Nazidemos und Jagdszenen in Stolberg

haltsmaulnazi 04.04.2010 15:27 Themen: Antifa Antirassismus Repression
In Stolberg marschierten am Freitagabend bis zu 250 FaschistInnen bei einem Fackelmarsch und am Tag darauf erneut bis zu 600 von ihnen bei einem großen "Trauermarsch". Wenig Gegenaktivitäten und Jagdszenen mit Verletzten nach den Demos.
Die Problematik ist bekannt. Doch das Ausmaß überraschte. Oder auch nicht. Jedenfalls nutzten auch dieses Jahr FaschistInnen aus mehreren Ländern Europas den Mord an einem Deutschen vor zwei Jahren, für ein Event erschreckender Dimension.Europaweit wurde mobilisiert. Für einen "Trauermarsch" und einen Fackelmarsch schon am Vorabend. Aus ganz Deutschland waren Nazis angereist. Und nicht nur das. Sie kamen aus Österreich, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, der Schweiz, Italien, Frankreich, Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark. Wer nun denkt es sei die Rede von Dresden der irrt. Die Rede ist von Stolberg. Stolberg, ein kleines Städtchen bei Aachen im Rheinland.Hier entsteht derzeit vermutlich eines der größten regelmäßigen Nazievents Europas. Der Fackelmarsch war besucht von gut 250 Nazis. Abgesehen davon, dass es kein richtiger Fackelmarsch war, da nur zehn Fackeln geführt werden durften, ist diese Anzahl von Rechten erschreckend. Und das bei einer Abenddemo, die traditionell und aus organisatorischen Gründen kleiner sind als diese, die Samstagmittag stattfinden.
Die Nazis fackelten also am Abend des 2.April durch Stolberg. "Trauerten" um ihren vermeintlichen Kameraden und ließen sich nicht davon aufhalten, dass AntifaschistInnen versuchten in kleineren Gruppen auf die Route zu kommen und diese zu blockieren. Diese Versuche wurden von der Polizei mit äußerstem Unverständnis unterbunden und verhindert. Es gab mehrere willkürliche Kessel, bei denen AntifaschistInnen festgesetzt wurden, damit sie ja nicht ihr Recht wahrnehmen konnten. Als der Fackelmarsch vorbei war, ging es für die meisten AntifaschistInnen mit dem Zug zurück nach Aachen. Am Bahnhof kam es dann zu mehreren Auseinandersetzungen mit Nazis, bei denen mindestens ein Nazi und mehrere AntifaschistInnen verletzt wurden. Nachdem eine Gruppe von knapp 10 Nazis an der Normaluhr vor anrückender Polizei flüchteten, kam es in der naheliegenden Herzogstraße zu einem brutalen Übergriff bei dem zwei AntifaschistInnen verletzt wurden. Dabei blieb es aber nicht. Gegen 4.20 Uhr wurde ein Punk aus den Niederlanden am Aachener Markt Opfer eines Übergriffs von einer Gruppe Nazis. In der Nacht kam es dann offenbar noch zu Schmierereien gegen das Autonome Zentrum (AZ) zwischen Bahnhof und Normaluhr. Einfallslos wurde "Hitler" und "NS-Jetzt" sowie "KAL" an die Mauern und eine Wand geschmiert. Im Großen und Ganzen war der Fackelmarsch für die Antifaschistische Seite nichts anderes als das Erwartete. Einzig und allein die Anzahl der Nazis überraschte.

Am Samstag sollte nun also der "lang erwartete Trauermarsch für den Kameraden Kevin P." stattfinden. Aus allen Ecken angereist wollten sie um 12 Uhr an der Schneidmühle losmarschieren. Daraus wurde erstmal nichts weil die Polizeikontrollen sich hinzogen und viele Nazis Stolberg erst später erreichten. Am Bahnhof stehen Wasserwerfer, Räumpanzer und jede Menge Polizeiwerkzeug bereit.

Gegen 14.10 Uhr soll es dann wohl losgegangen sein. Etwa 600 Nazis marschieren schweigend durch Stolberg. Beschallt von schrecklicher "melancholischer" (?) Musik und begleitet von den Polizeihundertschaften. Vorneweg eine Reihe von Polizeipferden. Nach wie vor sieht die Polizei wohl keinen Grund dafür, endlich aus dieser mittelalterlichen Methode auszusteigen und diese Tierausbeutung zu stoppen.

