radio) taten sich während der 5 Jahre Hartz-4 Jubiläums-"Feierlichkeiten" anfang des Jahres vor allen Dingen dadurch hervor, dass sie gnadenlos hetzten: Westerwelle durfte seinen menschenverachtenden Dreck quatschen und natürlich wurde die arbeitslose Sau durch die Talkshows getrieben und jedes Arschloch durfte sagen, was für ein krankes Subjekt ein_e Arbeitslose_r ist, der/die offen sagt dass sie/er keinen Bock auf Arbeit hat, weil es einfach selten gute oder pasende Arbeit gibt. Wir hoffen dagegen sehr, dass es viele Menschen gibt, die so denken und handeln wie wir, denn wir wollen auch nicht jeden Drecksjob machen.
Aber so wollen die Medien uns nicht. Eine_r Arbeitslose_e soll weinendes Opfer sein, das jeden noch so schlechten Job mit Kusshand annimmt. Wenn nicht, gibt es keine andere Erklärung, als dass er/sie einfach krankhaft faul sein muss.
Die grösste Wiederlichkeit war dann aber, dass die miesen ARGE-Bosse sich noch herab ließen, uns väterlich in Schutz zu nehmen und zu sagen, die meisten seien gar nicht so schlimm, die meisten seien brav "bemüht" um Arbeit.
Aber uns reicht es schon lange, darum haben wir bei euch vorbei geschaut. Um uns und anderen zu zeigen, dass es auch anders geht!
Ausserdem hoffen wir, dass wir durch unsere Aktion das Thema Hartz 4, Ein-Euro-Jobs, Ausbeutung, usw. einmal von unserer Seite beleuchten zu können.

Wir wollen deutlich machen, das es eine Menge Leute gibt, denen Hartz 4 und die ARGE gewaltig stinken.

Wir wollen keine Sanktionen, keine sinnlosen Maßnahmen, keine miesen Jobs, für die wir nur einen Euro die Stunde kriegen. Und die nicht so Miesen, die uns vieleicht Spass machen, sollen wenigstens anständig Kohle abwerfen, denn das ist verdammt noch mal das Mindeste.

Wir Grüssen mit unserer Aktion alle unsere Freund_innen, die wir kennen und die wir (noch) nicht kennen. Unsere Freund_innen sind die "arbeitscheuen Schmarotzer", die sich um die Arbeit drücken, wie der Hund um die Brennesseln, da sie etwas besseres suchen als ihre Lebenszeit zu verplempern. Unsere Freund_innen sind die, die ihren Ein-Euro-Job ganz O.K. finden, aber vernünftig verdienen wollen. Unsere Frund_innen sind die, die nicht zu ARGE müssen, aber trotzdem mit uns kämpfen, weil sie wissen, das es sie auch jederzeit treffen kann.
Ja, es gibt uns und wahrscheinlich sind wir mehr als wir selber denken. Wir können auch noch mehr werden. Wir müssen nur anfangen uns zu bewegen, uns kennenlernen, uns helfen statt uns weiter alleine durch zu schlagen.
Wir sollten anfangen zu kämpfen. Jetzt sofort gegen die Schikanen und billige Ausbeutung und für mehr Kohle, aber auch für eine Gesellschaft, in der es keinen Arbeitszwang mehr gibt und alle aus freien Stücken einer erfüllenden Tätigkeit nach gehen können. Und jede_r das hat was sie/er braucht und will.
Wir freuen uns auf euch und hoffen, dass wir uns alle am 1.Mai auf der Straße sehn: 14:00 Uhr auf der Gathe, Höhe AZ. BIS DANN!!!

P.S. Es kann noch viel dezentral unternommen werden - vor und nach dem 1Mai:

- Nazis besuchen
- ARGEN verschönern, smashen, dichtmachen
- Briefkästem einen olivgrünen Tarnanstrich verpassen
- Fiese Ausbeuterfirmen besuchen
- Alle Wände mit lustigen, schlauen, wütenden Parolen verzieren

Arbeitslose in Rage"

Presse:

Mit Pflastersteinen warfen unbekannte Täter in der vergangenen Nacht mehrere Scheiben der Büros der Arbeitsagentur (Arge) an der Weidenstr. in Wuppertal-Elberfeld ein. Anschließen schmissen sie mehrere mit roter Farbe gefüllte Flaschen in die Räumlichkeiten, sodass Wände, Büromöbel und Computer erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurden. Auch die Hauswand beschmierten sie von außen. Ein vor dem Gebäude geparkter Pkw wurde ebenfalls durch Farbflecken beschädigt. Der Sachschaden beläuft sich auf etliche 1000,- Euro.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

WRD Presse

nochmal Taler 17.04.2010 - 23:56

ddh

ffj 20.04.2010 - 01:47
 
bei den "zahltag" aktionen geht es darum, menschen, denen vom amt zu unrecht
ihr geld vorenthalten wird, zu helfen dieses zu bekommen.

die wege um dieses ziel zu erreichen sind unterschiedlich, aber nächtliches
steineschmeissen führt hier sicherlich nicht zum ziel.

es ist reichlich fantasielos die kampagnen anderer leute für seine privaten zwecke
zu missbrauchen, denkt euch doch mal einen eigenen namen aus.
 

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

olé olé — gegen zwangsarbeit