Sachsen: Freie Radios abgeschaltet

GEZ 17.04.2010 18:25 Themen: Freiräume Kultur Medien
Heute 12 Uhr wurden die sächsischen Freien Radios abgeschaltet - Radiosender Apollo gibt Auftrag - Media Broadcast führt aus - SLM schaut zu - Medienfreiheit geht baden - Eine Zensur findet nicht statt.
In Sachsen wurden heute die Sendeleitungen der Freien Radios unterbrochen. Das heißt im Sendezeitfenster der freien Radios ColoRadio, Radio-Blau und Radio-T läuft momentan Stille über den Äther. Die Sendelizenz dieser nichtkommerziellen Lokalradios (NKL) in Sachsen wird missachtet. Der Betreiber von Apollo-Radio gab Abschaltung bei Telekom-Media-Broadcast in Auftrag. Die kommerziellen Privatradios in Sachsen, die das Apollo-Radio-Kartell betreiben, wollen damit Gelder für Sende- und Leitungskosten erpressen. Allerdings haben die drei freien Radios in Sachsen keinerlei Vertrag mit der Betreiberin von Apollo - der Sächsischen Gemeinschaftsprogramm GmbH & Co. KG. Damit gibt es auch keine Zahlungsverpflichtung.

Die Betreiber von Apollo hatten sich bei der Erteilung (2004) ihrerSendeerlaubnis verpflichtet, die Sende- und Leitungskosten der nichtkommerziellen Lokalradios zu übernehmen. Diese "Sächsische Lösung" konnte als Legitimation des Kartells "Apollo" angesehen werden. Die Privatradios Regiocast (Radio PSR/R.SA), BCS (Hitradio RTL/Sachsen Funkpaket) und Energy Sachsen gründeten Apollo, um weitere Konkurrenz im kommerziellen, privaten Sektor bei der Frequenzausschreibung der Mantelfrequenz der freien Radios auszustechen.*[1]
Da jetzt für "die Privaten" die Gefahr einer neuen Frequenzausschreibung auf UKW weggefallen ist, schickt der Betreiber von Apollo Rechnungen an die nichtkommerziellen, freien Radios, um diese und das verlustreiche Mantelprogramm loszuwerden.Die Sächsiche Landesmedienanstalt (SLM) hat bisher, mit der Behauptungkein Geld für private, nichtkommerzielle Radios ausgeben zu dürfen, die Übernahme der Sende- und Leitungskosten abgelehnt und betätigt sich weiterhin bei der Förderung des kommerziellen, privaten Rundfunks aus GEZ-Mitteln.Die Ausstrahlung durch Telekom-Media-Broadcasting kostet ca. 40.000 EUR pro Jahr für alle drei freien Radios. Peanuts im Gegensatz zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber auch zur Förderung des kommerziellen, privaten Rundfunks.In anderen Bundesländern ist die Übernahme der Sende- und Leitungskosten für die nichtkommerziellen Radios selbstverständlich.

Die Radios senden weiter im Internet-Stream.

Links:

Die Trotz der Stille im Äther wirbt die Media Broadcast:
"Wir sorgen dafür, dass Botschaften ihre Empfänger erreichen. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr. Mit einer Zuverlässigkeit, die in diesem Segment vorbildlich ist."
[Zitat:http://www.media-broadcast.com/de/hoerfunk/ukw.html]
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Ergänzungen

Kundgebung vor Apollo in Chemnitz am Montag

Gebt die Radios zurück! 17.04.2010 - 23:52
Kommt alle zur Kundgebung am Montag (19.4.) vor dem Apollo-Sitz in Chemnitz, also zum Medienhaus auf der Carolastraße, 150 Meter vom Hauptbahnhof entfernt! Wir demonstrieren für die sofortige Aufschaltung der 3 Radios.

ein weiterer Artikel zum Thema ...

addn.me 18.04.2010 - 13:01
... gibt es bei addn.me:
Freie Radios von Abschaltung bedroht

Artikel darüber von Radio Corax Halle

name 18.04.2010 - 13:51
 http://959.radiocorax.de/index.php?option=com_content&view=article&id=4376:eskalation-in-sachsen


