Raeumung der Liomena Squat thessaloniki

Lioma 10.04.2010 17:02 Themen: Freiräume Repression Weltweit
Dies ist der text der Besetzer der Liomena, Thessaloniki die am 5.4.2010 geraeumt wurden.
RÄUMUNG DER BESETZTEN HÄUSER ”LIOMENA” DER ARISTOTELES UNIVERSITÄT THESSALONIKI, Griechenland

Vor über sieben Jahren begann die Besetzung ungenutzter Fertighäuser des sogenannten Liomena Geländes der Aristoteles Universität Thessaloniki mit dem Ziel, selbstverwaltete Räume aufzubauen, um der Kommerzialisierung kreativer Ausdrucksformen entgegenzuwirken. Zum Zeitpunkt der Räumung bestand der Komplex aus sechs besetzten Häusern, die als Treffpunkte, Ateliers, Studios, Konzert- und Partyräume, aber auch zum kollektiven Wohnen genutzt wurden. Andere Gebäude funktionierten bis zuletzt im laufenden Unibetrieb von der Fakultät für Kunst und Design sowie der Pädagogik.

Die Aristoteles Univeristät hat über einen langen Zeitraum in verschieden Presseverlautbarungen und öffentlichen Erklärungen versucht, die Liomena zu diskreditieren, indem der Ort als Drogen- und Waffenumschlagplatz bezeichnet wurde. Gerüchte über eine bevorstehende Räumung wurden gestreut, die funktionierenden Fakultäten kurz vor der Räumung in extra neu angemietete Gebäude verlegt. Mit einer Genehmigung von Unirektor Manthos und unter grosser Geheimhaltung wurde das Gelände dann am 5. April ohne vorherige Ankündigung geräumt. Um acht Uhr morgens riegelten 200 Beamte (sowohl in zivil, als auch Prügelbullen) das Gelände ab.

Zur gleichen Zeit fingen Arbeiter der Uni an, das Ble Squat und danach die nebenstehenden Gebäude zu demolieren. Sie rissen dabei Mauern ein, zerschlugen Fenster und zerstörten einige der Asbestdächer. Sie machten weiter mit dem Tehtle Mehtle Squat, nicht darauf achtend, dass noch Bewohner/innen im Gebäude waren. Nachdem diese aus dem Haus waren, fingen die Arbeiter an, Wertgegenstände zu stehlen. Kurz darauf sammelte sich jedoch eine Gruppe von UnterstützerInnen und zusammen mit den BesetzerInnen konnte die Demolierung des Street Attack Squats vorläufig verhindert werden.

Daraufhin erschien eine Staatsanwältin in Begleitung von Zivilbullen und gab den BesetzerInnen rund eine Stunde Zeit, ihre Sachen einzusammeln. Sie wollte sich aber weder ausweisen, noch die Räumungsbefehle oder die Abrissgenehmigung vorzeigen. Die BesetzerInnen entschieden sich, nicht freiwillig zu gehen. Als deren Anwälte kamen, fanden diese heraus, dass die Staatsanwältin keine legalen Papiere vorweisen konnte und dass die Polizei keine Genehmigung für das Betreten der Uni hatte. Bullen wie Arbeiter zogen daraufhin erstmal ab, kamen aber wenige Stunden später zusammen mit vier Einheiten Prügelbullen wieder. Sie griffen die versammelten Menschen vor der Street Attack an, verjagten einen Anwalt unter Gewaltanwendung, um daraufhin die Gebäude zu durchsuchen und mutwillig zu zerstören.

Die Räumung hat hohen politischen Symbolwert. Es ist das erste Mal seit dem Ende der Militärdiktatur, dass besetzte Gebäude auf dem Gelände einer Universität mit staatlicher Unterstützung geräumt worden sind. In den letzen Jahren hat der Griechische Staat angefangen, Freiräume sowie besetzte Häuser offensiv anzugreifen. Begleitet werden diese Attacken von einer Medienkampagne gegen das Uniasyl, das der Polizei den Aufenthalt im Unigelände verbietet. So gab es in den letzten Monaten bereits mehrere Angriffe uniformierter Einheiten auf Personen, die sich innerhalb des Asyls aufgehalten haben. Vor einigen Monaten hat das griechische Bildungsministerium angefangen, alle Freiräume sowie die in den Universitäten existierenden Squats aufzuzeichen, um die Unis von ungewollten Projekten zu säubern und sie in sterile businessgerechte Einrichtungen nach europäischem Vorbild umzuwandeln. Deshalb sind wir nicht von den Entscheidungen des Unirektorats und dem Polizeiangriff auf dem Unigelände überrascht.

Es ging bei der Räumung nicht um hochtrabende Nutzungspläne. Die Gebäude stehen seit Tagen halbeingerissen da, die Asbestdächer sind teilweise zertört und der Asbeststaub fliegt in der Stadt herum. Es wurden keine Schutzmassnamen für das Abtragen der Dächer vorgenommen und nicht einmal die Arbeiter trugen Schutzkleidung. Die Gebäude stellen eine Gefahr für Vorbeigehende dar, sowie für den Kindergarten, das Krankenhaus und alle anderen nebenstehenden Universitätseinrichtungen. Diese Tatsachen verhalten sich konträr zu den öffentlichen Verlautbarungen des Unirektorats, das sich nicht entblödet hat zu behaupten, die Räumung sei im gesundheitlichen Interesse der Öffentlichkeit und auch der Besetzerinnen erfolgt.
Mit der Abschaffung des Uniasyls endet eine nach der Militärdiktatur von StudentInnen erkämpfte Unabhängigkeit vor staatlichen Eingriffen in den Universitätsbetrieb. Die zur Begründung herangezogene angebliche Bekämpfung von “Kriminalität“ dient dabei nur der Verschleierung krimineller Staats- und Wirtschaftsinteressen. In einer Zeit der Zuspitzung des sozialen Krieges gegen die Bevölkerung geht ein Zufluchtsort für alle verloren, die in Auseinandersetzungen mit der organisierten Staatsgewalt geraten.

Wir danken allen, die uns unterstützt haben und auch bis zum Ende durchgehalten haben! Wir werden auch den zukünftig zu erwartenden Angriffen des Staates auf Freiräume entgegentreten.

Die BesetzerInnen der Liomena
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Ergänzungen