Am Rande der Route befinden sich immer wieder kleinere Gruppen von AntifaschistInnen. Allerdings nicht der Rede wert wenn mensch sich die Nazis ansieht. Die Polizei ist derweil fleißig damit beschäftigt willkürlich Platzverweise gegen Personen aus dem Antifaschistischen Spektrum auszusprechen. Das hindert aber nicht daran, dass es gegen 16.20 eine Antifa-Blockade an der Eschweilerstraße gibt, die allerdings nach einigen Minuten von der Polizei geräumt wird. Im Laufe der Demonstration der FaschistInnen fliegen immer wieder Böller, weswegen die Polizei sofort den Zug stoppt und einzelne Nazis versucht herauszugreifen. Diese Repressiontaktik gegen die Nazis ist vollkommen unwünschenswert, da sie nur noch mehr Gründe liefert sich als Nazi zu engagieren. Später gibt es eine kurze Blockade auf der Nikolausstraße, doch auch die wird nach wenigen Minuten geräumt. Währenddessen kommt es in den Nebenstraßen von Stolberg zu Jagdszenen zwischen Polizei und Antifa. In einer Nebenstraße direkt neben der Naziroute kommt es zu Auseinandersetzungen. Während die Nazis in hundert Metern Entfernung ihre rassistischen Parolen brüllen werden AntifaschistInnen durch die Straßen gejagt und von Hundestaffeln verfolgt. Im Laufe dieser Szenen wird mindestens ein schniekes glitzerndes Auto beschädigt. Gegen 17.10 kommt es an der Stefaniusstraße zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen knapp 10 Antifas und etwa 5 Nazis. Nachdem die Polizei die Nazis bereitwillig zu den AntifaschistInnen durchgelassen hat, steht sie halbherzig daneben als aufeinandereingeprügelt wird. Bei der Auseinandersetzung fliegen auch Gegegenstände und es kommt zu Verletzungen. Ein Antifaschist wird dabei am Bein verletzt, ein Anderer festgenommmen. Die Polizei bekommt die Situation erst nach einigen Minuten mit CS-Gas in der Hand, bereit zum Sprühen und dem Einsatz von Schlagstöcken unter Kontrolle. Die AntifaschistInnen werden festgesetzt. Nach einigen Minuten wird ihnen freigestellt, den Ort zu verlassen, was sie allerdings nicht tun, da sie sich zu keinem der Bahnhöfe in Stolberg bewegen dürfen. Die Polizei bekommt offenbar nicht mit, dass sich etwa hundert Meter oberhalb der AntifaschistInnen weitere Nazis befinden, die das Geschehen beobachten.

Die AntifaschistInnen werden nun etwa eine Stunde lang von einem Kamerawagen gefilmt. Beim Brötchen essen. Da fragt mensch sich wer so etwas eigentlich bezahlt...

Gegen 19.30 Uhr dürfen die AntifaschistInnen nun den Ort endlich mit Autos verlassen.

In Aachen und Eilendorf kam es derweil erneut zu Angriffen von Nazis. In Eilendorf wurde eine Antifaschistin zusammengeschlagen als sie in einen, offenbar mit Nazis vollbesetzten Zug einsteigen wollte.

Etwa 35 gewaltbereite Nazis waren derweil in Aachen unterwegs. Mit dem Zug am Bahnhof eingetroffen, marschierten sie sofort zum Autonomen Zentrum um dort evtl. einige wenige AntifaschistInnen anzutreffen. Das AZ-Team war zu dem Zeitpunkt aber informiert und hatte rechtzeitig die Türen verrammelt. Also zogen die FaschistInnen wieder ab, um in der Innenstadt eine Gruppe von drei Punks zu verfolgen und diese mit Glasflaschen zu bewerfen.

Am AZ wird die Nacht über Wache gehalten und es wird damit gerechnet, dass die Nazis erneut angreifen werden. Dies ist aber nicht der Fall. Zwischen 20.00 Uhr und 4 Uhr fahren nur immer wieder Autos, vollbesetzt mit Nazis am AZ vorbei. Teilweise filmend, teilweise rufend, teilweise einfach nur beobachtend.