Eskalation in Sachsen

Vor beinahe 40 Jahren setzten Oskar Negt und Alexander Kluge - in ihrem Werk "Öffentlichkeit und Erfahrung" - große Hoffnung in die Existenz "freier Radios". Mit Hilfe dieser Radios sollten "neue lebendige Verständigungsmöglichkeiten" geschaffen werden, die den "stummen Zwang
der Verhältnisse" durchbrechen und damit die "begrifflichen wie sprachlichen Ausdrucksmittel des Protestes" erweitern. Und in der Tat: Es entstanden Piratensender, die verbotenerweise Frequenzen besetzten. Radios, deren Credo eine
Gegenöffentlichkeit war, direkte Kommunikation über bislang Ungesagtes-das Ganze möglichst auch in neuer Form. Als legitime Erben dieser Piratensender haben derzeit immerhin 30 "Freie Radios" in Deutschland eine legale Sendepraxis.
Doch seit diesem Wochenende senden drei freie Radios weniger auf UKW: Radio Blau (Leipzig),Radio T (Chemnitz) und Coloradio (Dresden). Wer nach den Gründen dieser Abschaltung sucht, der muss in eine schwer durchschaubare Thematik, die sich sächsische Medienpolitik nennt, eintauchen: Dazu gehört, dass die drei freien sächsischen Radios, gesetzlich festgeschrieben, keine 24 Stunden täglich senden dürfen, sondern sich die Frequenzen mit einem kommerziellen Sender teilen: "Apollo-Radio".
In der vergangenen Woche kündigte "Apollo Radio" an, die Ausstrahlung der drei freien Radios zu verhindern. Und in der Tat: Die Sendenetzbetreiberin Media Broadcast gab dem Abschaltbegehren von Apollo Radio nach. Die basisdemokratisch organisierten Radios sind de facto abgeschaltet, statt Sendungen wie Radio Island, das Radioprojekt des soziokulturellen Zentrums "Conne Island", ist nun auf den Frequenzen vor allem eines zu hören: Rauschen.
Doch wie kann es überhaupt dazu kommen, dass ein Radiosender gleich drei andere abschalten lässt? Der "Klassik- und Jazzsender"(Apollo-Radio) ist einst auf Druck der sächsischen Landesmedienanstalt (SLM) gegründet worden, um eine erfolgreiche Bewerbung anderer kommerzieller Radios, die ebenfalls um Werbekunden buhlen, in Sachsen zu verhindern: Das Hamburger "Klassik Radio" hatte sich Hoffnungen gemacht auch in Sachsen Frequenzen zu bekommen . Doch vergebens. Seitdem sendet Apollo, ohne kommerziell erfolgreich zu sein, finanziert von allen sächsischen Privatfunkgesellschaften. In den Medienwissenschaften nennt man das "Frequenzverstopfung". Es geht um die Pflege des heimischen Medienstandortes, der gute, neue Arbeitsplätze garantiert. In
der sächsischen Rundfunkpraxis sah das dann so aus, dass zwei Drittel der Woche Apollo sendet und die verbleibenden 49 Stunden den freien Radios gehörten. Die Kosten allerdings trug allein Apollo - so will es
die Vorgabe der SLM. Genau das wollte Apollo nun vermeiden: Der Sender will Kosten reduzieren und den freien Radios die (werberelevante) Sendezeit nehmen.
"Niemand kann Apollo dazu verdammen freies Radio zu bezahlen", ließ Martin Deitenbeck, Geschäftsführer der SLM, im Gespräch mit "radio corax"(Freies Radio in Halle) verlauten. Die Medienanstalt, die den Deal einst
eingefädelt hatte, fühlt sich plötzlich nicht mehr zuständig. Im Vergleich zu anderen Medienanstalten ist die Unterstützung in Sachsen für die Freien Radios sehr gering: Der Betrag reicht nicht aus, um die
entstehenden Kosten zu decken. Diese werden auf etwa 40.000 Euro für alle drei Sender pro Jahr beziffert (zum Vergleich: Die Medienanstalt finanziert jährlich sogenannte "Ausbildungs und Erprobungskanäle" mit
1,6 Millionen Euro). Selbst können die freien Radios das nötige Geld qua Selbst - und Fremdedefintion als "nichtkommerzielles Medium" nicht - etwa durch Werbung im Programm - zusammenbringen.
Und so verwundert es wenig, dass eben jene Medienanstalt in den letzten Monaten Adressat von Protestaktionen wurde. "Uns erreichen jede Menge Protestbriefe. Auch von Institutionen, die zum Ausdruck bringen, dass die freien Radios wichtig sind.
Ich würde mal fragen, ob sich das nicht in einer geldwerten Unterstützung niederschlägt", so Deitenbeck. Als absurd bezeichnet Andreas March von Radio Blau diesen Vorschlag: "Zu unseren Unterstützern gehört die
soziokulturelle Szene in Leipzig, uns unterstützen Künstler, Labelbetreiber und migrantische Gruppen. Denen soll, um das Fortbestehen der Freien Radios zu sichern, nun noch mehr Geld aus der