Die Nazis werden ihre Aufmärsche feiern wie eine gewonnene Schlacht, soviel ist sicher. Auf der antifaschistischen Seite muss sich zum nächsten Jahr einiges, wenn nicht alles ändern, damit der Aufmarsch beim nächsten mal verhindert werden kann und es nicht zu solch traurigen Häuflein kommt wie dieses mal.

Zum Schluss noch vielen Dank an alle, die da waren, die versucht haben die Nazis zu blockieren und den ganzen Tag unterwegs waren, damit die faschistischen Parolen kein Gehör finden.

Infos: AK Antifa Aachen




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Ergänzungen

Nicht wirklich

Auskennender 04.04.2010 - 15:53
Also, die ganze Sache in Stolberg ist sicherlich für die Region ein großes Ärgernis. Doch hier von dem Etabilieren eines der größten Nazievents in Europa zu sprechen ist schon heftig übertrieben. Da laufen halt 600 Nazis durch die Gegend, das ist für die Region wahrlich eine nicht kleine Demo, hat aber in keiner Weise irgendwie was mit den großen Naziveranstsltungen zu tun. Also, mobilisert halt besser - ein Verweis auf eines der größten Nazievents in europa ist aber einfach übertrieben und dürfte wohl bei dem meisten Beobachtern nicht viel mehr als ein Kopfschütteln verursachen.

Is das n Fake?

Iskra 04.04.2010 - 16:29
Also irgendwie klingt der Text nach Fake, oder nach sich selbst bemitleidenden Antifas. Peinlich! Aber gehn wir mal davon aus der ist echt, warum zum Teufel wird nicht beschrieben das die Teilnehmerzahlen gesunken sind? Das aus Richtung Ruhrgebiet gut 2-300 Nazis anreisen könnten war doch klar, die müssen ja eh langsam auch ihre Mobilisierung für ihren Kriegsmarsch in September beginnen. Dann noch die regionalen 1-200 und noch n paar aus dem benachtbarten Ausland, zack haben wir 5-600! Keine sonderliche Überraschung, wer so tut sollte mal aus seiner bekifften Realität rauskommen, sorry! Sowas wie in Dresden ist auch nicht aus dem Himmel gefallen! ;)

Fakt ist erstmal die Mobilisierungspleite der Nazis, auch wenn 5-600 immer noch genausoviel zuviel sind! Erinnern wir uns an 2008, da gab es direkt nach dem Ereignis 800 Teilnehmer, 2009 wurde im Vorfeld bis zu 1000 Nazis angekündigt, gekommen sind aber auch nur knapp über 500. Dieses Jahr sollte laut der internen Mobilisierung dann wieder ein neuer Aufschwung her, also weit mehr als 2009 erscheinen. War wohl nichts, selbst nach so Pleiten wie in Dresden und Lübeck nicht!

Das Problem, wenn es denn so war wie vorgetragen war wohl eher die Unentschlossenheit vieler Anwesender und die offensichtlicher "Überraschung" das es gewalttätige Nazis gibt. Jaja, schlechter Witz ich weiss....Antifa heisst Angriff!

Blockade in der Eschweilerstraße

hinterhof.action.crew 04.04.2010 - 16:48
Im Artikel wird - wahrscheinlich mit Bezug auf den Antifa-Ticker ( http://twitter.com/03_april) - gesprochen von einer "Antifa-Blockade an der Eschweilerstraße [...], die allerdings nach einigen Minuten von der Polizei geräumt wird". Die genauen Umstände waren wie folgt:

An der Eschweilerstraße gelang es einer Handvoll Antifaschist_innen in unmittelbarer Nähe der Nazi-Route (10 bis 15 Meter Abstand) ein Transparent und eine Antifa-Fahne hochzuhalten. Die Polizei verhinderte zwar das Betreten der Demo-Route und drängte die Antifaschist_innen in die Kupfermeisterstraße ab. Nichtsdestotrotz musste der Aufmarsch der Nazis für etwa eine Minute anhalten und wurde beim Vorbeigehen an der "Blockade" stetig durch Parolen-Rufe gestört.

Die Antifaschist_innen wurden durch eine Reihe Polizist_innen von den Nazis abgeschirmt. Seltsamerweise ließen die Einsatzkräfte eine Frau - allem Anschein nach eine Anti-Antifa-Fotografin - durch die Kette, sodass diese hinter die Antifas gelangen konnte.

Peinlich

Joko 04.04.2010 - 16:54
Wird es jetzt zu einem sportlichen Wettkampf unter den Provinzantifagruppen die „größte Naziveranstaltung“ in der eigenen Region zu postulieren? Ich denke mal, dahinter steht die Hoffnung, dass sich bei der Titulierung der jeweiligen Naziveranstaltung als groß – größer – am größten in Europa irgendwie zu einer überregionalen Mobilisierung beitragen könne. Doch im Fall Stolberg kann ich hier einiges beim besten Willen nicht unkommentiert lassen.
1. Wenn ihr in Stolberg einen Anspruch auf überregionale Mobilisierung erheben wollt, dann stellt euch halt zuerst doch mal die Frage nach dem eigenen Unvermögen.
2. Überspielt die eigenen Organisationsschwächen dann bitte nicht mit dem pathetischen Heraufbeschwören eines europaweit relevanten Naziaufmarsch – der kann es bei gerade mal 600 Teilnehmer doch nun wirklich nicht sein.
3. Wenn ihr Anspruch auf eine besser Mobilisierung stellt, dann ist es einfach: Fangt endlich an auch die anstrengende dauerhafte Arbeit ernst zu nehmen, dann schafft es halt entweder ordentliche Strukturen aufzubauen um eine erfolgreiche Mobi in der Antifaszene zu generieren, oder engagiert euch endlich mal in der Bündnisarbeit – diese würde dann aber erfordern, dass eure DKP-Betonköpfe nicht immer und überall den Anspruch erheben müssen, den einzig wahren Antifaschismus zu präsentieren.

Letztlich muss die ganze Arbeit der Antifa in Stolberg – also die Aachener und Dürener Antifagruppen – als vollständig gescheitert angesehen werden. Auch wenn es sich hier nur einen regional bedeutsamen Naziaufmarsch handelt, wäre ein irgendwie als organisiert erscheinende Antifaaktion wirklich wichtig gewesen – alle Möglichkeiten auf eine erfolgreiche Antifaaktion sind hier aber bereits im Vorfeld aufgrund wirklich amateurhafter Vorbereitung verhindert worden.

BERICHTIGUNG

ANTIFA 04.04.2010 - 17:45
Es waren 450 Nazis aus Deutschland, den Niederlanden und Belgien. Keine 600 Nazis und auch nicht aus der Schweiz, Italien etc.

Der Artikel stinkt nach Nazifake und braunen Wünschträumen von Ingo H.

BERICHTIGUNG die 2te

ANTIFA 04.04.2010 - 17:48
Wohl doch kein Nazifake, da der Artikel einer Antifa-Website entnommen ist.

Trotzdem stimmen die Angaben dort nicht!

Es waren ledglich 450 Nazis aus Deutschland, den Niederlanden und Belgien! Keine 600 Nazis und auch nicht aus der Schweiz, Italien etc.

Prognose

.marv 04.04.2010 - 17:59
2008 = 1000 Nazis

2009 = 800 Nazis

2010 = 450 Nazis

Tendenz fallend ;-)

Ergänzung vom AutorIn

haltsmaulnazi 04.04.2010 - 21:43

Bei Indymedia gab es einige Kritikpunkte in Bezug auf diesen Artikel. Hiermit soll auf einige eingegangen werden.

- Diese Seite ist definitiv kein Nazifake und der Text wurde nicht von Rechten verfasst. Wer genau hinsieht, der merkt, dass diese Seite seit November 2008 betrieben wird und regelmäßig antifaschistische Aufrufe und Berichte veröffentlicht. Wer hier von einem Nazifake spricht, der/die sieht nur einfach nicht genau hin. Das Bild, das bei Indymedia eingefügt wurde hat keine umwerfende Bedeutung.