Tasche gezogen werden". March fehlt es an einem "Bekenntnis für freie Radios in Sachsen" von Seiten der Medienanstalt. "Das Geld ist da, nur der Wille fehlt". Deitenbeck betont dagegen, dass "der Medienanstalt die Hände gebunden sind und diese nur finanziell unterstützen kann, wenn die politischen Mehrheiten das so wollen". Damit schiebt Deitenbeck die Verantwortung auf den sächsischen Landtag ab. Dort wurde auch tatsächlich debattiert:
"Die freien Radios in Sachsen bräuchten eine gesicherte Finanzierung", hieß es bereits im Dezember in Dresden von Seiten der Grünen. Für Dr. Karl-Heinz Gerstenberg (parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im
sächsischen Landtag) wäre das Aus der freien Radios ein Verlust für die sächsische Medienlandschaft, da die drei Sender einen "unverzichtbarer Beitrag zur demokratischen Meinungsbildung liefern". Ebenfalls der
Meinung, dass politischer Handlungsbedarf bestehe, sind die Fraktionen der SPD und der "Linken". Die schwarzgelbe Regierung ließ im Landtag dagegen kaum Raum für den Erhalt der freien Radios und schloss eine Gesetzesänderung aus. Die sächsische CDU lehnt die Finanzierung ab: "Eine Finanzierung über Gebührenmittel der Bürgerinnen und Bürger kommt nicht in Frage.[...] Daraus würden nicht absehbare Kosten entstehen." Eine "Kostenlawine", die 1 Cent pro Gebührenzahler beträgt, wie Holger Mann von der SPD sarkastisch vorrechnet, "eine
Summe, die wir den sächsischen Steuerzahler wirklich nicht zumuten können". Keinen Hehl macht der medienpolitischen Sprecher der CDU, Sebastian Gemkow, auch daraus, die Freien Radios sowieso lieber ins Internet abschieben zu wollen:
"Prinzipiell bliebe die Arbeit der Radiomacher aber ohnehin uneingeschränkt möglich, wenn sie, wie dies bereits auch jetzt schon parallel der Fall ist, das Programm per Live-Stream im Internet verbreiten. Durch die Verbreitung über Internet würden erheblich weniger
Kosten entstehen und eine überflüssige teure Finanzierung durch Gelder der Bürgerinnen und Bürger vermieden."
Aufgrund der CDU/FDP Mehrheit im Landtag ist es also unwahrscheinlich, dass die jährlichen Sendekosten aus GEZ-Gebühren, wie es in anderen Bundesländern üblich ist, bezahlt werden. Eine öffentliche Anhörung findet am 3. Mai in Dresden statt.
Da sich weder die sächsische Medienanstalt noch der Landtag für den Erhalt der Radios ausgesprochen, sprangen die Stadträte(allerdings auch nur in Leipzig und Dresden) in die Bresche:
So hatte etwa die Stadtratsversammlung der Stadt Leipzig einen einmaligen institutionellen Zuschuss von 20.000 € für 2010 beschlossen.
Genau dieses Geld beanstandet Apollo Radio nun für sich. Trotz der inzwischen sichergestellten Finanzierung der freien Radios hat sich Apollo nun zu einem konfrontativen Vorgehen entschlossen und die Abschaltung durchgesetzt.
Trotz der schriftlich Zusicherung, dass die ausstehenden Rechnungen beglichen werden, sobald Apollo Radio den Zahlungsgrund nachweist. .
Für Andreas March ein Unding: "Die Verhinderung der UKW-Ausstrahlung von Radio Blau beschädigt ein anerkanntes Jugend- und Kulturprojekt in Leipzig, dass über 15 Jahre On Air für Programm- und Meinungsvielfalt in Sachsen gesorgt hat. Die nichtkommerziellen Lokalradios transportieren lokale Kultur, nischenhafte Subkultur und Diskussionen, wie sie im öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk oft keine Chance haben und leisten einen medienpädagogischen Beitrag"
Dazu kommt, dass Apollo Radio mit der Abschaltung nichts gewonnen hat, denn die Kosten verringern sich nicht. Apollo bezahlt nun für Rauschen

Kundgebung vor Apollo am Montag

coloRadio 18.04.2010 - 14:38
Die oben genannte Kundgebung vor Apollo findet am 19. Aril von 16:00 bis 18:00 Uhr statt.

Protest gegen Abschaltung der Freien Radios

ASF 19.04.2010 - 11:52
Protest gegen Abschaltung der Freien Radios in Sachsen – Radio T Chemnitz

Noch in der Nacht von Freitag zu Sonnabend sowie am darauffolgenden Vormittag versammelten sich Hörerinnen und Hörer von Radio T am Sendemast in Chemnitz, der das UKW-Signal des Freien Radios abstrahlt.

 http://www.freie-radios.net/mp3/20100418-protestgege-33507.mp3

FREIE RADIOS IN SACHSEN ERHALTEN!
 http://asf.kostenloses-forum.be/asf-beitrag293-15.html

AntifaNews vom 18.4.  http://bit.ly/9NP8hq

Umfrage zur NRW Landtagswahl  http://bit.ly/bi9NH4

ANTIFASCHISTISCHES SOZIALES FORUM
 http://asf.kostenloses-forum.be/

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