- In dem Bericht ist die Rede von einem Nazievent, das sich evtl. etablieren könnte. JedeR weiß, dass auch die Demos in Dresden mal mit einigen hundert Menschen angefangen haben. Es waren definitiv TeilnehmerInnen aus den genannten Ländern bei der Nazidemo anwesend. Die TeilnehmerInnenzahl kann selbstverständlich angezweifelt werden. Aber letztendlich kommt es nicht darauf an, ob es nun 500 oder 600 FaschistInnen waren, sondern darauf, dass sie ein ganzes Wochenende die Region für sich hatten. Und das muss angegriffen werden!

 http://haltsmaulnazi.myblog.de

Büdnisarbeit

aus ac 04.04.2010 - 22:38
Zum Thema Büdnisarbeit, ich hoffe einfach, dass mit der gemeinsamen Erklärung der Antifa Union um dem AK Antifa Aachen mal was in der Richtig vorran gebracht wird.
Wenn nächstes Jahr (oder wann auch immer mal) eine linksradikale Mobi gelingen soll, muss jetzt endlich mehr in dieser Richtung passieren.

Antifaschismus darf sich nicht nur an den Nazis abarbeiten und sich erst recht nicht darüber definieren, wie groß jetzt der nahegelengste Naziaufmarsch ist!!

Erklärung zu der zeitlichen Überschneidung der Demos in Stolberg und Dortmund
In Stolberg findet am 03. April im dritten Jahr in Folge eine neonazistische Großdemonstration statt. Auch dieses Jahr werden hunderte Neonazis im migrantischen Viertel aufmarschieren um ihren Rassismus auf die Straße zu tragen. Am selben Tag jährt sich zum sechsten Mal die antifaschistische Demonstration in Gedenken an Thomas Schulz, der von Neonazis in Dortmund ermordet wurde. Der Tod von Thomas steht beispielhaft für so viele vor ihm, die sich Neonazis in den Weg stellten und dafür mit ihrem Leben bezahlten. In seinem Fall in einer Stadt, in der die extreme Rechte massiven Zulauf verzeichnen kann und in der von offizieller Seite meist dazu geschwiegen wird oder das Problem schön geredet wird. Es werden am 03. April also zwei größere antifaschistische Aktionen in NRW stattfinden. Das ist bedauerlich, lies sich aber aus verschiedenen Umständen leider nicht mehr anders einrichten, u. a. weil eine Woche vorher Aktionen gegen die Aufmärsche von pro NRW und NPD in Duisburg stattfinden und eine Woche danach eine Antifa-Demo in Essen gegen dortigen Thor Steinar-Laden angemeldet wurde. Mit dieser gemeinsamen Erklärung wollen wir euch über die Hintergründe informieren und an euch appellieren, beide Veranstaltungen (entweder personell oder werbetechnisch) zu unterstützen.


Rassistische Zustände
Auch die extreme Rechte gibt an diesem Tag vor zu gedenken. In Stolberg wurde vor drei Jahren ein Mensch in einer Auseinandersetzung zwischen jungen Männern erstochen. Bereits am Abend der Tat begann die örtliche NPD eine Märtyrerkampagne. Der Getötete wurde zu einem der ihren erklärt, der Angreifer gilt ihnen als Migrant. Dabei ging es laut Gericht nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Rechten und Migrant_innen, sondern um zwei junge Männer, die um eine Frau stritten. Dies ignorierten die Neonazis und instrumentalisierten den Tod für ihre Zwecke. Die Auseinandersetzung als politische Tat verklärt, strickte die extreme Rechte an ihrem Bild der „Ausländerkriminalität“.
Dieser Figur liegt ein völkisch-rassistisches Gesellschaftsbild zugrunde, das von einem Wesensunterschied verschiedener eigens dafür konstruierter Menschengruppen ausgeht. Menschen werden innerhalb dieser Ideologie auf ihre Herkunft (oder die ihrer Großeltern) reduziert und nach diesem Kriterium kategorisiert und hierarchisiert – ihnen werden unveränderliche Wesensmerkmale kollektiv zugeschrieben.
Die Funktion, die die Figur „Ausländerkriminalität“ für die extrem Rechte innehat, ist leicht zu durchschauen. So sollen Migrant_innen, die per se aus dem völkischen Gesellschaftsbild herausfallen, die als Feinde der Volksgemeinschaft betrachtet werden, mit dem Stigma der Kriminalität behaftet werden, um den Effekt der Ausgrenzung einer breiten Mehrheit schmackhaft zu machen. Leider funktioniert dieser „Trick“ allzuoft allzugut – auch hegemonial. So ist die neue Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Schröder, bekannt für die absurde Wortschöpfung der „Inländerfeindlichkeit“, die bisher der extremen Rechten in der Deutlichkeit vorbehalten war. Diese plumpe Ablenkung vom tatsächlichen gesellschaftlichen Problem des Rassismus negiert zudem jeden strukturellen Charakter dieses Herrschaftsinstrumentes. Oder welcher „Biodeutsche“ musste schon mal zum „Inländeramt“, ist von Abschiebung und institutioneller Diskriminierung bedroht oder betroffen?
Die Nazis und ihre Märtyer_innen
Zudem braucht die extreme Rechte das Märtyrergedenken, wie es sich in Stolberg zeigt, aber auch zu größeren Anlässen, wie dem Rudolf-Hess-Gedenken. Märtyrerkulte gehören seit jeher zur faschistischen Tradition und sind auch heute identitätsstiftend. Der Märtyrergedanke lässt die selbsternannten Herrenmenschen sich als Opfer fühlen. So wird die neonazistische Gemeinschaft auf den Kampf eingeschworen, für den jedes Opfer legitim erscheint. Extrem rechte und rassistische Gewalt wird so gerechtfertigt. Auch das politische Morden – wie in Dortmund – gehört zum Repertoire. Generiert wird das Bild eines starken, allen Umständen trotzenden, militaristischen, männlichen, politischen Soldaten. Nicht umsonst werden junge Neonazis auf das Vorbild SA eingeschworen. Gegen die angeblich eigene Unterdrückung werden ausgrenzende und machtstaatliche Ideologien forciert – Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Militarismus…

Auf geht’s!
Neofaschistischer Ideologisierung und Formierung kann und muss auf vielen Ebenen entgegen gearbeitet werden. Die antifaschistische Demonstration in Dortmund steht unter dem Motto „Linke Freiräume erkämpfen!“. Linke Politik, die Räume politisch besetzt, die offensiv agiert, statt sich ausschließlich dem Abwehrkampf hinzugeben, ist konkrete antifaschistische Politik, weil sie Nazis Räume nimmt und eigenständige linksradikale Inhalte fordert und lebt. Es soll zudem an Thomas‘ gewaltsamen Tod und allen anderen Opfern des Neonazismus erinnert werden. Sie alle sind keine Märtyrer_innen, ihr Tod war und ist nicht sinnstiftend – sie waren schlicht Menschen, die nicht ins neonazistische Wahnbild passten oder die sich faschistischer Gewalt und Propaganda in den Weg stellten. In Stolberg werden auch in diesem Jahr Antifaschist_innen den Neonazimarsch behindern, den Faschist_innen entgegentreten, die erneut durch das migrantische Viertel marschieren wollen.
Je mehr Zugänge zu antifaschistischer Politik es gibt, je breiter die Aktionsformen und je solidarischer die verschiedenen Strategien und Schwerpunkte aufeinander bezogen werden, desto effektiver ist Antifaschismus – gerade in einem Klima, in dem Spaltungen aller Art linke Politik schwächen.
In diesem Sinne rufen wir dazu auf, am 03.04.2010 nach Stolberg zu fahren, sich den Nazis in den Weg zu stellen oder nach Dortmund, um dort – in Gedenken an Thomas – für linke Freiräume zu demonstrieren.
Antifaschismus braucht Freiräume!
Naziaufmärsche verhindern!
AK Antifa Aachen

Antifaschistische Union Dortmund

Erklärung des AFAB

AFAB 05.04.2010 - 21:02
Der Text wirkt wirklich ein klein wenig komisch!
Deshalb haben wir vom Antifaschistischen Aktionsbündnis Aachen auch mal eine Erklärung zu den Vorfällen in Stolberg herausgebracht. Für alle die es lesen wollen:

 http://antifabuendnisac.blogsport.de/2010/04/05/nach-stolberg-ist-vor-stolberg-den-maertyrerkult-stoppen/

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Schmuddel "Gedenken" — Linkskommunist